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Fälschung technischer Aufzeichnungen


Begriff und rechtliche Einordnung der Fälschung technischer Aufzeichnungen

Die Fälschung technischer Aufzeichnungen ist ein Straftatbestand des deutschen Strafrechts, der darauf abzielt, die Echtheit und Wahrheit maschinell erzeugter oder aufgezeichneter Daten und deren Beweiswert im Rechtsverkehr zu schützen. Technische Aufzeichnungen nehmen in der modernen Gesellschaft einen immer bedeutenderen Stellenwert ein, etwa als Überwachungsdaten, Messprotokolle, Fahrtschreiberaufzeichnungen oder andere automatisch generierte Informationsquellen. Der Gesetzgeber sieht die Notwendigkeit, diese vor Manipulation zu bewahren, da sie in vielfältigen Lebensbereichen – von der Verkehrssicherheit bis hin zur Beweisführung in zivil- und strafrechtlichen Verfahren – eine entscheidende Rolle spielen.

Gesetzliche Regelung

Die Fälschung technischer Aufzeichnungen ist in § 268 des Strafgesetzbuchs (StGB) geregelt. Dort wird sie dem Schutz der Allgemeinheit und des Rechtsverkehrs zugerechnet, vergleichbar der Urkundenfälschung (§ 267 StGB). Während sich die Urkundenfälschung auf menschliche Erklärungen bezieht, umfasst die Fälschung technischer Aufzeichnungen Daten, die von einem technischen Gerät erzeugt oder gespeichert werden.

Gesetzestext (Auszug aus § 268 StGB)

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte technische Aufzeichnung herstellt oder eine technische Aufzeichnung verfälscht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Darüber hinaus enthält § 268 StGB verschiedene Absätze zur Versuchsstrafbarkeit, zu Täuschungsabsicht und zu besonders schweren Fällen.

Tatbestandsmerkmale der Fälschung technischer Aufzeichnungen

Technische Aufzeichnung

Eine technische Aufzeichnung ist eine Darstellung von Daten oder Informationen, die durch ein technisches Gerät selbstständig erstellt worden ist. Zu den typischen Beispielen gehören Videoaufzeichnungen von Überwachungskameras, Daten eines Fahrtenschreibers, maschinell protokollierte Laborwerte oder Messdaten automatisierter Geräte. Entscheidend ist dabei, dass die Aufzeichnung ohne menschliches Zutun, dafür aber mit Beweisfunktion abläuft.

Unechte oder verfälschte technische Aufzeichnung

Unechtheit

Eine technische Aufzeichnung ist unecht, wenn sie den Anschein erweckt, ein Ergebnis eines ordnungsgemäßen technischen Ablaufes zu sein, tatsächlich aber das Ergebnis eines manipulierten oder vorgetäuschten Geschehens ist. Dies liegt beispielsweise vor, wenn die Datenaufzeichnung unter Umgehung der vorgesehenen Funktionsweise oder mit manipulierten Geräten erfolgt ist.

Verfälschung

Eine Verfälschung liegt vor, wenn nachträglich und unbefugt Änderungen an einer technischen Aufzeichnung erfolgen. Ein typisches Beispiel wäre die digitale Manipulation von Videodateien eines Überwachungssystems, um bestimmte Vorgänge zu verschleiern oder falsch darzustellen.

Zur Täuschung im Rechtsverkehr

Das Tatbestandsmerkmal „zur Täuschung im Rechtsverkehr“ bedeutet, dass die Handlung mit dem Ziel vorgenommen wird, andere über die Echtheit oder den Inhalt der technischen Aufzeichnung irrezuführen und dadurch Einfluss auf den Rechtsverkehr zu nehmen. Ein bloßes Privatinteresse reicht hierbei nicht aus; vielmehr muss die Täuschung geeignet sein, rechtlich relevante Entscheidungen oder Beweisführungen zu beeinflussen.

Täterkreis

Täter kann grundsätzlich jede natürliche Person sein, die eine unechte oder verfälschte technische Aufzeichnung zur Täuschung im Rechtsverkehr erzeugt, verändert oder gebraucht. Eine besondere Qualifizierung oder Zugehörigkeit zu einem bestimmten Personenkreis ist nicht erforderlich.

Strafmaß und Sanktionen

Für die Fälschung technischer Aufzeichnungen sieht das Strafgesetzbuch als Strafrahmen Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. In besonders schweren Fällen, insbesondere wenn durch die Tat ein bedeutender Vermögens- oder Gesundheitsschaden verursacht oder eine große Zahl von Aufzeichnungen gefälscht wurde, kann die Strafe im Einzelfall höher ausfallen.

Versuch und weitere Regelungen

Sowohl der Versuch der Fälschung technischer Aufzeichnungen als auch die Vorbereitungshandlungen können unter Umständen strafbar sein, sofern die Voraussetzungen nach § 23 und § 30 StGB erfüllt sind. Auch die mittelbare Täterschaft oder Mittäterschaft ist nach den allgemeinen Regeln des deutschen Strafrechts möglich.

Abgrenzung zur Urkundenfälschung

Die Fälschung technischer Aufzeichnungen ist eng verwandt mit der Urkundenfälschung, unterscheidet sich jedoch wesentlich im geschützten Objekt. Urkundenfälschung bezieht sich stets auf schriftliche oder verkörperte menschliche Erklärungen, während die Fälschung technischer Aufzeichnungen maschinell erzeugte oder gespeicherte Aufzeichnungen umfasst. In Abgrenzungsfällen entscheidet vor allem die Art der Dokumentation und ihre Entstehung darüber, welcher Straftatbestand einschlägig ist.

Bedeutung in der Praxis und Beispiele

Praxisrelevante Anwendungsbereiche

  • Fahrtenschreiber in Lkw und Bussen: Manipulation von Aufzeichnungen zur Umgehung gesetzlicher Fahrzeiten.
  • Videoüberwachung: Verfälschung von Kameraaufzeichnungen im Rahmen von Diebstahl oder Sabotage.
  • Messgeräte in der Produktion: Nachträgliche Veränderung von Protokollen bei Qualitätskontrollen.
  • Laboraufzeichnungen: Unbefugte Änderungen an Datensätzen zur Verschleierung von Fehlern.

Diese und zahlreiche weitere Anwendungsfälle verdeutlichen die hohe praktische Relevanz des Straftatbestandes.

Rechtsschutz und vorbeugende Maßnahmen

Technische und organisatorische Maßnahmen zur Integrität und Authentizität von technischen Aufzeichnungen spielen neben der strafrechtlichen Ahndung eine zentrale Rolle. Hierzu zählen der Einsatz von manipulationssicheren Geräten, digitale Signaturen, Verschlüsselungsmaßnahmen und firmeninterne Kontrollmechanismen.

Verjährung

Die Verfolgung einer Fälschung technischer Aufzeichnung unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von fünf Jahren, gemäß § 78 Absatz 3 Nr. 4 StGB. In besonders schweren Fällen kann sich die Verjährungsfrist verlängern.

Internationale Bezüge

Auch im internationalen Kontext finden sich vergleichbare Strafnormen, insbesondere im Bereich des Schutzes elektronischer und digitaler Beweismittel. Die Harmonisierung dieser Schutzstandards gewinnt im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung an Bedeutung.

Fazit

Die Fälschung technischer Aufzeichnungen stellt einen bedeutenden Straftatbestand im Bereich des modernen Beweis- und Dokumentationswesens dar. Sie schützt die Integrität maschinell erzeugter Nachweise und gewährleistet die Rechtssicherheit im Umgang mit technischen Aufzeichnungen im Rechtsverkehr. Angesichts der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung gewinnen sowohl die Prävention als auch die konsequente strafrechtliche Ahndung an Gewicht.


Literatur und Quellen:

  • Deutsches Strafgesetzbuch (StGB), § 268
  • Fischer, Strafgesetzbuch, Kommentar
  • Bundesgerichtshof, diverse Urteile zur Fälschung technischer Aufzeichnungen
  • Schönke/Schröder, StGB Kommentar
  • Amtliche Gesetzesbegründungen zu § 268 StGB

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Vorschriften regeln die Fälschung technischer Aufzeichnungen?

Die Fälschung technischer Aufzeichnungen ist im deutschen Recht in § 268 StGB geregelt. Dieser Paragraph stellt unter Strafe, wenn jemand unbefugt zur Täuschung im Rechtsverkehr eine technische Aufzeichnung verfälscht, herstellt, gebraucht, beseitigt oder unterdrückt. Technische Aufzeichnungen sind dabei nicht Schriftstücke im klassischen Sinne, sondern Aufzeichnungen, die durch ein technisches Gerät – wie zum Beispiel eine Kamera, ein Messgerät oder ein Computer – erstellt wurden und dazu bestimmt sind, Beweis zu erbringen. Die Vorschrift bezweckt den Schutz der allgemeinen Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs, insbesondere dort, wo technische Geräte für Beweiszwecke eingesetzt werden. Neben § 268 StGB können auch andere Normen einschlägig sein, beispielsweise, wenn es sich um Urkundenfälschung (§ 267 StGB) oder Datenveränderung (§ 303a StGB) handelt. Die genaue Anwendung hängt vom Einzelfall und der Art der Aufzeichnung ab.

Was versteht die Rechtsprechung unter dem Begriff „technische Aufzeichnung“?

Nach der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur liegt eine technische Aufzeichnung immer dann vor, wenn ein durch ein technisches Gerät autonom, das heißt ohne maßgebliche menschliche Mitwirkung, erzeugtes Abbild oder eine Information entsteht, die zum Beweis im Rechtsverkehr taugt. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine bildliche, akustische oder sonstige Aufzeichnung handelt. Dazu zählen Überwachungsvideos, Radarfallenfotos, technische Messprotokolle oder Ausdrucke von Messwerten. Für den strafbaren Umgang mit solchen Aufzeichnungen ist entscheidend, dass die betreffende Information durch das technische Gerät selbsttätig erstellt wurde und dem Rechtsverkehr ein besonderes Vertrauen in die Objektivität und Richtigkeit dieser Information entgegengebracht wird.

Welche Handlungen sind nach § 268 StGB strafbar?

Strafbare Handlungen unter § 268 StGB umfassen das Herstellen, Verfälschen, Gebrauchen, Beseitigen und Unterdrücken einer technischen Aufzeichnung mit Täuschungsabsicht. Herstellen bedeutet die erstmalige Erzeugung einer Aufzeichnung, Verfälschen das nachträgliche unbefugte Verändern. Der Gebrauch ist das Vorzeigen oder Verwenden einer gefälschten oder verfälschten Aufzeichnung im Rechtsverkehr. Auch das Beseitigen oder Unterdrücken – gemeint ist etwa das Vorenthalten von Informationen durch vollständiges oder teilweises Entfernen der Aufzeichnung – ist unter Strafe gestellt, wenn dadurch eine relevante Täuschung im Rechtsverkehr bewirkt werden soll. Jede Handlung setzt die Absicht voraus, jemanden über die Echtheit oder Unverfälschtheit der technischen Aufzeichnung zu täuschen.

Welche Strafen drohen bei Verstoß gegen § 268 StGB?

Für die Fälschung technischer Aufzeichnungen sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. In besonders schweren Fällen, etwa wenn der Täter gewerbsmäßig handelt oder durch die Tat einen Vermögensverlust großen Ausmaßes verursacht, kann die Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren betragen (§ 268 Abs. 4 StGB). Die Schwere der Sanktion richtet sich unter anderem nach dem entstandenen Schaden, der Anzahl der gefälschten Dokumente und dem Grad der kriminellen Energie des Täters. Auch der Versuch ist strafbar. Zudem können Nebenfolgen, wie ein Berufsverbot oder ein Eintrag ins Führungszeugnis, hinzukommen.

Welche Besonderheiten gelten für digitale Aufzeichnungen?

Digitale Aufzeichnungen, wie sie etwa durch Computer, Scanner oder Digitalkameras erzeugt werden, sind ausdrücklich von § 268 StGB erfasst. Nach heutiger Rechtsauffassung fallen sämtliche elektronisch erzeugten Dokumente und Daten, die von technischen Geräten ohne menschliche unmittelbare Einflussnahme erstellt werden, unter den Begriff der technischen Aufzeichnung. Besonderheiten ergeben sich jedoch in der Abgrenzung zu § 267 StGB (Urkundenfälschung), wenn etwa digitale Dokumente nachträglich manuell verändert werden. Bei rein digitalen Manipulationen ist zudem immer zu prüfen, ob zusätzlich der Straftatbestand der Datenveränderung (§ 303a StGB) erfüllt ist. Wesentlich ist, dass der Beweiswert gerade aus der Objektivität des technischen Erstellungsprozesses resultiert.

Gibt es Ausnahmen oder Rechtfertigungsgründe für die Verfälschung technischer Aufzeichnungen?

Grundsätzlich ist jede Manipulation einer technischen Aufzeichnung zur Täuschung im Rechtsverkehr strafbar, sofern keine rechtfertigenden Umstände vorliegen. Ein Rechtfertigungsgrund könnte zum Beispiel die Einwilligung des Berechtigten oder eine gesetzliche Befugnis sein, etwa im Rahmen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen oder im technischen Servicebereich, sofern keine Täuschungsabsicht besteht. Ohne eine gültige Rechtfertigung bleibt die Handlung jedoch rechtswidrig. Auch irrige Vorstellungen über die Zulässigkeit oder über die Beweiskraft der jeweiligen technischen Aufzeichnung befreien im Regelfall nicht von der Strafbarkeit.

Wie verhält sich die Strafbarkeit gegenüber anderen Delikten, wie beispielsweise Urkundenfälschung?

Zwischen der Fälschung technischer Aufzeichnungen (§ 268 StGB) und der klassischen Urkundenfälschung (§ 267 StGB) gibt es erhebliche Abgrenzungsprobleme. Technische Aufzeichnungen sind grundsätzlich keine Urkunden, sodass § 267 StGB nicht zur Anwendung kommt, es sei denn, die technische Aufzeichnung verkörpert zugleich eine Urkunde im rechtlichen Sinne. In der Praxis ist mitunter eine Tateinheit möglich, wenn durch dieselbe Handlung sowohl eine Urkundenfälschung als auch eine Fälschung technischer Aufzeichnungen begangen wird. Ebenso kann je nach Manipulationsart eine Datenveränderung (§ 303a StGB) im Raum stehen. Juristisch ist daher im Einzelfall eine genaue Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen und Konkurrenzverhältnisse erforderlich.