Legal Lexikon

Fautfracht


Begriff und Bedeutung der Fautfracht

Die Fautfracht ist ein Begriff aus dem deutschen Fracht- und Transportrecht und bezeichnet eine besondere Form der Vergütung für einen Frachtführer, die auch dann fällig wird, wenn der Transportauftrag aus Gründen, die nicht in seinem Risikobereich liegen, nicht vollständig oder gar nicht ausgeführt wurde. Das Institut der Fautfracht ist primär im Seehandelsrecht (§ 595 HGB), aber auch im Landfrachtrecht (§ 420 HGB) sowie im Binnenschifffahrtsrecht (§ 409 HGB) geregelt. Ihr Zweck ist der finanzielle Ausgleich des Frachtführers für bereits getroffene Dispositionen und entstandene Aufwendungen bei nachträglicher Unmöglichkeit der Beförderung.

Rechtsgrundlagen der Fautfracht

Allgemeine Regelungen

Die Fautfracht ist im Handelsgesetzbuch (HGB) in spezifischen Normen für verschiedene Frachtarten geregelt:

  • § 420 HGB: Landfracht
  • § 409 HGB: Binnenschifffahrt
  • § 595 HGB: Seefracht

Eine maßgebliche Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf Fautfracht ist die Aufhebung oder Nichtdurchführbarkeit des Frachtvertrages nach dessen Abschluss, ohne Verschulden des Frachtführers.

Voraussetzungen für den Anspruch

Vertragsschluss

Dem Anspruch auf Fautfracht liegt stets ein wirksamer Frachtvertrag zugrunde, bei dem der Frachtführer vereinbarungsgemäß tätig werden sollte.

Nachträgliche Unmöglichkeit

Die vertraglich geschuldete Beförderung kann nicht durchgeführt werden, weil Umstände eintreten, die außerhalb des Risikobereichs des Frachtführers liegen. Beispiele sind höhere Gewalt, behördliche Versagung der Transportdurchführung oder von Absenderseite ausgehende Störungen (wie Annahmeverzug).

Kein Verschulden des Frachtführers

Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Grund für die Nichtausführung im Verantwortungsbereich des Frachtführers liegt (z. B. fehlendes Transportmittel, Verzug, Mängel in der Ausführung).

Umfang und Berechnung der Fautfracht

Höhe der Fautfracht

Die Höhe der Fautfracht ist gesetzlich nicht abschließend geregelt. Sie ergibt sich in der Regel aus den Vereinbarungen im Frachtvertrag. Fehlen ausdrückliche Regelungen, wird häufig auf eine prozentuale Berechnung der vereinbarten Fracht abgestellt oder auf die tatsächlichen Aufwendungen des Frachtführers abgestellt, soweit diese niedriger sind.

Abzug ersparter Aufwendungen

Erhält der Frachtführer Fautfracht, sind ihm im Gegensatz zur vollen Fracht ersparte Aufwendungen oder anderweitige Erträge anzurechnen (§ 420 Abs. 2 HGB). Das Ziel ist ein Ausgleich unter Berücksichtigung bereits entstandener und tatsächlich ersparter Kosten.

Beispiele für ersparte Aufwendungen:

  • Kraftstoff- und Personalkosten
  • Mautgebühren
  • Liege- und Hafengebühren (bei der Seefracht)

Ersatztransporte

Nimmt der Frachtführer anstelle des stornierten Transports einen anderen Frachtauftrag an (Ersatzgeschäft), ist auch dieser Erlös im Rahmen der Fautfracht anzurechnen.

Fautfracht im See-Handelsrecht

Sonderregelungen gemäß § 595 HGB

Im Seehandelsrecht ist die Fautfracht ausdrücklich in § 595 HGB geregelt. Der Anspruch entsteht, wenn der Seefrachtvertrag nachträglich aufgehoben wird, ohne dass dies dem Verschulden des Verfrachters zuzuschreiben ist. Der Anspruch umfasst den Teil der Fracht, der dem bereits erbrachten oder bereitgestellten Beförderungsaufwand entspricht.

Abweichungen und Besonderheiten

Im Seefrachtrecht kann die Fautfracht auch entstehen, wenn auf Grund von Umständen höhere Gewalt (z.B. Krieg, Blockade, Naturkatastrophen) der Transport nicht begonnen oder beendet werden kann und der Verfrachter hierfür nicht einzustehen hat. Auch hier erfolgt die Anrechnung ersparter Aufwendungen und anderweitiger Vorteile zwingend.

Fautfracht bei verschiedenen Verkehrsträgern

Landfracht (§ 420 HGB)

Die Vorschrift des § 420 HGB regelt die Fautfracht im Landfrachtrecht. Sie kommt insbesondere dann zur Anwendung, wenn der Absender den Frachtvertrag kündigt oder infolge von Umständen, die nicht aus dem Risikobereich des Frachtführers stammen, den Auftrag zurücknimmt.

Binnenschifffahrt (§ 409 HGB)

Das Binnenschifffahrtsgesetz verweist mit § 409 HGB ebenfalls auf das Rechtsinstitut der Fautfracht. Die Norm enthält ähnliche Regelungen wie das Landfrachtrecht, teilweise jedoch spezifische Anpassungen an die Binnenschifffahrtsbranche.

Verjährung und Durchsetzung

Der Anspruch auf Fautfracht unterliegt den allgemeinen Verjährungsvorschriften des jeweiligen Transportrechts. Für Frachtforderungen im allgemeinen Transportrecht beträgt die Verjährungsfrist in der Regel ein Jahr ab dem Ende des Transportes, es sei denn, vertraglich oder gesetzlich greifen abweichende Regelungen. Bei der gerichtlichen Durchsetzung der Fautfracht ist die exakte Berechnung des Ersatzanspruchs unter Berücksichtigung aller relevanten Anrechnungen (ersparte Aufwendungen, anderweitige Einnahmen) nachzuweisen.

Fautfracht im internationalen Kontext

Im internationalen Transportrecht ist das Rechtsinstitut der Fautfracht nicht überall bekannt oder einheitlich geregelt. Insbesondere im internationalen Straßentransportrecht nach dem CMR-Übereinkommen fehlt eine ausdrücklich geregelte Fautfracht. Eine Vertragsanpassung ist im Einzelfall vertraglich möglich, jedoch nicht zwingend.

Praxisbeispiele

Beispiel 1:
Ein Spediteur erhält einen Transportauftrag, der zwei Tage vor tatsächlichem Transportbeginn vom Absender aus betrieblichen Gründen zurückgezogen wird. Der Spediteur hat bereits Fahrzeuge disponiert und entsprechende Personalkapazitäten freigehalten. Für diese vergebenen Kapazitäten kann Fautfracht verlangt werden, sofern dem Spediteur kein Verschulden anzulasten ist und entsprechende Anrechnungen ersparter Aufwendungen erfolgen.

Beispiel 2:
Ein Seeschiff wird beladen, jedoch verhindert eine unerwartete Blockade einen planmäßigen Auslauf. Der Verfrachter erhält eine anteilige Fautfracht, die die berechtigten Aufwendungen abdeckt, abzüglich ersparter Kosten, sofern die Blockade nicht seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen ist.

Abgrenzung zu ähnlichen Begriffen

Die Fautfracht ist insbesondere von der Standgeldregelung, dem Schadensersatz wegen Vertragsverletzung sowie von vertraglich vereinbarten Stornopauschalen zu unterscheiden. Während Standgeld für Warte- oder Liegezeiten berechnet wird und Schadensersatz auf Ersatz tatsächlich eingetretener Schäden gerichtet ist, dient die Fautfracht als Pauschalabgeltung für nicht zur Durchführung gelangte Frachtverträge.

Zusammenfassung

Die Fautfracht ist ein zentrales Rechtsinstitut zur Risikoverteilung zwischen Absender und Frachtführer im deutschen Fracht- und Transportrecht. Sie greift bei nachträglicher und unverschuldeter Unmöglichkeit der Ausführung des Frachtvertrages und stellt einen Anspruch des Frachtführers auf Ersatz der durchgeführten und bereitgestellten Leistungen dar, abzüglich ersparter Kosten. Die genauen Modalitäten und die Höhe der Fautfracht ergeben sich aus gesetzlichen Bestimmungen sowie gegebenenfalls ergänzenden vertraglichen Vereinbarungen. Die Rechtslage ist je nach Verkehrsträger (Land, Wasser, See) unterschiedlich ausgestaltet, teils mit internationalen Abweichungen. Die Geltendmachung und Berechnung im Einzelfall erfordern eine sorgfältige Betrachtung aller relevanten Umstände und gesetzlichen Vorgaben.

Häufig gestellte Fragen

Wann liegt aus rechtlicher Sicht eine Fautfracht vor?

Im rechtlichen Kontext spricht man von Fautfracht immer dann, wenn ein Frachtauftrag – typischerweise im See- oder Binnenschifffahrtsrecht – entweder gar nicht oder nur teilweise ausgeführt wird und dennoch ein Frachtanspruch entsteht. Gemäß §§ 415 ff. HGB (Handelsgesetzbuch) sowie ggf. nach ADSp oder internationalen Übereinkommen wie den Hague-Visby Rules, ist die Fautfracht eine gesetzlich vorgesehene Vergütungsregelung, die den Frachtführer vor Vermögenseinbußen schützt, wenn der Auftraggeber (Verlader/Absender) seine Ladungspflicht nicht erfüllt beziehungsweise ohne rechtfertigenden Grund von dem Vertrag zurücktritt. Damit dient die Fautfracht als vertraglicher oder gesetzlicher Anspruch auf eine (anteilige) Entlohnung, ohne dass die versprochene Transportleistung vollständig erbracht wurde.

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Entstehung eines Fautfrachtanspruchs erfüllt sein?

Für das Entstehen eines Anspruchs auf Fautfracht müssen bestimmte rechtliche Voraussetzungen gegeben sein: Zunächst muss ein wirksamer Frachtvertrag vorliegen. Der Absender muss die Güter wie vereinbart nicht oder nicht vollständig zum Transport zur Verfügung stellen, oder der Versand wird aus Gründen verhindert, die der Absender zu vertreten hat. Die Verhinderung darf nicht auf Gründen höherer Gewalt oder anderem unverschuldeten Umständen des Frachtführers beruhen. Darüber hinaus darf kein einvernehmlicher Rücktritt oder eine einvernehmliche Vertragsaufhebung zwischen den Parteien erfolgen, da in diesem Fall keine Fautfracht sondern ein Rückabwicklungsverhältnis vorliegt. Bei der Berechnung der Fautfracht gelten je nach Vertrag, Transportmittel und Rechtsordnung unterschiedliche Modalitäten, oftmals ist sie auf einen konkreten Prozentsatz der vereinbarten Fracht festgesetzt.

Welche Rechtsfolgen hat die Berechnung und Zahlung der Fautfracht für den Absender und den Frachtführer?

Durch den Anspruch auf Fautfracht wird der Frachtführer im Fall teilweiser oder vollständig unterbliebener Transportausführung wirtschaftlich abgesichert. Er erhält die vereinbarte oder gesetzliche Teilfracht unabhängig von einer tatsächlichen Beförderung und muss im Gegenzug keine Transportleistung erbringen. Für den Absender bedeutet dies, dass er zur Zahlung der Fautfracht verpflichtet ist, selbst wenn er die Sendung nicht abliefert – außer bei Vorliegen von Gründen, die außerhalb seines Einflussbereichs liegen und die gemäß Vertrag oder Gesetz als entschuldigend anerkannt sind. Der Frachtführer verliert nach Rechtsprechung und Gesetz den restlichen Frachtanspruch sowie sämtliche Ersatzansprüche bei vollständiger Bezahlung der Fautfracht, es sei denn, es liegt ein Verschulden oder Schadenersatzgrund nach allgemeinem Leistungsrecht vor.

Inwieweit kann der Anspruch auf Fautfracht vertraglich ausgeschlossen oder modifiziert werden?

Grundsätzlich ist es im deutschen Transportrecht erlaubt, den Anspruch auf Fautfracht in den Vertragsverhandlungen individuell auszuschließen oder hinsichtlich seiner Höhe und Voraussetzungen zu modifizieren. Viele Verträge und Allgemeine Geschäftsbedingungen (wie die ADSp) enthalten eigene Klauseln zur Fautfracht, etwa zur Reduzierung des Prozentsatzes oder zur Erweiterung/Begrenzung der Anspruchstatbestände. Allerdings darf eine solche Vertragsgestaltung nicht gegen zwingende gesetzliche Vorschriften oder die guten Sitten verstoßen, insbesondere wenn zwingende internationale Übereinkommen anwendbar sind oder eine unangemessene Benachteiligung einer Partei eintritt. Es empfiehlt sich daher, jede abweichende Regelung explizit und unmissverständlich im Vertrag zu dokumentieren.

Gilt die Fautfracht nur im See- und Binnenschifffahrtsrecht oder auch bei anderen Beförderungsarten?

Obwohl der Begriff „Fautfracht” überwiegend in der See- und Binnenschifffahrtsfracht geläufig ist, sieht das deutsche Frachtrecht (insbesondere §§ 415, 417 HGB) analoge Regelungen auch für andere Transportarten vor, etwa im Landfrachtrecht für Lkw-Transporte oder Bahntransporte. Auch im Luftfrachtrecht finden sich entsprechende Mechanismen, allerdings unter anderen Bezeichnungen und mit abgewandelten Anspruchsvoraussetzungen. Der Grundgedanke – Kompensation des Frachtführers bei vertragswidrigem Verhalten des Absenders – bleibt jedoch transportmittelübergreifend erhalten, wobei die konkrete Ausgestaltung stets vom Einzelfall und der vertraglichen Vereinbarung abhängig ist.

Welche Ansprüche und Einreden stehen dem Absender im Streit um die Zahlung der Fautfracht zur Verfügung?

Im Streitfall hat der Absender grundsätzlich die Möglichkeit, Einwendungen gegen den Fautfrachtanspruch zu erheben. Dazu zählen der Nachweis, dass die Nichtübernahme oder Nichtlieferung der Güter durch Umstände verursacht wurde, die außerhalb seines Einflussbereichs liegen (z.B. höhere Gewalt, behördliche Verbote, Streiks), dass der Frachtführer seinerseits vertragswidrig gehandelt hat oder dass eine einvernehmliche Vereinbarung zur Vertragsbeendigung getroffen wurde. Darüber hinaus kann der Absender gegen die Höhe oder Verhältnismäßigkeit der verlangten Fautfracht vorgehen, wenn diese etwa in keinem angemessenen Verhältnis zum entgangenen Aufwand des Frachtführers steht. In jedem Fall sollte der Absender alle maßgeblichen Umstände dokumentieren und substantiierte Beweise vorlegen, da die Beweislast regelmäßig ihn trifft.

Welche Verjährungsfristen gelten für Fautfrachtansprüche im rechtlichen Kontext?

Die Verjährungsfrist für Ansprüche auf Fautfracht richtet sich nach den allgemeinen Regelungen des Handelsgesetzbuchs für Frachtforderungen (§ 439 HGB), die in der Regel ein Jahr beträgt. Diese Frist beginnt grundsätzlich mit dem Ende des Tages, an dem das Gut hätte abgeliefert werden müssen oder der Vertrag als beendet gilt. Die Frist kann durch Rechtswahl- oder Individualvereinbarungen abgekürzt oder verlängert werden, sofern dies gesetzlich zulässig ist. Im grenzüberschreitenden Kontext können abweichende Verjährungsfristen nach internationalen Übereinkommen oder ausländischem Recht zur Anwendung kommen. Fristversäumnisse führen regelmäßig zum endgültigen Verlust des Anspruchs auf Fautfracht durch den Frachtführer.