Legal Lexikon

Freisprechung


Begriff und Definition der Freisprechung

Die Freisprechung ist ein zentraler Begriff im deutschen Rechtssystem und bezeichnet das formale Ende eines Ausbildungsverhältnisses, in dessen Verlauf ein Auszubildender nach bestandener Abschlussprüfung von den Pflichten des Ausbildungsverhältnisses gelöst wird. Der Begriff ist jedoch auch aus dem Strafprozessrecht bekannt und beschreibt dort die gerichtliche Entscheidung, mit welcher ein Angeklagter von dem Vorwurf der Straftat entlastet und die Schuld nicht festgestellt wird. Dieser Artikel behandelt die Freisprechung in beiden bedeutenden rechtlichen Kontexten: im Bereich der Ausbildung sowie im Strafrecht.


Freisprechung im Ausbildungsrecht

Ursprung und Bedeutung im Berufsbildungswesen

Die Freisprechung als Rechtsinstitut hat ihre Wurzeln im traditionellen Handwerkswesen des Mittelalters, in dem Lehrlinge nach Absolvierung ihrer Ausbildung in einem feierlichen Akt von ihren Lehrherren formal entlassen („freigesprochen”) und als Gesellen in den Berufsstand aufgenommen wurden. Im modernen Rechtssystem wird der Begriff heute hauptsächlich im Zusammenhang mit der Lösung von der Ausbildungspflicht nach erfolgreichem Abschluss der Berufsausbildung verwendet.

Rechtliche Grundlage

Die rechtlichen Grundlagen für die Freisprechung im Bereich der Berufsbildung ergeben sich aus dem Berufsbildungsgesetz (BBiG), insbesondere aus den Vorschriften zu Beendigung und Abschluss des Ausbildungsverhältnisses (§§ 21 ff. BBiG). Das Ausbildungsverhältnis endet laut § 21 Absatz 1 BBiG mit Ablauf der Ausbildungszeit oder vorzeitig mit Bestehen der Abschlussprüfung.

Ablauf der Freisprechung

Im modernen Kontext ist die Freisprechung primär ein symbolischer Akt. Rechtlich relevant ist jedoch der Zeitpunkt des Bestehens der Abschlussprüfung. Mit Bestehen der Prüfung endet gemäß § 21 Absatz 2 BBiG das Ausbildungsverhältnis automatisch, ohne dass eine Freisprechungszeremonie notwendig wäre. Die Freisprechung wird insbesondere im Handwerk als feierliche Übergabe des Prüfungszeugnisses zelebriert.

Rechtsfolgen der Freisprechung

Mit der Freisprechung und der damit verbundenen Beendigung des Ausbildungsverhältnisses fallen sämtliche Rechte und Pflichten, die mit dem Ausbildungsvertrag verbunden waren, weg:

  • Der ehemalige Auszubildende ist nicht mehr weisungsgebunden gegenüber dem Ausbildungsbetrieb.
  • Der Betrieb ist nicht mehr verpflichtet, Ausbildung und Vergütung zu leisten.
  • Der Auszubildende kann fortan als Geselle oder im erlernten Beruf arbeiten.

Bedeutung der Freisprechungsurkunde

Die Aushändigung einer Freisprechungsurkunde ist rechtlich nicht zwingend vorgeschrieben, kann aber als symbolischer Nachweis der erfolgreichen Beendigung des Ausbildungsverhältnisses dienen. Rechtlich maßgeblich sind allein die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses und die Ausstellung des Prüfungszeugnisses durch die zuständige Stelle, z. B. die Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer.


Freisprechung im Strafrecht

Definition im Strafprozessrecht

Im Bereich des Strafrechts wird unter einer Freisprechung die gerichtliche Entscheidung verstanden, durch welche in einem Strafverfahren gegen einen Angeklagten festgestellt wird, dass dieser von dem Tatvorwurf freizusprechen ist. Sie ist in der Strafprozessordnung (StPO) bundesweit einheitlich geregelt.

Rechtsgrundlagen

Die maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen ergeben sich insbesondere aus den §§ 260, 261 und 267 StPO:

  • § 260 Absatz 1 StPO regelt, dass ein Urteil entweder auf Verurteilung oder Freisprechung des Angeklagten lauten muss.
  • § 261 StPO statuiert die freie richterliche Beweiswürdigung.
  • § 267 StPO schreibt vor, dass das Urteil die Gründe enthalten muss, die für die Überzeugung des Gerichts vom Vorliegen oder Nichtvorliegen der Straftat maßgeblich waren.

Voraussetzungen der Freisprechung

Ein Angeklagter ist freizusprechen, wenn:

  • die tatsächlichen Voraussetzungen der angeklagten Straftat nicht bewiesen sind,
  • der Tatbestand nicht erfüllt ist,
  • ein Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund vorliegt,
  • oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses nicht eingestellt, sondern bis zur Urteilsverkündung fortgeführt wird.

Im Zweifel gilt „in dubio pro reo” (im Zweifel für den Angeklagten).

Rechtsfolgen der Freisprechung

Die Rechtsfolgen einer Freisprechung sind sehr weitreichend:

  • Der Angeklagte gilt hinsichtlich der angeklagten Tat als unschuldig.
  • Eine erneute Strafverfolgung wegen derselben Tat ist ausgeschlossen (§ 362 StPO, Verbot der Doppelbestrafung).
  • In bestimmten Fällen kann dem Freigesprochenen ein Anspruch auf Entschädigung für eine erlittene Untersuchungshaft oder sonstige Nachteile erwachsen (Strafrechtsentschädigung).

Formen der Freisprechung

Es wird zwischen dem vollständigen Freispruch (vollständige Entlastung von allen Vorwürfen) und dem teilweisen Freispruch (Entlastung bezüglich einzelner Anklagepunkte) unterschieden. Die Entscheidung muss im Urteil begründet werden, wobei sich die Begründung auf die Feststellung des Sachverhalts und die rechtliche Bewertung konzentriert.


Freisprechung in Disziplinar- und Verwaltungsverfahren

Bedeutung in weiteren Rechtsgebieten

Neben Ausbildung und Strafrecht ist die Freisprechung auch in Disziplinarverfahren und bestimmten verwaltungsrechtlichen Verfahren von Bedeutung. Hier beschreibt sie die Beendigung eines Verfahrens mit dem Ergebnis, dass kein rechtwidriges Verhalten nachgewiesen wurde.

Verfahrensarten

Die maßgeblichen Regelungen finden sich in den jeweiligen Verfahrensordnungen. Oftmals entspricht die Freisprechung im disziplinarischen Kontext einer Einstellung des Verfahrens mangels Nachweises einer Pflichtverletzung.


Fazit und Bedeutung der Freisprechung im deutschen Recht

Die Freisprechung stellt im deutschen Recht ein zentrales Instrument zur Beendigung von Ausbildungsverhältnissen sowie zur Feststellung der Unschuld von Beschuldigten in Strafverfahren und Disziplinarverfahren dar. Die rechtlichen Konsequenzen sind in den jeweiligen Gesetzen eindeutig geregelt. Während die Freisprechung im Ausbildungsrecht den Übergang vom Auszubildenden zum vollwertigen Erwerbstätigen markiert, schützt sie im Strafrecht vor erneuter Verfolgung und sichert das Recht auf ein faires Verfahren. Damit trägt die Freisprechung wesentlich zur Rechtssicherheit und zum Rechtsfrieden bei.


Siehe auch:

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine Freisprechung vorliegen?

Damit eine Freisprechung rechtswirksam erfolgen kann, müssen mehrere gesetzliche Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss der oder die Auszubildende das Ausbildungsverhältnis gemäß den Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes (§ 21 und § 43 BBiG) ordnungsgemäß durchlaufen und die vorgeschriebene Abschlussprüfung erfolgreich bestanden haben. Die Freisprechung ist rechtlich jedoch nicht die Ursache für das Ende des Ausbildungsverhältnisses, sondern vielmehr die formelle Bestätigung des Erfolgs. Entscheidend ist die tatsächliche Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses durch den Prüfungsausschuss der zuständigen Kammer (z. B. IHK, HWK). Das Ausbildungsverhältnis endet nach § 21 Abs. 2 BBiG automatisch mit Bestehen der Abschlussprüfung – die Freisprechung ist damit eine feierliche, aber für den Rechtsstatus nur nachgeordnete Handlung. Gleichzeitig muss sichergestellt sein, dass keinerlei rechtliche Einwände gegen das Prüfungsergebnis oder den Ablauf des Prüfungsverfahrens bestehen, z. B. wegen Verstößen gegen Verfahrensvorschriften. Erst dann kann die Freisprechung formell und rechtssicher ausgesprochen werden.

Ist eine Freisprechung gesetzlich vorgeschrieben oder nur eine Tradition?

Rechtlich gesehen ist die Freisprechung keine zwingende Voraussetzung für das Ende des Ausbildungsverhältnisses. Die gesetzliche Grundlage für den Abschluss der Ausbildung findet sich in § 21 BBiG, wonach das Ausbildungsverhältnis mit bestandener Abschlussprüfung von selbst endet. Die Freisprechung als feierlicher Akt ist keine gesetzlich vorgeschriebene Verpflichtung, sondern stellt eine traditionelle, freiwillige Zeremonie dar, die überwiegend in handwerklichen Berufen und in einigen anderen Ausbildungsbereichen durchgeführt wird. Sie dient dazu, den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung öffentlich anzuerkennen, hat jedoch für den Status der ausgebildeten Fachkraft keinerlei rechtlich bindende Wirkung.

Welche rechtlichen Folgen hat eine Freisprechung für das Ausbildungsverhältnis?

Die Freisprechung selbst hat keine eigenständigen rechtlichen Folgen für das Ausbildungsverhältnis. Die relevanten Rechtswirkungen, insbesondere das Ende des Ausbildungsverhältnisses und der Erwerb beruflicher Kompetenzen, treten kraft Gesetzes mit Bestehen der Abschlussprüfung in Kraft. Die Freisprechung ändert weder das Bestehen noch den Zeitpunkt des Endes des Ausbildungsverhältnisses, sie bestätigt diesen vielmehr feierlich. Bereits mit der Unterzeichnung und Übergabe des Prüfungszeugnisses durch die zuständige Kammer gelten die rechtlichen Wirkungen als eingetreten. Dennoch kann die Freisprechung als Nachweis über die bestandene Prüfung dienen, sofern das Prüfungszeugnis noch nicht ausgestellt worden ist.

Kann eine Freisprechung auch entzogen oder nachträglich für unwirksam erklärt werden?

Eine bereits ausgesprochene Freisprechung kann dann nachträglich für unwirksam erklärt oder „entzogen” werden, wenn sich herausstellt, dass unzulässige Mittel beim Prüfungsverfahren angewendet wurden (z. B. Täuschung, Betrug) oder wenn das Prüfungsergebnis nach Überprüfung durch die zuständige Kammer für ungültig erklärt wird (§ 48 VwVfG – Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts). In solchen Fällen kann die Kammer das Prüfungszeugnis widerrufen, womit auch die Freisprechung rückwirkend entfallen würde, da die zugrundeliegenden Voraussetzungen nicht (mehr) gegeben sind. Juristisch ist jedoch das Prüfungsverfahren und dessen Ergebnis maßgeblich; die Freisprechung selbst ist keine rechtserzeugende Maßnahme.

Ist eine Teilnahme an der Freisprechungsfeier verpflichtend und welche rechtlichen Ansprüche bestehen?

Die Teilnahme an einer Freisprechungsfeier ist grundsätzlich freiwillig und kann nicht von der zuständigen Stelle oder dem Ausbildungsbetrieb erzwungen werden. Für Auszubildende ergeben sich keine arbeits- oder ausbildungsrechtlichen Sanktionen, wenn sie der Zeremonie fernbleiben. Ebenso wenig besteht ein Rechtsanspruch auf Durchführung oder Teilnahme an einer Freisprechungsfeier, da sie rechtlich – wie bereits dargelegt – keine Voraussetzung für das Bestehen der Ausbildung darstellt. Sie ist vielmehr eine freiwillige Veranstaltung im Rahmen der Ausbildungskultur.

Welche Rechtsmittel bestehen gegen eine versagte Freisprechung?

Da die Freisprechung lediglich den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung bestätigt und nicht eigenständig über das Bestehen der Abschlußprüfung entscheidet, können Rechtsmittel nur gegen das Ergebnis der Abschlussprüfung als Verwaltungsentscheidung der Kammer eingelegt werden – dies geschieht in der Regel in Form eines Widerspruchs bzw. einer Klage vor dem Verwaltungsgericht (§ 68 ff. VwGO). Wird einem Auszubildenden die Freisprechung verweigert, weil er die Abschlussprüfung nicht bestanden hat oder andere rechtliche Hinderungsgründe vorliegen, ist das Prüfungsverfahren rechtlich anzufechten. Die Freisprechung folgt im Erfolgsfall automatisch.

Welche rechtlichen Unterschiede bestehen zwischen Freisprechung im Handwerk und in anderen Branchen?

Im Handwerk wird die Freisprechung traditionell besonders feierlich und teilweise nach Zunftbräuchen durchgeführt. Rechtlich ergibt sich daraus aber kein Unterschied zu anderen Branchen, denn auch dort richtet sich der Abschluss der Ausbildung nach den allgemeinen Bestimmungen des BBiG. Gleichwohl können Kammern oder Innungen im Rahmen ihrer Satzungsautonomie spezifische Regularien für die Durchführung der Freisprechungszeremonien erlassen. Diese betreffen jedoch nur das formale Verfahren und haben keinen Einfluss auf die rechtlichen Kernfragen rund um das Ausbildungsverhältnis, die allein durch Gesetz und Prüfungsordnung geregelt sind. Auch hier ist die Freisprechung letztlich von deklaratorischer Natur.