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Haustürgeschäft


Begriff und rechtliche Einordnung des Haustürgeschäfts

Das Haustürgeschäft ist ein besonders geregelter Vertragstyp im deutschen Zivilrecht, der sich durch den Umstand auszeichnet, dass er außerhalb von Geschäftsräumen, oft überraschend und ohne ausreichende Bedenkzeit, abgeschlossen wird. Im deutschen Recht findet sich die grundlegende Regelung für Haustürgeschäfte in den §§ 312 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Ziel dieser Vorschriften ist der Schutz von Verbrauchern vor Überrumplungssituationen und unüberlegten Vertragsabschlüssen.


Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts

Persönlicher Anwendungsbereich

Ein Haustürgeschäft setzt grundsätzlich voraus, dass ein Vertrag zwischen einem Verbraucher (§ 13 BGB) und einem Unternehmer (§ 14 BGB) geschlossen wird. Das Gesetz spricht in diesem Zusammenhang von sogenannten Verbraucherverträgen.

Sachlicher und situationsbezogener Anwendungsbereich

Das Besondere an Haustürgeschäften ist die außerhalb von Geschäftsräumen des Unternehmers erfolgende Vertragsverhandlung oder -abschluss. Die rechtlichen Anforderungen sind dabei insbesondere in § 312b BGB geregelt.

Haustürgeschäfte liegen unter anderem vor bei:

  • Vertragsabschlüssen in der Privatwohnung des Verbrauchers
  • Vertragsabschlüsse an dessen Arbeitsplatz
  • Abschlüssen auf öffentlichen Verkehrsflächen oder bei Freizeitveranstaltungen
  • Vertragsabschlüssen während einer vom Unternehmer organisierten Freizeitveranstaltung

Nicht erforderlich ist ein Vertragsschluss in der klassischen „Haustürsituation“ – maßgeblich ist die Überrumpelung und der fehlende Schutzraum für die Entscheidung.

Es bestehen gesetzlich geregelte Ausnahmen, zum Beispiel wenn der Vertragsschluss auf eine vorhergehende Bestellung des Verbrauchers hin erfolgt ist oder wenn der zu zahlende Betrag 40 Euro nicht überschreitet (letztere Ausnahme ist seit Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie entfallen).


Rechtsfolgen und Widerrufsrecht beim Haustürgeschäft

Informationspflichten des Unternehmers

Der Unternehmer hat den Verbraucher klar und verständlich über das Widerrufsrecht gemäß Art. 246a EGBGB in Verbindung mit § 312g BGB zu informieren. Unterlässt er diese Pflicht, beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen.

Widerrufsrecht

Zentrales Merkmal des Haustürgeschäfts ist das Widerrufsrecht des Verbrauchers nach § 355 BGB. Dieses Recht ermöglicht es, innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss ohne Angabe von Gründen vom Vertrag zurückzutreten.

Beginn der Widerrufsfrist

Die Frist beginnt erst mit ordnungsgemäßer Belehrung durch den Unternehmer. Erfolgt keine oder eine unvollständige Belehrung, erlischt das Widerrufsrecht spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss (§ 356 Abs. 3 Satz 2 BGB).

Ausübung des Widerrufs

Der Widerruf erfolgt durch eine eindeutige Erklärung des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer. Eine Begründung ist nicht erforderlich. Nach Ausübung des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren.


Rechtsfolgen des wirksamen Widerrufs

Mit dem Zugang des Widerrufs werden bereits ausgetauschte Leistungen zurückabgewickelt (§§ 355, 357 BGB). Der Unternehmer hat etwa erhaltene Zahlungen zu erstatten, der Verbraucher muss ggf. die Ware zurückgeben. Für die Rückzahlung gilt eine Frist von 14 Tagen nach Zugang des Widerrufs. In Einzelfällen können Wertersatzansprüche entstehen, etwa bei einer Verschlechterung der Ware durch die Nutzung.


Ausschlüsse und Besonderheiten des Widerrufsrechts nach Haustürgeschäften

Nicht alle Verträge, die in einer Haustürsituation abgeschlossen werden, unterliegen dem Widerrufsrecht. Ausnahmen bestehen unter anderem bei:

  • Verträgen über Fernunterricht (§§ 1 FernUSG)
  • Notariell beurkundeten Verträgen (§ 312g Abs. 2 Nr. 13 BGB)
  • Verträgen des täglichen Lebens, die sofort erfüllt und bezahlt werden (Geringfügigkeit)

Weitere Ausschlusstatbestände ergeben sich aus § 312g Abs. 2 BGB, etwa bei kundenspezifisch angefertigten Waren oder schnell verderblichen Produkten.


Beweispflicht und Formvorschriften

Der Unternehmer trägt die Beweislast dafür, dass er über das Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt hat. Die Beweisführung erfolgt häufig durch eine schriftliche und vom Kunden unterzeichnete Widerrufsbelehrung.


Verhältnis zu anderen Verbraucherschutzrechten

Das Haustürgeschäft überschneidet sich teilweise mit anderen, verbraucherschützenden Regelungen wie zum Beispiel dem Fernabsatzvertrag (§ 312c BGB). In Zweifelsfällen ist stets zu prüfen, welche spezielle Verbraucherschutzvorschrift Anwendung findet. Maßgeblich ist immer der Schutzzweck des Gesetzgebers, Verbraucher vor übereilten oder aus einer Überrumpelungssituation hervorgehenden Vertragsbindungen zu bewahren.


Internationale Aspekte und europarechtliche Grundlagen

Das Recht der Haustürgeschäfte ist im Wesentlichen durch EU-Richtlinien geprägt, insbesondere durch die Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher, welche die Harmonisierung der Vorschriften bezüglich Widerruf und Informationspflichten in der EU bezweckt.


Zusammenfassung und praktische Bedeutung

Haustürgeschäfte stellen einen wichtigen Bestandteil des deutschen Verbraucherschutzrechts dar. Die einschlägigen Vorschriften sichern Verbrauchern ein effektives Widerrufsrecht und schaffen ein Gleichgewicht im Spannungsfeld zwischen Vertragserfüllung und Konsumentenschutz. Die Beachtung der strengen Anforderungen an die Widerrufsbelehrung und die Einhaltung der gesetzlichen Pflichten ist für Unternehmer von erheblicher Bedeutung, da Verstöße kostspielige Rechtsfolgen nach sich ziehen können.


Siehe auch:

  • Fernabsatzvertrag
  • Verbrauchervertrag
  • Widerrufsrecht

Rechtsquellen:

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 312 ff., § 355, § 356
  • Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB) Art. 246a
  • EU-Verbraucherrechterichtlinie (2011/83/EU)
  • Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte habe ich als Verbraucher bei einem Haustürgeschäft?

Als Verbraucher genießen Sie beim Abschluss eines Haustürgeschäfts umfangreiche Schutzrechte nach deutschem Recht, insbesondere nach den §§ 312 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Grundsätzlich steht Ihnen bei einem außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrag ein Widerrufsrecht zu. Dies bedeutet, dass Sie das Recht haben, den Vertrag innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Der Unternehmer ist verpflichtet, Sie beim Vertragsabschluss über das Widerrufsrecht in klarer und verständlicher Form schriftlich zu belehren. Erfolgt diese Belehrung nicht, verlängert sich das Widerrufsrecht automatisch auf bis zu 12 Monate und 14 Tage. Zudem dürfen Sie bereits empfangene Leistungen während der Widerrufsfrist behalten, müssen diese aber unter Umständen zurückgeben, wenn Sie widerrufen. Auch darf der Unternehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist keine Zahlungen verlangen, es sei denn, es handelt sich um ausdrücklich vereinbarte Ausnahmen wie etwa Notfallreparaturen. Ihre Rechte dienen dem Schutz vor Überrumpelung und sollen sicherstellen, dass Sie sich außerhalb von Geschäftsräumen nicht zu überhasteten Entscheidungen drängen lassen.

Muss der Unternehmer mich über mein Widerrufsrecht belehren?

Der Unternehmer ist gesetzlich verpflichtet, Sie über Ihr Widerrufsrecht zu informieren. Diese Widerrufsbelehrung muss in Textform (zum Beispiel als Brief, E-Mail oder auf Papier) erfolgen und muss sämtliche erforderlichen Informationen enthalten. Dazu zählen insbesondere Informationen über Fristbeginn, Fristdauer, das Bestehen und die Ausübung des Widerrufsrechts sowie etwaige Ausnahmen. Verstößt der Unternehmer gegen diese Pflicht, beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen, sodass Sie ein verlängertes Widerrufsrecht haben (bis zu 12 Monate und 14 Tage). Eine mangelhafte oder unterbliebene Belehrung kann zudem zu Problemen bei der Durchsetzung von Zahlungsansprüchen des Unternehmers führen und hat in der Praxis oft eine Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers zur Folge.

Für welche Verträge gilt das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften nicht?

Das gesetzliche Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften gilt nicht uneingeschränkt für alle Verträge. Ausnahmen sind beispielsweise Verträge über dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten, die auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers außerhalb von Geschäftsräumen vorgenommen werden, sofern der Unternehmer diesbezüglich die Arbeiten sofort ausführt und der Preis 200 Euro nicht übersteigt. Ebenfalls ausgenommen sind Verträge über Lebensmittel, Getränke oder andere Waren des täglichen Bedarfs, die durch häufige und regelmäßige Fahrten geliefert werden, sowie Verträge über maßgeschneiderte Waren oder ausdrücklich auf die individuellen Bedürfnisse des Verbrauchers angefertigte Produkte. Auch bei bestimmten Dienstleistungen wie Notariatsgeschäften oder Fernabsatzverträgen gelten jeweils eigene Regelungen.

Was passiert, wenn ich mein Widerrufsrecht ausübe?

Üben Sie als Verbraucher Ihr Widerrufsrecht fristgerecht aus, wird der Vertrag rückabgewickelt. Das bedeutet, dass bereits empfangene Leistungen zurückzugewähren sind: So sind Ihnen geleistete Zahlungen durch den Unternehmer in der Regel innerhalb von 14 Tagen nach Zugang Ihres Widerrufs zurückzuzahlen, und Sie müssen dem Unternehmer erhaltene Ware zurückgeben. Für die Rücksendung können Ihnen maximal die unmittelbaren Versandkosten auferlegt werden, sofern Sie ordnungsgemäß darüber informiert wurden. Bereits erfolgte Dienstleistungen sind nur dann zu bezahlen, wenn Sie ausdrücklich verlangt haben, dass der Unternehmer noch während der Widerrufsfrist mit der Ausführung beginnt. Bei Widerruf schuldlose Beschädigungen oder Verschlechterungen der Ware führen grundsätzlich nicht zu einem Wertersatz, solange Sie die Ware nur einer Prüfung unterzogen haben, wie es etwa auch im Ladengeschäft möglich wäre.

Wer trägt die Beweislast bei Streitigkeiten rund um das Haustürgeschäft?

Bei Streitigkeiten rund um das Haustürgeschäft gilt grundsätzlich: Der Unternehmer trägt die Beweislast dafür, dass er den Verbraucher ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt hat. Kann er diese Belehrung nicht nachweisen, verlängert sich die Widerrufsfrist für den Verbraucher. Für die fristgerechte Ausübung des Widerrufs ist wiederum der Verbraucher beweispflichtig, etwa durch die rechtzeitige Absendenotiz eines Widerrufsschreibens. Im Streitfall muss der Unternehmer ebenfalls nachweisen, dass der Vertragsabschluss tatsächlich außerhalb seiner Geschäftsräume stattfand und unter die gesetzlichen Regelungen fällt. Dies geschieht üblicherweise durch Zeugen, Vertragsunterlagen oder sonstige Dokumentationen.

Welche Folgen hat es für den Unternehmer, wenn er gegen die Vorschriften zu Haustürgeschäften verstößt?

Verstöße gegen die Vorschriften zu Haustürgeschäften – insbesondere die unterlassene oder fehlerhafte Belehrung über das Widerrufsrecht – haben für den Unternehmer erhebliche rechtliche Konsequenzen: Er kann unter Umständen keine oder nur eingeschränkte Ansprüche auf Zahlung oder Schadensersatz geltend machen, insbesondere wenn der Verbraucher den Vertrag widerruft. Zudem drohen ihm Abmahnungen und Unterlassungsklagen durch Mitbewerber oder Verbraucherschutzverbände, die im Fall eines Prozesserfolgs auch zu Schadenersatzzahlungen und Kostenübernahme verpflichten. Darüber hinaus kann eine dauerhafte Missachtung dieser gesetzlichen Bestimmungen das Risiko eines erheblichen Imageschadens und behördlicher Sanktionen nach sich ziehen.

Was unterscheidet ein Haustürgeschäft von einem Fernabsatzgeschäft aus rechtlicher Sicht?

Rechtlich sind Haustürgeschäfte und Fernabsatzgeschäfte beide Formen von sogenannten „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen“; sie unterliegen jedoch teilweise unterschiedlichen Regelungen und Anwendungsbereichen. Ein Haustürgeschäft liegt vor, wenn der Vertrag persönlich und überraschend außerhalb der Geschäftsräume abgeschlossen wird, z.B. an der Haustür oder im Wohnungsflur. Fernabsatzgeschäfte hingegen kommen unter ausschließlicher Nutzung von Fernkommunikationsmitteln (z.B. Telefon, Internet oder Katalog) zustande, ohne dass eine gleichzeitige persönliche Anwesenheit von Unternehmer und Verbraucher gegeben ist. Die Vorschriften zum Widerrufsrecht sind ähnlich, unterscheiden sich aber im Detail beispielsweise bei der Informationspflicht und den Ausnahmen vom Widerrufsrecht (z.B. Download digitaler Inhalte).