Begriff und Grundverständnis des Freefloat
Der Begriff Freefloat (deutsch: Streubesitz) bezeichnet den Anteil der ausgegebenen Aktien eines Unternehmens, der grundsätzlich frei handelbar ist und nicht dauerhaft von kontrollierenden, strategischen oder anderweitig gebundenen Anteilseignern gehalten wird. Er dient als Maßzahl für die Marktverfügbarkeit von Aktien und ist damit eine zentrale Referenz in der Regulierung des Börsenhandels, bei der Indexgewichtung sowie in der Beurteilung von Liquidität und Einflussmöglichkeiten auf Hauptversammlungen.
Der Freefloat unterscheidet sich von der gesamten Anzahl ausgegebener Aktien. Abgezogen werden insbesondere Bestände, die aufgrund ihrer Zwecksetzung oder rechtlichen Bindung typischerweise nicht am regelmäßigen Handel teilnehmen.
Abgrenzung und Berechnung
Einbezogene und ausgeschlossene Beteiligungen
Für die Bestimmung des Freefloat werden im Regelfall einbezogen:
- breit gestreute Beteiligungen von Privatanlegern und institutionellen Anlegern ohne dauerhaften Einfluss
- kurz- bis mittelfristige Beteiligungen ohne vertragliche oder faktische Bindung
Typischerweise ausgeschlossen werden:
- Bestände von Mehrheits- oder Kontrollaktionären
- staatliche oder staatsnahe Beteiligungen mit dauerhaftem Haltezweck
- treasury shares (eigene Aktien des Emittenten)
- Aktien mit Lock-up-Bindungen oder vergleichbaren Veräußerungsbeschränkungen
- stabile Ankerbeteiligungen, etwa durch Stiftungen, Familienträger oder verbundene Unternehmen
- Beteiligungen, die im Rahmen von Aktionärsvereinbarungen abgestimmt werden
Berechnungsmethoden in der Praxis
In der Praxis wird der Freefloat häufig als prozentualer Anteil der frei handelbaren Aktien an der Gesamtzahl ausstehender Aktien angegeben. Für zahlreiche Anwendungsfälle wird daraus ein Freefloat-Faktor abgeleitet, der zur Ermittlung der streubesitzbereinigten Marktkapitalisierung herangezogen wird. Üblich sind methodische Zusätze:
- Rundungs- und Bandbreitenmodelle zur Festlegung standardisierter Freefloat-Faktoren
- Schwellenkonzepte, nach denen Beteiligungen ab einer bestimmten Größe als nicht dem Freefloat zugehörig gelten
- gesonderte Betrachtung mehrerer Aktiengattungen, inklusive Hinterlegungspapieren (z. B. ADRs/GDRs)
Dynamik und Aktualisierung
Der Freefloat verändert sich durch Kapitalmaßnahmen (Börsengänge, Kapitalerhöhungen, Umplatzierungen), Aktienrückkäufe, Ausübung von Umtausch- und Bezugsrechten sowie durch das Auslaufen oder die Begründung von Veräußerungsbeschränkungen. Anpassungen erfolgen regelmäßig auf Basis melderelevanter Informationen, öffentlicher Bekanntmachungen und struktureller Veränderungen in der Aktionärsbasis.
Rechtliche Einordnung
Bedeutung im Kapitalmarktrecht
Der Freefloat berührt mehrere Bereiche der Kapitalmarktregulierung. Er ist Anknüpfungspunkt für Segmentzuordnungen an Börsen, wirkt in Indexmethodiken ein und beeinflusst die Transparenz über wesentliche Beteiligungsverhältnisse. Anforderungen an Bekanntmachungen, die Verhinderung von Marktmissbrauch sowie die Sicherung eines ordnungsgemäßen Handelsumfelds werden in der Praxis mit Blick auf einen hinreichenden Streubesitz interpretiert.
Schwellen und Stimmrechtszurechnung
Die rechtliche Behandlung bedeutender Beteiligungen stützt sich auf Meldeschwellen und Zurechnungsregeln. Erreicht oder überschreitet eine Beteiligung bestimmte Größenordnungen, können Mitteilungspflichten entstehen. Zurechnungen greifen beispielsweise bei abgestimmtem Verhalten, bei der Kontrolle von Tochtergesellschaften oder beim Halten über bestimmte Vehikel. Solche Konstellationen führen häufig dazu, dass entsprechende Bestände nicht dem Freefloat zugerechnet werden.
Börsenzulassung und Indexaufnahme
Börsensegmente und Indizes verwenden häufig Mindestanforderungen an den Freefloat. Ziel ist die Sicherstellung einer ausreichenden Liquidität, eines fairen Handels und einer repräsentativen Indexabbildung. Die Nichterfüllung solcher Anforderungen kann sich auf die Segmentzugehörigkeit oder die Indexfähigkeit auswirken. Daneben kommen Obergrenzen für Einzelgewichte zur Anwendung, die auf streubesitzbereinigten Werten basieren.
Übernahmerechtliche Aspekte
Bei öffentlichen Angeboten und Kontrollwechseln spielt der Freefloat eine besondere Rolle. Die Verteilung der Aktien zwischen Streubesitz und kontrollierenden Inhabern beeinflusst, ob und wie eine Kontrollerlangung möglich ist. Der Anteil im Streubesitz wirkt sich typischerweise auf Annahmequoten, die Erreichbarkeit von strukturellen Maßnahmen sowie auf die Ausgestaltung der Angebotspraxis aus.
Corporate Governance und Investorenschutz
Stimmrechtsausübung und Hauptversammlung
Eine breite Streuung im Freefloat prägt die Teilnahme- und Beschlusskultur von Hauptversammlungen. Quoren, Mehrheiten und die Durchsetzbarkeit von Beschlussvorschlägen hängen wesentlich davon ab, wie sich der Stimmrechtsanteil zwischen Ankeraktionären und Streubesitz verteilt. Die Organisation der Willensbildung im Unternehmen berücksichtigt diese Struktur.
Transparenz- und Informationspflichten
Transparenz über die Aktionärsstruktur ist Grundlage verlässlicher Freefloat-Angaben. Veröffentlichungen zu bedeutenden Beteiligungen, Stimmrechtsmitteilungen sowie Informationen über Kapitalmaßnahmen bilden die Datenbasis für marktübliche Freefloat-Berechnungen. Eine konsistente und aktuelle Kommunikation dient der Nachvollziehbarkeit der Einstufung einzelner Beteiligungen als streubesitzzugehörig oder -fremd.
Gleichbehandlung der Aktionäre
Die Gleichbehandlung verlangt, dass wesentliche Maßnahmen gegenüber allen Aktionären nachvollziehbar und diskriminierungsfrei ausgestaltet sind. Dies betrifft insbesondere Bezugsrechte, Angebotspreise, Umtauschangebote und sonstige transaktionsbezogene Mechanismen. Der Freefloat ist in diesem Zusammenhang relevant, da er das Spektrum der betroffenen Anleger und die Verteilung der Teilhaberechte beschreibt.
Internationale Unterschiede
Europäische Märkte
In Europa bestehen verbreitete Mindestanforderungen an den Streubesitz für bestimmte Börsensegmente und für die Indexfähigkeit. Melde- und Zurechnungsregeln für wesentliche Beteiligungen sind etabliert. Unterschiede ergeben sich in Detailfragen wie der Berücksichtigung bestimmter Institutionen, Schwellenkonzepten und Umsetzungsfristen.
Nordamerika
Die Praxis stützt sich auf umfangreiche Offenlegungssysteme. Freefloat-Definitionen folgen häufig den Maßgaben der Börsen und Indexanbieter. Die Behandlung von Mehrklassenstrukturen und Hinterlegungspapieren ist methodisch verbreitet, wobei auf Transparenz der wirtschaftlich Berechtigten abgestellt wird.
Asien-Pazifik
Regionale Vorgaben variieren stark. Viele Märkte setzen auf segmentbezogene Freefloat-Anforderungen, zum Teil mit besonderen Regeln für staatliche Beteiligungen oder Familienkonzerne. Der Umgang mit Lock-ups und die Anerkennung ausländischer Hinterlegungspapiere unterscheiden sich je nach Markt.
Abgrenzung zu verwandten Begriffen
Marktkapitalisierung vs. Streubesitz-Marktkapitalisierung
Die Marktkapitalisierung ergibt sich aus der Gesamtzahl ausstehender Aktien multipliziert mit dem Börsenkurs. Die streubesitzbereinigte Marktkapitalisierung berücksichtigt hingegen nur den Freefloat-Anteil. Sie dient der Ermittlung von Indexgewichten und der Beurteilung handelbarer Größenordnungen.
Liquidität und Handelbarkeit
Ein höherer Freefloat geht häufig mit größerer Ordertiefe, engeren Geld-/Briefspannen und geringerer Preissensitivität einher. Umgekehrt kann ein sehr niedriger Freefloat zu erhöhten Ausschlägen führen. Regulatorisch steht dahinter das Ziel eines geordneten und fairen Handels.
Öffentlichkeitsbeteiligung und Ankeraktionär
Öffentlichkeitsbeteiligung beschreibt die breite Streuung der Anteile ohne beherrschenden Einfluss. Ankeraktionäre halten demgegenüber signifikante und dauerhaft angelegte Beteiligungen mit potenzieller Einflussnahme. Für die Freefloat-Abgrenzung werden Ankerbeteiligungen regelmäßig nicht berücksichtigt.
Praktische Relevanz
Der Freefloat ist eine zentrale Bezugsgröße für Indexaufnahme und -gewichtung, Börsensegmentzugehörigkeit, Handelbarkeit und Preisfindung. Er bildet zudem einen maßgeblichen Hintergrund für Transparenz über Eigentumsstrukturen, für die Bewertung von Kontrollsituationen sowie für die Einschätzung der Beschlusskraft in Hauptversammlungen.
Häufig gestellte Fragen zum Freefloat
Ist Freefloat gesetzlich einheitlich definiert?
Eine einheitliche gesetzliche Definition besteht in der Regel nicht. Die Auslegung folgt häufig Vorgaben von Börsen und Indexanbietern sowie etablierten Marktpraktiken. Gleichwohl knüpfen rechtliche Anforderungen an Transparenz und Segmentierung an den Streubesitz an.
Welche Beteiligungen zählen typischerweise nicht zum Freefloat?
Nicht einbezogen werden üblicherweise Bestände von Kontroll- oder Ankeraktionären, staatliche Dauerbeteiligungen, eigene Aktien des Emittenten, Aktien mit Lock-up-Bindungen sowie Beteiligungen, die aufgrund abgestimmten Verhaltens oder vertraglicher Bindungen dauerhaft nicht dem freien Handel zugeführt werden.
Muss die Höhe des Freefloat veröffentlicht werden?
Die Veröffentlichungspraxis variiert. Häufig werden Freefloat-Angaben von Emittenten, Börsen oder Datenanbietern bereitgestellt. Rechtlich relevant sind insbesondere Mitteilungen über bedeutende Beteiligungen und strukturelle Veränderungen, die als Grundlage für die Ableitung des Streubesitzes dienen.
Wie wirken sich Aktienrückkäufe auf den Freefloat aus?
Erwirbt ein Emittent eigene Aktien, werden diese üblicherweise nicht dem Freefloat zugerechnet. Der Streubesitz kann dadurch sinken. Eine spätere Einziehung oder Veräußerung eigener Aktien verändert den Freefloat entsprechend.
Welche Rolle spielt der Freefloat bei öffentlichen Übernahmeangeboten?
Der Anteil im Streubesitz beeinflusst die Erreichbarkeit von Kontrollerwerb und strukturellen Maßnahmen. Eine breite Streuung kann Annahmequoten und die Gestaltung von Angeboten prägen; hohe Ankerbeteiligungen begrenzen dagegen den im Markt verfügbaren Anteil.
Welche Bedeutung haben Lock-up-Vereinbarungen?
Lock-ups binden Aktien für einen bestimmten Zeitraum und schließen sie in dieser Zeit regelmäßig vom Freefloat aus. Nach Ablauf können die entsprechenden Bestände dem Streubesitz zugerechnet werden, sofern keine weiteren Bindungen bestehen.
Wie wird Freefloat bei Mehrstimmrechtsaktien und Hinterlegungspapieren behandelt?
Mehrstimmrechtsaktien und Hinterlegungspapiere werden nach den jeweiligen Methodiken der Börsen und Indexanbieter bewertet. Entscheidend ist, ob die zugrunde liegenden Beteiligungen frei handelbar sind und ob Stimmrechte oder wirtschaftliche Eigentümerschaft zuzurechnen sind.