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Forderungskauf


Definition und rechtliche Grundlagen des Forderungskaufs

Der Forderungskauf ist ein Begriff aus dem Schuldrecht und bezeichnet die entgeltliche Übertragung einer Forderung von einem Gläubiger (Zedent) auf einen Erwerber bzw. neuen Gläubiger (Zessionar), wobei die Forderung als Kaufgegenstand dient. Im Unterschied zur Abtretung nach § 398 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), bei der der Forderungsinhaber wechselt, aber kein Kaufgeschäft erforderlich ist, handelt es sich beim Forderungskauf um ein schuldrechtliches Geschäft, das mit einer entgeltlichen Abtretung einhergeht. Der Forderungskauf ist insbesondere im Rahmen der Unternehmensfinanzierung, etwa beim Factoring, sowie im Forderungsmanagement von zentraler Bedeutung.


Gesetzliche Grundlagen

Forderungskauf nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Forderungskauf finden sich überwiegend im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB):

  • § 398 BGB – Abtretung (Zession): Die Übertragung erfolgt grundsätzlich formlos, soweit nicht gesetzlich ein Formzwang besteht. Der frühere Gläubiger (Zedent) tritt dabei sämtliche Rechte aus der Forderung an den neuen Gläubiger (Zessionar) ab.
  • §§ 433 ff. BGB – Kaufvertrag: Für den Forderungskauf gelten die Vorschriften über den Kaufvertrag entsprechend, soweit sie auf Forderungen als Kaufgegenstand anwendbar sind.

Abtretungsverbote und Restriktionen

Das BGB regelt in § 399 BGB Abtretungsverbote, wonach eine Forderung nicht abgetreten werden kann, wenn die Abtretung durch Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger ausgeschlossen oder die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger persönlich zu erbringen ist (Intuitu personae).


Beteiligte Parteien und deren Rechte und Pflichten

Zedent

Der Zedent ist der ursprüngliche Gläubiger der Forderung und verpflichtet sich zur Übertragung der Forderung gegen Zahlung des vereinbarten Kaufpreises. Er schuldet dem Erwerber regelmäßig die rechtliche Bestandskraft sowie den Übergang der Forderung, haftet aber nicht zwingend für die Einbringlichkeit (Bonität des Schuldners), sondern nur für den Bestand, sofern nichts anderes vereinbart wurde.

Zessionar

Der Zessionar ist der Käufer der Forderung und tritt im Regelfall – nach Abschluss des Abtretungsvertrags – in die Rechtsstellung des bisherigen Gläubigers ein. Ihm stehen alle mit der Forderung verbundenen Rechte zu (z. B. Zinsen, Sicherheiten), die nach § 401 BGB mit übergehen.

Schuldner

Der Schuldner ist die Person, die aus der ursprünglichen Forderung zur Leistung verpflichtet ist. Die Rechtsposition des Schuldners bleibt grundsätzlich unberührt. Nach § 407 BGB kann der Schuldner mit schuldbefreiender Wirkung an den alten Gläubiger leisten, solange er nicht von der Abtretung erfährt oder diese ihm nicht angezeigt wird.


Vertragsgestaltung und Form des Forderungskaufs

Vertragsabschluss

Der Forderungskauf bedarf nach deutschem Recht grundsätzlich keiner besonderen Form. Schriftform oder notarielle Beurkundung ist nur in Sonderfällen erforderlich, zum Beispiel bei der Übertragung bestimmter grundbuchrechtlicher Forderungen.

Sachmängelrecht und Haftung

Nach den Vorschriften des Sachmängelrechts (§ 437 BGB i. V. m. §§ 434 ff. BGB) besteht eine Gewährleistungspflicht nur hinsichtlich des rechtlichen Bestands der Forderung, nicht hinsichtlich ihrer Einbringlichkeit, sofern keine anderslautende Vereinbarung getroffen wurde.

Risiken und Haftungsausschluss

Der Forderungskäufer trägt das Risiko des Forderungsverlusts infolge Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit des Schuldners, sofern nicht spezifische Garantien (z. B. unechtes Factoring) vereinbart wurden. Eine Haftung des Verkäufers für die Bonität des Schuldners kann individuell vertraglich geregelt werden.


Forderungskauf im Unternehmenskontext

Factoring

Eine besondere Bedeutung hat der Forderungskauf im Rahmen des Factorings, bei dem Forderungen aus Lieferungen und Leistungen regelmäßig an ein darauf spezialisiertes Unternehmen veräußert werden. Factoring dient hier der Liquiditätsbeschaffung und dem Auslagerungsmanagement von Forderungsausfallrisiken.

Bilanzielle und steuerliche Auswirkungen

Der Forderungskauf führt in der Bilanz des Veräußerers zu einer Ausbuchung der Forderung, während beim Erwerber die gekaufte Forderung als Vermögenswert aktiviert wird. Steuerlich ergeben sich Auswirkungen je nach Ausgestaltung des Geschäfts, insbesondere im Hinblick auf Umsatzsteuer, Ertragsteuer und mögliche gewerbesteuerliche Hinzurechnungen.


Forderungskauf und Verbraucherschutz

Informationspflichten

Im Zusammenhang mit dem Erwerb von Verbraucherdarlehensforderungen oder Forderungen aus Verbraucherverträgen bestehen nach §§ 355, 357a BGB besondere Informations- und Widerrufsrechte zugunsten des Schuldners, sofern spezielle Voraussetzungen erfüllt sind.

Datenschutzrechtliche Aspekte

Beim Forderungskauf sind die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zu beachten, insbesondere die Zulässigkeit der Datenübermittlung an Dritte, z. B. Forderungskäufer oder Inkassodienstleister.


Sonderfälle und Ausschlüsse des Forderungskaufs

Nicht abtretbare Forderungen

Nicht abtretbar sind unter anderem Forderungen mit höchstpersönlichen Charakter, gesetzlich abgetretene Forderungen oder solche, deren Abtretung durch den ursprünglichen Vertrag ausdrücklich ausgeschlossen wurde.

Forderungskauf im Insolvenzverfahren

Im Kontext einer Insolvenz kann der Erwerb von Forderungen an Anfechtungs- und Rückabwicklungsrisiken (§§ 129 ff. InsO) gebunden sein.


Zusammenfassung

Der Forderungskauf stellt ein vielseitig einsetzbares Gestaltungsmittel des Schuldrechts dar, das sowohl im unternehmerischen wie auch privaten Bereich Anwendung findet. Die rechtlichen Voraussetzungen, Wirkungen und Haftungsfragen sind umfassend im BGB geregelt und unterliegen besonderen Anforderungen, wenn es sich um verbraucherbezogene oder insolvenzgefährdete Forderungen handelt. Die Detailausgestaltung im Einzelfall bestimmt maßgeblich, welche Rechte, Pflichten und Risiken für die beteiligten Parteien entstehen.


Verwandte Begriffe:

  • Forderungsabtretung (Zession)
  • Factoring
  • Inkasso
  • Schuldrecht

Rechtliche Grundlagen:

  • §§ 398 ff., 433 ff. BGB
  • § 399 BGB (Abtretungsverbot)
  • § 401 BGB (Nebenrechte)
  • §§ 355, 357a BGB (Widerruf)
  • §§ 129 ff. InsO (Insolvenzanfechtung)

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für einen Forderungskauf erfüllt sein?

Ein Forderungskauf, der im deutschen Zivilrecht als Abtretung (Zession) gemäß §§ 398 ff. BGB bezeichnet wird, unterliegt bestimmten rechtlichen Voraussetzungen. Zum einen muss die abzutretende Forderung überhaupt abtretbar sein, also nicht aufgrund gesetzlicher, vertraglicher oder persönlicher Abtretungsverbote ausgeschlossen sein (§§ 399, 400 BGB). Weiterhin ist ein wirksamer Abtretungsvertrag zwischen dem bisherigen Gläubiger (Zedent) und dem Forderungskäufer (Zessionar) erforderlich; für diesen Vertrag bedarf es grundsätzlich keiner besonderen Form, er kann also formfrei, mündlich oder schriftlich, geschlossen werden, außer das Gesetz schreibt für die zugrundeliegende Forderung eine bestimmte Form vor (z.B. notarielle Beurkundung bei Grundstücksgeschäften). Darüber hinaus muss die Forderung hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Gegebenenfalls ist auch die Mitteilung der Abtretung an den Schuldner (Anzeige der Zession) im Rahmen der Durchsetzbarkeit von Bedeutung, wenngleich sie für die Wirksamkeit der Abtretung selbst nicht zwingend erforderlich ist.

Welche Rolle spielt der Schuldnerschutz beim Forderungskauf?

Der Schuldnerschutz ist beim Forderungskauf ein zentrales Anliegen und wird im deutschen Recht durch verschiedene Vorschriften gewährleistet. Der Schuldner der abgetretenen Forderung, der sog. Zessus, darf infolge der Abtretung nicht schlechter gestellt werden, als er zuvor war. Gemäß § 404 BGB kann er dem neuen Gläubiger (dem Zessionar) alle Einreden und Einwendungen entgegensetzen, die ihm zum Zeitpunkt der Abtretung gegenüber dem alten Gläubiger (Zedenten) zustanden. Dazu gehören etwa bereits bestehende Einreden wie die Verjährung, Aufrechnung oder Zurückbehaltungsrechte sowie Einwendungen aus dem Grundgeschäft. Zudem bleibt der Schuldner zur Leistung an den bisherigen Gläubiger berechtigt, bis er von der Abtretung in Kenntnis gesetzt wird (§ 407 BGB). Auf diese Weise soll verhindert werden, dass der Schuldner aufgrund Unkenntnis mehrfach leisten muss.

Muss der Schuldner über den Forderungskauf informiert werden?

Rechtlich ist die Information des Schuldners über den Forderungskauf (Abtretungsanzeige) nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit der Abtretung bzw. des Forderungskaufs. Allerdings ist sie für die ordnungsgemäße Erfüllung und zur Vermeidung von Doppelzahlungen von erheblicher Bedeutung. Leistet der Schuldner in Unkenntnis der Abtretung an den bisherigen Gläubiger, wird diese Leistung gemäß § 407 BGB auch gegenüber dem neuen Gläubiger als erfüllt angesehen. Erst nach Zugang der Abtretungsanzeige ist der Schuldner verpflichtet, Zahlungen an den Zessionar zu leisten. In bestimmten Branchen oder Vertragskonstellationen sind weitergehende Informationspflichten oder vertragliche Anzeigeverpflichtungen möglich.

Welche Rechte und Pflichten gehen mit dem Forderungskauf auf den Käufer über?

Mit dem Forderungskauf gehen grundsätzlich sämtliche Rechte, die mit der abgetretenen Forderung verbunden sind, auf den Käufer (Zessionar) über (§ 401 BGB). Dazu zählen insbesondere Nebenrechte wie Hypotheken, Pfandrechte, Bürgschaften und Forderungssicherheiten. Diese sind jedoch nur dann übertragbar, wenn sie rechtlich mit der Forderung verknüpft sind. Nicht übertragbar bleiben höchstpersönliche Rechte sowie solche, die nicht von der Hauptforderung abhängen. Pflichten aus dem ursprünglichen Schuldverhältnis gehen hingegen nicht automatisch auf den Zessionar über; dieser wird nicht zum Vertragspartner des Schuldners in Bezug auf sonstige Leistungspflichten. Der Zedent schuldet dem Zessionar ggf. vertraglich vereinbarte Garantien, etwa Gewährleistung dafür, dass die Forderung besteht („Befreiung von Einreden“) und abtretbar ist.

Was passiert, wenn die abgetretene Forderung nicht mehr besteht oder nicht einbringlich ist?

Im Rahmen eines Forderungskaufs übernimmt der Käufer das Risiko der Einbringlichkeit der Forderung, sofern nichts anderes vereinbart wurde. Dies bedeutet, dass, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Forderung bereits bei Abtretung nicht bestand (z.B. weil sie bereits erfüllt oder nicht rechtmäßig war), der Käufer in der Regel keinen Zahlungsanspruch gegenüber dem Schuldner erlangen kann. Ausnahmen bilden vertragliche Vereinbarungen, wie etwa Garantien oder Gewährleistungszusagen des Verkäufers der Forderung, wonach dieser für das Bestehen und die Durchsetzbarkeit haftet. Diese Rechte müssen allerdings ausdrücklich im Zessionsvertrag geregelt werden. Ohne vertragliche Zusicherung beschränkt sich die Gewährleistung nach § 398 BGB im Zweifel nur auf das Bestehen und die Abtretbarkeit der Forderung.

Können auch zukünftige oder bedingte Forderungen verkauft werden?

Ja, im deutschen Recht können auch zukünftige oder bedingte Forderungen abgetreten und verkauft werden (§ 398 Satz 2 BGB). Die Wirksamkeit der Abtretung solcher Forderungen setzt voraus, dass diese hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar sind. Die Abtretung einer zukünftigen Forderung wird mit deren Entstehen wirksam („Anwartschaftsrecht“). Bei bedingten Forderungen gilt die Abtretung mit Eintritt der Bedingung als vollzogen. Zu beachten ist, dass bestimmte Sondervorschriften für spezielle Forderungsklassen, wie etwa Lohnforderungen (§ 400 BGB), bestehen, die eine Abtretung ausschließen oder einschränken können.

Wie beeinflussen Sicherungsabtretungen den Forderungskauf rechtlich?

Die Sicherungsabtretung ist eine besondere Form der Forderungsabtretung, bei der die Forderung nicht endgültig verkauft, sondern zur Sicherung einer bestimmten Forderung (z.B. Kredit) übertragen wird. Aus rechtlicher Sicht unterscheidet sich die Sicherungsabtretung vom echten Forderungskauf dadurch, dass im Sicherungsfall (z.B. bei Zahlungsausfall des Schuldners) der Sicherungsnehmer (Zessionar) die abgetretene Forderung entweder selbst einziehen oder sich aus ihr befriedigen darf. Nach Erfüllung der gesicherten Forderung ist die abgetretene Forderung jedoch an den Sicherungsgeber zurück zu übertragen. Die rechtlichen Anforderungen betreffen insbesondere die Bestimmbarkeit der gesicherten Forderung und der abgetretenen Ansprüche sowie ggf. Treuhand-Vereinbarungen. Sicherungsabtretungen unterliegen darüber hinaus je nach Konstellation besonderen insolvenzrechtlichen Vorschriften.