Legal Lexikon

Fraktion


Begriffserklärung und rechtlicher Rahmen der Fraktion

Der Begriff Fraktion bezeichnet im rechtlichen Sinne einen Zusammenschluss von Mitgliedern einer Volksvertretung (zum Beispiel im Bundestag, Landtagen, Kreistagen oder Stadtverordnetenversammlungen), die sich aufgrund gemeinsamer politischer Ziele und Abstimmungsverhaltens organisieren. Fraktionen sind maßgebliche Akteure im parlamentarischen System und unterliegen dabei vielfältigen rechtlichen Regelungen, die ihre Bildung, Funktionsweise, Rechte und Pflichten präzise festlegen.


Voraussetzungen zur Bildung einer Fraktion

Mindestgröße und Zusammensetzung

Die Bildung einer Fraktion setzt in aller Regel eine bestimmte Mindestanzahl von Mitgliedern der jeweiligen Vertretungskörperschaft voraus. Diese Vorgaben sind in den Geschäftsordnungen der Parlamente oder entsprechenden Gesetzen geregelt und können sich je nach Gremium unterscheiden. Im Deutschen Bundestag ist gemäß § 10 Abs. 1 GOBT (Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages) eine Fraktion eine Vereinigung von mindestens fünf Prozent der Mitglieder des Bundestages, wobei die Mitglieder derselben Partei oder solcher Parteien angehören müssen, die aufgrund gleichgerichteter politischer Ziele nicht miteinander in Wettbewerb stehen.

Abgrenzung zur Gruppe

Im Gegensatz zu Fraktionen können sich bei Nichterreichen der Mindestanzahl Abgeordnete zu sogenannten Gruppen zusammenschließen. Gruppen verfügen zwar über gewisse Mitwirkungsrechte, jedoch in geringerem Umfang als Fraktionen. Dieser Unterschied ist vor allem im Hinblick auf parlamentarische Rechte und Ressourcen bedeutsam.


Rechtsstellung und Aufgaben der Fraktion

Rechtliche Selbstständigkeit

Im deutschen Recht werden Fraktionen als nichtrechtsfähige Vereine eingeordnet. Sie sind somit keine Körperschaften des öffentlichen Rechts, verfügen aber als unselbständige Organisationsformen innerhalb von Parlamenten über eine Teilrechtsfähigkeit, soweit sie Träger eigener Rechte und Pflichten kraft Gesetzes oder Geschäftsordnung sind.

Aufgaben und Bedeutung im parlamentarischen System

Fraktionen übernehmen zentrale Aufgaben im parlamentarischen Ablauf:

  • Vorbereitung parlamentarischer Entscheidungen: Sie formulieren Anträge, Gesetzesinitiativen und kontrollieren die Regierungspolitik.
  • Vertretung politischer Grundsätze: Fraktionen bündeln die politischen Zielsetzungen ihrer Mitglieder und vertreten diese im Parlament.
  • Organisation der Meinungs- und Willensbildung: Innerhalb der Fraktionen findet die Abstimmung über das Stimmverhalten und die parlamentarischen Aktivitäten statt.


Rechte und Pflichten der Fraktion

Mitwirkungsrechte

Fraktionen genießen umfangreiche Mitwirkungsrechte in Vertretungsorganen. Dazu zählen insbesondere:

  • Antragsrecht bei Gesetzesvorlagen und parlamentarischen Initiativen
  • Rederecht in Debatten und Ausschüssen
  • Vorschlagsrecht für Posten und Gremienbesetzungen, etwa bei der Benennung von Ausschussmitgliedern oder der Kandidatur zur Wahl des Parlamentspräsidiums

Finanzielle Ausstattung und Ressourcen

Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben werden Fraktionen gesondert ausgestattet. Sie erhalten finanzielle Zuwendungen aus dem Haushalt des jeweiligen Parlaments sowie Sachmittel, etwa für die Ausstattung von Büros, Personal und Arbeitsmitteln. Die Einzelheiten hierzu unterliegen den jeweiligen Fraktionsgesetzen bzw. -richtlinien und stehen häufig im Fokus gerichtlicher Überprüfungen hinsichtlich der Wahrung demokratischer Grundsätze und Transparenz.

Kontrollmechanismen und Beschränkungen

Fraktionen unterliegen einer Prüfung ihrer finanziellen Mittel, insbesondere im Hinblick auf zulässige Ausgaben, Verwendung und Abgrenzung von Parteimitteln. Nicht verwendungsfähige Zuwendungen sind zurückzuerstatten. Die Rechenschaftspflichten und Kontrolle erfolgen durch die Parlamentsverwaltungen und externe Prüfungseinrichtungen.


Fraktion im Vergleich zu anderen parlamentarischen Zusammenschlüssen

Gruppen und lose Zusammenschlüsse

Während Fraktionen eine formelle Anerkennung mit festgelegten Rechten genießen, sind andere Zusammenschlussformen wie Gruppen oder lose Kooperationen deutlich weniger privilegiert. Dies betrifft insbesondere das Fehlen von Antrags- und Rederechten, der eingeschränkten Nutzung parlamentarischer Infrastrukturen sowie geringerer finanzieller Zuwendungen.


Fraktionen in anderen Rechtsbereichen

Kommunalrechtliche Fraktionen

Auch in Kommunalvertretungen – Stadträten, Kreistagen und Bezirksvertretungen – gelten entsprechende Regelungen zur Fraktionsbildung, die sich in Mindestzahl, Rechtsform und Ausstattung jedoch von landes- und bundesrechtlichen Vorgaben unterscheiden können. Häufig sind die jeweiligen Gemeindeordnungen und Kommunalverfassungen maßgebend.

Besonderheiten in föderalen Systemen

Bundesweit werden die Voraussetzungen und Rechte einer Fraktion durch unterschiedliche, teils landesspezifische Gesetze und Geschäftsordnungen festgelegt. Dies kann zur Folge haben, dass Fraktionen in einzelnen Landtagen abweichende Anforderungen hinsichtlich Gründung, Rechten und Ressourcen erfüllen müssen.


Rechtsprechung und Weiterentwicklung des Fraktionsbegriffs

Gerichtliche Entscheidungen

Die Rechte und Pflichten von Fraktionen sind zunehmend Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Insbesondere Fragen der Gleichbehandlung konkurrierender Fraktionen, transparenten Mittelverwendung und Zulässigkeit von Fraktionszusammenschlüssen wurden mehrfach vom Bundesverfassungsgericht und verschiedenen Verwaltungsgerichten behandelt.

Entwicklung des Fraktionsrechts

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Fraktionen werden fortlaufend angepasst, nicht zuletzt vor dem Hintergrund neuer politischer Konstellationen, wie etwa dem Auftreten parteiloser oder heterogener Abgeordnetengruppen. Der Gesetzgeber sowie die Parlamente selbst entwickeln die Geschäftsordnungen entsprechend weiter, um die effektive Arbeit der parlamentarischen Demokratie zu gewährleisten.


Literaturhinweise und weiterführende Quellen

  • Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GOBT)
  • Fraktionsgesetz des Deutschen Bundestages sowie vergleichbare Landes- und Kommunalgesetze
  • Entsprechende kommunale Gemeindeordnungen (z. B. § 56 GO NRW)
  • Aktuelle Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Fraktionsbildung und -finanzierung

Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die verschiedenen rechtlichen Aspekte des Begriffs Fraktion im Kontext staatlicher Vertretungsorgane und beleuchtet die wesentlichen Merkmale rechtskonform und strukturiert.

Häufig gestellte Fragen

Wie erfolgt die Gründung einer Fraktion im Deutschen Bundestag nach rechtlichen Vorgaben?

Zur Gründung einer Fraktion im Deutschen Bundestag sind bestimmte rechtliche Voraussetzungen zu erfüllen, die in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO-BT), insbesondere § 10, geregelt sind. Demnach müssen sich mindestens fünf Prozent der Mitglieder des Deutschen Bundestages zusammenschließen, um eine Fraktion zu bilden. Diese Abgeordneten müssen zudem derselben Partei oder solchen Parteien angehören, die aufgrund gleichgerichteter politischer Ziele in keinem Bundesland miteinander im Wettbewerb gestanden haben. Der Zusammenschluss zu einer Fraktion muss dem Präsidenten des Bundestages schriftlich angezeigt werden; die Gründung erlangt erst mit deren Anerkennung durch das Präsidium Rechtskraft. Relevant ist auch, dass mit der nächsten Wahlperiode die Fraktionen automatisch enden; in der neuen Legislaturperiode müssen sie ggf. erneut gegründet werden. Ergänzende Regelungen, zum Beispiel zu Zusammenschlüssen nach Neustrukturierungen von Parteien, sind ebenso zu beachten.

Können Abgeordnete einer Fraktion freiwillig austreten, und welche rechtlichen Folgen hat dies?

Ein Abgeordneter kann nach Maßgabe des Grundsatzes des freien Mandats freiwillig aus einer Fraktion austreten. Rechtlich gesehen ist weder die Mitgliedschaft in einer Fraktion noch der Austritt aus dieser im Grundgesetz zwingend vorgesehen; sie ist demnach freiwillig. Mit dem Austritt verliert der Abgeordnete die Rechte, die mit der Fraktionszugehörigkeit verbunden sind, wie etwa bestimmte Ausschussmitgliedschaften, Redezeiten oder erhöhte finanzielle und organisatorische Unterstützung durch die Bundestagsverwaltung. Der Abgeordnete bleibt jedoch vollumfänglich Mitglied des Bundestages, sofern er nicht aus dem Parlament ausscheidet. Die Gründe für einen Austritt können politischer, persönlicher oder programmatischer Natur sein.

Unter welchen Bedingungen kann ein Abgeordneter nach rechtlichen Maßgaben aus einer Fraktion ausgeschlossen werden?

Der Ausschluss eines Abgeordneten aus einer Fraktion ist nach der Geschäftsordnung des Bundestages möglich und in der jeweiligen Fraktionssatzung näher geregelt. In der Regel ist hierfür ein schwerwiegender Verstoß gegen die Grundsätze oder die Interessen der Fraktion erforderlich. Formal bedarf der Ausschluss zumeist eines qualifizierten Mehrheitsbeschlusses der Fraktionsversammlung oder eines anderen Gremiums, wie zum Beispiel des Fraktionsvorstandes, abhängig von den Vorschriften der Fraktion selbst. Der betroffene Abgeordnete muss zuvor grundsätzlich die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten (rechtliches Gehör). Gegen einen Ausschluss können interne Rechtsmittel, wie das Fraktionsschiedsgericht, und – im Falle einer unrechtmäßigen Ausschlussentscheidung – der Weg zu staatlichen Gerichten offenstehen. Nach dem Ausschluss ist der Abgeordnete fraktionslos, bleibt aber Mitglied des Parlaments.

Welche rechtlichen Vorteile bietet die Mitgliedschaft in einer Fraktion?

Die Mitgliedschaft in einer Fraktion eröffnet Abgeordneten zahlreiche vom Gesetz und von der Geschäftsordnung des Bundestages vorgesehene Rechte und Privilegien. Darunter fallen insbesondere die Möglichkeit, Anträge und Gesetzesinitiativen im Bundestag einzubringen (Minderheitenrechte), bevorzugte Zuteilung von Redezeiten, Vorsitz- und Mitgliedsrechte in Ausschüssen sowie ein erhöhter Anspruch auf finanzielle und sachliche Unterstützung (beispielsweise durch Fraktionsgeschäftsstellen und Mitarbeiter). Auch bei der Besetzung von Ämtern und Gremien werden die Fraktionsstärken berücksichtigt, was auch das Verhältniswahlprinzip (‘d’Hondt’sches Verfahren’ bzw. ‘Sainte-Laguë/Schepers’) betrifft. Diese Vorteile basieren auf den Vorgaben des Grundgesetzes (insbesondere Artikel 21 und 40), der Geschäftsordnung sowie weiteren gesetzlichen Normen (z.B. Abgeordnetengesetz).

Wie unterscheiden sich rechtlich Fraktionen und Gruppen im Bundestag?

Rechtlich besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen Fraktionen und sogenannten Gruppen (oder auch parlamentarischen Gruppen), wie sie nach § 10 Abs. 4 GO-BT bestehen können. Gruppen setzen sich aus einer geringeren Anzahl von Abgeordneten zusammen, die das Fraktionserfordernis von mindestens fünf Prozent nicht erreichen. Gruppen genießen weniger Rechte im Vergleich zu Fraktionen, beispielsweise geringere finanzielle Zuwendungen, eingeschränktere Beteiligung an Ausschüssen und eingeschränkte Mitwirkungsmöglichkeiten an Gesetzgebungsverfahren. Ihre rechtliche Grundlage ist schwächer ausgeprägt; Gruppen werden zwar anerkannt, haben jedoch keinen Einfluss auf die Vergabe zentraler parlamentarischer Funktionen. Die genaue Regelung und der Umfang der Rechte werden jeweils zu Beginn einer Legislaturperiode durch das Parlamentspräsidium festgelegt und können variieren.

Welche rechtlichen Kontrollbefugnisse besitzen Fraktionen innerhalb des Bundestags?

Fraktionen haben erhebliche Kontrollbefugnisse, die sich aus der Geschäftsordnung des Bundestages und dem Grundgesetz ergeben. Hierzu zählt vor allem das Initiativrecht für parlamentarische Untersuchungen (etwa das Einsetzen eines Untersuchungsausschusses nach Art. 44 GG oder einer Enquete-Kommission), das in der Regel Fraktionen – oder einem bestimmten Quorum der Abgeordneten – vorbehalten bleibt. Zudem können Fraktionen Kleine und Große Anfragen an die Bundesregierung richten, Aktuelle Stunden beantragen und parlamentarische Debatten initiieren. Damit nehmen Fraktionen eine zentrale Rolle bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle über die Exekutive wahr. Ihre Rechte sichern eine wirksame Opposition und Transparenz im parlamentarischen Prozess.

Gibt es rechtliche Vorgaben zur Transparenz und Offenlegung der Finanzierung von Fraktionen?

Ja, die rechtlichen Vorgaben zur Finanztransparenz von Fraktionen sind im Parteiengesetz (PartG), im Abgeordnetengesetz (AbgG) und hausrechtlich in der Geschäftsordnung des Bundestages geregelt. Fraktionen erhalten finanzielle Mittel aus dem Bundeshaushalt zur Organisation ihrer parlamentarischen Arbeit. Nach § 50 AbgG sind Fraktionen verpflichtet, regelmäßig und detailliert über die Verwendung dieser Mittel Rechenschaft abzulegen. Die Verwendung der Mittel ist zweckgebunden und darf ausschließlich der Arbeit der Fraktion dienen. Die Rechenschaftsberichte sind dem Präsidium des Bundestages vorzulegen, das die sachgerechte Mittelverwendung kontrolliert. Zudem besteht das Gebot der Trennung von Fraktions- und Parteifinanzen, um politische Einflussnahmen über die Haushaltsmittel zu verhindern.