Hersteller: Begriff, Einordnung und Abgrenzung
Als Hersteller gilt die natürliche oder juristische Person, die ein Produkt entwickelt oder fertigt und es unter ihrem Namen oder ihrer Marke auf dem Markt bereitstellt. Der Begriff umfasst nicht nur den unmittelbar produzierenden Betrieb, sondern auch denjenigen, der ein Produkt als eigenes ausgibt, es wesentlich verändert oder als Importeur Verantwortung wie ein Hersteller übernimmt. Die Rolle des Herstellers ist zentral für Produktkonformität, Sicherheit, Haftung und Marktüberwachung.
Wer gilt als Hersteller?
Hersteller kann sein:
- der Produzent, der ein Produkt konstruiert und fertigt,
- der Markeninhaber, der ein Produkt unter eigenem Namen oder Marke vertreibt (auch bei Fremdfertigung),
- derjenige, der ein Produkt substanziell verändert oder überarbeitet (Remanufacturing),
- der Importeur, der Produkte aus einem Drittstaat in den Binnenmarkt einführt, wenn er sie als eigene ausgibt oder der ursprüngliche Hersteller nicht erkennbar ist,
- der Anbieter von Bausätzen oder Komponenten, wenn daraus ein spezifisches Endprodukt entsteht, das er als eigenes bereitstellt.
Auch der Komponentenhersteller kann als Hersteller gelten, wenn der Defekt aus der Komponente herrührt. Bei anonymen oder nicht identifizierbaren Produkten kann der Lieferant als Hersteller behandelt werden.
Abgrenzung zu Importeur und Händler
Der Importeur bringt Produkte aus einem Drittstaat in den Markt und hat eigene Prüf- und Dokumentationspflichten. Der Händler stellt Produkte bereit, ohne sie als eigene zu kennzeichnen oder wesentlich zu verändern. Importeur und Händler können Herstellerpflichten übernehmen, wenn sie das Produkt unter eigener Kennzeichnung vertreiben oder ändern. Ansonsten verbleibt die Primärverantwortung beim Hersteller.
Sektorale Besonderheiten
Der Herstellerbegriff wird in einzelnen Bereichen (z. B. Maschinen, Spielwaren, medizinische Produkte, Elektrogeräte, Kosmetika, Bauprodukte) näher bestimmt. Inhaltlich ähneln sich die Kernpflichten: Sicherheit, Konformitätsbewertung, Kennzeichnung, Dokumentation, Marktüberwachung und Zusammenarbeit mit Behörden.
Rechtliche Verantwortlichkeiten des Herstellers
Produktsicherheit und Konformität
Konformitätsbewertung und technische Dokumentation
Vor dem Bereitstellen eines Produkts hat der Hersteller die Konformität mit den einschlägigen Sicherheits- und Leistungsanforderungen festzustellen. Er erstellt technische Unterlagen (z. B. Konstruktionszeichnungen, Prüfberichte, Risikobeurteilung) und bewahrt diese für einen gesetzlich festgelegten Zeitraum auf. Je nach Produktkategorie kann eine externe Stelle eingebunden sein.
Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit und Konformitätskennzeichen
Produkte müssen eindeutig identifizierbar sein (Typ, Charge, Seriennummer). Der Name oder die eingetragene Marke und eine postalische Kontaktanschrift des Herstellers sind anzubringen. Soweit vorgesehen, wird ein Konformitätskennzeichen verwendet. Verpackung oder Begleitdokumente können ergänzende Angaben tragen, wenn eine direkte Kennzeichnung am Produkt nicht möglich ist.
Anleitungen, Sicherheitshinweise und Sprache
Dem Produkt sind erforderliche Anleitungen und Sicherheitshinweise beizufügen. Inhalt und Sprache richten sich nach dem Bestimmungsmarkt. Die Informationen müssen verständlich und vollständig sein, damit das Produkt bestimmungsgemäß und sicher verwendet werden kann.
Marktüberwachung, Meldungen, Rücknahme und Rückruf
Hersteller überwachen ihre Produkte im Markt, reagieren auf Hinweise zu Risiken und arbeiten mit Marktüberwachungsbehörden zusammen. Bei erkannten Gefahren werden angemessene Maßnahmen ergriffen, die von Warnhinweisen bis hin zu Rücknahmen oder Rückrufen reichen. In bestimmten Fällen bestehen Meldepflichten gegenüber Behörden. Alle Maßnahmen werden dokumentiert.
Produktqualität, Mängelhaftung und Garantien
Gewährleistung und Herstellergarantie
Gewährleistung betrifft die gesetzliche Verantwortlichkeit gegenüber Vertragspartnern für Mängel beim Kauf. Eine Herstellergarantie ist eine freiwillige Zusage des Herstellers gegenüber Endkunden mit eigenen Bedingungen. Sie besteht neben gesetzlichen Ansprüchen gegenüber dem Verkäufer und darf diese nicht einschränken.
Regress in der Lieferkette
Treten Mängel oder Schäden auf, können Beteiligte innerhalb der Lieferkette Rückgriff nehmen, etwa zwischen Händler, Importeur, Hersteller und Zulieferern. Vertragliche Regelungen (z. B. Qualitätssicherung, Haftungszuordnung, Freistellungen) sind dabei bedeutsam, ihre Wirksamkeit wird durch zwingende gesetzliche Haftung begrenzt.
Haftung für fehlerhafte Produkte
Fehlerarten
Ein Produkt kann fehlerhaft sein durch Konstruktionsfehler (Konzept), Fabrikationsfehler (Herstellung) oder Instruktionsfehler (unzureichende Hinweise). Die Sicherheit wird nach berechtigter Verbrauchererwartung beurteilt, unter Berücksichtigung der Zweckbestimmung, der üblichen Verwendung und des Stands der Technik.
Haftungszuordnung
Haftung trifft den Hersteller des Endprodukts, den Komponentenhersteller bei komponentenbedingten Fehlern, den Quasi-Hersteller, der sein Kennzeichen anbringt, sowie den Importeur, der Produkte aus Drittstaaten in den Markt bringt. Sind diese nicht feststellbar, kann auch der Lieferant in Anspruch genommen werden.
Schadensarten und Grenzen
Erfasst sind vor allem Personenschäden und Schäden an privat genutzten Sachen. Es existieren Haftungsgrenzen und mögliche Entlastungsgründe, die jedoch eng begrenzt sind. Der Nachweis für Schaden, Fehler und Kausalität ist im Einzelfall erforderlich.
Änderungen am Produkt und Quasi-Herstellung
Wer ein Produkt wesentlich verändert oder unter eigenem Namen vertreibt, übernimmt Herstellerpflichten. Eine bloße Übersetzung von Dokumenten oder übliche Wartung genügt hierfür nicht. Maßgeblich ist, ob Sicherheit oder Leistung betroffen sind und das Produkt als neues oder geändertes Produkt gilt.
Umwelt- und Entsorgungsverpflichtungen
Erweiterte Herstellerverantwortung (EPR)
Für bestimmte Produktkategorien bestehen Pflichten zur Finanzierung von Sammlung und Entsorgung, Registrierung bei Systemen, Meldung von Mengen und Kennzeichnung (z. B. Elektrogeräte, Batterien, Verpackungen). Hersteller müssen Rücknahme- und Informationspflichten erfüllen und an Systemen zur Abfallbewirtschaftung teilnehmen.
Stoffrecht und Chemikalieninformationen
Hersteller müssen sicherstellen, dass verwendete Stoffe und Gemische zulässig sind, Informationspflichten in der Lieferkette erfüllen und Beschränkungen beachten. Je nach Produkt sind Sicherheitsinformationen, Kennzeichnungen und ggf. Hinweise zu gefährlichen Bestandteilen erforderlich.
Nachhaltigkeit und Lieferketten
Je nach Unternehmensgröße und Branche bestehen Pflichten zur Beachtung von Umwelt- und Sozialstandards in der Lieferkette. Dazu zählen Risikoanalysen, Präventions- und Abhilfemaßnahmen sowie Berichterstattung. Der Herstellerbegriff ist hierbei an die Rolle in der Wertschöpfung geknüpft.
Vertrags- und Kennzeichnungsfragen
Herstellerangaben und Markenauftritt
Die Pflichtangaben umfassen den Namen oder die Marke und eine erreichbare Anschrift. Bei Auftragsfertigung bleibt der Markeninhaber Hersteller, wenn er das Produkt als eigenes ausgibt. Die korrekte Kennzeichnung erleichtert Rückverfolgbarkeit und behördliche Kommunikation.
Herkunftsangaben und Werbeaussagen
Angaben wie „Made in …“ oder Aussagen zur Nachhaltigkeit müssen zutreffend und überprüfbar sein. Irreführende Herkunfts- oder Qualitätsangaben können wettbewerbsrechtliche Konsequenzen haben. Maßgeblich sind die Erwartung des Verkehrs und die tatsächliche Wertschöpfung.
Geistiges Eigentum
Hersteller müssen Schutzrechte Dritter beachten (Patente, Designs, Marken). Die Nutzung eigener Marken begründet unter Umständen die Stellung als Quasi-Hersteller. Umgekehrt können Hersteller ihre Produkte durch Schutzrechte absichern.
Fertigung im Auftrag (OEM/ODM)
Bei Originalausrüstungs- oder Auftragsfertigung kann der Auftraggeber Hersteller sein, wenn das Produkt unter seiner Kennzeichnung in Verkehr gebracht wird. Der Produzent kann zusätzlich als Komponenten- oder Endprodukthersteller haften, insbesondere bei eigenverantwortlicher Konstruktion.
Digitale und vernetzte Produkte
Software und Updates
Produkte mit digitalen Elementen müssen über den Lebenszyklus sicher bleiben. Hierzu gehören Sicherheitsupdates, Informationen zu Änderungen und die Bewertung von Risiken, die sich aus Softwarefehlern oder Schnittstellen ergeben.
Vernetzte Produkte und Datensicherheit
Für vernetzte Produkte gelten Anforderungen an Informationssicherheit, Zugriffsschutz und Datenintegrität. Sicherheitsfunktionen und eine angemessene Dokumentation sind Teil der Produktkonformität.
Autonome Funktionen und lernende Systeme
Bei Funktionen auf Basis von Daten und Algorithmen sind Transparenz, Fehlertoleranz und Überwachbarkeit wesentlich. Änderungen durch Datenupdates können die Risikobewertung beeinflussen und Pflichten zur Pflege auslösen.
Durchsetzung und Aufsicht
Behördliche Maßnahmen
Marktüberwachungsbehörden prüfen Produkte und können Maßnahmen anordnen, von Auflagen über Vertriebsverbote bis zur Rücknahme. Bei Verstößen drohen Bußgelder, Gewinnabschöpfung und weitere Sanktionen. Hersteller sind zur Kooperation verpflichtet.
Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten
Technische Unterlagen, Konformitätserklärungen, Prüfberichte, Risikoanalysen sowie Aufzeichnungen zu Rückrufen und Beschwerden sind über festgelegte Zeiträume bereitzuhalten und auf Verlangen vorzulegen.
Internationale Dimension
Außerhalb des Binnenmarkts ansässige Hersteller
Hersteller mit Sitz außerhalb des Binnenmarkts bedienen sich oft eines Bevollmächtigten für die Kommunikation mit Behörden. Der Importeur übernimmt zusätzliche Verantwortung, wenn er Produkte in den Markt einführt.
Grenzüberschreitender Online-Handel
Bei Online-Vertrieb in verschiedene Staaten sind die Anforderungen jedes Zielmarkts zu beachten. Plattformen können unterstützende Pflichten treffen; die Herstellerverantwortung für Konformität und Sicherheit bleibt jedoch eigenständig bestehen.
Häufig gestellte Fragen
Wer gilt rechtlich als Hersteller, wenn ein Produkt unter einer Marke vertrieben wird?
Als Hersteller gilt der Markeninhaber, wenn er das Produkt unter seinem Namen oder seiner Marke bereitstellt. Das gilt auch bei Fremdfertigung. Zusätzlich kann der tatsächliche Produzent oder ein Komponentenhersteller haften. Ist der ursprüngliche Hersteller nicht feststellbar, können Importeur oder Lieferant in die Herstellerrolle rücken.
Worin unterscheiden sich Herstellerhaftung und Gewährleistung?
Herstellerhaftung betrifft Schäden durch fehlerhafte Produkte, insbesondere Personenschäden und bestimmte Sachschäden. Gewährleistung betrifft Mängelansprüche aus dem Kaufvertrag gegenüber dem Verkäufer. Eine Herstellergarantie ist eine freiwillige Zusage und besteht neben gesetzlichen Rechten.
Wann wird ein Händler oder Importeur zum Hersteller?
Wenn er das Produkt unter eigenem Namen oder eigener Marke vertreibt, es wesentlich verändert oder der ursprüngliche Hersteller nicht identifizierbar ist. In diesen Fällen treffen ihn Pflichten wie Konformitätsbewertung, Kennzeichnung, Dokumentation und Haftung.
Welche Pflichten bestehen bei Rückrufen und Sicherheitsmeldungen?
Bei erkannten Risiken sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen: Bewertung der Gefahr, Information von Kunden und Partnern, Meldung an Behörden, Rücknahme oder Rückruf, Abhilfemaßnahmen und lückenlose Dokumentation der Schritte.
Welche Angaben müssen auf dem Produkt oder der Verpackung stehen?
Erforderlich sind in der Regel Herstellername oder -marke und eine postalische Kontaktanschrift, außerdem eine Produktidentifikation (Typ, Charge, Seriennummer). Soweit vorgesehen, sind Konformitätskennzeichen, Anleitungen und Sicherheitshinweise in der jeweiligen Sprache des Zielmarkts beizufügen.
Welche Verantwortung hat der Hersteller für Umwelt und Entsorgung?
Je nach Produktkategorie bestehen Pflichten zur Registrierung, Meldung, Kennzeichnung und Finanzierung von Sammlung und Entsorgung (erweiterte Herstellerverantwortung). Häufig gehören Rücknahme- und Informationspflichten dazu.
Gilt bei Software- oder vernetzten Produkten etwas Besonderes?
Das Sicherheitsniveau muss über den Lebenszyklus aufrechterhalten werden. Dazu zählen Sicherheitsupdates, das Management von Schwachstellen und transparente Informationen über Änderungen, die die sichere Verwendung beeinflussen können.
Wie wirkt sich Fertigung im Ausland auf die Herstellerrolle aus?
Der Sitz des Produzenten ändert die Pflichten nicht. Für Produkte aus Drittstaaten übernimmt der Importeur zusätzliche Verantwortung. Häufig wird ein Bevollmächtigter benannt, um die Kommunikation mit Behörden sicherzustellen.