Definition und Konzept des gemeinnützigen Wohnungsbaus
Der Begriff gemeinnütziger Wohnungsbau bezeichnet den Bau, die Verwaltung und die Bereitstellung von Wohnraum durch Organisationen oder Unternehmen, die sich gemäß gesetzlicher Vorgaben zur Förderung des Gemeinwohls verpflichten. Ziel ist es, insbesondere einkommensschwächeren Bevölkerungsschichten Zugang zu dauerhaft preisgünstigem, angemessenem und sozial ausgewogenem Wohnraum zu ermöglichen. Im Unterschied zum frei finanzierten Wohnungsbau verfolgt der gemeinnützige Wohnungsbau nicht vorrangig gewinnorientierte Zwecke, sondern dient überwiegend sozialen Belangen im Interesse der Allgemeinheit.
Historische Entwicklung des gemeinnützigen Wohnungsbaus in Deutschland
Die Ursprünge des gemeinnützigen Wohnungsbaus gehen in Deutschland auf das späte 19. Jahrhundert zurück. Mit der Industrialisierung und dem damit einhergehenden Wohnraummangel entstanden erste Wohnungsbaugenossenschaften und gemeinnützige Bauvereine. In der Weimarer Republik und verstärkt nach dem Zweiten Weltkrieg gewann der gemeinnützige Wohnungsbau erhebliche Bedeutung für die Wohnraumversorgung breiter Bevölkerungsschichten. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen wurden maßgeblich durch das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) geprägt, das 1990 aufgehoben wurde. Seitdem haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen verändert, der Zweck des gemeinnützigen Wohnungsbaus bleibt jedoch weiterhin gesellschaftlich relevant.
Rechtlicher Rahmen des gemeinnützigen Wohnungsbaus in Deutschland
Gesellschaftsrechtliche Grundlagen
Zum gemeinnützigen Wohnungsbau sind vor allem Unternehmen und Organisationen berechtigt, die als juristische Personen fungieren. Typische Rechtsformen sind eingetragene Genossenschaften (eG), Stiftungen und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), selten auch Vereine. Wesentlich ist die satzungsmäßige Bindung an Zwecke der Förderung des gemeinnützigen oder sozialen Wohnungswesens gemäß Abgabenordnung (AO), insbesondere § 52 AO.
Anforderungen an die Organisationsstruktur
Die Satzung muss den Ausschluss von Gewinnausschüttungen an Mitglieder oder Anteilseigner regeln und die Mittelbindung auf gemeinnützige Zwecke vorschreiben. Im Falle der Auflösung der Institution sind die Vermögenswerte anderen gemeinnützigen Körperschaften oder öffentlich-rechtlichen Trägern zuzuführen.
Steuerrechtliche Aspekte
Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus können steuerliche Vorteile in Anspruch nehmen, wenn sie die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit nach §§ 51 ff. AO erfüllen. Hierzu zählt insbesondere die tatsächliche Selbstlosigkeit und die Verwendung der Mittel ausschließlich für satzungsgemäße Zwecke.
Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften sind von der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer befreit, sofern sie die Gemeinnützigkeit nachweisen. Gleichwohl können bestimmte wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (z. B. Bauträgermaßnahmen außerhalb des Förderbereichs) steuerpflichtig werden, wenn sie dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind.
Wohnraumförderrechtliche Regelungen
Der Bau, die Bewirtschaftung und die Vergabe der Wohnungen erfolgen oft auf Grundlage wohnraumförderrechtlicher Bestimmungen. Maßgeblich ist das jeweils gültige Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) auf Landesebene, welches den Einsatz öffentlicher Fördermittel, Belegungsbindungen, Mietobergrenzen und das Belegungsmanagement regelt.
Bindungsfristen und Belegrechte
Geförderte Wohnungen unterliegen oftmals langjährigen Bindungen hinsichtlich Mietpreis und Belegung (sog. Sozialbindung). Während dieser Zeit dürfen Wohnungen nur an Berechtigte mit Wohnberechtigungsschein oder vergleichbaren Nachweisen vergeben werden.
Mietrechtliche Besonderheiten
Für den gemeinnützigen Wohnungsbau gelten die allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über das Mietrecht, insbesondere §§ 535 ff. BGB. Geltende sozialrechtliche und förderrechtliche Mietpreisbegrenzungen greifen darüber hinaus, soweit Fördermittel in Anspruch genommen wurden oder spezifische Bewirtschaftungsauflagen bestehen.
Gemeinnütziger Wohnungsbau im europäischen Kontext
In anderen europäischen Staaten wird die soziale Wohnraumversorgung zumeist unter dem Begriff „Sozialer Wohnungsbau” geregelt, rechtlich bestehen vergleichbare Ziele, jedoch nationale Besonderheiten hinsichtlich Trägerschaft und Ausgestaltung der Gemeinnützigkeit. Die Europäische Kommission erkennt den gemeinnützigen Wohnungsbau als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (DAWI) an, wodurch dieser Bereich von bestimmten Regelungen des EU-Beihilferechts ausgenommen ist.
Anforderungen und Kontrolle der Gemeinnützigkeit
Die Einhaltung der steuerrechtlichen und gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben überwachen regelmäßig die zuständigen Finanzbehörden, die auf Antrag einen Körperschaftsteuer-Freistellungsbescheid erteilen. Auch Fördermittelgeber der öffentlichen Hand prüfen die Zweckverwendung und Einhaltung der Auflagen. Ein Verlust der Gemeinnützigkeit kann erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen, etwa Nachversteuerung und Rückforderung von Fördermitteln.
Aktuelle Entwicklungen und Reformvorhaben
Die Wiedereinführung einer gesetzlichen Regelung zur Wohnungsgemeinnützigkeit wird derzeit politisch diskutiert. Hintergrund sind anhaltende Wohnraumknappheit und steigende Mieten in Ballungszentren. Auf Bundesebene gibt es Initiativen für neue steuerliche Anreize und weitere Förderung gemeinwohlorientierter Wohnungsunternehmen.
Zusammenfassung
Der gemeinnützige Wohnungsbau ist ein zentrales Instrument zur Schaffung und Sicherung von bezahlbarem Wohnraum in Deutschland. Seine rechtlichen Grundlagen sind vielschichtig und reichen von gesellschaftsrechtlichen, steuerlichen bis hin zu wohnraumförder- und mietrechtlichen Vorschriften. Die Einhaltung der Gemeinnützigkeitsgrundsätze, die Einbindung in Förderprogramme und die Umsetzung sozial ausgewogener Belegungspolitik sind kennzeichnend für diesen Bereich. Der gemeinnützige Wohnungsbau leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur sozialen Stabilität und wohlfahrtsstaatlichen Daseinsvorsorge.
Quellen und Literaturhinweise:
- Abgabenordnung (AO) §§ 51 ff.
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) §§ 535 ff.
- Landeswohnraumförderungsgesetze
- historische und aktuelle Forschungsliteratur zum sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau in Deutschland
Hinweis: Die obigen Ausführungen konzentrieren sich auf die Rechtslage in Deutschland und sollen einen umfassenden Überblick über alle relevanten rechtlichen Gesichtspunkte des gemeinnützigen Wohnungsbaus geben.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen Bauträger für den gemeinnützigen Wohnungsbau erfüllen?
Bauträger, die im gemeinnützigen Wohnungsbau tätig werden wollen, müssen eine Vielzahl rechtlicher Voraussetzungen beachten. In Deutschland sind gemeinnützige Bautätigkeiten in erster Linie durch das Gesetz über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) auf Bundesebene sowie durch ergänzende Landesgesetze geregelt. Zu den wichtigsten Kriterien zählt das Verfolgen eines gemeinnützigen Zweckes gemäß der Abgabenordnung (insbesondere § 52 AO), der sich auf die Förderung der Allgemeinheit durch die Schaffung und Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen bezieht. Der Bauträger muss hierfür entweder als gemeinnützige Körperschaft anerkannt sein oder eine Kooperation mit einer solchen eingehen. Relevant ist zudem die Einhaltung der Vorgaben für Baukosten, Miethöhen und Belegungsbindungen, die sowohl im Förderbescheid als auch in landesrechtlichen Durchführungsverordnungen präzisiert sind. Zugleich sind Nachweispflichten gegenüber den Aufsichts- und Förderbehörden einzuhalten. Verstöße können zum Widerruf von Fördermitteln und zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen.
Welche mietrechtlichen Einschränkungen bestehen im gemeinnützigen Wohnungsbau?
Im gemeinnützigen Wohnungsbau gelten im Vergleich zum freien Wohnungsmarkt besondere mietrechtliche Einschränkungen. Die Miethöhen unterliegen während des Förderzeitraums strengen Obergrenzen, die sich aus den gesetzlichen Vorschriften der sozialen Wohnraumförderung und den Regelungen des jeweiligen Bundeslandes ergeben. Darüber hinaus ist eine Zweckbindung der Wohnungen festgelegt, wonach die Vermietung ausschließlich an Personen erfolgen darf, deren Einkommen bestimmte Höchstgrenzen nicht überschreitet (Wohnberechtigungsschein). Änderungen im Mietvertrag, etwa Mieterhöhungen oder der Wechsel des Mieters, sind häufig an die Genehmigung durch die zuständige Bewilligungsstelle geknüpft. Des Weiteren sind Kündigungen aus Eigenbedarf in der Regel ausgeschlossen oder zumindest stark eingeschränkt. Das Kündigungsrecht des Eigentümers unterliegt neben den allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zusätzlichen sozialrechtlichen Vorschriften, sodass der Schutz der Mieter verstärkt wird.
Wie erfolgt die Vergabe von Fördermitteln an gemeinnützige Bauprojekte?
Die Vergabe von Fördermitteln für den gemeinnützigen Wohnungsbau ist im Wesentlichen im WoFG sowie in den entsprechenden Landesgesetzen geregelt. Voraussetzung ist das Einreichen eines detaillierten Förderantrages, welcher alle relevanten Angaben zum geplanten Bauvorhaben, zur Finanzierung und zur vorgesehenen Mietpreisgestaltung enthalten muss. Die Prüfung und Bewilligung erfolgen in der Regel durch die jeweilige Investitionsbank des Bundeslandes oder eine vergleichbare Stelle. Die Fördermittel können in Form von zinsgünstigen Darlehen, nicht rückzahlbaren Zuschüssen oder Steuervergünstigungen gewährt werden, wobei die Mittelvergabe stets an die Einhaltung bestimmter Zweckbindungen, wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und baulicher Standards geknüpft ist. Der Empfang der Förderung begründet zudem Prüfungspflichten hinsichtlich der tatsächlichen Verwendung und eventuelle Rückzahlungspflichten bei Zweckverfehlung.
Welche steuerlichen Vorteile bestehen für Betreiber von gemeinnützigen Wohnungsbauprojekten?
Betreiber von gemeinnützigen Wohnungsbauprojekten genießen erhebliche steuerliche Erleichterungen, sofern die Anerkennung der Gemeinnützigkeit gemäß §§ 51 ff. AO vorliegt. Hierzu zählt zunächst die Befreiung von der Körperschaft- und Gewerbesteuer für Einnahmen, die unmittelbar der satzungsgemäßen gemeinnützigen Tätigkeit zuzurechnen sind. Beim Erwerb von Grundstücken sind gemeinnützige Wohnungsunternehmen unter bestimmten Umständen auch von der Grunderwerbsteuer befreit. Weiterhin besteht die Möglichkeit, Spenden für den gemeinnützigen Wohnungsbau steuerlich geltend zu machen und entsprechende Zuwendungsbestätigungen auszustellen. Auf Ebene der Umsatzsteuer können für bestimmte Leistungen steuerfreie Umsätze in Anspruch genommen werden, soweit diese der Vermietung von Wohnraum für den gemeinnützigen Zweck dienen. Zu beachten ist stets eine strikte Trennung zwischen dem steuerbegünstigten Bereich und etwaigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die nicht gemeinnützig ausgestaltet sind.
Welche juristischen Kontroll- und Berichtsmechanismen bestehen im gemeinnützigen Wohnungsbau?
Im Rahmen des gemeinnützigen Wohnungsbaus unterliegen Bauträger und Betreiber zahlreichen juristischen Kontroll- und Berichtsmechanismen. Solche Kontrollen erfolgen seitens der Fördermittelgeber, der Finanzbehörden sowie der kommunalen Aufsichtsbehörden. Beispielsweise müssen jährliche Berichte über die Durchführung des Förderprojektes, belegungsrechtliche Statistiken und Prüfungen der Mittelverwendung vorgelegt werden. Zudem sind Zweckbindungsfristen zu dokumentieren und einzuhalten, was in der Regel durch regelmäßige Mieterliste und Nachweise über die Einhaltung der Einkommensgrenzen für neue Mietverhältnisse überprüft wird. Bei der Nichtbeachtung von Melde- und Berichtspflichten drohen Sanktionen von Rückforderungen gezahlter Fördergelder bis hin zum Verlust des Status der Gemeinnützigkeit. Regelmäßige Audits und vertiefte Prüfungen, etwa im Rahmen von Verdachtsmomenten auf Zweckentfremdung, sind rechtlich vorgesehen.
Welche Rolle spielen Landesgesetze im Rahmen des gemeinnützigen Wohnungsbaus?
Landesgesetze spielen im Bereich des gemeinnützigen Wohnungsbaus eine zentrale Rolle, da sie die Bundesvorgaben konkretisieren und deren Umsetzung in die jeweilige Landesförderlandschaft regeln. Während das WoFG die grundsätzlichen Rahmenbedingungen vorgibt, obliegt die Ausgestaltung der Förderrichtlinien, der Höhe der Förderung, der Art der Belegungsbindung und der Mietpreisbegrenzungen primär den Bundesländern. Landesrechtliche Verordnungen legen häufig auch abweichende oder ergänzende Anforderungen an Bauqualität, Energieeffizienz oder Barrierefreiheit fest. Darüber hinaus steuern die Landesregierungen die örtliche Vergabepraxis von Wohnberechtigungsscheinen und die Kontrollen der Zweckbindung. Fehlende Harmonisierung zwischen den Ländern kann dabei zu unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen und Fördermöglichkeiten führen.
Welche Bedeutung haben Belegungsbindungen und wie werden sie rechtlich durchgesetzt?
Belegungsbindungen sind ein zentrales rechtliches Instrument im gemeinnützigen Wohnungsbau. Sie verpflichten die Betreiber, die geförderten Wohnungen während der Bindungsfrist ausschließlich an Personen mit bestimmten Einkommensverhältnissen zu vermieten, die über einen amtlich ausgestellten Wohnberechtigungsschein verfügen. Diese Bindungen finden ihren Ursprung im Förderrecht und werden vertraglich im Rahmen des Förderbescheides festgeschrieben. Juristisch durchgesetzt werden sie durch behördliche Überprüfung der Mieterdaten und der Einhaltung der vorgesehenen Fristen. Verstöße können zu einer Rückforderung von Fördermitteln, Bußgeldern und im Wiederholungsfall sogar zum Ausschluss von zukünftigen Förderprogrammen führen. Zudem besteht für Kommunen in dringenden Fällen ein belegungsrechtliches Zugriffsrecht, das die Zuweisung von Wohnungen bei besonderem Wohnbedarf ermöglicht.