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Gespaltene Mutterschaft


Begriff und rechtlicher Rahmen der „Gespaltenen Mutterschaft“

Die gespaltene Mutterschaft bezeichnet in der Rechtswissenschaft eine Situation, in der die rechtliche Mutterschaft und die genetische Mutterschaft einer Person auseinanderfallen können. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, dass nach geltendem deutschem Recht die Mutterschaft nicht zwingend mit der genetischen Abstammung (biologische Mutter) übereinstimmen muss, sondern sich insbesondere an der Geburt des Kindes orientiert. Dieser Umstand gewinnt in der Praxis insbesondere im Zusammenhang mit der Reproduktionsmedizin und der Leihmutterschaft an Relevanz.

Abgrenzung zur klassischen Mutterschaft

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) definiert die Mutterschaft eindeutig. Nach § 1591 BGB ist Mutter eines Kindes die Frau, die es geboren hat (Grundsatz der Geburtsmutter). Daraus ergibt sich, dass mit Geburt eines Kindes automatisch die rechtliche Mutterschaft begründet wird – unabhängig davon, ob ein genetischer Zusammenhang zur gebärenden Frau besteht.

Im Fall einer sogenannten „gespaltenen Mutterschaft“ stehen sich hingegen genetische und geburtsrechtliche Mutterschaft gegenüber und können zwei verschiedenen Frauen zugeordnet sein, etwa bei einer gespendeten Eizelle, aus der das Kind heranwächst, während eine andere Frau das Kind austrägt und gebärt.

Entstehungskontexte gespaltenen Mutterschaft

Eizellspende

Ein zentrales Anwendungsgebiet der gespaltenen Mutterschaft stellt die Eizellspende dar. Die genetische Mutter ist hierbei die Eizellspenderin, während die rechtliche Mutter, nach deutschem Abstammungsrecht, die Frau bleibt, die das Kind geboren hat. In Deutschland ist die Eizellspende nach Embryonenschutzgesetz (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ESchG) grundsätzlich verboten, dennoch kann die Thematik bei im Ausland durchgeführten Eizellspenden relevant werden, insbesondere im Rahmen der Anerkennung von im Ausland begründeten Mutterschaften.

Leihmutterschaft

Auch im Rahmen der Leihmutterschaft, insbesondere bei internationaler Sachverhaltsgestaltung, kann es zur gespaltenen Mutterschaft kommen. Hierbei trägt die Leihmutter ein nicht ihr genetisch entsprechendes Kind aus. Während die Leihmutter automatisch als rechtliche Mutter gilt, bleibt der Anspruch der Wunscheltern auf eine rechtliche Mutterschaft – etwa der Auftraggeberin – zunächst außen vor, so lange keine entsprechende Adoption oder gerichtliche Entscheidung vorliegt.

Rechtliche Auswirkungen und Regelungsbedarf

Abstammungsrechtliche Einordnung

Das Abstammungsrecht knüpft die Mutterschaft ausschließlich an die Geburt. Dies dient der Klarheit, birgt aber im internationalen Kontext erhebliche Herausforderungen, insbesondere wenn ausländische Rechtsordnungen bei der Mutterschaft auf die genetische Abstammung abstellen.

Gerichtliche Entscheidungen

Die Rechtsprechung sah sich vermehrt mit Konstellationen gespaltenen Mutterschaft konfrontiert. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in mehreren Entscheidungen betont, dass nach deutschem Recht ausschließlich die Gebärende als Mutter gilt (BGH, Beschluss v. 20.03.2019 – XII ZB 530/17). Eine direkte Zuordnung der Mutterschaft zur genetischen Mutter ist damit ausgeschlossen. Auch eine gerichtliche Feststellung, dass eine andere als die Gebärende Mutter im rechtlichen Sinn ist, ist nach derzeitigem Recht nicht zulässig.

Adoption und Elternschaft

Um dennoch eine rechtliche Eltern-Kind-Beziehung zwischen dem Kind und der genetischen Mutter oder Wunscheltern herzustellen, bleibt nur das Adoptionsverfahren. Hierbei kann die genetische Mutter bzw. die Wunscheltern das Kind nach der Geburt adoptieren, sofern alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Anerkennung ausländischer Entscheidungen

Im internationalen Familienrecht ergeben sich besondere Herausforderungen, wenn im Ausland im Rahmen einer Eizellspende oder Leihmutterschaft Kinder geboren werden. Während im Ausland häufig die Wunscheltern als rechtliche Eltern registriert werden, erkennt das deutsche Recht diese Elternschaft nicht automatisch an. Die Anerkennung ist in Deutschland aufgrund der eindeutigen Regelung im § 1591 BGB regelmäßig ausgeschlossen.

Problemfelder und Reformbedarf

Schutz der Beteiligten und Kindeswohl

Das Auseinanderfallen von genetischer und rechtlicher Mutterschaft kann erhebliche rechtliche Unsicherheiten für alle Beteiligten hervorrufen. Besonders das Kindeswohl verlangt nach einer klaren rechtlichen Zuordnung und Sicherung der elterlichen Verantwortung. Diskutiert wird daher eine Reform des Abstammungsrechts, um auch im Falle der Reproduktionsmedizin und internationaler Leihmutterschaften einer gespaltenen Mutterschaft bessere rechtliche Lösungen zu bieten.

Gesetzgeberische Initiativen

Es bestehen regelmäßig Diskussionen über eine Anpassung des deutschen Abstammungsrechts, um den Herausforderungen der modernen Reproduktionstechnologien gerecht zu werden. Zentral ist dabei die Frage, ob in bestimmten Fällen auch die genetische Mutter als Mutter im rechtlichen Sinne anerkannt werden kann oder sollte – etwa im Wege einer Mitmutterschaft oder durch Vereinfachung des Adoptionsverfahrens.

Zusammenfassung

Die gespaltene Mutterschaft bezeichnet Fälle, in denen genetische und geburtsrechtliche Mutterschaft auseinanderfallen. Während das deutsche Recht ausschließlich an die Geburt anknüpft, ergeben sich international und insbesondere im Rahmen moderner Reproduktionsmedizin immer wieder Konstellationen, die einen erheblichen rechtlichen Regelungsbedarf offenbaren. Gerichtliche Entscheidungen und die geltende gesetzliche Regelung folgen dem Grundsatz der Geburtsmutter, sodass zur Erlangung der rechtlichen Elternschaft bislang Adoptionsverfahren notwendig bleiben. Die Diskussion um Reformen des Abstammungsrechts hält angesichts der zunehmenden Fallzahlen gespaltenen Mutterschaft weiter an.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine gespaltene Mutterschaft erfüllt sein?

Für das Entstehen einer gespaltenen Mutterschaft ist vorausgesetzt, dass das Kind nach medizinisch assistierter Fortpflanzung geboren wurde und genetisch sowie geburtsrechtlich nicht von derselben Frau abstammt. Die gesetzlichen Regelungen variieren hierbei nach nationalem Recht; in Deutschland beispielsweise orientiert sich die Einordnung an den §§ 1591 ff. BGB, wonach die Mutter die Frau ist, die das Kind geboren hat. Für eine gespaltene Mutterschaft bedarf es in der Regel einer Leihmutterschaft oder Eizellspende, wobei insbesondere das Abstammungsrecht, Regelungen zum Personensorgerecht sowie die gesetzlichen Vorgaben zur Feststellung der Elternschaft beachtet werden müssen. Oftmals sind umfangreiche Verfahren zur gerichtlichen Anerkennung der rechtlichen Mutterschaft notwendig, vor allem, wenn zwischen genetischer und geburtsrechtlicher Mutter unterschieden wird und eine vollwertige Elternstellung angestrebt wird.

Wie wird die rechtliche Mutterschaft bei einer gespaltenen Mutterschaft festgestellt?

Die Feststellung erfolgt in Deutschland formell anhand der Geburt: Rechtliche Mutter ist nach § 1591 BGB immer die Frau, die das Kind geboren hat, ungeachtet der genetischen Abstammung. Die genetische Mutter – beispielsweise nach einer Eizellspende – hat nach deutschem Recht keine unmittelbare rechtliche Stellung als Mutter, solange sie das Kind nicht selbst geboren hat. In anderen Ländern, etwa bei zulässiger Leihmutterschaft, können gerichtliche Entscheidungen oder notarielle Anerkennungsverfahren dazu führen, dass die genetische Mutter oder Wunschmutter in die Geburtsurkunde eingetragen wird. Internationale Fälle führen regelmäßig zu komplexen Anerkennungsverfahren im jeweiligen Heimatland des Kindes.

Welche rechtlichen Probleme ergeben sich bei einer grenzüberschreitenden gespaltenen Mutterschaft?

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten – zum Beispiel Geburt durch eine Leihmutter im Ausland und Rückkehr der Wunscheltern nach Deutschland – entstehen erhebliche rechtliche Unsicherheiten hinsichtlich der Anerkennung der Mutterschaft bzw. Elternschaft. Deutsche Behörden erkennen die ausländisch festgestellte Mutterschaft der genetischen Mutter nicht automatisch an, sofern diese nicht mit der Geburtsmutter identisch ist. Der Anerkennungsausschluss kann für die Wunschmutter zu Problemen bei Sorgerecht, Staatsangehörigkeit und Einreise führen. Gerichtsentscheidungen, wie die des Bundesgerichtshofs, sind oft restriktiv gegenüber dem Elternstatus nicht geburtsrechtlicher Mütter. In einigen Fällen ist eine Adoption durch die genetische oder Wunschmutter notwendig, was mit langwierigen und rechtlich anspruchsvollen Verfahren verbunden sein kann.

Welche Rechte und Pflichten haben die beteiligten Parteien (genetische Mutter, Geburtsmutter, Wunschmutter)?

Rechtlich besitzt in Deutschland die Geburtsmutter alle Rechte und Pflichten einer Mutter, wozu insbesondere das Sorgerecht, das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie die Unterhaltspflicht gehören. Die genetische Mutter hat ohne weitere Verfahren keinerlei rechtliche Elternstellung. Die Wunschmutter (in Fällen mit beauftragter Leihmutterschaft) kann nur durch eine Adoption Rechte und Pflichten erhalten. In anderen Rechtsordnungen – etwa im Rahmen von Leihmutterschaftsverträgen in den USA – können die intendierten Eltern, darunter genetische und/oder soziale Mütter, durch gerichtliche Entscheidungen als legale Eltern anerkannt werden. Die Rechte und Pflichten der nicht als Mutter anerkannten Parteien sind stark eingeschränkt und bedürfen zur Realisierung eines Elternstatus umfangreicher gerichtlicher oder behördlicher Verfahren.

Wie beeinflusst das deutsche Abstammungsrecht Fälle der gespaltenen Mutterschaft?

Das deutsche Abstammungsrecht lässt eine Trennung von genetischer und rechtlicher Mutterschaft im Grundsatz nicht zu. Nach § 1591 BGB ist ausschließlich die Geburtsmutter rechtlich als Mutter anzusehen. Eine Ausnahme existiert nur im Rahmen der Stiefkindadoption, wenn die Wunschmutter Partnerin oder Ehefrau des leiblichen Vaters ist und das Kind adoptiert. Die Rechtslage für Kinder, deren genetische und geburtsrechtliche Mutter nicht identisch sind, bleibt oftmals ungeklärt und bedarf einer gerichtlichen Einzelfallprüfung. Fremde Anerkennungsentscheidungen, insbesondere von Staaten mit legaler Leihmutterschaft, werden nicht automatisch anerkannt, was im Zweifel den rechtlichen Status des Kindes sowie der beteiligten Mütter maßgeblich beeinträchtigt.

Werden Leihmutterschaftsvereinbarungen oder Eizellspende im deutschen Recht anerkannt?

Leihmutterschaft ist nach dem Embryonenschutzgesetz in Deutschland verboten. Entsprechende Verträge sind sittenwidrig und nichtig. Ebenso ist die Durchführung der Eizellspende nach deutschem Recht rechtswidrig; die Anerkennung solcher ausländischer Verfahren erfolgt nicht automatisch. Die Konsequenz ist, dass das deutsche Recht stets auf die Geburtsmutter als Mutter abstellt und Versuche, den Elternstatus einer genetischen oder Wunschmutter eintragen zu lassen, entweder abgelehnt werden oder ein Adoptionsverfahren erfordern.

Wie sieht die Situation hinsichtlich der elterlichen Verantwortung und des Sorgerechts bei gespaltenen Mutterschaften aus?

Im deutschen Recht erhält ausschließlich die Geburtsmutter die elterliche Sorge. Die genetische Mutter oder Wunschmutter hat weder Anspruch auf Mitbestimmung bei der Erziehung noch auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Eine Übertragung der elterlichen Sorge ist nur im Rahmen einer Adoption oder durch einen gerichtlichen Sorgerechtsentzug bei der Geburtsmutter möglich. International abweichende Regelungen, vor allem bei erlaubter Leihmutterschaft, können im jeweiligen Heimatland anerkannt oder abgelehnt werden, was häufig zu erheblichen Unsicherheiten in der elterlichen Verantwortung führt.