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Gesetzlicher Güterstand


Gesetzlicher Güterstand

Der Begriff Gesetzlicher Güterstand spielt eine zentrale Rolle im deutschen Familienrecht und bezeichnet diejenige vermögensrechtliche Regelung, die zwischen Ehegatten automatisch kraft Gesetzes gilt, sofern diese durch Ehevertrag keinen anderen Güterstand vereinbaren. Der gesetzliche Güterstand ist in Deutschland im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt und betrifft maßgeblich die Eigentumsverhältnisse und Vermögensauseinandersetzungen während der Ehe sowie im Scheidungsfall.

Allgemeine Definition und rechtliche Einordnung

Der gesetzliche Güterstand ist nach deutschem Recht der Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 bis 1390 BGB). Er tritt immer dann in Kraft, wenn Ehegatten keinen notariellen Ehevertrag abschließen, in dem ein abweichender Güterstand (wie etwa Gütertrennung oder Gütergemeinschaft) geregelt wird. Das Konzept des gesetzlichen Güterstands dient insbesondere dem Schutz des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten und der gerechten Vermögensaufteilung im Falle der Beendigung der Ehe.

Historische Entwicklung

Die rechtlichen Grundlagen des gesetzlichen Güterstands wurden mit Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Jahr 1900 geschaffen und seitdem mehrfach reformiert. Insbesondere die Reform des Ehe- und Familienrechts im Jahr 1957 und 1977 hatten maßgeblichen Einfluss auf die Ausgestaltung und Modernisierung der Zugewinngemeinschaft als gesetzlichen Regelfall.

Die Zugewinngemeinschaft als gesetzlicher Güterstand

Grundprinzipien und Wirkungsweise

Die Zugewinngemeinschaft bedeutet, dass das Vermögen der Ehegatten während der Ehe grundsätzlich getrennt bleibt. Jeder Ehegatte bleibt Eigentümer seines Vermögens, verfügt jedoch im Innenverhältnis über eingeschränkte Verfügungsrechte bezüglich einiger wesentlicher Vermögensgegenstände (§§ 1365, 1369 BGB). Erst mit Beendigung des Güterstands (z.B. durch Scheidung oder Tod) findet ein Ausgleich des während der Ehe erworbenen Vermögenszuwachses („Zugewinn“) statt.

Vermögenszuordnung während der Ehe

  • Eigentum: Jeder Ehegatte bleibt Eigentümer seines in die Ehe eingebrachten oder während der Ehe erworbenen Vermögens.
  • Schulden: Verbindlichkeiten werden ebenfalls grundsätzlich individuell zugeordnet; es entsteht keine automatische Mithaftung.
  • Verfügungen: Verfügungen über das „Vermögen im Ganzen“ oder gemeinsam genutztes Wohneigentum bedürfen der Zustimmung des anderen Ehegatten (§§ 1365, 1369 BGB).

Beginn, Ende und Ausgleich des Zugewinns

Beginn des gesetzlichen Güterstands

Der gesetzliche Güterstand beginnt mit der Eheschließung, sofern kein Ehevertrag eine andere Regelung vorsieht.

Beendigung des gesetzlichen Güterstands

Das Ende des gesetzlichen Güterstands tritt ein durch:

  • Rechtskräftige Scheidung (§ 1378 BGB),
  • Aufhebung der Ehe,
  • Tod eines Ehegatten,
  • Wechsel in einen anderen Güterstand durch Ehevertrag.

Zugewinnausgleich

Bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft erfolgt der sogenannte Zugewinnausgleich. Hierbei wird für jeden Ehegatten das Anfangsvermögen (bei Eheschließung) und das Endvermögen (bei Beendigung des Güterstands) bestimmt:

Zugewinn = Endvermögen – Anfangsvermögen

Derjenige Ehegatte, der während der Ehe einen höheren Zugewinn erzielt hat, muss die Hälfte der Differenz als Ausgleich an den anderen Ehegatten zahlen (§§ 1372 ff. BGB).

Besondere Fälle im Zugewinnausgleich
  • Erbschaften und Schenkungen: Diese werden dem Anfangsvermögen hinzugerechnet und nicht durch den Zugewinnausgleich ausgeglichen (§ 1374 Abs. 2 BGB).
  • Negative Vermögen: Auch Schulden können bei Anfangs- und Endvermögen zu berücksichtigen sein.
  • Vorzeitiger Zugewinnausgleich: In bestimmten Ausnahmefällen ist der Zugewinnausgleich bereits während bestehender Ehe möglich (§ 1385 BGB).

Alternative Güterstände

Durch notariellen Ehevertrag kann vom gesetzlichen Güterstand abgewichen werden. Grundlage hierfür ist die Privatautonomie der Ehegatten. Die wesentlichen Alternativen sind:

Gütertrennung

Bei der Gütertrennung erfolgt keine Vermögensmischung und kein Zugewinnausgleich (§ 1414 BGB).

Gütergemeinschaft

In der Gütergemeinschaft gibt es gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten und Sondervermögen (§§ 1415 bis 1518 BGB), was zu einer gemeinsamen Verwaltung und privilegierter Haftung führen kann.

Rechtliche Bedeutung im Erbfall

Auch beim Tod eines Ehegatten wirkt sich der gesetzliche Güterstand auf das Erbrecht aus. Der überlebende Ehegatte erhält neben dem gesetzlichen Erbteil einen pauschalen Zugewinnausgleich (§ 1371 BGB), sofern die Zugewinngemeinschaft bestand.

Internationaler Bezug

Das internationale Privatrecht bestimmt häufig, welches nationale Recht bei Eheschließungen mit Auslandsbezug anzuwenden ist (Art. 15 ff. EGBGB, EU-GüterstandVO). Hierdurch kann im Einzelfall ein anderer gesetzlicher Güterstand maßgeblich sein als im deutschen Recht.

Literatur und weiterführende Quellen

Zusammenfassung

Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist in Deutschland die vermögensrechtliche Grundform der Ehe. Er bietet einen ausgewogenen Ausgleich der beiderseitigen während der Ehe erworbenen Werte und schützt im Scheidungs- wie im Erbfall die vermögensrechtlichen Interessen der Ehegatten. Eine abweichende vertragliche Regelung ist möglich, ändert jedoch am Grundsatz der gesetzlichen Regelung solange nichts, wie kein Ehevertrag abgeschlossen wird. Die Zugewinngemeinschaft regelt fair und nachvollziehbar das Vermögen beider Ehepartner im deutschen Familienrecht.

Häufig gestellte Fragen

Welche vermögensrechtlichen Auswirkungen hat der gesetzliche Güterstand während der Ehe?

Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft bewirkt während der Ehe, dass das Vermögen der Ehegatten grundsätzlich getrennt bleibt. Das bedeutet, dass jeder Ehegatte weiterhin Eigentümer seines eingebrachten und während der Ehe erworbenen Vermögens bleibt und damit eigenständig darüber verfügen kann. Die Verwaltung des eigenen Vermögens erfolgt unabhängig voneinander, sodass Rechtsgeschäfte, die ein Ehegatte vornimmt, grundsätzlich keine Auswirkungen auf das Vermögen des anderen Ehegatten haben – es sei denn, es handelt sich um das sogenannte „Vermögen im Ganzen“, das unter § 1365 BGB fällt. Eheliche Verfügungen über das Gesamtvermögen sind daher zustimmungspflichtig. Schulden, die ein Ehegatte eingeht, betreffen zunächst nur sein eigenes Vermögen, eine gesamtschuldnerische Haftung beider Ehegatten besteht also nicht automatisch. Während der Ehe findet keine automatische Teilung oder Vermischung des Vermögens statt; der Ausgleich durch den Zugewinn erfolgt erst bei Beendigung des Güterstands. Auch Schenkungen und Erbschaften werden bei der Berechnung des Zugewinns in besonderer Weise berücksichtigt.

Wie erfolgt der Zugewinnausgleich bei der Beendigung des gesetzlichen Güterstands?

Bei der Beendigung des gesetzlichen Güterstands, etwa durch Scheidung, Tod eines Ehegatten oder Wechsel in einen anderen Güterstand, wird ein sogenannter Zugewinnausgleich durchgeführt. Dabei wird für jeden Ehegatten separat das Anfangsvermögen (Vermögensstand bei Eheschließung) und das Endvermögen (Vermögensstand bei Beendigung des Güterstands) ermittelt. Schenkungen und Erbschaften während der Ehe werden dem Anfangsvermögen hinzugerechnet. Der Zugewinn ist die Differenz zwischen Anfangs- und Endvermögen eines jeden Ehegatten. Derjenige Ehegatte, der den geringeren Zugewinn erwirtschaftet hat, kann von dem anderen Ehegatten die Hälfte des Überschusses beanspruchen. Die Ausgleichsforderung ist ein schuldrechtlicher Anspruch, der auch gerichtlich durchgesetzt werden kann. Dies dient dazu, die während der Ehe entstandene Vermögensmehrung zwischen den Ehegatten gerecht zu verteilen.

Welche Regelungen bestehen hinsichtlich der Haftung für Verbindlichkeiten im gesetzlichen Güterstand?

Im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft haftet grundsätzlich jeder Ehegatte nur für die von ihm selbst begründeten Verbindlichkeiten mit seinem eigenen Vermögen. Eine Gesamthaftung beider Ehegatten entsteht nur dann, wenn beide zusammen einen Vertrag schließen oder ausdrücklich gemeinsam haften wollen. Allerdings gibt es eine wichtige Einschränkung: Nach § 1362 BGB wird zugunsten von Gläubigern vermutet, dass bestimmte bewegliche Sachen, die sich im Besitz beider Ehegatten befinden, dem Schuldner gehören. Des Weiteren existieren Schutzvorschriften, wie etwa das Zustimmungserfordernis bei Verfügungen über das Vermögen im Ganzen (§ 1365 BGB), um unrechtmäßige Vermögensverschiebungen zulasten des anderen Ehegatten zu verhindern. Verbindlichkeiten des einen Ehegatten berühren daher nicht unmittelbar das Vermögen des anderen, sodass jeder Ehegatte grundsätzlich autonom über sein Vermögen und seine Schulden disponieren kann.

Wie wirken sich Schenkungen und Erbschaften im gesetzlichen Güterstand aus?

Schenkungen und Erbschaften, die ein Ehegatte während des Bestehens der Zugewinngemeinschaft erhält, fallen in dessen persönliches Vermögen und werden bei der Berechnung des Zugewinns besonders berücksichtigt. Sie werden dem Anfangsvermögen des begünstigten Ehegatten zugeschlagen, auch wenn der tatsächliche Erwerb erst während der Ehe erfolgt. Damit erhöht sich das Anfangsvermögen und insofern verringert sich der rechnerische Zugewinn. Ziel dieser Regelung ist es, unverdientes Vermögen, das ein Ehegatte ohne Zutun des anderen Ehegatten erhält, bei der Zugewinnberechnung weitgehend unberücksichtigt zu lassen, sodass der Ausgleich auf während der Ehe erarbeitetes Vermögen begrenzt bleibt. Wertsteigerungen der Erbschaft oder Schenkung während der Ehe werden jedoch beim Zugewinn mit berücksichtigt.

Welche Möglichkeiten zur Modifikation des gesetzlichen Güterstands bestehen?

Eheleute haben die Möglichkeit, den gesetzlichen Güterstand durch Ehevertrag individuell zu gestalten. So kann etwa die Zugewinngemeinschaft modifiziert, der Zugewinnausgleich ausgeschlossen oder bestimmte Vermögenswerte vom Zugewinn ausgenommen werden. Notwendig ist hierfür ein notariell beurkundeter Vertrag. Der sogenannte modifizierte Zugewinnausgleich ermöglicht es, auf die individuellen Bedürfnisse der Ehegatten Rücksicht zu nehmen, etwa zur Sicherung von Unternehmensvermögen oder zur Regelung von Ausgleichsleistungen. Ein vollständiger Ausschluss des Zugewinnausgleichs ist ebenfalls möglich, allerdings unterliegt dies gerichtlicher Kontrolle im Falle einer sittenwidrigen Benachteiligung (§ 138 BGB). Im Übrigen können Ehegatten jederzeit durch notariellen Vertrag in einen anderen Güterstand wechseln, etwa Gütertrennung oder Gütergemeinschaft.

Wann und wie endet der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft?

Der gesetzliche Güterstand endet automatisch durch den Tod eines Ehegatten, durch rechtskräftige Scheidung oder durch den Abschluss eines notariell beurkundeten Ehevertrags, der einen anderen Güterstand bestimmt (z. B. Gütertrennung oder Gütergemeinschaft). Auch die richterliche Scheidung des Ehevertrages kann zur Beendigung führen. Bei Beendigung ist der Stichtag für die Berechnung des Endvermögens der Tag der Zustellung des Scheidungsantrags beziehungsweise des Todes. Mit Wirksamwerden des neuen Güterstands oder durch gerichtliche Entscheidung entfaltet der gesetzliche Güterstand keine Wirkung mehr; ein Ausgleich des Zugewinns ist nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs durchzuführen. Im Falle des Todes kann der verbleibende Ehegatte zusätzlich zum Zugewinnausgleich auch erbrechtliche Ansprüche geltend machen.

Welche Besonderheiten bestehen bei selbstständiger Tätigkeit oder Unternehmensvermögen im gesetzlichen Güterstand?

Für selbstständige oder unternehmerisch tätige Ehegatten gelten im gesetzlichen Güterstand spezielle Regelungen. Unternehmensvermögen bleibt ebenfalls im Eigentum des jeweiligen Ehegatten, wird jedoch bei der Berechnung des Zugewinns mit berücksichtigt. Ein Problemschwerpunkt liegt darin, dass bei der Bewertung des Endvermögens der Unternehmenswert einbezogen wird, was zu Liquiditätsproblemen führen kann, wenn bei Scheidung hohe Ausgleichszahlungen fällig werden. Daher besteht für Unternehmer im Rahmen eines Ehevertrags die Möglichkeit, das Unternehmen oder Anteile daran teilweise oder vollständig vom Zugewinn auszunehmen, um die wirtschaftliche Existenz nicht zu gefährden. Die Bewertung erfolgt regelmäßig unter Einbeziehung von Sachverständigen und richtet sich nach den im Familienrecht anerkannten Bewertungsmaßstäben für Unternehmen.