Legal Lexikon

Gegendarstellung


Gegendarstellung: Rechtliche Grundlagen und Praxis

Die Gegendarstellung ist ein gesetzlich verankertes Mittel zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte im Medien- und Presserecht. Sie erlaubt es von einer Tatsachenbehauptung Betroffenen, im gleichen Medium eine eigene Darstellung zu veröffentlichen und so auf Berichterstattung unmittelbar zu reagieren. Das Recht auf Gegendarstellung ist in zahlreichen nationalen Regelungen sowie in den Landespressegesetzen verankert.


Definition und Zweck der Gegendarstellung

Die Gegendarstellung bezeichnet das rechtliche Instrument, mit dem eine Person oder Organisation, über die in der Presse oder in einem anderen Medium Tatsachenbehauptungen veröffentlicht wurden, eine eigene Stellungnahme in derselben Art und Weise und am selben Ort verlangen kann. Ziel ist es, Informationen richtigzustellen oder den eigenen Standpunkt darzustellen, ohne jedoch über die bloße Richtigstellung hinaus zu gehen oder Werturteile zu äußern.


Gesetzliche Grundlagen

Landespressegesetze

Die Regelungen zum Gegendarstellungsrecht finden sich hauptsächlich in den jeweiligen Landespressegesetzen der Bundesländer. Diese Vorschriften sind inhaltlich weitgehend vereinheitlicht, sehen jedoch einzelne Unterschiede im Verfahren und Anwendungsbereich vor.

Rundfunkstaatsverträge und Telemediengesetz

Für elektronische Medien ist das Gegendarstellungsrecht im Medienstaatsvertrag (§ 19 MStV) geregelt. Online-Medien und Telemedienanbieter sind ebenfalls verpflichtet, unter bestimmten Voraussetzungen Gegendarstellungen zu veröffentlichen.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und Allgemeines Persönlichkeitsrecht

Das Recht auf Gegendarstellung ist eng mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz (GG) verknüpft. Die Abwehr von falschen Tatsachenbehauptungen ist ein zentrales Element im Schutz der persönlichen Ehre und Privatheit.


Voraussetzungen für die Gegendarstellung

Tatsachenbehauptung

Das Gegendarstellungsrecht setzt voraus, dass es sich bei der angegriffenen Äußerung um eine Tatsachenbehauptung handelt. Meinungsäußerungen sowie Werturteile begründen kein Recht auf Gegendarstellung.

Betroffenheit

Die antragstellende Person muss unmittelbar von der veröffentlichten Behauptung betroffen sein. Die Gegendarstellung kann sowohl von Einzelpersonen als auch von juristischen Personen, wie Unternehmen oder Verbänden, geltend gemacht werden.

Form und Frist

Die Gegendarstellung ist schriftlich einzureichen und muss eindeutig als solche gekennzeichnet sein. Die Frist für das Einreichen variiert, beträgt aber in der Regel maximal drei Monate nach Kenntniserlangung von der Veröffentlichung.

Kein offensichtlicher Rechtsmissbrauch

Das Recht auf Gegendarstellung entfällt, wenn die Darstellung offensichtlich unwahr ist oder das Verlangen rechtsmissbräuchlich erfolgt.


Inhaltliche und formale Anforderungen

Umfang und Wortlaut

Die Gegendarstellung muss sich auf den Sachverhalt der ursprünglichen Tatsachenbehauptung beschränken. Sie darf keine Beleidigungen, Schmähkritik oder Werturteile enthalten und ist in einem sachlichen Ton zu halten.

Veröffentlichung

Die Gegendarstellung ist im selben Teil des Mediums und in vergleichbarer Form zu veröffentlichen wie die ursprüngliche Behauptung. Im Printbereich gilt, dass Textlänge und Platzierung an die ursprüngliche Veröffentlichung angelehnt sein müssen. Im Rundfunk oder bei Online-Berichterstattung ist eine Einbettung an vergleichbarer Stelle erforderlich.


Ablauf des Gegendarstellungsverfahrens

Antragstellung

Die betroffene Person oder Institution fordert das Medium schriftlich zur Veröffentlichung der Gegendarstellung auf. Die Gegendarstellung ist beizufügen und zu unterschreiben.

Prüfung und Umsetzung

Das Medium prüft die formalen und inhaltlichen Voraussetzungen und veröffentlicht die Gegendarstellung zeitnah, sofern keine Ablehnungsgründe bestehen.

Ablehnung und gerichtliche Durchsetzung

Lehnt das Medium die Veröffentlichung der Gegendarstellung ab, besteht die Möglichkeit, den Anspruch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vor den zuständigen Zivilgerichten durchzusetzen. Das Verfahren erfolgt meist im Eilverfahren, um den Zweck der Gegendarstellung – eine zeitnahe Reaktion – zu erhalten.


Kosten und Rechtsfolgen

Die Kosten für die Veröffentlichung der Gegendarstellung trägt grundsätzlich das Medium. Die Veröffentlichung der Gegendarstellung selbst hat keine Auswirkungen auf etwa bestehende Unterlassungsansprüche oder Schadensersatzansprüche, die eigenständig geltend gemacht werden können.


Besonderheiten bei digitalen Medien

Mit der fortschreitenden Digitalisierung ist das Gegendarstellungsrecht auch für Online-Medien, Nachrichtenportale und soziale Netzwerke relevant. Entscheidend sind hierbei die Prinzipien der Platzierung, Sichtbarkeit und Dauer der Veröffentlichung, die an die jeweilige Art des Mediums angepasst werden. Die medienrechtlichen Vorschriften tragen diesem Wandel durch spezifische Regelungen im Medienstaatsvertrag Rechnung.


Verhältnis zu anderen presserechtlichen Ansprüchen

Unterlassungsanspruch

Ein Anspruch auf Gegendarstellung schließt einen Unterlassungsanspruch nicht aus. Beide Instrumente dienen dem Schutz der persönlichen Ehre und können parallel oder ergänzend geltend gemacht werden.

Widerruf und Berichtigung

Neben der Gegendarstellung können vom Betroffenen Ansprüche auf Widerruf oder Berichtigung einer fehlerhaften Tatsachenbehauptung bestehen. Diese gehen meist weiter, da sie eine inhaltliche Korrektur der ursprünglichen Berichterstattung verlangen.


Bedeutung im internationalen Kontext

Das Gegendarstellungsrecht ist nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Staaten und in internationalen Dokumenten wie der Europäischen Menschenrechtskonvention vorgesehen. Ziel dieser Regelungen ist ein Ausgleich zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsschutz.


Zusammenfassung

Das Gegendarstellungsrecht stellt ein zentrales Instrument im Presserecht dar, mit dem Betroffene unverzüglich und medienwirksam auf Tatsachenbehauptungen reagieren können. Es ist durch spezifische gesetzliche Voraussetzungen, formelle Anforderungen und ein schnelles Verfahren geprägt. Insbesondere in der heutigen Medienlandschaft gewinnt das Recht auf Gegendarstellung angesichts der hohen Verbreitungsgeschwindigkeit von Nachrichten zunehmend an Bedeutung.

Häufig gestellte Fragen

Wann besteht ein rechtlicher Anspruch auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung?

Ein rechtlicher Anspruch auf die Veröffentlichung einer Gegendarstellung besteht nach den Landespressegesetzen und den entsprechenden Vorschriften im Rundfunkstaatsvertrag, wenn durch eine Tatsachenbehauptung in einem Medium persönliche Rechte, insbesondere das allgemeine Persönlichkeitsrecht, betroffen sind. Voraussetzung ist, dass eine Behauptung über eine bestimmte Person oder zumindest einen überschaubaren Personenkreis aufgestellt wurde, die objektiv nachprüfbar und geeignet ist, das Ansehen oder die Rechte dieser Person zu beeinträchtigen. Die Gegendarstellung muss sich auf Tatsachen, nicht auf Werturteile beziehen und innerhalb einer bestimmten Frist nach Bekanntwerden des Ursprungsbeitrags schriftlich verlangt werden. Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob die ursprüngliche Berichterstattung wahr oder unwahr war; maßgeblich ist allein, dass die betroffene Person ihre Sicht der Dinge im selben Medium platzieren kann.

Welche formellen Voraussetzungen muss eine Gegendarstellung erfüllen?

Eine wirksame Gegendarstellung unterliegt strengen formellen Anforderungen: Sie muss schriftlich beim Presseorgan eingereicht werden, in der Regel eigenhändig unterschrieben sein und darf sich ausschließlich auf tatsächliche Behauptungen des Ausgangsbeitrags beziehen. Die Gegendarstellung ist vom Betroffenen selbst einzureichen oder, falls ein Vertreter bevollmächtigt wird, muss dieser eine schriftliche Vollmacht beifügen. Der Text darf den Umfang der ursprünglichen Darstellung grundsätzlich nicht überschreiten und muss klar erkennen lassen, auf welche Publikation und welche konkrete Behauptung(en) sie sich bezieht. Unzulässig sind Gegendarstellungen, deren Inhalt offensichtlich unwahr oder strafbar ist oder durch die Rechte Dritter verletzt würden.

Gibt es Fristen, die bei der Geltendmachung einer Gegendarstellung zu beachten sind?

Ja, die Landespressegesetze und Rundfunkgesetze sehen für die Geltendmachung einer Gegendarstellung kurze Ausschlussfristen vor, die sich meist nach der Veröffentlichung der strittigen Tatsachenbehauptung richten. In den meisten Bundesländern beträgt die Frist zwei bis drei Monate ab Kenntnis der Mitteilung. Nach Ablauf dieser Frist kann grundsätzlich kein Anspruch auf Veröffentlichung mehr durchgesetzt werden. Ziel dieser kurzen Fristen ist es, den Aktualitätsbezug der Gegendarstellung zu gewährleisten; daher sollte eine betroffene Person umgehend prüfen, ob und wie sie eine Gegendarstellung geltend machen möchte.

Wie erfolgt die Veröffentlichung der Gegendarstellung und in welcher Form?

Die Gegendarstellung ist in der nächsten für den Druck, die Ausstrahlung oder Online-Veröffentlichung vorgesehenen Ausgabe, in unmittelbarem Zusammenhang mit der beanstandeten Erstmitteilung und in vergleichbarer Aufmachung zu veröffentlichen. Das bedeutet, Schriftgröße, Platzierung und sonstige Gestaltungselemente müssen sich – soweit technisch möglich – an der ursprünglichen Darstellung orientieren. Bei Online-Medien ist die Gegendarstellung zumeist direkt beim ursprünglichen Beitrag oder auf einer leicht auffindbaren, speziellen Gegendarstellungsseite zu platzieren, wobei ein klarer Bezug zum Ausgangsbeitrag herzustellen ist. Die Veröffentlichung hat dabei grundsätzlich unkommentiert und vollständig zu erfolgen; eigene redaktionelle Wertungen oder Kürzungen sind unzulässig.

Kann eine Gegendarstellung durch das Medium verweigert werden?

Ein Medium darf eine Gegendarstellung nur in eng begrenzten Ausnahmefällen verweigern, etwa wenn formale Anforderungen nicht eingehalten werden, die Gegendarstellung offensichtlich unwahr ist, strafbaren Inhalts oder eine Verletzung von Rechten Dritter zur Folge hätte. Ebenfalls abgelehnt werden kann sie, wenn sie über die ursprüngliche Berichterstattung hinausgeht oder offenkundig missbräuchlich verwendet wird, beispielsweise zu Werbezwecken. In allen anderen Fällen ist das Medium gesetzlich verpflichtet, die Gegendarstellung auf eigene Kosten zu veröffentlichen.

Welcher Rechtsschutz steht Betroffenen zur Verfügung, wenn das Medium die Gegendarstellung nicht veröffentlichen will?

Verweigert ein Medium die Veröffentlichung der berechtigten Gegendarstellung, kann der Betroffene im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, also mittels eines Eilverfahrens vor dem zuständigen Zivilgericht, auf Veröffentlichung klagen. Da es sich um einen presserechtlichen Anspruch handelt, entscheiden die Gerichte schnell, meist innerhalb weniger Tage oder Wochen, da der Aktualitätsbezug und der Anspruch auf zügige Korrektur im Vordergrund stehen. Im Falle des Obsiegens wird das Medium durch gerichtliche Entscheidung zur Veröffentlichung der Gegendarstellung verpflichtet. In Einzelfällen kann zudem ein Anspruch auf Schadensersatz, etwa bei Verzögerung oder unterlassener Veröffentlichung, bestehen.