Legal Lexikon

Finanzierungswechsel


Begriff und allgemeine Definition des Finanzierungswechsels

Als Finanzierungswechsel wird die Ablösung oder der Austausch bestehender Finanzierungsvereinbarungen durch eine neue, meist monetäre Finanzierung verstanden. Der Begriff findet vornehmlich Anwendung im Zusammenhang mit der Umschuldung von Krediten, insbesondere bei der Immobilien- oder Unternehmensfinanzierung. Der Wechsel der Finanzierung kann sowohl im Wege der vorzeitigen Ablösung eines Darlehens als auch im Rahmen der planmäßigen Prolongation erfolgen. Ziel eines Finanzierungswechsels sind häufig günstigere Konditionen, die Anpassung der Vertragsbedingungen oder die Optimierung der Liquidität.

Der Finanzierungswechsel unterliegt in Deutschland und den meisten europäischen Ländern einer Vielzahl rechtlicher Regelungen, die sich aus dem Zivilrecht, insbesondere dem Schuldrecht, dem Bankrecht sowie steuerlichen Vorschriften ergeben.


Rechtliche Grundlagen des Finanzierungswechsels

Zivilrechtliche Regelungen

Kündigung und vorzeitige Ablösung bestehender Kreditverträge

Ein zentraler Aspekt des Finanzierungswechsels ist das Recht und die Möglichkeit des Kreditnehmers, einen bestehenden Kreditvertrag vorzeitig zu kündigen oder abzulösen. Die maßgeblichen Regelungen finden sich hierbei in §§ 488 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Wesentlich ist, ob es sich um einen Kredit mit gebundener Sollzinsvereinbarung („Festzinsdarlehen“) oder um ein variabel verzinstes Darlehen handelt.

  • Vorzeitige Kündigung von Festzinsdarlehen: Nach § 489 Abs. 1 und 3 BGB steht dem Darlehensnehmer die Möglichkeit zu, ein gebunden verzinstes Darlehen nach dem Ablauf von zehn Jahren ab vollständigem Empfang des Darlehens insgesamt oder teilweise mit einer Frist von sechs Monaten zu kündigen.
  • Kündigung von Krediten mit variablem Zinssatz: Diese können nach § 489 Abs. 2 BGB jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten gekündigt werden.

Besondere Bedeutung kommt der sogenannten Vorfälligkeitsentschädigung zu, wenn ein Vertrag vor Ablauf der Zinsbindung abgelöst wird. Die Rechtsgrundlagen und Berechnungsmodalitäten hierfür sind Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung und müssen im Einzelfall geprüft werden.

Ablösungsmechanismus und Verfahrensablauf

Die Ablösung erfolgt regelmäßig durch die Zahlung des offenen Darlehensbetrags an das bisherige Kreditinstitut, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Vorfälligkeitsentschädigung. Der neue Finanzierer übernimmt häufig im Wege des Umschuldungsvertrags unmittelbar die Tilgung der Restschuld.


Bankrechtliche Fragestellungen

Informations- und Beratungspflichten

Banken sind im Rahmen eines Finanzierungswechsels zur ordnungsgemäßen Aufklärung über wesentliche Rechte und Pflichten, insbesondere hinsichtlich etwaiger Kosten, Restschuld, Vorfälligkeitsentschädigung, und der Auswirkungen auf bestehende Sicherheiten, verpflichtet. Verstöße können zu Schadensersatzansprüchen führen.

Abtretung und Rangänderung von Sicherheiten

Im Kontext von Immobilienfinanzierungen spielt die Übertragung bestehender Sicherheiten, wie beispielsweise Grundschulden oder Hypotheken, eine zentrale Rolle. Der neue Kreditgeber verlangt regelmäßig die Abtretung oder Bestellung neuer Sicherheiten; für die Übertragung sind häufig notarielle Beurkundungen und die Eintragung im Grundbuch erforderlich (§§ 873 ff. BGB).

Rechtliche Behandlung bestehender Verträge

Ein Finanzierungswechsel kann vertraglich Einschränkungen unterliegen oder bedarf der Zustimmung weiterer Beteiligter (etwa bei Konsortialdarlehen, Unternehmensfinanzierungen oder Beteiligungen Dritter).


Steuerliche Aspekte

Der Finanzierungswechsel kann unterschiedliche steuerrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen:

  • Abzugsfähigkeit von Kosten: Vorfälligkeitsentschädigungen, Notar- und Grundbuchkosten sowie weitere mit dem Wechsel verbundene Aufwendungen können grundsätzlich unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend gemacht werden.
  • Grunderwerbsteuer: Im Falle der Sicherheitenübertragung (z.B. Grundschuld) entsteht keine neue Steuerpflicht, sofern lediglich eine Umschuldung und keine Eigentumsübertragung erfolgt.
  • Umsatzsteuer: Der Wechsel der Finanzierung als solcher unterliegt nicht der Umsatzsteuerpflicht, betroffen sein können jedoch Dienstleistungen im Rahmen des Wechsels (etwa Beratungsleistungen).

Verbraucherschutzrechtliche Bestimmungen

Widerrufsrechte und Formularzwang

Im Rahmen von Verbraucherdarlehensverträgen gelten spezifische Schutzvorschriften, insbesondere ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB in Verbindung mit § 495 BGB. Kommt ein neuer Darlehensvertrag über Fernkommunikationsmittel oder außerhalb von Geschäftsräumen zustande, verlängern sich Widerrufsrechte. Die Formvorschriften nach § 492 BGB (Schriftform, Pflichtangaben) müssen zwingend eingehalten werden.

Informationspflichten

Das Kreditinstitut hat rechtzeitig vor Vertragsabschluss umfassend über sämtliche Bedingungen, insbesondere Kosten, Laufzeiten, Zinshöhe, Gesamtkosten und Sicherheiten, zu informieren (Art. 247 EGBGB).


Praktische Durchführung des Finanzierungswechsels

Ablauf, Kosten und Prozessbeteiligte

Ein Finanzierungswechsel beginnt regelmäßig mit einer Kündigung oder Umschuldungsmitteilung an die bisherige Kreditgeberin, gefolgt von der Beantragung eines neuen Kredits. Die Vertragsabwicklung umfasst u.a.:

  • Einholung von Ablösebescheinigung und Restschuld
  • Abschluss eines neuen Darlehensvertrags
  • Übertragung oder Bestellung von Sicherheiten
  • Notarielle und grundbuchliche Abwicklung (bei Grundpfandrechten)
  • Auszahlung und Ablösung der bisherigen Darlehenssumme

Zu den typischen Kosten eines Finanzierungswechsels zählen Vorfälligkeitsentschädigung, Notar- und Grundbuchkosten sowie Bearbeitungsgebühren.


Risiken und typische Streitpunkte beim Finanzierungswechsel

  • Unwirksamkeit von Vorfälligkeitsentschädigungen bei fehlerhaften Widerrufsbelehrungen
  • Probleme bei der Sicherheitenübertragung, insbesondere bei Mitbeteiligung Dritter am Sicherungsgut
  • Unzureichende Information über sämtliche mit dem Wechsel verbundenen Kosten und Nachteile
  • Steuerliche Fehlbehandlungen bei der Abzugsfähigkeit von Kosten

Fazit

Der Finanzierungswechsel ist ein Vorgang mit erheblicher rechtlicher Komplexität. Die Ablösung bestehender Finanzierungen und die Aufnahme neuer Darlehen erfordern neben einer detaillierten Vertragsprüfung insbesondere die Beachtung zivilrechtlicher, bankrechtlicher, steuerlicher und verbraucherschutzrechtlicher Vorschriften. Die sorgfältige Durchführung und strukturierte Vorbereitung eines Finanzierungswechsels sichern die Wahrung der Rechte aller beteiligten Parteien und vermeiden potenzielle rechtliche sowie wirtschaftliche Nachteile.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für einen Finanzierungswechsel erfüllt sein?

Ein Finanzierungswechsel setzt voraus, dass die bisherigen vertraglichen Bindungen mit der finanzierenden Bank oder dem Kreditinstitut unter Einhaltung der gesetzlichen und vertraglich festgelegten Kündigungsfristen und -bedingungen beendet werden können. Wird zum Beispiel ein Immobiliendarlehen vorzeitig abgelöst, ist das Kreditnehmerkündigungsrecht nach § 489 BGB zu beachten, welches nach Ablauf einer Zinsbindung oder zehn Jahren Laufzeit eine Kündigung mit einer Frist von sechs Monaten ermöglicht. Für vorzeitige Ablösungen außerhalb dieser Frist fällt regelmäßig eine Vorfälligkeitsentschädigung an, deren Rechtmäßigkeit wiederum den Vorschriften des BGB sowie der Preisangabenverordnung unterliegt. Darüber hinaus ist bei grundbuchbesicherten Darlehen eine notarielle Umschreibung oder Löschung und Neueintragung der Grundschuld erforderlich, was nur mit Zustimmung beider Finanzierungsparteien und unter Einhaltung der formellen Vorgaben des Grundbuchrechts (GBO) erfolgen darf.

Müssen beim Finanzierungswechsel bestimmte Fristen eingehalten werden?

Ja, beim Finanzierungswechsel sind unterschiedliche Fristen zu beachten. Die wichtigste Frist ergibt sich aus dem Kreditvertrag sowie gesetzlich aus § 489 BGB, welcher das ordentliche Kündigungsrecht nach Ablauf von zehn Jahren ab vollständigem Empfang des Darlehens mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten regelt. Bei einem Wechsel innerhalb der Zinsbindung kann lediglich im Rahmen vertraglich geregelter Sonderkündigungsrechte, beispielsweise bei Verkauf der Immobilie, das Darlehen gekündigt werden; dabei müssen die Fristen und Modalitäten aus den Allgemeinen Darlehensbedingungen beachtet werden. Für Fördermittel (z.B. KfW) oder im Falle von Verbraucherdarlehen gelten zusätzlich spezifische gesetzliche Fristen, wie etwa das Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB mit einer 14-tägigen Frist ab Vertragsschluss. Die Fristen für Umschreibungen im Grundbuch oder die Auszahlung durch die neue Bank richten sich nach den jeweiligen Bearbeitungsabläufen der beteiligten Stellen.

Welche rechtlichen Konsequenzen hat eine vorzeitige Ablösung des bestehenden Kredits?

Die vorzeitige Ablösung eines Kredits, insbesondere vor Ablauf der Zinsbindung, begründet üblicherweise den Anspruch des Kreditgebers auf eine Vorfälligkeitsentschädigung. Diese richtet sich nach den Grundsätzen der Schadensberechnung und wird nach Maßgabe der §§ 490, 502 BGB sowie einschlägiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bemessen. Der Kreditgeber kann hierdurch den wirtschaftlichen Nachteil, der durch die vorzeitige Rückführung entsteht, geltend machen. Darüber hinaus können bei unsachgemäßer Abwicklung oder Verstoß gegen die Kündigungsbedingungen Schadensersatzansprüche, Mahn- oder Verzugsgebühren hinzukommen. Rechtlich ist außerdem zu beachten, dass der finanzierende Altgläubiger bis zur vollständigen Rückzahlung und formellen Löschung der Sicherheit im Grundbuch die Darlehensvaluta fällig stellen und Sicherheiten verwerten darf, sofern keine vertraglichen Regelungen zur Umschuldung getroffen wurden.

Was ist bei der Umschreibung von Sicherheiten aus rechtlicher Sicht zu beachten?

Bei der Umschreibung von Sicherheiten, insbesondere Grundschulden, ist ein formalisiertes Verfahren einzuhalten, das die Mitwirkung aller Parteien (alte und neue Bank, Darlehensnehmer, Notar) vorsieht. Zunächst muss die alte Bank eine Löschungsbewilligung oder Abtretung der bestehenden Grundschuld ausstellen, was regelmäßig erst nach vollständiger Begleichung der Restschuld erfolgt. Anschließend erfolgt die notariell beurkundete Abtretung oder Neubestellung zugunsten der neuen Bank gemäß den Vorschriften der Grundbuchordnung (GBO). Es ist außerdem zu beachten, dass die Abtretungsfähigkeit der Grundschuld im ursprünglichen Sicherungsvertrag nicht ausgeschlossen ist. Werden dabei Fristen oder Formalien verletzt, kann sich die Eintragung verzögern oder schlimmstenfalls rechtlich unwirksam sein, was zu Komplikationen bei der Auszahlung des neuen Kredits und der Fortführung der Finanzierung führen kann.

Welche Informationspflichten bestehen gegenüber dem Verbraucher beim Finanzierungswechsel?

Banken und Kreditvermittler sind verpflichtet, dem Verbraucher im Rahmen eines Finanzierungswechsels umfassende, rechtzeitige und verständliche Informationen bereitzustellen. Gemäß § 491a BGB und der Preisangabenverordnung muss der Verbraucher vor Abschluss des neuen Kreditvertrages insbesondere über Zinssätze, Kosten, Laufzeiten, Vorfälligkeitsentschädigungen, Sondertilgungsrechte und alle Vertragsbedingungen informiert werden. Bei Verbraucherdarlehen ist zudem ein verbindliches „Europäisches Standardisiertes Merkblatt“ (ESIS) auszuhändigen. Eine fehlerhafte, unvollständige oder verspätete Belehrung kann die Wirksamkeit des Vertrags beeinträchtigen und gegebenenfalls ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB auslösen, das eine Rückabwicklung des Kreditvertrags ermöglicht.

Ist ein Finanzierungswechsel auch bei bestehenden Förderdarlehen rechtlich möglich?

Ein Finanzierungswechsel ist grundsätzlich auch bei bestehenden Förderdarlehen (z.B. KfW) möglich, aber rechtlich besonders sensibel. Die Förderbedingungen enthalten meist besondere Restriktionen bezüglich einer vorzeitigen Ablösung oder Umschuldung: Es können Rückforderungsansprüche für erhaltene Förderbeträge, Zinsvorteile oder Tilgungszuschüsse entstehen. Zudem verlangen viele Fördermittelgeber die vorherige schriftliche Zustimmung, deren Verweigerung möglich ist, sollten die Förderzwecke durch die Umschuldung gefährdet werden. Die genauen Voraussetzungen ergeben sich aus den jeweils zugrunde liegenden Förderbedingungen, Vertragstexten und einschlägigen Fördergesetzen. Es ist ratsam, vor einem geplanten Finanzierungswechsel mit Förderanteil eine rechtliche Beratung und Abstimmung mit dem Fördergeber zu suchen, um Rückzahlungsforderungen oder Sanktionen zu vermeiden.

Welche Rolle spielt die Schriftform beim Finanzierungswechsel aus rechtlicher Sicht?

Nach deutschem Recht unterliegen Kreditverträge gemäß § 492 BGB sowie die Bestellung, Abtretung und Löschung von Grundschulden der Schriftform bzw. notariellen Beurkundung. Der Abschluss eines neuen Darlehensvertrags muss stets schriftlich erfolgen, um rechtswirksam zu sein. Für die Übertragung von Grundschulden schreibt die GBO zwingend eine notarielle Beglaubigung der Abtretungserklärung und eine Eintragung im Grundbuch vor. Auch die Kündigung des Altvertrages ist idealerweise schriftlich zu erklären, selbst wenn der Vertrag oder das Gesetz keinen ausdrücklichen Schriftformvorbehalt enthält, um spätere Beweisprobleme zu vermeiden. Versäumt eine Partei die Einhaltung der Schriftform, droht die Unwirksamkeit der jeweiligen Willenserklärung mit erheblichen rechtlichen und wirtschaftlichen Nachteilen.