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Hochschule für angewandte Wissenschaften

Begriff und Einordnung der Hochschule für angewandte Wissenschaften

Eine Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) ist eine Einrichtung des tertiären Bildungsbereichs, deren Profil auf praxisnahe Lehre und anwendungsorientierte Forschung ausgerichtet ist. Der Begriff wird in Deutschland vor allem für Einrichtungen verwendet, die historisch aus den früheren Fachhochschulen hervorgegangen sind. HAW sind Teil des staatlich anerkannten Hochschulsystems und stehen gleichrangig neben Universitäten und anderen Hochschularten. Sie verleihen akademische Grade und erfüllen Aufgaben in Lehre, Forschung, Weiterbildung und Wissenstransfer.

Abgrenzung zu Universität und Dualer Hochschule

Universitäten verfolgen überwiegend eine stärker grundlagenorientierte Ausrichtung, während HAW die Praxisnähe betonen. Duale Hochschulen kombinieren Studium und betriebliche Ausbildung systematisch; ähnliche duale Studienformate existieren auch an HAW. Die rechtliche Gleichwertigkeit der Abschlüsse ist gewährleistet, unabhängig von der Hochschulart, wobei Unterschiede in Profil, Studienorganisation und Forschungsschwerpunkten bestehen können.

Rechtsrahmen und staatliche Aufsicht

Föderale Zuständigkeit

Das Hochschulwesen ist in Deutschland föderal organisiert. Die rechtliche Ausgestaltung von HAW erfolgt durch die Gesetze und Verordnungen der Länder. Diese regeln unter anderem Gründung, Organisation, Aufgaben, Gremien, Studienstrukturen, Qualitätssicherung und Aufsicht.

Staatliche Anerkennung und Bezeichnung

Die Bezeichnung „Hochschule“ ist geschützt. Die Führung des Namens „Hochschule für angewandte Wissenschaften“ setzt eine staatliche Einrichtung oder eine staatlich anerkannte private Trägerschaft voraus. Auch fremdsprachige Bezeichnungen wie „University of Applied Sciences“ unterliegen landesrechtlichen Vorgaben.

Autonomie, Selbstverwaltung und Aufsicht

HAW verfügen über Autonomie in Forschung, Lehre und innerer Organisation. Sie sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts oder in gleichwertigen Strukturen organisiert und handeln innerhalb ihrer Satzungsautonomie durch Ordnungen (z. B. Grundordnung, Studien- und Prüfungsordnungen). Die Länder üben die Aufsicht aus; diese bezieht sich auf Rechtmäßigkeit und in Teilen auch auf die Erfüllung der staatlich übertragenen Aufgaben. Die Freiheit von Forschung und Lehre ist verfassungsrechtlich geschützt.

Studienangebote, Abschlüsse und Qualitätssicherung

Akademische Grade

HAW verleihen Bachelor- und Mastergrade. Diese sind hochschulartübergreifend gleichwertig und eröffnen den Zugang zu weiteren Qualifikationsstufen. Neben grundständigen Programmen bieten HAW berufsbegleitende, weiterbildende und duale Studiengänge an.

Promotionen an HAW

Traditionell erfolgten Promotionen im Zusammenwirken mit Universitäten. Inzwischen können HAW, je nach Landesrecht, eigenständige Promotionszentren einrichten oder ein promotionsrechtlich eigenständiges Promotionsrecht erhalten. Die Ausgestaltung ist länderspezifisch und kann nach Fachgebieten differenzieren.

Akkreditierung und Prüfungsorganisation

Studiengänge an HAW unterliegen einer qualitätssichernden Akkreditierung. Diese erfolgt programmbezogen oder systembezogen durch hierfür vorgesehene Verfahren. Studien- und Prüfungsordnungen regeln Zugang, Ablauf, Prüfungen, Bewertung und Abschluss. Prüfungsentscheidungen erfolgen auf Grundlage der jeweiligen Ordnung durch zuständige Gremien oder Ausschüsse.

Organisation und Gremien

Leitungsorgane

Typische Leitungsorgane sind Präsidium/Rektorat (insbesondere für strategische Steuerung), Kanzlei/Kanzlerbereich (insbesondere für Wirtschafts- und Personalverwaltung) sowie der Hochschulrat/Aufsichtsgremien (für Beratung und Kontrolle im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben).

Akademische Selbstverwaltung

Der Senat wirkt an Grundsatzentscheidungen mit. Fakultäten/Departments verfügen über Dekanate und Fakultätsräte. Weitere Gremien sind Studienkommissionen, Prüfungsausschüsse und Kommissionen für Forschung, Gleichstellung, Diversität und Qualitätsentwicklung. Die Zusammensetzung berücksichtigt Gruppenprinzipien (Professorenschaft, wissenschaftliches Personal, Studierende, Verwaltung).

Personal und Berufungen

Professorinnen und Professoren

Professuren an HAW setzen in der Regel eine besondere Eignung für Lehre, wissenschaftliche Qualifikation sowie einschlägige außerhochschulische Praxiserfahrung voraus. Berufungen erfolgen in gesetzlich geregelten Verfahren unter Beachtung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Das Lehrdeputat ist regelmäßig höher als an Universitäten, entsprechend dem Praxis- und Lehrprofil der HAW.

Weitere Beschäftigtengruppen

Neben Professorinnen und Professoren arbeiten wissenschaftliche Mitarbeitende, Lehrkräfte für besondere Aufgaben, Verwaltungsbeschäftigte sowie technisches Personal. Beschäftigungsverhältnisse folgen dem öffentlichen Dienstrecht oder dem jeweiligen Arbeitsrecht der Träger.

Zulassung, Immatrikulation und Status der Studierenden

Zugangsvoraussetzungen

Die Zulassung zu Bachelorprogrammen setzt in der Regel eine Hochschulzugangsberechtigung voraus; für Masterprogramme ist ein erster Hochschulabschluss erforderlich. Für duale Formate können zusätzliche Verträge mit Praxispartnern notwendig sein. Anrechnungen beruflicher Kompetenzen sind im Rahmen der geltenden Regelungen möglich.

Auswahlverfahren und Kapazität

Bei zulassungsbeschränkten Studiengängen werden Auswahlverfahren angewandt, die sich an vorgegebenen Kriterien orientieren, etwa Leistungskennziffern oder fachspezifische Eignungsfeststellungen. Die Anzahl der Studienplätze richtet sich nach Kapazitätsvorgaben.

Rechte und Pflichten der Studierenden

Studierende besitzen Statusrechte wie Teilhabe an Gremien, Zugang zu Lehr- und Prüfungsangeboten sowie Schutzrechte, unter anderem im Bereich der Gleichbehandlung und Datensicherheit. Pflichten ergeben sich insbesondere aus Einschreibungs-, Studien- und Prüfungsordnungen.

Forschung, Transfer und Kooperationen

Anwendungsorientierte Forschung

Die Forschung an HAW ist auf Praxisrelevanz und Innovation ausgerichtet. Sie umfasst Projekte mit Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen und zivilgesellschaftlichen Akteuren. Die Gestaltung folgt den hochschulrechtlichen Aufgaben und internen Ordnungen.

Drittmittel und Verträge

Drittmittelprojekte beruhen auf Verträgen mit Förderern oder Partnern. Die Hochschule achtet auf die Vereinbarkeit mit ihren Aufgaben, Transparenzanforderungen und internen Zuständigkeiten. Regelungen zu Mittelverwendung, Berichtspflichten, Publikation und Vertraulichkeit sind vertraglich festzulegen.

Schutzrechte und Verwertung

Ergebnisse können immaterialgüterrechtlich geschützt werden. Bei dienstlich entstandenen Erfindungen bestehen besondere Verfahren und Beteiligungsrechte. Verwertungs- und Publikationsrechte werden unter Beachtung der hochschulischen Belange und der Rechte der Beteiligten ausgestaltet.

Finanzierung und Beiträge

Grundfinanzierung

Öffentliche HAW werden überwiegend durch Landesmittel getragen. Ergänzend kommen leistungsorientierte Komponenten, Drittmittel sowie Einnahmen aus Weiterbildungsangeboten in Betracht.

Beiträge und Gebühren

Es können Verwaltungs- und Studierendenbeiträge anfallen. Gebührenordnungen für besondere Leistungen, weiterbildende Studiengänge oder Langzeitstudium sind landesrechtlich und hochschulisch geregelt. Private HAW finanzieren sich zusätzlich über Studienentgelte.

Internationale Aspekte und Titelverwendung

Bezeichnung und Außendarstellung

Die englische Bezeichnung „University of Applied Sciences“ wird im internationalen Kontext genutzt. Die Führung und Übersetzung von Bezeichnungen folgt landesrechtlichen Regelungen und den Festlegungen der Hochschule.

Anerkennung von Abschlüssen

Abschlüsse staatlicher und staatlich anerkannter HAW sind in Deutschland anerkannt und werden im internationalen Kontext auf Grundlage einschlägiger Rahmenwerke und Abkommen eingeordnet. Die Vergleichbarkeit wird durch Graduierungen, ECTS-Angaben und Diploma Supplements unterstützt.

Besonderheiten privater HAW

Private HAW benötigen eine staatliche Anerkennung, die an Qualitäts-, Leistungs- und Zuverlässigkeitskriterien gebunden ist. Die Anerkennung wird regelmäßig überprüft. Abschlüsse privater, staatlich anerkannter HAW sind denen öffentlicher HAW gleichgestellt. Die Aufsicht erstreckt sich auf die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben, einschließlich Qualitätssicherung und Ordnungssystem.

Qualitätssicherung und Evaluation

HAW unterliegen internen und externen Qualitätssicherungsverfahren. Dazu zählen Akkreditierungen, Evaluationen von Studium und Lehre, Berichtssysteme sowie Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit dem Land. Ergebnisse fließen in die Weiterentwicklung von Studiengängen, Forschung und Verwaltung ein.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welchen rechtlichen Status hat eine Hochschule für angewandte Wissenschaften?

Sie ist Teil des staatlich anerkannten Hochschulsystems und handelt im Rahmen von Landesrecht und eigener Satzungen. Je nach Trägerschaft ist sie eine öffentliche Körperschaft oder eine staatlich anerkannte private Hochschule unter Landesaufsicht.

Dürfen HAW eigenständig Promotionen verleihen?

Das ist vom Land abhängig. Teilweise verfügen HAW über eigene Promotionszentren oder ein eigenständiges Promotionsrecht; andernorts erfolgen Promotionen in Kooperation mit Universitäten.

Wie werden Studiengänge an HAW rechtlich gesichert?

Durch Akkreditierung und hochschulische Ordnungen. Studien- und Prüfungsordnungen regeln Zugang, Ablauf und Bewertung. Akkreditierungsverfahren stellen die Qualitätsstandards sicher.

Welche Zugangsvoraussetzungen gelten an HAW?

Für Bachelorprogramme ist eine Hochschulzugangsberechtigung erforderlich, für Masterprogramme ein erster Hochschulabschluss. Weitere Eignungsfeststellungen und kapazitätsbedingte Auswahlverfahren können vorgesehen sein.

Wie ist die staatliche Aufsicht bei HAW ausgestaltet?

Die Länder üben Aufsicht über die Rechtmäßigkeit und Aufgabenwahrnehmung aus. HAW besitzen gleichzeitig Autonomie in Forschung, Lehre und Selbstverwaltung innerhalb des gesetzlichen Rahmens.

Sind Abschlüsse von HAW international anerkannt?

Ja, sie sind in Deutschland anerkannt und werden international auf Basis etablierter Rahmenwerke und Abkommen vergleichbar gemacht, unterstützt durch standardisierte Abschlussdokumente.

Welche Besonderheiten gelten für private HAW?

Sie benötigen eine staatliche Anerkennung und unterliegen Qualitätsvorgaben sowie Aufsicht. Ihre Abschlüsse sind denjenigen öffentlicher HAW gleichgestellt, sofern die Anerkennung besteht.