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Fortbildung(sverhältnis)


Begriff und rechtliche Grundlagen der Fortbildung und des Fortbildungsverhältnisses

Die Fortbildung und das Fortbildungsverhältnis stellen zentrale Begriffe im deutschen Arbeits- und Bildungsrecht dar. Sie umfassen die Erweiterung, Vertiefung oder Aktualisierung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten, die nach Abschluss einer grundlegenden Berufsausbildung oder eines Studiums erlangt wurden. Das Fortbildungsverhältnis wiederum bezeichnet das Rechtsverhältnis zwischen dem Fortbildungsteilnehmer und dem Fortbildungsanbieter oder -träger und ist rechtlich von hoher Bedeutung, da es verschiedene Rechte und Pflichten für beide Seiten begründet.

Definition der Fortbildung

Fortbildung ist die planmäßige Erweiterung, Anpassung oder Vertiefung der beruflichen Qualifikationen und Kompetenzen, die über die Ausgangsqualifikation hinausgehen. Sie unterscheidet sich insofern von der Weiterbildung, als sie vorrangig auf bestehende berufliche Tätigkeiten oder einen bereits erlernten Beruf aufbaut. Fortbildung zielt darauf ab, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern oder an neue Anforderungen anzupassen.

Es wird unterschieden zwischen:

  • Erhaltungsfortbildung: Auffrischen und Erhalten bereits vorhandener Qualifikationen
  • Anpassungsfortbildung: Anpassung an technische, rechtliche oder organisatorische Veränderungen im Berufsumfeld
  • Aufstiegsfortbildung: Erwerb zusätzlicher Kompetenzen, die zu einer höherwertigen beruflichen Tätigkeit führen (z. B. Meister, Techniker, Betriebswirt)

Rechtsquellen und gesetzliche Regelungen

Berufsbildungsgesetz (BBiG)

Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) bildet die maßgebliche Grundlage für viele Fortbildungsverhältnisse in Deutschland. Das Gesetz regelt die betriebliche und außerbetriebliche Fortbildung, insbesondere im Bereich der beruflichen Aufstiegsfortbildung nach §§ 53 ff. BBiG. Die Anerkennung von Fortbildungsabschlüssen, die Durchführung von Prüfungen sowie die Zuständigkeit der Kammern sind klar geregelt.

Handwerksordnung (HwO)

Für Handwerksberufe finden sich spezifische Fortbildungsregelungen in der Handwerksordnung. Diese regelt insbesondere die Voraussetzungen und Abläufe für die Meisterprüfung sowie andere Fortbildungsqualifikationen im Handwerk (§§ 42 ff. HwO).

Arbeitsrechtliche Vorschriften

Das Fortbildungsverhältnis wird zudem durch individual- und kollektivarbeitsrechtliche Vereinbarungen geprägt. In Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen können Ansprüche auf Fortbildung, Auswahlverfahren sowie Modalitäten zur Freistellung und Kostentragung definiert sein.

Rechte und Pflichten im Fortbildungsverhältnis

Das Fortbildungsverhältnis ist in seiner rechtlichen Ausgestaltung oft ein Dienstvertrag im Sinne der §§ 611 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Daraus resultieren zahlreiche Rechte und Pflichten für die Vertragsparteien:

Rechte und Pflichten des Fortbildungsteilnehmers

  • Teilnahmepflicht: Verpflichtung zur regelmäßigen und engagierten Teilnahme an den Unterrichtsveranstaltungen und ggf. zur Ablegung von Prüfungen.
  • Pflicht zur Einhaltung der Ordnung des Fortbildungsträgers: Dies betrifft Hausordnungen, Nutzungsordnungen für technische Einrichtungen sowie Verhaltensregeln.
  • Mitwirkungspflicht: Aktive Mitarbeit im Unterricht und bei Praxisphasen.

Rechte und Pflichten des Fortbildungsträgers

  • Durchführungspflicht: Pflicht zur ordnungsgemäßen Durchführung der Fortbildung entsprechend der Beschreibung im Bildungsangebot.
  • Informationspflicht: Transparente Information über Ziele, Inhalte, Ablauf und Prüfungsmodalitäten der Fortbildung.
  • Fürsorgepflicht: Die Verantwortung, dass der gesundheitliche und persönliche Schutz der Teilnehmenden gewährleistet bleibt.

Vertragsgestaltung und Widerruf

Im Fortbildungsverhältnis kommt nach deutschem Recht in der Regel ein zivilrechtlicher Dienstvertrag zustande, für den spezielle Regelungen zur Fortbildungsmaßnahme (z. B. Ablauf, Kosten, Rücktrittsrechte, Kündigungsrechte) vereinbart werden können. Insbesondere bei Fernunterrichtsverträgen greifen die Vorschriften des Fernunterrichtsschutzgesetzes (FernUSG), das besondere Informations-, Widerrufs- und Kündigungsrechte vorsieht.

Kosten und Finanzierung der Fortbildung

Hinsichtlich der Kostenübernahme für Fortbildungen unterscheidet man zwischen eigenfinanzierten und arbeitgeberfinanzierten Maßnahmen:

  • Eigenfinanzierung: Die Teilnehmenden tragen die Kosten selbst; sie können oft Fördermittel (z. B. Aufstiegs-BAföG, Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit) beantragen.
  • Arbeitgeberfinanzierte Fortbildung: Übernimmt der Arbeitgeber die Kosten, werden häufig Rückzahlungsvereinbarungen getroffen, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer Bindungsfrist endet. Solche Rückzahlungsvereinbarungen unterliegen einer AGB-Kontrolle und sind nur wirksam, wenn sie klar, verständlich und angemessen ausgestaltet sind.

Besonderheiten bei Fortbildung während eines Arbeitsverhältnisses

Anspruch auf Fortbildung

Ein gesetzlicher Anspruch auf eine bestimmte Fortbildung besteht grundsätzlich nicht, kann sich aber aus dem Arbeitsvertrag, tariflichen Regelungen oder Betriebsvereinbarungen ergeben. Verpflichtet der Arbeitgeber seine Mitarbeitenden zur Teilnahme an einer Fortbildung, ist diese in der Regel Arbeitszeit; etwaige Kosten trägt der Arbeitgeber.

Freistellungsregelungen

Für bestimmte berufliche Weiterbildungsmaßnahmen gelten nach dem Bildungsurlaubsgesetz der Bundesländer zusätzliche Anspruchsgrundlagen auf Freistellung unter Lohnfortzahlung. Die Details variieren bundeslandspezifisch.

Bindungs- und Rückzahlungsklauseln

Will ein Arbeitgeber durch Vertragsklauseln erreichen, dass Beschäftigte nach einer vom Arbeitgeber finanzierten Fortbildung für einen bestimmten Zeitraum im Betrieb bleiben, muss die Bindungsdauer verhältnismäßig zur Investition stehen. Die Rückzahlungspflicht entfällt, wenn das Arbeitsverhältnis aus vom Arbeitnehmer nicht zu vertretenden Gründen endet.

Haftung und Versicherung beim Fortbildungsverhältnis

Während der Fortbildung sind Teilnehmer regelmäßig über die gesetzliche Unfallversicherung versichert, sofern es sich um eine betriebsbezogene Maßnahme handelt. Für Schadensersatzansprüche gelten die allgemeinen haftungsrechtlichen Maßstäbe.

Beendigung des Fortbildungsverhältnisses

Das Fortbildungsverhältnis endet regelmäßig mit dem Abschluss der Fortbildungsmaßnahme oder durch ordentliche oder außerordentliche Kündigung. Die Kündigungsfristen ergeben sich aus dem Vertrag und den gesetzlichen Vorschriften des Dienstvertragsrechts. Bei öffentlichen Fortbildungen und Fernunterricht gelten ergänzende Sonderregelungen.

Datenschutz und Dokumentationspflichten

Die Verarbeitung personenbezogener Daten der Teilnehmenden richtet sich nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Der Bildungsträger muss nachweisen, dass er nur die erforderlichen Daten verarbeitet und diese angemessen schützt.

Zusammenfassung

Fortbildung und das Fortbildungsverhältnis bilden einen rechtlich vielschichtigen Bereich des deutschen Arbeits- und Bildungsrechts. Eine Vielzahl gesetzlicher Vorschriften und vertraglicher Regelungen bestimmt die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien. Neben dem Anspruch auf und der Durchführung von Fortbildungen sind insbesondere Aspekte wie Kostenübernahme, Bindungsfristen sowie arbeitsrechtliche, haftungsrechtliche und datenschutzrechtliche Rahmenbedingungen von Relevanz. Die Gestaltung des Fortbildungsverhältnisses verlangt daher besondere Sorgfalt, um den jeweiligen gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden und die Interessen aller Beteiligten zu wahren.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen sind für ein Fortbildungsverhältnis zu beachten?

Bei einem Fortbildungsverhältnis handelt es sich in der Regel um eine besondere Form des Arbeitsverhältnisses, das jedoch auch Elemente des Dienstvertrags aufweisen kann. Die maßgeblichen rechtlichen Grundlagen ergeben sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 611a ff., sofern kein spezielles Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder Tarifverträge einschlägig sind. Ergänzend kommen das Berufsbildungsgesetz (BBiG) für bestimmte Weiterbildungen, das Mutterschutzgesetz (MuSchG), das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG), das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) sowie ggf. das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zur Anwendung. Bei staatlich anerkannten Fortbildungen können zudem Prüfungsordnungen, Bundes- und Landesregelungen relevant sein. Hinsichtlich des Datenschutzes gilt die DSGVO. Sollte das Fortbildungsverhältnis durch den Arbeitgeber gefördert oder verlangt werden, sind oftmals unternehmensinterne oder tarifliche Bestimmungen einschlägig, die etwa die Bindung des Arbeitnehmers regeln können.

Unter welchen Voraussetzungen ist eine Rückzahlungsklausel im Fortbildungsvertrag wirksam?

Eine Rückzahlungsklausel verpflichtet den Arbeitnehmer zur (anteiligen) Erstattung der Fortbildungskosten, wenn er nach Abschluss der Fortbildung das Unternehmen innerhalb einer bestimmten Frist verlässt. Ihre Wirksamkeit setzt voraus, dass sie transparent, individuell ausgehandelt oder zumindest einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhält. Die Rückzahlungsverpflichtung darf nicht unangemessen benachteiligend sein, muss einen tatsächlichen Vorteil für den Arbeitnehmer bringen und klar hinsichtlich der Voraussetzungen und der Rückzahlungshöhe formuliert sein. Die Bindungsdauer muss in angemessenem Verhältnis zur Kostenhöhe und zum Nutzen der Fortbildung für den Arbeitnehmer stehen; je teurer und exklusiver die Maßnahme, desto länger kann die Bindungsdauer sein – in der Regel zwischen sechs Monaten und drei Jahren. Ausnahmen (z. B. unverschuldete Kündigung) müssen vertraglich geregelt sein. Die Rechtsprechung verlangt zudem eine genaue Aufschlüsselung der rückzahlungspflichtigen Beträge.

Besteht während einer Fortbildung Anspruch auf Vergütung?

Der Anspruch auf Vergütung während einer Fortbildung ist abhängig von der Ausgestaltung des Fortbildungsverhältnisses und davon, ob die Fortbildung während der regulären Arbeitszeit oder außerhalb dieser stattfindet. Findet die Fortbildung auf Weisung des Arbeitgebers und im Rahmen der Arbeitszeit statt, besteht grundsätzlich Anspruch auf das vertraglich vereinbarte Arbeitsentgelt gemäß § 611a BGB. Erfolgt die Fortbildung außerhalb der Arbeitszeit, besteht nur dann ein Vergütungsanspruch, wenn dies ausdrücklich im Arbeits- oder Tarifvertrag, in Betriebsvereinbarungen oder in ergänzenden Vereinbarungen festgelegt wurde. Bei geförderten Maßnahmen (z.B. nach SGB III) können separate Ansprüche auf Fortbildungsunterhalt oder andere Leistungen bestehen. Sonderregelungen gelten bei beruflichen Fortbildungen mit bereits bestehendem Arbeitsverhältnis, z.B. Bildungsteilzeit (§ 8 TzBfG) oder Bildungsurlaubsgesetze der Länder.

Wie ist der Urlaubsanspruch während einer Fortbildung geregelt?

Der Urlaubsanspruch im Fortbildungsverhältnis richtet sich primär nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften, insbesondere dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Besteht das Fortbildungsverhältnis als vollwertiges Arbeitsverhältnis fort, verbleibt der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch bestehen. Wird eine selbständige Fortbildungsmaßnahme absolviert oder ruht das Arbeitsverhältnis während der Fortbildung, ist der Urlaubsanspruch im Einzelfall zu überprüfen. Separate Ansprüche können im Rahmen von Bildungsurlaubsgesetzen der Länder bestehen, die einen Rechtsanspruch auf bezahlte Freistellung für bestimmte Fortbildungsmaßnahmen vorsehen. Anspruchsgrundlage, Höchstdauer und Förderfähigkeit variieren je nach Bundesland.

Welche Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bestehen bei der Anordnung von Fortbildungen?

Gemäß § 98 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) besitzt der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich Inhalt, Durchführung und Gestaltung betrieblicher Fortbildungsmaßnahmen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Betriebsrat frühzeitig zu informieren und dessen Zustimmung einzuholen, bevor Fortbildungen verbindlich angeordnet oder Rahmenregelungen hierzu getroffen werden. Dies betrifft insbesondere die Auswahl der Teilnehmenden, die Dauer und Lage der Fortbildungszeiten sowie die Modalitäten der Kostentragung. Wird die Fortbildung in Form von Vereinbarungen zur Personalentwicklung integriert, greifen gegebenenfalls weitere Informations-, Unterrichtungs- und Beratungsrechte.

Wie wirkt sich eine Fortbildung auf den Kündigungsschutz aus?

Ein bestehender Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) wird durch die Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme grundsätzlich nicht berührt, solange das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Endet das Arbeitsverhältnis während oder nach der Fortbildung und ist eine Rückzahlungsklausel vereinbart, muss geprüft werden, ob die Kündigung durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer verschuldet bzw. veranlasst wurde. Bei arbeitgeberseitigen betriebsbedingten oder personenbedingten Kündigungen kann eine Rückzahlungsklausel nach ständiger Rechtsprechung unwirksam sein. Tritt der Arbeitnehmer aus Gründen zurück, die vom Arbeitgeber zu vertreten sind, ist eine Rückzahlung ebenfalls regelmäßig ausgeschlossen.

Welche Informations- und Nachweispflichten bestehen bezüglich der Teilnahme an der Fortbildung?

Der Arbeitgeber kann verlangen, dass der Arbeitnehmer den Nachweis über die ordnungsgemäße Teilnahme und das erfolgreiche Absolvieren der Fortbildung erbringt. Die Verpflichtung hierzu kann sich entweder aus dem Fortbildungsvertrag, aus einer betrieblichen Vereinbarung oder aus gesetzlichen Regelungen ergeben. Unterbleibt eine entsprechende Teilnahme oder wird die Fortbildung abgebrochen, kann dies Auswirkungen auf Rückzahlungspflichten oder das weitere Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses haben. Datenschutzrechtlich sind bei der Übermittlung von Zeugnissen oder Teilnahmebescheinigungen datenschutzrechtliche Anforderungen gemäß DSGVO zu berücksichtigen.