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Freiwilliger Wehrdienst


Begriff und Bedeutung des Freiwilligen Wehrdienstes

Der Freiwillige Wehrdienst ist ein zentrales Element des deutschen Wehrrechts und bezeichnet den zeitlich befristeten Dienst in der Bundeswehr auf freiwilliger Basis. Er bietet volljährigen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern die Möglichkeit, einen militärischen Dienst außerhalb der Verpflichtungen als Soldat auf Zeit oder im Rahmen der Reserve zu leisten. Der Freiwillige Wehrdienst entstand als maßgebliche Weichenstellung im Zuge der Aussetzung der Wehrpflicht 2011 und ist im Soldatengesetz sowie weiteren Vorschriften umfassend geregelt.


Gesetzliche Grundlagen

Rechtsgrundlagen (Gesetze und Verordnungen)

Der rechtliche Rahmen des Freiwilligen Wehrdienstes ist wesentlich in folgenden Regelwerken geregelt:

  • Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz – SG)
  • Wehrpflichtgesetz (WPflG)
  • Wehrrechtsänderungsgesetz 2011
  • Verordnung über den Freiwilligen Wehrdienst in besonderen Verwendungen (FWDL-BesVerwV)
  • Wehrdisziplinarordnung und Wehrbeschwerdeordnung
  • Ergänzende Erlasse und Verwaltungsvorschriften des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg)

Verhältnis zur Wehrpflicht und zu anderen Dienstformen

Seit Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht im Jahr 2011 bildet der Freiwillige Wehrdienst eine wichtige Brücke zwischen Freiwilligkeit und staatsbürgerlicher Teilhabe an der Sicherheitspolitik. Er ist dabei abzugrenzen von der Verpflichtung als Soldat auf Zeit, dem Dienst in der Reserve sowie von freiwilligen Diensten außerhalb des militärischen Bereichs (wie Bundesfreiwilligendienst oder Freiwilliges Soziales Jahr).


Voraussetzungen und Verpflichtung

Teilnahmevoraussetzungen

Teilnahmeberechtigt sind Personen, die:

  • Deutsche Staatsangehörige im Sinne des Art. 116 GG sind
  • das 17. Lebensjahr vollendet haben (Wird jedoch das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, ist die Zustimmung der Sorgeberechtigten erforderlich)
  • körperlich und geistig geeignet für den militärischen Dienst sind
  • keine Vorstrafen aufweisen, die einer Verpflichtung entgegenstehen

Rechtsverhältnis zum Staat

Mit Aufnahme des Freiwilligen Wehrdienstes begründet der Dienstleistende ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis besonderer Art als Soldat auf Zeit, allerdings mit einer begrenzten Laufzeit und speziellen Statusrechten. Die Pflichten, Grundrechte-Einschränkungen und Rechte ergeben sich im Rahmen des Soldatengesetzes, insbesondere §§ 58b, 58c SG.


Dauer und Ablauf des Freiwilligen Wehrdienstes

Verpflichtungsdauer

Die Mindestverpflichtungszeit beträgt sechs Monate inkl. Grundausbildung. Eine Verlängerung ist bis zu maximal 23 Monate möglich (§ 58b Abs. 2 SG).

Beendigung des Dienstverhältnisses

Vor Ablauf der Dienstzeit kann das Dienstverhältnis

  • durch schriftliche Entlassung auf Antrag des Soldaten (§ 58c Abs. 2 SG)
  • durch Entlassung von Amts wegen (z. B. Dienstunfähigkeit, schwere Dienstvergehen)
  • fristlos aus schwerwiegenden Gründen

beendet werden.

Rechtliche Folgen der Dienstzeit

Die Zeit des Freiwilligen Wehrdienstes kann nach spezifischen Regelungen als Pflichtdienstzeit anerkannt werden (z. B. bei Beamtenanwärtern oder bei Altersversorgungsvorschriften).


Status und Rechte während des Freiwilligen Wehrdienstes

Sozialrechtlicher Status

Freiwillig Wehrdienstleistende erhalten den Status eines Soldaten auf Zeit, mit besonderen Versicherungs- und Fürsorgeansprüchen. Die Sozial- und Unfallversicherung erfolgt nach eigenem Regelungsregime (§§ 71 SG, Soldatenversorgungsgesetz).

Besoldung und Leistungen

Leistungen umfassen insbesondere:

  • Wehrsold (Bemessung nach Wehrsoldstufe fester monatlicher Betrag)
  • Versorgungszuschläge
  • Dienstkleidung und Sachleistungen
  • Fahrtkostenersatz, ggf. Trennungsgeld
  • Beihilfen im Krankheitsfall

Grundrechte und Einschränkungen

Die Grundrechte werden im Rahmen des Dienstverhältnisses modifiziert, insbesondere durch das Soldatengesetz (z. B. Einschränkungen bei Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit, Datenschutz).


Pflichten und Disziplinarrecht

Grundpflichten

Freiwillig Wehrdienstleistende unterliegen wie alle Soldaten:

  • Gehorsamspflicht
  • Pflicht zur Verschwiegenheit
  • Dienstleistungs- und Einsatzpflicht
  • Wehrrechtlicher Unterstellung

Besonderheiten bei Auslandseinsatz

Ein Einsatz im Ausland ist für Freiwilligen Wehrdienstleistende nach § 6b Paragraf 58b Abs. 4 SG nur bei ausdrücklicher freiwilliger schriftlicher Zustimmung und nach besonderer Eignungsprüfung zulässig.

Disziplinarische Maßnahmen

Verstöße gegen dienstliche Pflichten können sanktioniert werden gemäß der Wehrdisziplinarordnung. Dies umfasst dienstliche Verwarnungen bis hin zur Dienstentlassung.


Beendigung und Nachwirkung des Freiwilligen Wehrdienstes

Rechtsfolgen der Entlassung

Nach Beendigung des Freiwilligen Wehrdienstes besteht kein öffentlich-rechtliches Wehrdienstverhältnis mehr. Bestimmte Nachwirkungen (z. B. Einberufung zu Reserveübungen) können gemäß Wehrpflichtgesetz und Soldatengesetz bestehen bleiben.

Vorrang- und Gleichstellung

Freiwillig Wehrdienstleistende genießen einen Anspruch auf Wiedereinstellung in das vorherige Arbeitsverhältnis oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz nach § 12 Arbeitsplatzschutzgesetz (ArbPlSchG) und weiteren spezialgesetzlichen Vorschriften.


Bedeutung in der Praxis und Entwicklung

Statistische Entwicklung

Die Bedeutung und Inanspruchnahme des Freiwilligen Wehrdienstes hat sich seit der Aussetzung der Wehrpflicht stetig verändert und unterliegt steter Beobachtung durch die Bundeswehr. Die Regelungen erfahren regelmäßig Anpassungen im Zuge verteidigungspolitischer Änderungen.

Gesellschafts- und wehrrechtliche Funktion

Der Freiwillige Wehrdienst trägt wesentlich zur Nachwuchsgewinnung und Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr bei. Zudem erfüllt er eine Brückenfunktion zwischen zivilem Engagement und Verteidigungsauftrag.


Fazit

Der Freiwillige Wehrdienst ist ein gesetzlich normiertes, öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis mit zahlreichen spezifischen Rechten und Pflichten. Er stellt eine bedeutende Säule des deutschen Wehrrechts dar, die jungen Menschen die Möglichkeit bietet, sich im militärischen Bereich zu engagieren, ohne eine langfristige Verpflichtung als Soldat auf Zeit oder Berufssoldat einzugehen. Das umfangreiche Geflecht aus Gesetzen und Verordnungen garantiert einen umfassenden Rechtsrahmen und eine klare Abgrenzung zu anderen Dienst- und Wehrformen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen Bewerberinnen und Bewerber für den Freiwilligen Wehrdienst erfüllen?

Bewerberinnen und Bewerber für den Freiwilligen Wehrdienst müssen bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllen, die im Soldatengesetz (SG) und im Wehrpflichtgesetz (WPflG) geregelt sind. Sie müssen deutsche Staatsangehörige sein (§ 37 SG) und das 17. Lebensjahr vollendet haben (§ 58b SG, Beachte Jugendschutzregeln bei Minderjährigen). Zudem darf die Frei­heit nicht durch gerichtliche Entscheidung entzogen worden sein (§ 39 SG). Ein einwandfreies Führungszeugnis ist erforderlich, wobei Vorstrafen je nach Schwere der Tat ein Ausschlusskriterium darstellen können. Weiterhin muss die gesundheitliche Eignung im Rahmen einer amtsärztlichen Untersuchung nachgewiesen werden. Überdies dürfen nach § 37 Abs. 2 SG keine Gründe vorliegen, die eine Berufung als Soldat auf Zeit ausschließen (z. B. Loyalitätskonflikte, Eigeninteresse an einer bewaffneten Gruppe). Frauen und Männer sind rechtlich grundsätzlich gleichgestellt. Für Bewerberinnen und Bewerber unter 18 Jahren ist die schriftliche Zustimmung der Erziehungsberechtigten erforderlich (§ 58c SG). Eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr oder der erfolgte Verlust der Wehrwürdigkeit schließt die Teilnahme aus.

Wie ist das Dienstverhältnis im Freiwilligen Wehrdienst rechtlich geregelt?

Das Dienstverhältnis im Freiwilligen Wehrdienst wird nach dem Soldatengesetz (SG) geregelt. Die Teilnehmer werden als „Freiwillig Wehrdienstleistende” (FWDL) geführt; sie stehen in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Sie unterliegen den soldatischen Pflichten sowie den Disziplinarvorschriften des Wehrdisziplinargesetzes (WDG). Im Gegensatz zu Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit handelt es sich um ein zeitlich befristetes Dienstverhältnis (§ 58b SG), wobei die Dauer grundsätzlich zwischen 7 und 23 Monaten liegt (§ 58b Abs. 2 SG). Der Dienstbeginn und die Dienstzeit werden durch eine ausdrückliche Verpflichtungserklärung und den daraufhin erlassenen Einstellungsbescheid begründet. Eine Beendigung durch Kündigung kann nur unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen erfolgen (z. B. aus gesundheitlichen oder familiären Gründen gemäß § 55 SG).

Unterliegt der Freiwillige Wehrdienst allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen?

Nein, der Freiwillige Wehrdienst unterliegt nicht dem allgemeinen Arbeitsrecht, sondern ausschließlich dem Soldatengesetz (SG) sowie spezialgesetzlichen Regelungen des Wehrrechtes. Die Teilnehmer sind keine Arbeitnehmer, sondern stehen in einem besonderen Dienstverhältnis zum Bund. Arbeitszeiten, Vergütung (Wehrdienstbesoldung), Urlaubsanspruch und Mitbestimmungsrechte richten sich nicht nach dem Arbeitszeitgesetz, dem Bundesurlaubsgesetz oder dem Betriebsverfassungsgesetz, sondern nach den entsprechenden soldatenrechtlichen Vorschriften (z. B. Erholungsurlaub nach Soldatenurlaubsverordnung). Aus diesem Grund gelten auch keine Rechte aus dem Kündigungsschutzgesetz oder dem Tarifvertragsrecht für freiwillige Wehrdienstleistende.

Welche rechtlichen Ansprüche auf Besoldung und soziale Sicherung bestehen während des Freiwilligen Wehrdienstes?

Freiwillig Wehrdienstleistende haben während ihrer Dienstzeit einen Anspruch auf Wehrdienstbesoldung gemäß dem Wehrdienstbesoldungsgesetz (WehrdiBesG) sowie Sachleistungen (Verpflegung, Unterkunft, Dienstbekleidung). Die Besoldung beinhaltet außerdem einen Wehrdienstzuschlag. Während des Dienstes sind Freiwillige in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI (Sozialgesetzbuch Sechstes Buch) beitragsfrei versichert; die Beiträge übernimmt die Bundesrepublik Deutschland. Für Schäden, die während des Dienstes infolge eines Dienstunfalls oder einer Wehrdienstbeschädigung entstehen, haben die Betroffenen und ihre Angehörigen Anspruch auf Leistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG). Für die Zeit des Freiwilligen Wehrdienstes ruht zudem das bestehende Arbeitsverhältnis gemäß § 2 Arbeitsplatzschutzgesetz (ArbPlSchG).

Wie ist der Rechtsschutz während des Freiwilligen Wehrdienstes ausgestaltet?

Rechtsbehelfe für Freiwillig Wehrdienstleistende sind sowohl im Soldatengesetz (SG) als auch in der Wehrbeschwerdeordnung (WBO) geregelt. Gegen dienstliche Maßnahmen oder Entscheidungen können Betroffene Beschwerde einlegen; über Beschwerden entscheidet zunächst der Disziplinarvorgesetzte, gegebenenfalls danach der nächste höhere Vorgesetzte. Im Fall von Rechtsverletzungen besteht zudem der gerichtliche Rechtsschutz vor dem Truppendienstgericht. Disziplinarmaßnahmen können ebenfalls überprüft werden. Im Übrigen gelten während des Dienstes auch das Wehrstrafgesetz (WStG) und das Wehrdisziplinargesetz (WDG), nach denen Vergehen geahndet werden können und entsprechende Verteidigungsrechte bestehen.

Welche besonderen Schutzrechte bestehen während Schwangerschaft, Elternschaft und Mutterschutz im Freiwilligen Wehrdienst?

Soldatinnen im Freiwilligen Wehrdienst unterliegen hinsichtlich des Mutterschutzes, des Erziehungsurlaubs und des Elternschutzes denselben rechtlichen Bestimmungen wie berufliche Soldatinnen. Geregelt ist dies im Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetz (SGleiG) in Verbindung mit dem Mutterschutzgesetz (MuSchG). Während Schwangerschaft, nach der Geburt sowie bei Elternzeit gelten besondere Schutzregeln wie ein generelles Beschäftigungsverbot im Einsatz, Mindesturlaubsansprüche sowie Kündigungsschutz nach § 4 MuSchG bzw. § 16 Absatz 3, 4 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG). Einnahmeverluste durch Dienstunfähigkeit oder Schwangerschaft werden durch Übergangsleistungen oder sogenannte Mutterschaftsleistungen des Bundes ausgeglichen.

Kann die Dienstzeit im Freiwilligen Wehrdienst rechtlich verlängert oder vorzeitig beendet werden?

Die Freiwillige Wehrdienstzeit kann rechtlich auf Antrag des Dienstleistenden bis zur Höchstdauer von 23 Monaten verlängert werden (§ 58b Abs. 2 SG). Die Verlängerung erfolgt mit Zustimmung der Bundeswehr unter Abwägung dienstlicher Bedürfnisse. Eine vorzeitige Entlassung ist in besonderen Härtefällen, beispielsweise bei gravierenden Veränderung der persönlichen Lebensumstände oder wegen gesundheitlicher Nichteignung, auf Antrag möglich (§ 55 SG). Auch während der Probezeit (meist die ersten sechs Monate) kann die Dienstzeit durch schriftliche Erklärung beendet werden. Endet der Dienst vorzeitig, greifen besondere Regelungen für den Anspruch auf Übergangsgebührnisse und die Nachversicherung in der Sozialversicherung.