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Festsetzungsfrist, Festsetzungsverjährung

Festsetzungsfrist (Festsetzungsverjährung) – Bedeutung und Grundprinzip

Die Festsetzungsfrist, auch Festsetzungsverjährung genannt, ist die zeitliche Grenze, innerhalb derer eine Steuer durch die Finanzverwaltung festgesetzt, geändert oder aufgehoben werden darf. Nach Ablauf dieser Frist dürfen Steuern grundsätzlich weder erstmals festgesetzt noch bestehende Steuerbescheide zu Ungunsten oder zugunsten geändert werden. Die Festsetzungsfrist dient der Rechtssicherheit und soll verhindern, dass Steuersachverhalte zeitlich unbegrenzt offenbleiben.

Von der Festsetzungsfrist zu unterscheiden ist die Zahlungsverjährung. Während die Festsetzungsfrist die Festsetzung einer Steuer betrifft, regelt die Zahlungsverjährung die Durchsetzbarkeit bereits festgesetzter Zahlungsansprüche.

Abgrenzung und Anwendungsbereich

Wofür gilt die Festsetzungsfrist?

Die Festsetzungsfrist gilt für alle Arten der Steuerfestsetzung, also für die erstmalige Festsetzung, für die Änderung, Berichtigung oder Aufhebung eines Steuerbescheids sowie für Vergütungen und Erstattungen im Steuerrecht. Sie erfasst sowohl Veranlagungssteuern (z. B. Einkommensteuer, Körperschaftsteuer) als auch Steuern, die durch Abzug erhoben werden (z. B. Lohnsteuer), sowie Verbrauchsteuern.

Unterschied zur Zahlungsverjährung

Die Festsetzungsfrist betrifft die Frage, wie lange eine Behörde einen Steuerbescheid erlassen oder ändern darf. Die Zahlungsverjährung setzt erst an, nachdem die Steuer festgesetzt wurde, und bestimmt, wie lange ein bereits festgesetzter Steueranspruch vollstreckt werden kann. Beide Fristen bestehen nebeneinander und folgen unterschiedlichen Regeln.

Wer ist betroffen?

Betroffen sind Steuerpflichtige, Haftungsschuldner und andere Personen, die nach Steuergesetzen Adressaten eines Steuerbescheids sein können. Die Festsetzungsfrist wirkt gegenüber allen Beteiligten einheitlich: Nach ihrem Ablauf ist die Festsetzung in der Regel gesperrt.

Beginn der Festsetzungsfrist

Grundsatz des Jahresendes

Die Festsetzungsfrist wird nach dem Prinzip des Jahresendes berechnet. Sie beginnt nicht sofort, sondern läuft regelmäßig ab dem Ende des Kalenderjahres an, in dem die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Steuer entstanden sind oder bestimmte verfahrensrechtliche Auslöser eingetreten sind.

Anlaufhemmung bei Steuererklärungen

Bei Steuern, für die eine Steuererklärung abzugeben ist, beginnt die Frist grundsätzlich erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erklärung eingereicht wurde. Wird eine erforderliche Steuererklärung nicht abgegeben, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf des dritten Kalenderjahres nach dem Jahr, in dem die Steuer entstanden ist. Diese Verzögerung nennt man Anlaufhemmung.

Sonderfälle ohne Erklärungspflicht

Bei Steuern ohne Erklärungspflicht (z. B. bestimmten Verbrauchsteuern) beginnt die Frist in der Regel mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

Dauer der Festsetzungsfrist

Regelmäßige Frist

Typischerweise beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre. Diese Dauer gilt für die meisten Veranlagungssteuern und entsprechende Vergütungen oder Erstattungen.

Verlängerte Fristen bei Pflichtverletzungen

Bei bestimmten Pflichtverstößen verlängert sich die Festsetzungsfrist:
– Bei grober Fahrlässigkeit (leichtfertiger Steuerverkürzung) auf regelmäßig fünf Jahre.
– Bei vorsätzlicher Verkürzung (Steuerhinterziehung) auf regelmäßig zehn Jahre.

Verkürzte Fristen bei bestimmten Verbrauchsteuern

Für bestimmte Verbrauchsteuern und damit zusammenhängende Vergütungen gilt regelmäßig eine einjährige Festsetzungsfrist. Welche Steuern hierzu zählen, richtet sich nach den jeweiligen Steuergesetzen.

Hemmung und Ablaufhemmung

Hemmungstatbestände

Bestimmte Umstände können den Beginn oder das Ende der Festsetzungsfrist beeinflussen. Man unterscheidet:
– Anlaufhemmung: verzögert den Beginn der Frist (z. B. bei abzugebenden Erklärungen).
– Ablaufhemmung: verhindert, dass eine bereits laufende Frist abläuft.

Ablaufhemmung durch Verfahren und Prüfungen

Eine Ablaufhemmung tritt insbesondere ein:
– bei laufenden Außenprüfungen: Die Frist endet frühestens ein Jahr nach Abschluss der Prüfung, bezogen auf die geprüften Sachverhalte.
– während eines Einspruchs- oder Klageverfahrens: Die Frist endet frühestens ein Jahr nach rechtskräftigem Abschluss des jeweiligen Verfahrens.
– wenn die Behörde aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen an der Festsetzung gehindert ist: Der Fristablauf verschiebt sich entsprechend.

Keine Unterbrechung im technischen Sinn

Die Festsetzungsfrist kennt keine „Unterbrechung“ mit vollständigem Neubeginn. Stattdessen sorgen Hemmungs- und Ablaufhemmungstatbestände für einen Stillstand oder eine Verlängerung der bestehenden Frist.

Ende der Festsetzungsfrist und Rechtsfolgen

Rechtsfolgen des Fristablaufs

Ist die Festsetzungsfrist abgelaufen, darf die Steuer grundsätzlich weder erstmals festgesetzt noch ein bestehender Bescheid geändert, aufgehoben oder berichtigt werden. Das gilt sowohl für Maßnahmen zu Ungunsten als auch zugunsten des Steuerpflichtigen. Bestehende Bescheide bleiben in der dann geltenden Form bestehen.

Ausnahmen bei vorläufigen Festsetzungen

Ist ein Steuerbescheid ausdrücklich vorläufig ergangen, kann er hinsichtlich der vorläufig gestellten Punkte auch nach Ablauf der Festsetzungsfrist geändert werden, sobald die vorläufigen Ungewissheiten entfallen. Diese besondere Änderungsmöglichkeit ist auf die vorläufigen Punkte beschränkt.

Vorbehalt der Nachprüfung

Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung können grundsätzlich bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist geändert werden. Mit Ablauf der Festsetzungsfrist entfällt diese Änderungsmöglichkeit; der Vorbehalt ist dann zu erledigen.

Auswirkungen auf Erstattungen und Anrechnungen

Erstattungs- und Vergütungsansprüche unterliegen ebenfalls einer Festsetzungsfrist. Nach Fristablauf können Erstattungen grundsätzlich nicht mehr festgesetzt werden, sofern keine besonderen Änderungs- oder Korrekturregeln greifen.

Änderungen von Steuerbescheiden im Verhältnis zur Festsetzungsfrist

Berichtigungen und Änderungen

Fehler in Steuerbescheiden können innerhalb der Festsetzungsfrist berichtigt oder geändert werden, etwa bei offenbaren Unrichtigkeiten, neuen Tatsachen oder geänderten rechtlichen Grundlagen. Nach Ablauf der Festsetzungsfrist sind solche Korrekturen grundsätzlich gesperrt, es sei denn, es bestehen besondere, fristunabhängige Änderungsmöglichkeiten (z. B. bei vorläufigen Bescheiden).

Verhältnis zu verfahrensrechtlichen Fristen

Neben der Festsetzungsfrist existieren besondere Fristen für Rechtsbehelfe und Korrekturen. Diese speziellen Fristen wirken neben der Festsetzungsfrist, können sie aber nicht beliebig ersetzen. Wo die Festsetzungsfrist als Obergrenze greift, begrenzt sie regelmäßig auch Korrekturmöglichkeiten.

Praktische Konstellationen

Verspätete oder unterlassene Steuererklärung

Wird eine Erklärung verspätet abgegeben, verschiebt sich der Beginn der Festsetzungsfrist nach hinten. Wird eine vorgeschriebene Erklärung nicht abgegeben, beginnt die Festsetzungsfrist spätestens mit Ablauf des dritten Folgejahres nach Entstehung der Steuer.

Außenprüfung nahe am Fristende

Beginnt oder läuft eine Außenprüfung in zeitlicher Nähe zum Fristende, verhindert die Ablaufhemmung, dass die Festsetzungsfrist während der Prüfung abläuft. Sie endet frühestens ein Jahr nach Abschluss der Prüfung, bezogen auf die geprüften Sachverhalte.

Pflichtverletzungen mit Einfluss auf die Frist

Pflichtwidrige Verhaltensweisen wie grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz führen zu längeren Festsetzungsfristen. Dies ermöglicht die nachträgliche Korrektur auch zeitlich weiter zurückliegender Sachverhalte.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet Festsetzungsfrist beziehungsweise Festsetzungsverjährung?

Sie bezeichnet den Zeitraum, innerhalb dessen die Finanzverwaltung Steuern festsetzen, ändern oder aufheben darf. Nach Ablauf dieser Frist sind solche Maßnahmen grundsätzlich ausgeschlossen.

Wie lange dauert die Festsetzungsfrist?

Regelmäßig vier Jahre. Bei grober Fahrlässigkeit beträgt sie in der Regel fünf Jahre, bei vorsätzlicher Verkürzung zehn Jahre. Für bestimmte Verbrauchsteuern gilt regelmäßig eine Frist von einem Jahr.

Wann beginnt die Festsetzungsfrist zu laufen?

Die Frist beginnt grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die relevanten Voraussetzungen vorliegen. Bei abzugebenden Steuererklärungen beginnt sie in der Regel erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Erklärung abgegeben wurde; ohne Abgabe spätestens mit Ablauf des dritten Folgejahres.

Was ist der Unterschied zur Zahlungsverjährung?

Die Festsetzungsfrist betrifft die Festsetzung eines Steuerbescheids. Die Zahlungsverjährung betrifft die Durchsetzbarkeit eines bereits festgesetzten Steueranspruchs. Beide Fristen folgen unterschiedlichen Regeln.

Kann sich die Festsetzungsfrist verlängern?

Ja. Durch Anlaufhemmung verschiebt sich der Beginn, durch Ablaufhemmung wird der Ablauf hinausgeschoben, zum Beispiel bei Außenprüfungen oder während eines Einspruchs- oder Klageverfahrens.

Welche Folgen hat der Ablauf der Festsetzungsfrist?

Nach Fristablauf dürfen Steuern grundsätzlich nicht mehr festgesetzt oder geändert werden. Vorhandene Bescheide bleiben bestehen. Ausnahmen können bei ausdrücklich vorläufigen Festsetzungen bestehen, jedoch nur hinsichtlich der vorläufigen Punkte.

Gelten die Regeln auch für Erstattungen und Vergütungen?

Ja. Auch Erstattungs- und Vergütungsansprüche unterliegen einer Festsetzungsfrist. Nach Ablauf sind Festsetzungen grundsätzlich ausgeschlossen, sofern keine besonderen Änderungsmöglichkeiten greifen.

Hat ein Vorbehalt der Nachprüfung Einfluss auf die Frist?

Er erlaubt Änderungen innerhalb der laufenden Festsetzungsfrist. Nach deren Ablauf entfällt die Änderungsmöglichkeit; der Vorbehalt ist dann zu erledigen.