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Gesundheitsbezogene Angaben in Lebensmitteln


Definition und rechtlicher Rahmen gesundheitsbezogener Angaben in Lebensmitteln

Gesundheitsbezogene Angaben in Lebensmitteln bezeichnen Aussagen, mit denen auf eine Beziehung zwischen einem Lebensmittel oder dessen Bestandteilen und der Gesundheit des Konsumenten hingewiesen wird. Diese Angaben sind in der Europäischen Union streng geregelt, um Verbraucher vor irreführenden oder unbegründeten Versprechen zu schützen und einen hohen Standard an Lebensmittelsicherheit sowie Verbraucherinformation sicherzustellen.

Begriffliche Abgrenzung

Gemäß Artikel 2 Absatz 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 (Health-Claims-Verordnung) handelt es sich um „jede Angabe, die erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck bringt, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht“. Gesundheitsbezogene Angaben sind damit abzugrenzen von nährwertbezogenen Angaben, die lediglich den Nährwert eines Produkts beschreiben (z.B. „fettarm“).

Rechtsgrundlagen gesundheitsbezogener Angaben

EU-Rechtliche Grundlagen

Die zentrale Rechtsvorschrift ist die Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel. Sie gilt unmittelbar in allen EU-Mitgliedstaaten und regelt umfassend den Umgang mit gesundheitsbezogenen Angaben auf Lebensmitteln und in der Lebensmittelwerbung.

Zusammenfassung der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006

  • Anwendungsbereich: Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, die in den Verkehr gebracht werden
  • Zulässigkeit: Nur zugelassene Angaben, die in der EU-Liste gemäß Durchführungsverordnung (EU) Nr. 432/2012 enthalten sind, dürfen verwendet werden
  • Prüfung: Angaben müssen wissenschaftlich abgesichert sein. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) prüft und bewertet entsprechende Anträge

Nationale Regelungen

Zwar ist die Verordnung in den Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht, jedoch existieren ergänzende nationale Regelungen, insbesondere in Bezug auf die Durchführung und Überwachung. In Deutschland ist insbesondere das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) relevant. Die zuständigen Landesbehörden kontrollieren die Einhaltung der Vorgaben.

Zulässigkeit und Zulassungsverfahren gesundheitsbezogener Angaben

Einteilung der gesundheitsbezogenen Angaben

Allgemeine gesundheitsbezogene Angaben (Art. 13 Health-Claims-Verordnung)

Hierunter fallen etwa Angaben wie „Kalzium trägt zur Erhaltung normaler Knochen bei“ oder „Ballaststoffe fördern die Verdauung“. Diese Angaben müssen wissenschaftlich allgemein anerkannt und in der EU-Positivliste aufgeführt sein.

Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos (Art. 14 Abs. 1a)

Beispiele sind: „Pflanzensterole senken nachweislich den Cholesterinspiegel und damit das Risiko von Herzkrankheiten“. Solche Angaben unterliegen besonders strengen Zulassungsvoraussetzungen und einer individuellen Prüfung durch die EFSA.

Angaben auf die Entwicklung und Gesundheit von Kindern (Art. 14 Abs. 1b)

Diese spezifischen Angaben benötigen eine gesonderte Prüfung und Zulassung, um die besonders schutzwürdigen Interessen von Kindern zu berücksichtigen.

Zulassungsverfahren

  • Antragstellung durch einen Unternehmer bei der nationalen Behörde, Übermittlung an die Europäische Kommission
  • Prüfung und wissenschaftliche Bewertung durch die EFSA
  • Entscheidung durch die Europäische Kommission, Eintragung in die Positivliste oder Ablehnung

Anforderungen an die Angabe

Alle erlaubten gesundheitsbezogenen Angaben müssen folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Wahrheit, Nachvollziehbarkeit und wissenschaftliche Absicherung
  • Verständlichkeit für Verbraucher
  • Konkretisierung (bei Verwendung von allgemeinen Aussagen muss eine konkret zugelassene Angabe beigefügt sein)
  • Keine Irreführung über die Wirkungen (z.B. Heilungsversprechen oder suggerierte Ausschließlichkeit einer Wirkung)
  • Angabe der empfohlenen täglichen Verzehrmenge

Kennzeichnung und Werbung

Kennzeichnungsvorschriften

Lebensmittel, auf denen gesundheitsbezogene Angaben verwendet werden, unterliegen spezifischen Kennzeichnungsvorgaben. Dazu zählen:

  • Präzise Formulierung der gesundheitsbezogenen Wirkung
  • Angabe der für den Gesundheitseffekt erforderlichen täglichen Verzehrmenge
  • Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung sowie einer gesunden Lebensweise

Werberechtliche Besonderheiten

Die Verwendung gesundheitsbezogener Angaben in der Werbung ist nur innerhalb der gesetzlichen und europaweit harmonisierten Vorgaben zulässig. Verstöße können als unlautere geschäftliche Handlungen (§ 3 UWG) verfolgt werden, insbesondere wegen Irreführung oder unlauterem Wettbewerb.

Kontrolle, Sanktionen und Rechtsfolgen bei Verstößen

Die Kontrolle der Einhaltung erfolgt auf nationaler Ebene durch die für den gesundheitlichen Verbraucherschutz zuständigen Behörden. Verstöße gegen die Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 können unterschiedliche Rechtsfolgen auslösen:

  • Verbot der betroffenen Werbung oder Kennzeichnung
  • Abmahnungen durch Mitbewerber oder Verbraucherverbände
  • Bußgelder auf Grundlage des LFGB
  • Im Einzelfall strafrechtliche Konsequenzen

Abgrenzung zu gesundheitsbezogenen Angaben bei Nahrungsergänzungsmitteln und Arzneimitteln

Besondere Bedeutung kommt der Abgrenzung zu Angaben auf Nahrungsergänzungsmitteln sowie Arzneimitteln zu, für die jeweils eigenständige Regelungen gelten. Während Nahrungsergänzungsmittel als Lebensmittel im Sinne der Health-Claims-Verordnung eingeordnet werden, unterliegen Arzneimittel strikteren Anforderungen, insbesondere dem Heilmittelwerbegesetz (HWG), das jede gesundheitsbezogene Werbung außerhalb der zugelassenen Indikationen mit hohen Strafen belegt.

Zusammenfassung

Gesundheitsbezogene Angaben in Lebensmitteln sind ein komplex reguliertes Feld des Lebensmittelrechts. Im Zentrum stehen der Schutz der Verbraucher vor irreführenden Werbeversprechen sowie die Sicherstellung einer wissenschaftlich fundierten, transparenten Kommunikation zu den gesundheitlichen Wirkungen von Lebensmitteln. Die Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 bildet die zentrale Rechtsgrundlage und regelt sowohl Zulassung, Kennzeichnung wie auch die Sanktionierung unzulässiger Angaben umfassend.

Das Zusammenspiel aus europäischem und nationalem Recht, die strenge Prüfung durch die EFSA sowie die umfangreichen Aufbau- und Kennzeichnungsvorgaben machen gesundheitsbezogene Angaben zu einem anspruchsvollen Regelungsbereich der Lebensmittelinformation und der Verbraucherkommunikation.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist für die Überwachung und Kontrolle gesundheitsbezogener Angaben auf Lebensmitteln zuständig?

Die Überwachung und Kontrolle gesundheitsbezogener Angaben auf Lebensmitteln obliegt in Deutschland in erster Linie den zuständigen Überwachungsbehörden der Bundesländer, konkret den Lebensmittelüberwachungsämtern. Auf europäischer Ebene spielt auch die Europäische Kommission eine entscheidende Rolle, insbesondere im Zusammenhang mit der Harmonisierung und Durchsetzung der Health-Claims-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1924/2006). Diese Behörden prüfen, ob die verwendeten Angaben den unionsrechtlichen und nationalen Vorschriften entsprechen, insbesondere bezüglich Zulassung, Verwendung und Wortlaut genehmigter Health Claims. Neben routinemäßigen Kontrollen finden auch anlassbezogene Überprüfungen nach Hinweisen auf unzulässige Aussagen statt. Bei Verstößen können Maßnahmen bis hin zu Verkaufsverboten und Bußgeldern verhängt werden. Darüber hinaus gewährleistet die Koordination verschiedener Institutionen, wie z. B. das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), eine einheitliche Auslegung und Anwendung der rechtlichen Vorgaben.

Dürfen Unternehmen eigene Formulierungen für gesundheitsbezogene Angaben verwenden?

Unternehmen dürfen nur dann eigene Formulierungen für gesundheitsbezogene Angaben benutzen, wenn diese inhaltlich vollständig mit den zugelassenen Formulierungen gemäß der Gemeinschaftsliste nach Artikel 13 und 14 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 übereinstimmen. Die Aussagen müssen sinngemäß und sachlich korrekt die genehmigte Wirkung wiedergeben, ohne die zugrunde liegende wissenschaftliche Grundlage zu verändern oder die Bedeutung der zugelassenen Angabe zu übertreiben. Kreative und werbliche Ausschmückungen, die über den genehmigten Health Claim hinausgehen oder einen weiterreichenden Eindruck auf Verbraucher:innen vermitteln könnten, sind unzulässig und können als Irreführung gewertet werden. Die Angabe muss zudem im Kontext aller sonstigen Kennzeichnungen und Präsentation des Produkts klar verständlich und wahrheitsgemäß sein.

Welche gesetzlichen Anforderungen gelten für gesundheitsbezogene Angaben auf der Verpackung?

Gesundheitsbezogene Angaben auf der Verpackung unterliegen strengen gesetzlichen Anforderungen nach der Health-Claims-Verordnung. Zulässig sind ausschließlich Claims, die von der Europäischen Kommission ausdrücklich genehmigt wurden und in einer öffentlich zugänglichen Liste veröffentlicht sind. Die Angabe darf den Gesamteindruck des Produktes nicht verfälschen und muss durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise belegt sein. Ferner ist vorgeschrieben, dass bestimmte Pflichtinformationen in unmittelbarem Zusammenhang zur Angabe angegeben werden, wie etwa die Bedeutung einer abwechslungsreichen, ausgewogenen Ernährung und eines gesunden Lebensstils, die Menge und Art des Lebensmittels, die für eine positive Wirkung erforderlich ist, und gegebenenfalls Warnhinweise bei Risiken des übermäßigen Verzehrs. Nicht zuletzt ist sicherzustellen, dass die gesundheitsbezogene Angabe verständlich und für durchschnittliche Verbraucher:innen nachvollziehbar ist.

Wie unterscheiden sich „gesundheitsbezogene Angaben“ von „nährwertbezogenen Angaben“ rechtlich?

Rechtlich gesehen sind „gesundheitsbezogene Angaben“ und „nährwertbezogene Angaben“ klar voneinander abzugrenzen. Nährwertbezogene Angaben beziehen sich auf den Energiegehalt oder einzelne Nährstoffe eines Lebensmittels (zum Beispiel „zuckerarm“ oder „reich an Vitamin C“) und sind in Anhang der Health-Claims-Verordnung abschließend aufgeführt. Für diese Angaben bestehen festgelegte Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit die Aussage zulässig ist. Gesundheitsbezogene Angaben hingegen verknüpfen ein Lebensmittel oder einen Nährstoff mit einer spezifischen positiven Wirkung auf die Gesundheit (zum Beispiel „trägt zur normalen Funktion des Immunsystems bei“) und müssen ein umfangreiches Zulassungsverfahren durchlaufen, das eine wissenschaftliche Bewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) beinhaltet. Nur nach Genehmigung durch die Kommission dürfen solche Claims verwendet werden.

Welche rechtlichen Folgen drohen bei unzulässigen gesundheitsbezogenen Angaben?

Die Verwendung unzulässiger gesundheitsbezogener Angaben stellt einen Verstoß gegen europäisches und nationales Lebensmittelrecht dar. Die Behörden können im Fall einer Rechtsverletzung zunächst anordnen, dass die irreführende Angabe zu unterlassen ist (Untersagungsverfügung). Darüber hinaus kann ein Rückruf der entsprechenden Ware aus dem Handel erfolgen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, Bußgeldverfahren einzuleiten, die zu empfindlichen Geldstrafen führen können. In gravierenden Fällen kann auch der Straftatbestand nach § 59 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) einschlägig sein, was strafrechtliche Konsequenzen wie Freiheitsstrafe oder weitere Sanktionen nach sich ziehen kann. Ergänzend besteht ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch durch Mitbewerber, Verbraucherverbände und Wettbewerbszentralen, was zu kostenintensiven Abmahnverfahren führen kann.

Ist für jede gesundheitsbezogene Angabe eine individuelle Zulassung erforderlich?

Nicht jede gesundheitsbezogene Angabe benötigt eine individuelle Zulassung. Für Angaben, die in der sogenannten Gemeinschaftsliste (Art. 13 Health-Claims-Verordnung) aufgeführt und bereits von der Europäischen Kommission genehmigt wurden, entfällt ein erneutes Zulassungsverfahren. Für innovative oder neue Claims, die sich auf neu entdeckte wissenschaftliche Erkenntnisse oder neue Lebensmittelzutaten beziehen (sogenannte Art. 13(5)- oder Art. 14-Claims), ist jedoch ein individuelles wissenschaftliches Prüfverfahren erforderlich. In diesem Rahmen prüft die EFSA die vorgelegten Nachweise, ehe die Kommission eine abschließende Entscheidung über die Zulassung der Angabe trifft. Bis zur finalen Genehmigung ist die Verwendung des Claims untersagt.

Wann liegt eine Irreführung durch gesundheitsbezogene Angaben vor?

Eine Irreführung durch gesundheitsbezogene Angaben liegt dann vor, wenn der Gesamteindruck der Werbung, Etikettierung oder Aufmachung des Lebensmittels objektiv geeignet ist, Verbraucher:innen in Bezug auf deren gesundheitlichen Nutzen zu täuschen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn einem Produkt Wirkungen zugesprochen werden, die wissenschaftlich nicht belegt oder nicht genehmigt sind, oder wenn Angaben suggerieren, der Verzehr des Lebensmittels allein sei für Gesundheitserhalt oder -förderung ausschlaggebend. Auch Übertreibungen, Auslassungen von Pflichtinformationen oder missverständliche Darstellungen können als Irreführung gewertet werden. Die Beurteilung richtet sich stets nach der Sichtweise des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers. Bei festgestellter Irreführung greifen umfassende rechtliche Konsequenzen bis zum Vertriebsverbot.