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Finanzierungsgeschäft, finanzierter Kauf


Finanzierungsgeschäft, finanzierter Kauf

Begriff und Bedeutung

Das Finanzierungsgeschäft, finanzierter Kauf ist ein zentrales Thema im Vertragsrecht und im Bank- und Kreditwesen. Darunter versteht man Wirtschaftsvorgänge, bei denen der Erwerb eines Gegenstandes oder einer Dienstleistung durch die Bereitstellung finanzieller Mittel von einem Dritten ermöglicht wird. Ziel ist es, dem Erwerber die sofortige Nutzung des Kaufgegenstandes zu ermöglichen, während die Zahlung des Kaufpreises zeitlich gestreckt erfolgt. In rechtlicher Hinsicht handelt es sich meist um die Kombination aus einem Kaufvertrag und einer Vereinbarung zur finanziellen Abwicklung (z. B. durch Kredit, Darlehen oder Leasing).

Rechtliche Grundlagen des Finanzierungsgeschäfts

Allgemeiner rechtlicher Rahmen

Das Finanzierungsgeschäft, insbesondere der finanzierte Kauf, ist kein eigenständiger Vertragstyp nach deutschem Recht, sondern ergibt sich typischerweise aus der Verbindung mehrerer Rechtsgeschäfte. Häufig handelt es sich um einen sogenannten Verbundener Vertrag im Sinne der §§ 358, 359 BGB. Der Käufer schließt dabei mit dem Verkäufer einen Kaufvertrag und mit einer Bank oder einem anderen Kreditgeber einen Kredit- oder Darlehensvertrag zur Finanzierung des Kaufpreises ab.

Gesetzliche Regelungen

Der rechtliche Rahmen wird hauptsächlich durch folgende Vorschriften geprägt:

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB):

– §§ 433 ff. BGB (Kaufvertrag)
– §§ 488 ff. BGB (Darlehensvertrag)
– §§ 491 ff. BGB (Verbraucherdarlehensverträge)
– §§ 358, 359 BGB (Verbundene Verträge)
– Widerrufsregelungen (§§ 355, 355a BGB)
– Rechte und Pflichten aus Eigentumsvorbehalt (vgl. § 449 BGB)

  • Einzelne Spezialgesetze:

– Preisangabenverordnung (PAngV)
– Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG)
– Kreditwesengesetz (KWG)

Typen von Finanzierungsgeschäften

Klassischer Ratenkauf

Beim klassischen Raten- bzw. Teilzahlungskauf zahlt der Käufer den Kaufpreis in mehreren festgelegten Raten. Der Verkäufer tritt hierbei entweder direkt als Kreditgeber auf oder arbeitet mit einer Bank zusammen (sog. Händlerkredit).

Verbundene Finanzierung (Drittfinanzierung)

Hier schließt der Käufer mit einer Bank einen gesonderten, auf den Kaufgegenstand bezogenen Darlehensvertrag ab. Die Auszahlung des Darlehens erfolgt zumeist direkt an den Verkäufer. Aufgrund der sogenannten Verknüpfung werden die beiden Verträge rechtlich als verbundene Verträge behandelt (§ 358 BGB).

Konsumentenkredit

Der Konsumentenkredit ist ein speziell auf Verbraucher zugeschnittener Darlehensvertrag, der gesetzlichen Schutzvorschriften wie Formvorschriften, Informationspflichten und besonderen Kündigungs- sowie Widerrufsrechten unterliegt (§§ 491 ff. BGB).

Elemente des finanzierten Kaufs

Kaufvertrag

Der Kaufvertrag bildet die Grundlage des Geschäfts und regelt die Übertragung von Eigentum sowie die Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises. Beim finanzierten Kauf kann die Übereignung des Kaufobjektes zumeist bereits vor vollständiger Bezahlung erfolgen, jedoch oft unter Eigentumsvorbehalt (§ 449 BGB).

Kredit- oder Darlehensvertrag

Dieser Vertrag regelt die Konditionen der Fremdfinanzierung, wie Zinssatz, Laufzeit, Rückzahlungsmodalitäten und Sicherheit bestellende Maßnahmen (z. B. Sicherungsübereignung).

Eigentumsvorbehalt und Sicherungsrechte

Zur Absicherung bleibt das Eigentum am Kaufgegenstand in der Regel bis zur vollständigen Zahlung beim Verkäufer oder bei der finanzierenden Bank. Hierdurch erhält der Finanzierer ein wichtiges Sicherungsrecht.

Verbundene Verträge (§§ 358, 359 BGB)

Die rechtliche Besonderheit besteht darin, dass gewisse Rechte aus einem Vertrag – insbesondere Widerruf, Rücktritt und Schadensersatz – auf den jeweils anderen Vertrag durchschlagen können. Kündigt oder widerruft ein Verbraucher etwa den Darlehensvertrag, ist er regelmäßig auch nicht mehr an den Kaufvertrag gebunden (und umgekehrt).

Verbraucherrechte beim finanzierten Kauf

Widerrufsrecht

Verbrauchern steht meist ein Widerrufsrecht innerhalb von 14 Tagen unter bestimmten formellen Bedingungen zu (§ 355 BGB i.V.m. § 495 BGB). Der Widerruf des Darlehensvertrages kann auch zur Rückabwicklung des Kaufvertrages führen, sofern es sich um einen verbundenen Vertrag handelt.

Informationspflichten

Der Darlehensgeber ist zur umfassenden Information über Kosten, Zinssätze, das Bestehen von Sicherheiten, Rückzahlungsmodalitäten, Widerrufsrechte und sonstige wesentliche Vertragsbestandteile verpflichtet (§ 491a BGB).

Probleme und Risiken des finanzierten Kaufs

Doppelverpflichtung

Der Käufer ist sowohl an den Kaufvertrag als auch an den Kreditvertrag gebunden. Bei Problemen mit der Kaufsache oder der Finanzierung können Abwicklungsfragen entstehen.

Durchgriffshaftung

Im Rahmen verbundener Verträge kann der Darlehensgeber wie der Verkäufer in Anspruch genommen werden, z. B. bei Mängeln der Kaufsache.

Rückabwicklung

Nach Widerruf oder Rückabwicklung der Verträge sind empfangene Leistungen (Kaufsache und gezahlte Beträge) zurückzugewähren.

Finanzierungsgeschäft im internationalen Kontext

Die rechtliche Behandlung des finanzierten Kaufs unterscheidet sich in Europa je nach Mitgliedstaat erheblich. Die Verbraucherkreditrichtlinie (2008/48/EG) prägt zahlreiche nationale Gesetzgebungen, insbesondere zu Informationspflichten und Widerrufsmöglichkeiten bei finanzierten Käufen.

Fazit

Das Finanzierungsgeschäft, insbesondere der finanzierte Kauf, verbindet mehrere Vertragsverhältnisse zu einem komplexen rechtlichen Gesamtbild. Die gesetzlichen Regelungen verfolgen dabei das Ziel, die Interessen von Käufern und Kreditgebern ausgewogen zu wahren und Missbrauch sowie Überschuldung zu verhindern. Von besonderer Bedeutung sind die Vorschriften über verbundene Verträge, das Widerrufsrecht sowie die Regelungen zum Eigentumsvorbehalt. Die rechtliche Prüfung eines finanzierten Kaufes sollte stets alle beteiligten Vertragsverhältnisse einschließlich der Sicherungsrechte umfassend berücksichtigen, um eine sachgerechte Handhabung im Einzelfall sicherzustellen.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Vorschriften gelten für das Finanzierungsgeschäft beim finanzierten Kauf?

Beim finanzierten Kauf gelten insbesondere die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), hier vor allem § 491 ff. BGB zum Verbraucherdarlehensvertrag sowie die Regelungen zum verbundenen Geschäft gemäß § 358 und § 359 BGB. Bei Verbraucherkreditverträgen müssen strenge Formvorschriften eingehalten werden, etwa Schriftform, genaue Angaben zu Zinssatz, Rückzahlungsmodalitäten und Widerrufsrecht. Ebenso relevant sind das Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB) für die Umsetzung europarechtlicher Vorgaben wie der Verbraucherkreditrichtlinie sowie das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG), sofern Zahlungsauslösedienste eingeschaltet werden. Auf Unternehmensebene sowie bei Leasingkonstellationen können darüber hinaus handels- und steuerrechtliche Vorschriften sowie das Kreditwesengesetz (KWG) eine Rolle spielen, insbesondere, wenn der Finanzierungspartner als Kreditinstitut auftritt.

Welche rechtlichen Risiken bestehen beim Abschluss eines finanzierten Kaufvertrages?

Beim Abschluss eines finanzierten Kaufvertrages bestehen verschiedene rechtliche Risiken. Zunächst ist auf die Wirksamkeit des Vertrages zu achten: Formfehler – beispielsweise fehlende Pflichtangaben im Darlehensvertrag oder unzureichende Verknüpfung zwischen Kauf- und Finanzierungsvertrag – können zur Nichtigkeit oder zur schwebenden Unwirksamkeit führen. Des Weiteren kann bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung der Kreditvertrag unter Umständen zeitlich unbegrenzt widerrufen werden („ewiges Widerrufsrecht“). Das Verbundgeschäft birgt das Risiko, dass bei Rückabwicklung des Kaufvertrags (z.B. wegen Mangels der Kaufsache) auch der Finanzierungsvertrag rückabgewickelt werden muss, mit allen daraus resultierenden Folgen wie Rückerstattung bereits gezahlter Beträge oder Herausgabe von Sicherheiten. Zudem kann der Käufer bei Zahlungsverzug besonderen Inkasso- und Vollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt sein, sofern die Sicherungsrechte des Finanzierungsgebers (z.B. Eigentumsvorbehalt) greifen.

Wie ist das Widerrufsrecht beim finanzierten Kauf geregelt?

Das Widerrufsrecht beim finanzierten Kauf richtet sich nach § 355 und § 495 BGB. Verbraucher können den Darlehensvertrag grundsätzlich binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Dies gilt insbesondere bei Fernabsatzverträgen und Haustürgeschäften. Beim verbundenen Geschäft gem. § 358 BGB erstreckt sich das Widerrufsrecht aus dem Kreditvertrag auch auf den Kaufvertrag, sofern beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Bei fehlerhafter oder fehlender Widerrufsbelehrung beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen, sodass ein Widerruf auch noch Jahre später möglich sein kann. Der Widerruf hat zur Folge, dass die empfangenen Leistungen zurückzugewähren sind und etwaige Nutzungen herauszugeben sind; zudem können Wertersatzforderungen entstehen, falls die zurückgegebene Ware Gebrauchsspuren aufweist.

Welche Auswirkungen hat ein Rücktritt oder die Anfechtung des Kaufvertrags auf die Finanzierung?

Wird der finanzierte Kaufvertrag rückabgewickelt, etwa durch Rücktritt des Käufers wegen Sachmangels oder durch erfolgreiche Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, wirkt sich dies unmittelbar auf den verbundenen Darlehensvertrag aus (§ 358 Abs. 2 BGB). Der Verbraucher wird so gestellt, als hätte er keinen Darlehensvertrag abgeschlossen; bereits gezahlte Kreditraten sind vom Darlehensgeber zurückzuerstatten, ggf. abzüglich des Wertes einer zwischenzeitlichen Nutzung. Die Rückabwicklung muss auch etwaige Sicherheiten (wie Sicherungsübereignungen oder Bürgschaften) einbeziehen. Der Darlehensgeber kann sich nur dann gegen die Rückabwicklung schützen, wenn er das Risiko des Kaufvertrags nicht zu vertreten hat und über den wirtschaftlichen Zusammenhang nicht hinreichend informiert wurde.

Welche Bedeutung hat der Eigentumsvorbehalt im Rahmen des finanzierten Kaufs?

Im Zusammenhang mit finanzierten Käufen ist der Eigentumsvorbehalt ein zentrales Sicherungsmittel. In der Regel bleibt der Verkäufer bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises Eigentümer der Kaufsache (§ 449 BGB). Beim finanzierten Kauf wird dieses Recht häufig an die finanzierende Bank abgetreten. Sollte der Käufer mit der Ratenzahlung in Verzug geraten, kann die Bank oder der Verkäufer – je nach Vertragsgestaltung – die Herausgabe der Ware verlangen und sich am Sicherungseigentum befriedigen. Der Eigentumsvorbehalt dient somit der Absicherung des Kreditgebers gegenüber dem wirtschaftlichen Risiko eines Zahlungsausfalls und ist daher Bestandteil nahezu jedes standardisierten Verbraucherkreditgeschäfts.

Wie werden Sicherheiten im Finanzierungsgeschäft rechtlich behandelt?

Sicherheiten wie Bürgschaften, Sicherungsübereignungen oder Abtretungen werden zur zusätzlichen Absicherung des Darlehensgebers eingesetzt. Sie sind im Vertrag ausdrücklich zu vereinbaren und müssen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, z.B. Transparenz und Individualisierung der besicherten Forderung. Im Verbraucherbereich gelten bei Sicherheiten, die gleichzeitig als Allgemeine Geschäftsbedingungen formuliert sind, besonders strenge Inhaltskontrollen gem. §§ 305 ff. BGB. Das bedeutet etwa, dass formularmäßige Bürgschaften von Angehörigen wegen möglicher Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB anfechtbar sein können. Bei Rückabwicklung des Hauptgeschäfts sind auch die gestellten Sicherheiten herauszugeben bzw. die Sicherungsrechte aufzuheben.

Inwiefern sind Informationspflichten beim finanzierten Kauf von rechtlicher Bedeutung?

Informationspflichten haben im Finanzierungsgeschäft eine herausragende Bedeutung, denn sie dienen dem Schutz des Verbrauchers vor übereilten und nachteiligen Entscheidungen. Die EU-Verbraucherkreditrichtlinie verlangt umfassende, vorvertragliche Informationen, insbesondere über die Gesamtkosten des Kredits, den effektiven Jahreszins, die Rückzahlungsbedingungen und das Widerrufsrecht. Diese Vorgaben wurden in den §§ 491a, 492 und 496 BGB sowie in der Preisangabenverordnung (PAngV) umgesetzt. Werden diese Pflichten verletzt, kann der Vertrag schwebend unwirksam sein; zusätzlich besteht die Gefahr von Bußgeldern oder aufsichtsrechtlichen Maßnahmen für den Anbieter. Darüber hinaus kann der Verbraucher bei Informationsdefiziten ein „ewiges Widerrufsrecht“ geltend machen und so den Vertrag nachträglich auflösen.