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Exkommunikation


Begriff und Definition der Exkommunikation

Die Exkommunikation ist eine Form der kirchlichen Sanktion, bei der eine Person ganz oder teilweise aus der kirchlichen Gemeinschaft ausgeschlossen wird. In Rechtstradition und Kirchenrecht bezeichnet Exkommunikation den schwerwiegendsten staatlichen Eingriff einer Religionsgemeinschaft gegenüber einem Mitglied. Der Begriff leitet sich aus dem lateinischen „ex communicatio” (wörtlich: Ausschluss von der Gemeinschaft) ab.

Im kanonischen Zusammenhang betrifft die Exkommunikation primär das Verhältnis des Einzelnen zur Gesamtheit der jeweiligen Glaubensgemeinschaft. Exkommunikation ist weder staatliches Recht noch dient sie der zivilrechtlichen Bestrafung, sondern ist Teil des Autonomiebereichs religiöser Körperschaften mit unmittelbarer Auswirkung auf das Mitgliedschaftsverhältnis innerhalb der Kirche.

Formen und Rechtsgrundlagen der Exkommunikation

Exkommunikation im römisch-katholischen Kirchenrecht

Das Codex Iuris Canonici (CIC) – das Gesetzbuch der römisch-katholischen Kirche – unterscheidet zwischen der latae sententiae (automatische Exkommunikation) und der ferendae sententiae (ausgesprochene Exkommunikation).

Latae sententiae

Bestimmte Vergehen ziehen per Gesetz automatisch die Exkommunikation nach sich, ohne dass ein gesondertes Urteil ausgesprochen werden muss. Beispiele hierfür sind schwere Verstöße wie Apostasie, Häresie, Schisma oder der Versuch, einem Bischof die Bischofsweihe ohne päpstliche Ernennung zu erteilen (can. 1364 CIC).

Ferendae sententiae

Andere Vergehen bedürfen einer ausdrücklichen Feststellung und werden durch ein zuständiges kirchliches Gericht oder eine kirchliche Autorität verhängt. Die Voraussetzungen sowie die Durchführung richten sich nach den Verfahrensregeln des kanonischen Rechts (can. 1314ff. CIC).

Materielle und formelle Voraussetzungen

Im römisch-katholischen Kirchenrecht ist eine Exkommunikation an bestimmte inhaltliche, materielle und formale Voraussetzungen gebunden. Die Sanktion setzt ein strafwürdiges Verhalten, die Zugehörigkeit zur Kirche und das Wissen um die Strafbarkeit voraus.

Orthodoxe Kirchen und andere christliche Konfessionen

Auch andere Kirchen wie die orthodoxen Kirchen kennen den Rechtsbegriff der Exkommunikation, der in Inhalt, Verfahren und Rechtsfolgen jedoch variieren kann. In protestantischen Kirchen ist der Ausschluss oft an kirchenrechtlich-demokratische Verfahren gebunden und wird als Kirchengemeindeausschluss oder Bann bezeichnet.

Rechtsfolgen der Exkommunikation

Kirchliche Sanktionen

Durch die Exkommunikation verliert die betreffende Person verschiedene Rechte innerhalb der Glaubensgemeinschaft, insbesondere den Zugang zu den Sakramenten (z. B. Eucharistie, Beichte), das aktive und passive Wahlrecht zu kirchlichen Ämtern sowie bestimmte kirchliche Privilegien.

Öffentlich vs. nicht-öffentlich

Exkommunikationen können öffentlich ausgesprochen oder stillschweigend erfolgen. Öffentlichkeitswirkung erlangt die Exkommunikation z. B. durch explizite Verkündung im Gottesdienst oder mittels offizieller kirchlicher Erklärungen.

Zivilrechtliche Auswirkungen

Da es sich um eine innerkirchliche Maßnahme handelt, entfaltet die Exkommunikation im staatlichen Recht grundsätzlich keine direkten zivil- oder strafrechtlichen Wirkungen. Allerdings kann der Ausschluss Einfluss auf kircheninterne Statusrechte, Beschäftigungsverhältnisse und darüber hinaus auf das soziale Ansehen der betroffenen Person nehmen.

Rechtsbehelfe gegen die Exkommunikation

Die Rekursesordnung im Kirchenrecht

Gegen eine Exkommunikation stehen betroffenen Personen interne kirchliche Rechtsmittel zur Verfügung. Im römisch-katholischen Kirchenrecht sind dies der Einspruch bei der zuständigen kirchlichen Autorität und im weiteren Verlauf die Anrufung der Apostolischen Signatur als höchstes Gericht der Kurie.

Möglichkeiten der Aufhebung

Die Exkommunikation kann aufgehoben werden, wenn die Ursache weggefallen ist, Reue gezeigt wird und – in der katholischen Kirche – das zuständige Organ (in der Regel der zuständige Bischof oder der Apostolische Stuhl) die Absolution erteilt (can. 1357ff. CIC).

Historische Entwicklung und gesellschaftliche Bedeutung

Mittelalterliche und neuzeitliche Praxis

Im kirchlichen Mittelalter war die Exkommunikation ein zentrales Instrument zur Aufrechterhaltung von Disziplin und Dogma, teilweise mit starken Auswirkungen auf das öffentliche und private Leben, insbesondere in konfessionell geprägten Gesellschaftsordnungen.

Moderne Entwicklungen

Mit der Trennung von Staat und Kirche und der Etablierung weltlicher Rechtsordnungen beschränkt sich die Exkommunikation heute auf innerkirchliche Belange, insbesondere aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen (Konkordate) und staatlicher Neutralitätsgebote in religionsrechtlichen Fragen.

Bedeutung im kanonischen Recht und im Verhältnis zum staatlichen Recht

Autonomie kirchlicher Körperschaften

Dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 WRV und den jeweiligen landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen steht es religiösen Körperschaften frei, innere Ordnungen einschließlich Sanktionsmaßnahmen wie der Exkommunikation zu schaffen und durchzusetzen.

Grenzen staatlicher Eingriffe

Staatliche Instanzen greifen nur dann ein, wenn durch Sanktionen wie die Exkommunikation gegen zwingende staatliche Gesetze oder Grundrechte verstoßen wird, z. B. in Fällen von Diskriminierung oder Verletzung der öffentlichen Ordnung.

Literatur und Quellen zum Begriff Exkommunikation

  • Codex Iuris Canonici (CIC), insbesondere Can. 1311ff., 1354ff.
  • Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium (CCEO)
  • Evangelisches Kirchenrecht (EKD-Rechtsquellen)
  • Handbuch des katholischen Kirchenrechts, HdbKathKR
  • Gerhard Köbler: Rechtslexikon
  • Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14.12.1965 – 1 BvR 140/63

Fazit:
Die Exkommunikation als kirchliche Sanktion ist rechtlich klar geregelt und stellt eine der schwersten Maßnahmen des innerkirchlichen Ordnungsrechts dar. Die Rechtsfolgen erstrecken sich auf das Glaubensleben und die Minderung kirchlicher Rechte, berühren aber das staatliche Recht regelmäßig nicht unmittelbar. Rechtsbehelfe und Wege zur Aufhebung sind vorgesehen und gewährleisten den Schutz des betroffenen Mitglieds innerhalb des kirchlichen Rechtssystems.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Auswirkungen hat eine Exkommunikation innerhalb kirchlicher Organisationen?

Die rechtlichen Auswirkungen einer Exkommunikation betreffen vor allem das kircheninterne Rechtssystem, insbesondere das kirchliche Verfassungsrecht und Kirchenrecht. Exkommunizierte Personen verlieren sämtliche kirchlichen Rechte, wie das Empfangen der Sakramente, das Ausüben kirchlicher Ämter sowie die Mitwirkung an kirchlichen Entscheidungsprozessen. Zivilrechtlich bleibt die Mitgliedschaft in der Religionsgemeinschaft davon unberührt, sofern das staatliche Recht keine automatische Auswirkung vorsieht. Staatliche Rechtsakte wie die Zugehörigkeit zur Körperschaft des öffentlichen Rechts (z.B. Kirchensteuerpflicht) werden in Deutschland nicht direkt durch eine Exkommunikation aufgehoben. Nur durch einen förmlichen Kirchenaustritt gegenüber der zuständigen staatlichen Stelle ergeben sich zivilrechtliche Konsequenzen.

Ist eine Exkommunikation durch ein staatliches Gericht anfechtbar?

Staatliche Gerichte in Deutschland und vielen anderen Ländern prüfen in der Regel nicht, ob eine Exkommunikation rechtmäßig nach kirchlichem Recht erfolgte, da interne religiöse Disziplinarmaßnahmen dem Selbstverwaltungsrecht der Kirchen unterliegen. Ausnahmen bestehen nur dann, wenn durch die Exkommunikation weltliche Rechtspositionen betroffen sind, wie beispielsweise Beamtenrechte, Arbeitsrechte von Kirchenangestellten oder das Diskriminierungsverbot. Dann kann das staatliche Gericht eine Überprüfung vornehmen, beschränkt sich jedoch vorrangig darauf, ob die Grundrechte der betroffenen Person massiv beeinträchtigt wurden oder andere übergeordnete rechtliche Normen verletzt sind.

Welche Rechtsmittel können gegen eine Exkommunikation eingelegt werden?

Innerhalb des Kirchenrechts bestehen verschiedene Rechtsmittel gegen eine Exkommunikation. In der römisch-katholischen Kirche kann der Betroffene die Entscheidung zunächst innerhalb der zuständigen Instanzen anfechten, etwa durch Einlegung eines Rekurses an das Diözesan- oder Vatikanische Gericht (Apostolische Signatur, Römische Rota). Im evangelischen Kirchenrecht bestehen ebenfalls Beschwerde- und Berufungsebenen, meist angefangen bei der konsistorialen Ebene bis hin zur Kirchengerichtsbarkeit. Dabei wird ausschließlich die Vereinbarkeit mit dem jeweiligen Kirchenrecht geprüft. Auf staatlichem Wege steht in der Regel kein unmittelbares Rechtsmittel zur Verfügung, sofern rein interne kirchliche Angelegenheiten betroffen sind.

Kann eine Exkommunikation rückgängig gemacht oder aufgehoben werden?

Ja, eine Exkommunikation kann nach Maßgabe des jeweiligen Kirchenrechts aufgehoben werden. Dies erfolgt durch die sogenannte Lossprechung (Absolution). In der katholischen Kirche ist hierfür entweder der zuständige Bischof oder, bei besonders schweren Delikten, der Papst zuständig. Voraussetzung ist in der Regel eine Reue sowie die Erfüllung bestimmter Bußauflagen. Im evangelischen Bereich findet ein ähnliches Verfahren statt, das teilweise auch eine öffentliche Wiedereingliederung in die Gemeinde umfasst. Zivilrechtliche Konsequenzen (etwa die Wiederaufnahme in bestimmte Gremien oder Funktionen) richten sich nach den jeweiligen Satzungen der Religionsgemeinschaft und möglicherweise nach staatlichen Bestimmungen.

Hat eine Exkommunikation Auswirkungen auf bestehende zivilrechtliche Geschäfte oder Verträge?

Exkommunikation betrifft grundsätzlich nur das Verhältnis zwischen Mitglied und Kirche im Rahmen des kirchlichen Rechts. Bereits abgeschlossene zivilrechtliche Verträge wie Arbeitsverträge, Mietverhältnisse oder private Rechtsgeschäfte bleiben davon unberührt, es sei denn, eine zwingende Voraussetzung für den Vertrag ist die Kirchenmitgliedschaft (z.B. bei bestimmten Kirchenämtern oder religiösen Stiftungen). In kirchlichen Arbeitsverhältnissen kann eine Exkommunikation allerdings ein Kündigungsgrund sein, sofern die Loyalitätsobliegenheiten nach dem kirchlichen Arbeitsrecht dies vorsehen und das staatliche Arbeitsrecht dem nicht entgegensteht.

Wird eine Exkommunikation im Melderegister oder anderen öffentlichen Registern vermerkt?

Nein, die Exkommunikation als kirchliche Disziplinarmaßnahme hat keinen unmittelbaren Einfluss auf staatliche Register oder das amtliche Melderegister. Die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft bzw. die entsprechende Speicherung im Melderegister wird in Deutschland ausschließlich auf Grundlage einer Erklärung gegenüber der staatlichen Behörde (z.B. Kirchenaustrittserklärung beim Standesamt) geändert. Die Kirche ist auch nicht verpflichtet, Exkommunikationen an staatliche Stellen weiterzuleiten, sofern keine gesetzliche Verpflichtung dazu besteht.

Gibt es rechtliche Unterschiede zwischen der Exkommunikation in verschiedenen Konfessionen?

Aus juristischer Sicht besteht ein erheblicher Unterschied zwischen den verschiedenen Konfessionen bezüglich des Ablaufs, der Rechtsfolgen und der Klagemöglichkeiten bei einer Exkommunikation. In der römisch-katholischen Kirche sind die Vorschriften umfassend kanonisch kodifiziert und sehen detaillierte Rechtsmittelinstanzen vor. Evangelische Landeskirchen regeln Disziplinarmaßnahmen eigenständig, meist über die Kirchenverfassung und spezifische Disziplinargesetze. Freikirchen und orthodoxe Kirchen besitzen oft weniger ausgeprägte kircheninterne Rechtsmittelstrukturen. Für den staatlichen Rechtsraum ist entscheidend, dass alle Religionsgemeinschaften ihr Disziplinarrecht grundsätzlich autonom ausüben dürfen, solange keine übergeordneten Rechte Dritter oder der Staatsbürger berührt werden.