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Forfaitierung


Begriff und Wesen der Forfaitierung

Die Forfaitierung ist ein Begriff aus dem Banken- und Finanzrecht und bezeichnet den ankaufsweisen Erwerb von Forderungen durch einen Forfaiteur unter Ausschluss des Regresses gegenüber dem bisherigen Forderungsinhaber. Kennzeichnend für die Forfaitierung ist damit die endgültige Übernahme des Ausfallrisikos durch den Käufer der Forderung, wobei zumeist mittel- bis langfristige Forderungen aus Warenlieferungen oder Dienstleistungen Gegenstand der Transaktion sind. Somit unterscheidet sich die Forfaitierung rechtlich und wirtschaftlich wesentlich etwa vom Factoring, bei welchem häufig nur kurzfristige Forderungen gehandelt werden und ein Rückgriff nicht immer ausgeschlossen ist.

Rechtsgrundlagen und Vertragsstrukturen

Rechtsnatur der Forfaitierung

Rechtlich handelt es sich bei der Forfaitierung um einen Forderungskauf gemäß §§ 398 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Hierbei werden Ansprüche aus Wechseln, Schuldscheinen oder anderen Schuldurkunden auf den Forfaiteur übertragen. Der Veräußerer haftet dabei gemäß § 437 BGB gegenüber dem Forfaiteur grundsätzlich nur für den Bestand der Forderung (Legalzession), nicht jedoch für deren Einbringlichkeit, wenn der Regress explizit ausgeschlossen ist. Der Forfaiteur wird mit Vertragsabschluss uneingeschränkt Gläubiger der abgetretenen Forderung.

Vertragsgestaltung

Ein Forfaitierungsvertrag beinhaltet regelmäßig folgende Bestandteile:

  • Beschreibung der abgetretenen Forderung inkl. Nachweisbarkeit und Gültigkeit
  • Regelung zum Ausschluss des Regresses (Non-Recourse)
  • Bestimmungen zur Übertragung der für die Forderung bestehenden Sicherheiten (z.B. Bankbürgschaften, Garantien)
  • Vereinbarung über die Kaufpreiszahlung (Forfaitierungsbetrag) abzüglich eines Risikoabschlags (Diskont)
  • Erklärungen zum Einstehen für Bestand und zum Ausschluss der Einredemöglichkeiten bei Wechseln oder ähnlichen Schuldurkunden

Zusätzlich werden häufig Zusicherungen über das Bestehen und die Vollwertigkeit der Forderung vereinbart, um Rechtsunsicherheiten auszuschließen.

Abgrenzung zu ähnlichen Rechtsinstituten

Unterschied zur Zession

Die Zession beschreibt als Oberbegriff die Übertragung von Forderungen auf einen neuen Gläubiger. Die Forfaitierung dagegen stellt eine spezielle Form der Zession dar, bei welcher der neue Forderungsinhaber das vollständige Bonitäts- und Ausfallrisiko trägt. Die Übernahme dieses Risikos muss im Forfaitierungsvertrag ausdrücklich geregelt sein.

Unterschied zum Factoring

Obwohl sich Factoring und Forfaitierung beide mit Forderungsankäufen befassen, bestehen wesentliche Unterschiede: Factoring ist häufig mit einem Service- oder Dienstleistungscharakter verbunden (Debitorenmanagement, Inkasso), während die Forfaitierung als reine Finanzierungsform auf den regresslosen Ankauf einzelner, meist exportbezogener Großforderungen abzielt.

Forfaitierung im internationalen Handel

Im internationalen Wirtschaftsleben ist die Forfaitierung insbesondere bei Exportgeschäften von Bedeutung. Zur Liquiditätsbeschaffung werden Außenhandelsforderungen, die meist durch Wechsel, Akkreditive, Garantie- oder Schuldscheindokumente verbrieft sind, an einen Forfaiteur abgetreten. Die Forderungen sind in der Regel durch Banken abgesichert, wodurch das Risiko des Ausfalls weiter minimiert wird.

Rechtlich erhebt die Forfaitierung im grenzüberschreitenden Kontext besondere Anforderungen an die Gestaltung der Sicherheiten und an Kollisionsnormen des internationalen Privatrechts. Maßgeblich sind die Vorschriften zum Forderungsübertragungsrecht des Landes, dessen Recht für die Forderung maßgeblich ist, sowie internationale Abkommen wie das UN-Kaufrecht (CISG), sofern anwendbar.

Rechtliche Risiken und Haftungsfragen

Haftung des Forderungsverkäufers

Nach deutschem Recht haftet der Forderungsveräußerer im Rahmen der Forfaitierung grundsätzlich nur für den Bestand der Forderung (§ 437 Abs. 1 BGB), nicht jedoch für deren Zahlungsfähigkeit (Bonität des Schuldners), solange der Regress zwischen den Parteien ausdrücklich vertraglich ausgeschlossen wird. Die Begrenzung der Haftung auf den Rechtsbestand der Forderung ist wesentliches Merkmal der Forfaitierung.

Haftung des Forfaiteurs

Der Forfaiteur trägt das Risiko der Einbringlichkeit der gekauften Forderung sowie das Wechsel-, Länderrisiko und weitere wirtschaftliche Risiken. In aller Regel sind die Forderungen abgesichert, etwa durch Avalkredite oder Bankakzepte, so dass das tatsächliche Ausfallrisiko entsprechend der Bonität des Sicherungsgebers bemessen wird.

Rechte des Schuldners

Der Schuldner ist gemäß § 409 BGB dazu verpflichtet, nach Anzeige der Abtretung ausschließlich an den neuen Gläubiger (Forfaiteur) zu leisten. Ein Rückgriff auf den bisherigen Gläubiger ist ausgeschlossen. Im internationalen Kontext ist zusätzlich das Debtor Notification-Prinzip der jeweiligen Rechtsordnung zu beachten.

Steuerrechtliche Aspekte der Forfaitierung

Steuerlich stellt der Erwerb von Forderungen durch Forfaitierung einen sonstigen Leistungsaustausch dar, der gegebenenfalls umsatzsteuerpflichtig ist. Zudem ergeben sich für den Forderungsverkäufer ertragsteuerliche Konsequenzen, insbesondere wenn das Veräußerungsgeschäft mit einem Verlust oder Gewinn verbunden ist. Bei grenzüberschreitenden Forfaitierungsgeschäften sind zusätzlich steuerliche Vorschriften des Quellenstaates sowie des Sitzstaates des Forfaiteurs zu prüfen, um Doppelbesteuerung und Quellensteuereinbehalte zu vermeiden.

Vertragspflichten und Sicherungsmechanismen

Beim Abschluss eines Forfaitierungsgeschäfts sind neben dem Hauptvertrag regelmäßig auch Sicherungsabreden und Garantieerklärungen zu beachten. Hierzu zählen:

  • Vereinbarungen zur Übertragung der Sicherheiten
  • Zusicherungen zur Rechtsbeständigkeit und Vollwertigkeit der Forderungen
  • Verpflichtung zur Übergabe aller zur Durchsetzung der Forderung erforderlichen Dokumente

Zur Absicherung der Forfaitierungstransaktion dienen häufig nachrangige Rückbürgschaften, Bankgarantien oder Exportkreditversicherungen.

Bedeutung und Anwendungsfelder

Die Forfaitierung dient hauptsächlich der Liquiditätsbeschaffung sowie der Risikoverlagerung zumeist im Exportgeschäft. Typische Anwendungsfelder sind:

  • Finanzierung von Ausfuhrforderungen im Maschinen- und Anlagenbau
  • Übernahme von Forderungen gegenüber ausländischen, staatlichen oder staatlich garantierten Schuldnern
  • Absatzförderung durch sofortige Rückführung gebundener Kapitalmittel

Durch den regresslosen Forderungsverkauf werden die Risiken des Lieferanten auf den Forfaiteur übertragen, was insbesondere bei wirtschaftlicher oder politischer Unsicherheit eine große Rolle spielt.

Zusammenfassung

Die Forfaitierung ist ein wesentliches Institut des modernen Wirtschafts- und Bankrechts. Sie ermöglicht Unternehmen, ihre Forderungen gegen Zahlung eines Abschlags endgültig zu veräußern und somit Liquidität zu generieren, während der Forfaiteur gegen ein entsprechendes Entgelt das Bonitäts- und Zahlungsrisiko des Schuldners übernimmt. Der Forfaitierungsvertrag unterliegt dabei komplexen rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere im Hinblick auf die Ausgestaltung des Regressausschlusses, der Sicherheitenübertragung sowie der Haftungstatbestände. Im internationalen Handel nimmt die Forfaitierung aufgrund ihrer risikolindernden Funktion und ihrer Flexibilität eine bedeutende Stellung ein.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind bei der Forfaitierung zu beachten?

Im rechtlichen Kontext unterliegen Forfaitierungsgeschäfte primär den allgemeinen Vorschriften des deutschen Schuldrechts (§§ 398 ff. BGB) sowie spezialgesetzlichen Bestimmungen, etwa dem Wechselgesetz (WG), sofern forderungsbegründende Wechsel oder Schecks Gegenstand des Geschäfts sind. Ergänzend gelten das Kreditwesengesetz (KWG) sowie für internationale Geschäfte gegebenenfalls die Incoterms und internationale Abkommen, etwa die UN-Konvention über Forderungsabtretungen. Besondere Bedeutung kommt der Wirksamkeit der Forderungsabtretung, dem Verbot der Abtretung (Abtretungsausschluss), dem Gutglaubenserwerb und den Schriftformanforderungen zu. Ferner ist die Einhaltung datenschutz- und geldwäscherechtlicher Vorschriften relevant. Bei grenzüberschreitenden Transaktionen besteht zudem ein erhöhtes Maß an Prüfungspflichten bezüglich Rechtswahl, Gerichtsstand und gegebenenfalls Sanktions- oder Embargobestimmungen.

Welche Voraussetzungen müssen für eine rechtlich wirksame Abtretung der Forderung im Rahmen der Forfaitierung erfüllt sein?

Für eine rechtlich wirksame Abtretung im Rahmen der Forfaitierung müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss die abzutretende Forderung überhaupt abtretbar sein, d.h. es darf kein vertraglicher oder gesetzlicher Abtretungsausschluss bestehen (§ 399 BGB). Die Abtretung muss sodann durch eine eindeutige Vereinbarung – einem sogenannten Abtretungsvertrag – erfolgen, wobei in bestimmten Fällen Schriftform vorgeschrieben ist (z.B. bei Wechseln gemäß § 77 WG). Wichtig ist zudem die Bestimmbarkeit der Forderung, welche nicht generisch oder nachträglich konkretisiert werden darf. Weiterhin müssen etwaige Zustimmungserfordernisse (etwa der Schuldner) berücksichtigt werden, falls dies vertraglich vereinbart wurde. Im internationalen Zusammenhang kommen weitere Anforderungen, wie notariell beglaubigte Dokumente oder Legalisationen, hinzu.

Welche gesetzlichen Beschränkungen bestehen im Hinblick auf die Forfaitierung, insbesondere in Bezug auf Verbraucherrechte?

Im Rahmen der Forfaitierung bestehen gesetzliche Beschränkungen insbesondere beim Schutz von Verbrauchern sowie im Hinblick auf bestimmte Forderungsarten. So ist gemäß § 512 BGB bei Verbraucherdarlehensverträgen eine Abtretung gegen den Willen des Verbrauchers unzulässig, sofern sie den Verbraucher beeinträchtigen könnte. Dies gilt besonders bei Forderungen aus Arbeitsverhältnissen, Unterhaltsansprüchen oder Forderungen, die von der Zwangsvollstreckung ausgenommen sind. Zudem finden die allgemeinen Vorschriften zum Schutz vor sittenwidrigen Geschäften (§ 138 BGB) oder gegen Umgehung von Gläubigerschutzvorschriften wie dem Anfechtungsgesetz (AnfG) Anwendung. Banken und Forfaiteure müssen ferner Vorschriften des Kreditwesengesetzes berücksichtigen, insbesondere bezüglich Eigenmittelanforderungen und Risikoberücksichtigung.

Wie wird die Haftung bei Rechtsmängeln oder Bestehen der Forderung gesetzlich geregelt?

Im Wege der Forfaitierung werden Forderungen in der Regel „ohne Rückgriff“ (ohne Regress) verkauft, was bedeutet, dass der Verkäufer grundsätzlich nicht mehr für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners haftet. Lediglich für das rechtliche Bestehen und die Abtretbarkeit der Forderung haftet der Verkäufer weiterhin (§ 437 BGB analog), sofern nichts anderes vertraglich vereinbart ist. Bei späterer Feststellung, dass die Forderung nie bestanden hat oder abgetreten werden konnte, kann der Forfaiteur Schadenersatz oder Rückabwicklung fordern. Für weitere Risiken – wie Zahlungsunfähigkeit des Debitors – übernimmt der Forfaiteur typischerweise selbst die Verantwortung (echte Forfaitierung). Mängelhaftungsausschlüsse müssen klar und eindeutig vertraglich geregelt werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Welche Sorgfaltspflichten sind für Forfaiteure aus rechtlicher Sicht zu beachten?

Forfaiteure sind verpflichtet, umfangreiche Sorgfalts- und Prüfpflichten einzuhalten, um rechtliche Risiken zu minimieren. Dazu gehört vor allem die umfassende Prüfung der Forderung auf Rechtmäßigkeit, Bestehen und Abtretbarkeit (Due Diligence). Darüber hinaus greifen die Vorschriften zur Geldwäscheprävention (§§ 1 ff. GwG) sowie Know-Your-Customer-Prinzipien, welche insbesondere bei internationalen Transaktionen zwingend einzuhalten sind. Die Prüfung schließt ferner mögliche Sanktionslisten, die Absicherung gegen Betrug und die Überprüfung der Bonität der involvierten Parteien ein. Im Bereich Datenschutz ist die datenschutzkonforme Verarbeitung und Übermittlung personen- oder unternehmensbezogener Daten gemäß der DSGVO ein wesentliches Erfordernis. Fehler oder Versäumnisse können zivil- und strafrechtliche Haftung nach sich ziehen.

Welche Rolle spielen Gerichtsstand und anwendbares Recht bei internationalen Forfaitierungsgeschäften?

Bei grenzüberschreitenden Forfaitierungsgeschäften ist die Festlegung des Gerichtsstands und des anwendbaren Rechts von zentraler Bedeutung. Die Vertragsparteien haben grundsätzlich die Möglichkeit, durch Rechtswahl einen bestimmten Staat als maßgeblich für das Vertragsverhältnis zu bestimmen (Art. 3 Rom I-VO). Erfolgt keine Rechtswahl, gelten die allgemeinen Kollisionsnormen, meist das Recht des Landes des Forderungsgläubigers. Der Gerichtsstand kann ebenfalls vertraglich vereinbart werden, ansonsten gelten die internationalen und europäischen Zuständigkeitsregeln (z.B. Brüssel Ia-VO). Eine klare Regelung beugt Rechtsunsicherheiten und kostspieligen Rechtsstreitigkeiten vor, insbesondere hinsichtlich der Durchsetzbarkeit der abgetretenen Forderung im Ausland.

Welche typischen Rechtsstreitigkeiten ergeben sich in der Praxis rund um die Forfaitierung?

Typisch sind in der Praxis Rechtsstreitigkeiten bezüglich der Wirksamkeit der Abtretung, der tatsächlichen Bestehens der Forderung, Verletzungen von Sorgfalts- oder Informationspflichten sowie der Verteilung des Ausfallrisikos. Häufig wird auch um die rechtliche Reichweite eines eventuellen Rückgriffs gestritten, insbesondere, wenn die Forfaitierung wie eine stille Zession erfolgt oder unklare Vertragsklauseln vorliegen. Probleme treten darüber hinaus auf, wenn der ursprüngliche Schuldner die Abtretung bestreitet, die Forderung mehrfach abgetreten wurde oder internationale Komponenten wie konkurrierende rechtliche Zuständigkeiten eine Rolle spielen. Gerichte prüfen dabei meist die Einhaltung der vertraglichen und gesetzlichen Vorgaben und klären, ob arglistige Täuschung, Irrtum oder Unwirksamkeit der Abtretung gegeben ist.