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Fertighausvertrag


Begriff und rechtliche Einordnung des Fertighausvertrags

Ein Fertighausvertrag bezeichnet eine besondere Form des Bauvertrags, bei dem die Planung, Herstellung und Errichtung eines Fertighauses auf einem Grundstück durch einen Anbieter (in der Regel ein Fertighausunternehmen) gegenüber einem Bauherrn geschuldet wird. Der Fertighausvertrag steht dabei im Schnittfeld verschiedener Vertragstypen, insbesondere Kauf-, Werk- und Bauvertrag, und unterliegt spezifischen gesetzlichen Regelungen, die auf die Besonderheiten des Fertighausbaus abgestimmt sind.

Vertragstypische Merkmale des Fertighausvertrags

Fertighausvertrag als Bauvertrag

Der Fertighausvertrag ist zivilrechtlich vorrangig als Bauvertrag im Sinne der §§ 650a ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) einzuordnen, sofern er nach dem 01.01.2018 abgeschlossen wurde. Ein Bauvertrag liegt vor, wenn sich der Unternehmer zur Herstellung eines Bauwerks, zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Bauwerk oder zu Arbeiten, die mit dem Bauwerk in Zusammenhang stehen, verpflichtet. Da beim Fertighausvertrag regelmäßig die Errichtung und Montage eines schlüsselfertigen Hauses auf dem Grundstück des Bauherrn vereinbart wird, greifen die besonderen Vorschriften für den Bauvertrag.

Abgrenzung zu anderen Vertragsarten

Insbesondere im Fertighaussektor kann die Abgrenzung zwischen Werk-, Kauf- und Bauvertrag relevant sein:

  • Kaufvertrag: Ein reiner Kaufvertrag liegt nur dann vor, wenn das Fertighaus als bewegliche Sache ohne Montage geliefert wird. In der Praxis ist dies jedoch selten.
  • Werkvertrag: Wird neben der Lieferung auch die Montage vor Ort übernommen, handelt es sich in aller Regel um einen Werkvertrag bzw. Bauvertrag.
  • Teilbauverträge: Besteht der Vertrag aus mehreren Leistungsabschnitten (z. B. Bausatzhaus, Ausbauhaus), sind die Werkvertragsregeln in Verbindung mit den Vorschriften zum Bauvertrag heranzuziehen.

Inhaltliche und rechtliche Anforderungen

Vertragsdokumentation und -umfang

Ein Fertighausvertrag muss sämtliche wesentlichen Punkte und Leistungsinhalte detailliert regeln, um Klarheit über die gegenseitigen Rechte und Pflichten zu gewährleisten. Dazu gehören insbesondere:

  • Leistungsbeschreibung: Detaillierte Auflistung aller zu erbringenden Leistungen inkl. technischer Spezifikationen.
  • Bau- und Ausstattungsbeschreibung: Genaue Angaben zu Bauweise, Ausbaustufen, verbauten Materialien und der Haustechnik.
  • Baubeschreibung: Die Baubeschreibung muss nach MaBV (Makler- und Bauträgerverordnung) die Ausführung des Bauwerks so klar darstellen, dass der Leistungsumfang ohne technische Vorkenntnisse nachvollziehbar ist.
  • Vertragsfristen: Angaben zu Baubeginn, Bauzeit und Fertigstellung.
  • Zahlungsplan: Nach § 632a BGB muss der Vertrag einen Abschlagszahlungsplan enthalten, der mit dem tatsächlichen Baufortschritt korrespondiert.

Vergütung und Zahlungsmodalitäten

Die Vergütung beim Fertighausvertrag wird meist als Festpreis vereinbart, wobei Ratenzahlungen an bestimmte Baufortschritte gekoppelt sind. Teilzahlungen müssen, soweit keine abweichende vertragliche Regelung besteht, den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und dürfen bestimmte Grenzen nicht überschreiten. Überzahlungen sind aus Gründen des Verbraucherschutzes unzulässig.

Widerrufsrecht und Verbraucherschutz

Handelt es sich beim Bauherrn um eine natürliche Person, die den Vertrag zu privaten Zwecken abschließt, und beim Vertragspartner um einen Unternehmer, finden die verbraucherschützenden Vorschriften aus § 650l BGB Anwendung. Der Bauherr erhält insbesondere eine ausführliche Vertragsunterlage und ein 14-tägiges Widerrufsrecht, sofern der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen oder per Fernkommunikation angebahnt wurde.

Sicherheiten und Gewährleistung

Nach § 650m BGB ist der Unternehmer gesetzlich verpflichtet, dem Bauherrn auf Verlangen eine Sicherheit für die rechtzeitige und mängelfreie Herstellung des Bauwerks zu leisten (Bürgschaft oder gleichwertige Sicherheit in Höhe von 5% der vereinbarten Vergütung).

Hinsichtlich der Gewährleistung gelten die allgemeinen Regelungen der §§ 633 ff. BGB. Die Gewährleistungsfrist für Mängel am Bauwerk beträgt regelmäßig fünf Jahre ab Abnahme. Dem Bauherrn stehen im Mangel- oder Nachbesserungsfall Rechte auf Beseitigung der Mängel, Minderung, Rücktritt und Schadenersatz zu.

Abnahme und Gefahrübergang

Die Abnahme ist ein wesentlicher Bestandteil des Fertighausvertrags – sie markiert den Zeitpunkt, zu dem Gefahr und Risiko für das Bauwerk auf den Bauherrn übergehen. Mit der Abnahme beginnt auch die Gewährleistungsfrist zu laufen. Der Bauherr ist berechtigt, die Abnahme bei wesentlichen Mängeln zu verweigern. Die Abnahme kann auch stillschweigend oder durch Ingebrauchnahme erfolgen, wenn keine ausdrückliche Erklärung abgegeben wird.

Besondere Regelungen für Vertragstypen im Fertighausbau

Bauträgervertrag und Fertighausvertrag

In bestimmten Konstellationen tritt der Fertighausanbieter als Bauträger auf und übernimmt neben der Lieferung und Errichtung des Hauses auch die Übertragung des Grundstückseigentums. In diesem Fall gelten die Vorschriften des Bauträgervertrags gemäß § 650u BGB sowie die Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV). Der Vertrag bedarf dann der notariellen Beurkundung.

Besonderheiten bei Ausbaustufen

Fertighäuser werden häufig in verschiedenen Ausbaustufen („schlüsselfertig“, „fast fertig“, „Ausbauhaus“) angeboten. Umfang und Inhalt des Fertighausvertrags variieren entsprechend dem Leistungsumfang. Lediglich die tatsächlich vom Anbieter zu erbringenden Leistungen sind vertraglich zu regeln.

Vertragsbeendigung und Rücktrittsrechte

Kündigung durch den Bauherrn

Dem Bauherrn steht gemäß § 648 BGB das Recht zu, den Vertrag bis zur Vollendung des Bauwerks jederzeit zu kündigen. Der Unternehmer kann in diesem Fall jedoch eine Vergütung für erbrachte und nicht erbrachte Leistungen verlangen, abzüglich ersparter Aufwendungen.

Kündigung aus wichtigem Grund

Beide Parteien sind berechtigt, den Vertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen. Hierzu zählen besonders gravierende Pflichtverletzungen der jeweils anderen Vertragspartei, die eine Fortsetzung unzumutbar machen.

Fazit

Der Fertighausvertrag stellt eine rechtlich komplexe Vertragsform dar, die zahlreiche Besonderheiten aufweist und zentral vom Bauvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs geprägt wird. Besonders hervorgehoben werden müssen die umfangreichen Dokumentations- und Informationspflichten, der besondere Schutz des Bauherrn als Verbraucher sowie die klaren Regeln zur Abnahme, Zahlung und Gewährleistung. Für die rechtliche Wirksamkeit und die Durchsetzbarkeit der gegenseitigen Ansprüche ist eine detaillierte Vertragsgestaltung von höchster Bedeutung.

Weiterführende Informationen bieten die einschlägigen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die Makler- und Bauträgerverordnung, die aktuelle Rechtsprechung sowie spezifische Musterverträge der Fertighausbranche.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Mindestanforderungen muss ein Fertighausvertrag erfüllen?

Ein Fertighausvertrag unterliegt einer Vielzahl rechtlicher Regelungen, insbesondere des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), nach dessen §§ 650a ff. grundsätzlich Werkvertragsrecht anzuwenden ist. Seit der Reform des Bauvertragsrechts im Jahr 2018 gibt es zudem spezielle Anforderungen für Bauverträge, zu denen auch der Fertighausvertrag zählt. Zwingende Inhaltsvorschriften umfassen die Schriftform nach § 650h BGB, die umfassende Baubeschreibung (§ 650j BGB) sowie die Mitteilungspflichten des Unternehmers hinsichtlich des voraussichtlichen Fertigstellungstermins und der Bauzeit. Weiterhin verlangt das Gesetz, dass dem Verbraucher eine Widerrufsbelehrung gemäß § 650l BGB ausgehändigt wird und er das Recht hat, den Vertrag binnen 14 Tagen zu widerrufen. Ebenso müssen Regelungen zur Abnahme, zum Zahlungsplan (Raten dürfen maximal nach tatsächlichem Baufortschritt verlangt werden, vgl. MaBV), zu Gewährleistungsfristen und zur Sicherheitenstellung enthalten sein. Die Einhaltung aller Informationspflichten sowie das Angebot einer Bauleistungsbeschreibung vor Vertragsabschluss sind zwingend. Ein Vertrag, der diese gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllt, ist unter Umständen nichtig oder kann vom Verbraucher angefochten werden.

Welche Bedeutung hat die Baubeschreibung im rechtlichen Zusammenhang?

Die Baubeschreibung ist ein zentrales Dokument im Fertighausvertrag, das gemäß § 650j BGB verpflichtend ist und vor Vertragsabschluss dem Bauherrn klar und verständlich übergeben werden muss. Sie legt detailliert die geschuldeten Leistungen des Unternehmers fest und dient als maßgeblicher Bezugspunkt für die spätere Vertragsdurchführung, insbesondere für etwaige Streitigkeiten über Mängel oder Leistungsumfang. Rechtlich muss die Baubeschreibung alle wesentlichen Eigenschaften des Hauses abdecken, u.a. Bau- und Ausstattungsstandard, Energie- und Schallschutz, technische Ausführungen, die verwendeten Materialien sowie enthaltene Leistungen und eventuelle Ausschlüsse. Fehlt eine ausreichende Baubeschreibung oder ist diese unpräzise, kann das gravierende Auswirkungen auf die Beweislast im Streitfall sowie auf die Gewährleistungsansprüche des Bauherrn haben. Zudem ist es Aufgabe des Unternehmers, unmissverständlich zu erklären, welche Leistungen im Preis enthalten sind und welche Zusatzkosten auf den Bauherrn zukommen könnten.

Welche Rechte hat der Bauherr bei Verzögerungen oder Terminüberschreitungen?

Kommt es zu Verzögerungen oder Terminüberschreitungen, stehen dem Bauherrn verschiedene rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung. Der vereinbarte Fertigstellungstermin wird Vertragsbestandteil; wird dieser überschritten, kann der Bauherr gemäß § 286 BGB nach Setzen einer angemessenen Nachfrist vom Vertrag zurücktreten oder – im Falle eines Verbrauchervertrages – nach § 650c Abs. 3 BGB eine angemessene Minderung des Werklohns verlangen. Ferner bestehen Ansprüche auf Ersatz von durch die Verzögerung entstandenen Mehrkosten, etwa für Zwischenunterkünfte oder doppelte Finanzierungslasten. Vielen Verträgen liegen zudem sogenannte Vertragsstrafenregelungen zugrunde, nach denen für jeden Bautag der Fristüberschreitung ein pauschaler Betrag an den Bauherrn zu zahlen ist. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit kann der Bauherr weitergehenden Schadensersatz nach allgemeinen Regeln verlangen. Wichtig ist, dass der Bauherr sämtliche Fristen und Mahnungen schriftlich dokumentiert und, sofern erforderlich, rechtzeitig rechtliche Schritte einleitet.

Wie ist die Abnahme geregelt und welche rechtliche Bedeutung kommt ihr zu?

Die Abnahme ist ein maßgeblicher Rechtsschritt im Fertighausvertrag, da mit ihr die Leistung des Unternehmers als im Wesentlichen vertragsgerecht anerkannt wird (§ 640 BGB). Diese kann ausdrücklich, stillschweigend oder auch fiktiv erfolgen, sollte der Bauherr nach Aufforderung zur Abnahme nicht innerhalb angemessener Frist ausdrücklich Stellung nehmen. Mit der Abnahme beginnt die Gewährleistungsfrist, etwaige noch vorhandene, nicht gerügte Mängelrechtsansprüche (außer verdeckte Mängel) können dann verloren gehen. Ferner geht mit der Abnahme die Gefahr der Beschädigung auf den Bauherrn über. Aus Beweisgründen empfiehlt sich die Durchführung eines gemeinsamen Abnahmetermins mit Protokollierung aller eventuellen Mängel und Nachbesserungen. Gemäß § 650g Abs. 4 BGB hat der Unternehmer dem Bauherrn vor Abnahme eine prüffähige Schlussrechnung zuzustellen. Versäumt der Bauherr notwendige Mängelrügen bei der Abnahme, verwirken diese, sofern es sich nicht um verdeckte oder arglistig verschwiegene Mängel handelt.

Welche Gewährleistungsfristen gelten für Fertighäuser?

Nach § 634a BGB beträgt die regelmäßige Gewährleistungsfrist für Fertighäuser fünf Jahre ab Abnahme, da es sich um ein Bauwerk handelt (§ 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB). Während dieses Zeitraums haftet der Unternehmer für sämtliche Sachmängel, die auf vertragswidriger Ausführung beruhen. Es ist grundsätzlich unerheblich, ob offensichtliche oder verdeckte Mängel betroffen sind – sofern letztere nicht erkannt werden konnten, läuft die Frist ab Entdeckung. Für arglistig verschwiegene Mängel gilt eine Verjährungsfrist von drei Jahren ab der Kenntnis des Mangels, spätestens jedoch zehn Jahre ab Abnahme. Innerhalb der Gewährleistungszeit kann der Bauherr Nachbesserung, bei Fehlschlagen der Nachbesserung Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz verlangen (§ 635 BGB). Vertragliche Verkürzungen der Gewährleistungsfrist zum Nachteil des Bauherrn sind regelmäßig unwirksam, sofern es sich um einen Verbrauchervertrag handelt.

Was sind die rechtlichen Regelungen zum Zahlungsplan bei einem Fertighausvertrag?

Gemäß der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) darf der Unternehmer Vergütungen nur verlangen, wenn dafür ein Zahlungsplan vereinbart wurde, der ausschließlich Zahlungen nach tatsächlichem Baufortschritt vorsieht. Anzahlungen auf noch nicht erbrachte Leistungen sind weitgehend unzulässig. Typischerweise ist der Zahlungsplan so zu gestalten, dass in mehreren Raten nach Erreichen bestimmter Bauabschnitte (Rohbaufertigstellung, Dacheindeckung, Fenster, Innenausbau etc.) gezahlt wird. Die finale Rate, häufig 5 % der Vertragssumme, sollte nach vollständiger Mängelbeseitigung und Abnahme fällig werden. Verlangt der Unternehmer Vorauszahlungen entgegen den gesetzlichen Vorgaben, sind entsprechende Vertragsklauseln unwirksam. Ferner sind Sonderregelungen zu beachten, etwa dann, wenn der Unternehmer Sicherheiten in Form einer Fertigstellungsbürgschaft verlangt. So soll sichergestellt werden, dass der Bauherr stets angemessen gegen das Risiko einer etwaigen Insolvenz des Bauunternehmers abgesichert ist.

Welche besonderen Widerrufsrechte bestehen beim Fertighausvertrag?

Ein Fertighausvertrag, der mit einem Verbraucher abgeschlossen wird und bei dem der Vertragsschluss außerhalb von Geschäftsräumen oder mittels Fernkommunikationsmitteln (z.B. online, telefonisch, an der Haustür) erfolgt, unterliegt den Widerrufsregelungen der §§ 650l, 355 BGB. Der Verbraucher hat das Recht, den Vertrag innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluss ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Der Unternehmer ist verpflichtet, den Verbraucher spätestens mit Vertragsschluss ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht zu belehren. Die Widerrufsfrist beginnt erst, wenn diese Belehrung erfolgt ist und alle Vertragsunterlagen vorliegen. Erfolgt keine oder eine fehlerhafte Belehrung, verlängert sich das Widerrufsrecht auf bis zu zwölf Monate und 14 Tage. Im Falle des Widerrufs sind sämtliche empfangenen Leistungen zurückzugewähren; soweit bereits Leistungen erbracht wurden, besteht unter Umständen ein Anspruch auf Wertersatz, sofern der Bauherr ausdrücklich wünschte, dass mit den Arbeiten vor Ablauf der Widerrufsfrist begonnen wird.