Legal Lexikon

EPG


Begriff und Bedeutung des EPG

Der Begriff „EPG” steht für „Elektronische Programmzeitschrift” oder „Electronic Program Guide”. Im rechtlichen Kontext bezeichnet EPG digitale Dienste, die Informationen zum gesendeten Fernseh- und Rundfunkprogramm bereitstellen. Diese Informationen werden vom Programmanbieter oder von Dritten herausgegeben und typischerweise über digitale Übertragungssysteme wie DVB (Digital Video Broadcasting), IPTV oder Kabelnetze verbreitet.

Der EPG ermöglicht es Zuschauerinnen und Zuschauern, Programminformationen tagesaktuell einzusehen, Aufnahmen zu programmieren oder Empfehlungen zu erhalten. Rechtlich betrachtet löst der Betrieb, die Nutzung und die Vermarktung von EPG-Diensten zahlreiche Fragestellungen im Urheber-, Medien-, Wettbewerbs-, Datenschutz- sowie im Regulierungsrecht aus.

Rechtliche Grundlagen des EPG

Urheber- und Leistungsschutzrechte

Die Zusammenstellung von Fernsehdaten und Programmbeschreibungen im Rahmen eines EPG kann ein Schutzgegenstand nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) sein. Hierbei können insbesondere folgende Schutzrechte berührt sein:

  • Datenbankrechte (§§ 4 Abs. 2, 87a ff. UrhG): EPGs bestehen häufig aus umfassenden Programmdatenbanken, deren Aufbau und Struktur unter Schutz stehen können. Sowohl der Anbieter (z. B. Sender, Datenaggregatoren) als auch Dritte sind gehalten, Rechte an der Datenbank oder einzelnen Einträgen zu beachten.
  • Urheberrecht an Texten und Bildern: Programmbegleitende Texte, Logos oder Bilder können als individuelle Werke urheberrechtlich geschützt sein. Die Nutzung im Rahmen eines EPG ist entsprechend lizenzpflichtig.
  • Leistungsschutzrechte: Auch wenn die erforderliche Schöpfungshöhe für ein Werk nicht erreicht wird, können Leistungsschutzrechte, etwa für Presseverleger (§§ 87f ff. UrhG), greifen.

Insbesondere die nachrichtendienstliche Berichtserstattung (§ 49 UrhG) sowie Schrankenregelungen (z. B. Zitatrecht) können im EPG-Bereich nur begrenzt herangezogen werden.

Rundfunk- und Medienrecht

Medienstaatsvertrag (MStV)

Im deutschen Rundfunk- und Medienrecht ist der Medienstaatsvertrag (MStV) maßgeblich. Für EPG-Dienste ist u. a. relevant:

  • Zugangsregulierung (§ 78 ff. MStV): Für Benutzeroberflächen und Programmlisten wie den EPG gelten Transparenz- und Diskriminierungsverbote. Anbieter müssen bei der Darstellung von Programmanbietern Gleichbehandlung wahren. Dies betrifft u. a. die Listung von Sendern, die Platzierung in Vorschauen und die Gestaltung von Suchfunktionen.
  • Must Carry-Verpflichtungen: Netzbetreiber können verpflichtet sein, bestimmte Programminhalte (Öffentlich-rechtliche oder lizensierte private Sender) in die EPG-Darstellung aufzunehmen.

Rundfunklizenzen und Zulassungspflichten

Das Bereitstellen eines EPG fällt nicht per se unter die Rundfunklizenzpflicht, solange keine redaktionelle Bearbeitung oder Einflussnahme auf Inhalte erfolgt. Werden jedoch zusätzliche eigene redaktionelle Inhalte (z. B. Empfehlungen, Bewertungen) integriert, können Zulassungspflichten nach dem MStV entstehen.

Wettbewerbs- und Kartellrecht

In der wettbewerblichen Praxis kommt es bei EPG-Anbietern oft zu strukturellen Fragen der Marktbeherrschung sowie zu Beanstandungen durch Mitbewerber. Relevante Aspekte sind:

  • Marktbeherrschung (§§ 18, 19 GWB): Betreiber großer, marktmächtiger EPG-Dienste müssen Diskriminierungsverbote und Zugangspflichten beachten, um einen freien Wettbewerb zu sichern.
  • Irreführungsverbot (§ 5 UWG): Die im EPG angezeigten Programminformationen dürfen nicht irreführend, falsch oder unvollständig sein, da dies unlautere Marktpraktiken darstellen kann.
  • Vertragliche Inhaltskontrolle: Lizenzverträge für EPG-Daten und Inhalte unterliegen AGB-rechtlichen Beschränkungen (Transparenzgebot).

Datenschutzrecht

Da EPGs vielfach Nutzerdaten, z. B. zur Personalisierung von Empfehlungen, verarbeiten, unterliegen sie der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Typische datenschutzrechtliche Themen sind:

  • Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten: Etwaige Nutzungsprofile, individualisierte Programmvorschläge und die Speicherung von Präferenzen müssen gesetzeskonform erfolgen (Rechtsgrundlage, Einwilligung).
  • Informationspflicht und Betroffenenrechte: Nutzer müssen über Umfang und Zweck der Datenverarbeitung informiert werden; ihnen stehen Auskunfts- und Löschrechte zu.
  • Datensicherheit: Technisch-organisatorische Maßnahmen zur Sicherung der Daten sind zu implementieren.

Verstöße können von Aufsichtsbehörden geahndet werden.

Telekommunikationsrecht

EPGs, die über DSL, Kabel oder IPTV bereitgestellt werden, tangieren teils auch Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes (TKG), etwa hinsichtlich der Netzneutralität, der Zugangsoffenheit technischer Schnittstellen oder beim Umgang mit Schnittstelleninformationen.

Internationale Aspekte und Rechtsvergleich

Innerhalb der Europäischen Union regelt die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste („AVMD-Richtlinie 2010/13/EU”) die Anforderungen an Mediendiensteanbieter, einschließlich EPG-Betreibern. Länderspezifische Regelungen, z. B. im österreichischen KommAustria-Gesetz oder im Schweizer Radio- und Fernsehgesetz, enthalten vergleichbare Pflichten, insbesondere im Hinblick auf Vielfalt, Zugangsoffenheit und Diskriminierungsfreiheit.

Internationale EPG-Anbieter müssen ihre Inhalte und Dienste auf die jeweilige Rechtslage im Empfangsstaat anpassen – dies betrifft insbesondere Urheberlizenzierung, Datenschutz und medienrechtliche Anforderungen.

Die Rolle von EPG im Rundfunkmarkt und regulatorische Entwicklung

EPG-Systeme sind heute für die Auffindbarkeit und Zugänglichkeit von audiovisuellen Inhalten von zentraler Bedeutung. Anbieter und Regulierungseinrichtungen stehen vor der Aufgabe, sowohl den Schutz von Inhalten zu gewährleisten als auch diskriminierungsfreie Zugänge zu allen Programmanbietern sicherzustellen. Die Entwicklung flexibler und plattformneutraler Regelungen bleibt eine Herausforderung, insbesondere angesichts sich wandelnder technischer Strukturen (z. B. Connected TV, OTT-Streaming-Dienste).

Die rechtliche Bewertung von EPGs ändert sich fortlaufend im Lichte neuer Technologien, regulatorischer Vorgaben und zunehmend internationaler Vertriebswege. Eine regelmäßige Überprüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen und die Anpassung von Lizenz- und Datenschutzkonzepten sind für alle Marktbeteiligten unerlässlich.


Zusammenfassung:
Das EPG (Elektronische Programmzeitschrift) ist ein zentrales Element der digitalen Medienlandschaft mit weitreichenden rechtlichen Implikationen. Zu den maßgeblichen Rechtsbereichen zählen das Urheberrecht, Medien- und Rundfunkrecht, Wettbewerbs- und Kartellrecht, Datenschutzrecht sowie das Telekommunikationsrecht. Die regulatorischen Anforderungen verlangen ein umfassendes Risikomanagement, um rechtskonforme EPG-Dienste zu gewährleisten und Haftungsrisiken zu minimieren.

Häufig gestellte Fragen

Welche urheberrechtlichen Aspekte spielen bei der Bereitstellung von EPG-Daten eine Rolle?

Die elektronische Programmzeitschrift (EPG) enthält regelmäßig Angaben zu Sendezeiten, Inhaltsbeschreibungen, Episodentiteln und anderem sendungsbezogenen Informationsmaterial. Urheberrechtlich relevant werden insbesondere eigenständige redaktionelle Leistungen wie ausführliche Sendungsbeschreibungen oder individuell erstellte Tagestipps, da diese die erforderliche Schöpfungshöhe gemäß § 2 UrhG erreichen könnten. Tabellarische oder rein faktische Übersichten hingegen sind urheberrechtlich meist nicht geschützt. Das Zusammenstellen und die Datenbankstruktur können jedoch als Datenbankwerk (§ 4 UrhG) oder Datenbank (§ 87a UrhG) ihrerseits einen Schutzanspruch begründen. Anbieter, die EPG-Daten nutzen oder weiterverbreiten wollen, müssen somit sorgfältig prüfen, ob sie hierfür Lizenzen benötigen, insbesondere wenn sie Informationen übernehmen, die individuell redaktionell bearbeitet wurden oder systematische Datenbankdaten nutzen.

Ist die Übernahme von EPG-Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen stets zulässig?

Die bloße Zugänglichkeit von EPG-Daten beispielsweise auf den Webseiten von Fernsehsendern oder in Zeitungsportalen berechtigt nicht automatisch zur Übernahme und (Weiter-)Verbreitung dieser Informationen. Hierbei ist neben dem Urheberrecht auch das sogenannte Datenbankherstellerrecht (§ 87b UrhG) zu berücksichtigen, das insbesondere die systematische Vervielfältigung und Weiterverarbeitung ganzer EPG-Datenbanken untersagt. Darüber hinaus können auch zivilrechtliche Aspekte, wie Vertragsbindungen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen oder sogenannte Scraping-Verbote in den Nutzungsbedingungen, die Übernahme untersagen. Liegen solche Schranken vor, kann eine Nutzung nur mit Einwilligung des Rechteinhabers erlaubt sein. Die Rechtsprechung differenziert daher sehr genau zwischen der flüchtigen Nutzung zu Informationszwecken und der kommerziellen oder systematischen Übernahme.

Inwiefern können EPG-Daten eine Schutzrechtsverletzung darstellen?

Die Verwendung von EPG-Daten kann eine Vielzahl von Schutzrechtsverletzungen auslösen, darunter Urheberrechte (bei redaktionellen Texten), Datenbankrechte (bei strukturierten Datenbanken), Markenrechte (bei der Nennung von Sendungsnamen oder Senderlogos) und eventuell wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche (bei unlauterer Übernahme wesentlicher Teile). Eine Schutzrechtsverletzung liegt vor, wenn fremde rechtegeschützte Inhalte entnommen, vervielfältigt oder verbreitet werden, ohne dass hierfür eine Nutzungsberechtigung oder eine gesetzliche Schrankenregelung vorliegt. Die Rechtsprechung legt insbesondere bei gewerblichen EPG-Diensten einen strengen Maßstab an und verlangt häufig den Nachweis rechtmäßiger Lizenzen, insbesondere bei umfassender Datenübernahme und -anzeige.

Welche Rolle spielen Lizenzverträge bei der Nutzung von EPG-Daten?

Lizenzverträge sind zentrales Mittel zur rechtssicheren Nutzung von EPG-Daten. Ohne entsprechende Lizenz drohen Ansprüche der Rechteinhaber auf Unterlassung, Schadensersatz und Beseitigung, sofern geschützte Daten verarbeitet, gespeichert oder verbreitet werden. Lizenzverträge regeln nicht nur die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke oder Datenbanken, sondern oft auch ergänzend die Übernahmeverantwortung im Bereich der Marken, Persönlichkeits- oder Wettbewerbsrechte. In der Praxis bestehen häufig Rahmenverträge zwischen Sendern, Verlagen oder externen Datenbankanbietern und den Betreibern von EPG-Diensten, die die Befugnisse, Umfang und Dauer der Datenüberlassung sowie etwaige Vergütungspflichten genau festlegen.

Welche Persönlichkeitsrechte sind im Zusammenhang mit EPG zu beachten?

EPG-Inhalte können personenbezogene Daten von Moderatoren, Schauspielern, Gästen oder anderen im Programm genannten Personen enthalten. Die Veröffentlichung solcher personenbezogener Informationen, beispielsweise in Verbindung mit Fotos oder biografischen Angaben, unterliegt dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie gegebenenfalls der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Es ist zu prüfen, ob für die Veröffentlichung eine gesetzliche Grundlage existiert oder eine Einwilligung vorliegt. Verstöße gegen Persönlichkeitsrechte können neben zivilrechtlichen Schadensersatz- und Unterlassungsansprüchen auch Bußgelder nach sich ziehen.

Unterliegen EPG-Daten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)?

Soweit in EPG-Daten personenbezogene Informationen, wie Namen, Bilder oder Biografien von natürlichen Personen verarbeitet werden, greift das Datenschutzrecht und speziell die DSGVO. Der Anbieter muss dann die datenschutzrechtlichen Grundsätze, insbesondere Transparenz, Zweckbindung und Datenminimierung einhalten. Dazu gehört regelmäßig auch eine Information der Betroffenen sowie, wenn keine andere Rechtsgrundlage greift, das Einholen einer informierten Einwilligung. Werden lediglich sendungsbezogene, anonymisierte Angaben verarbeitet, besteht grundsätzlich keine datenschutzrechtliche Relevanz.

Gibt es gesetzliche Ausnahmeregelungen (“Schranken”) für die Nutzung von EPG-Daten?

Das Urheberrecht sieht bestimmte Schrankenregelungen vor, etwa für die Berichterstattung über Tagesereignisse, die Nutzung zu Zwecken der Wissenschaft und Lehre (§§ 49, 60 UrhG) oder das Zitatrecht (§ 51 UrhG). Diese können unter Umständen auf EPG-Daten Anwendung finden, etwa wenn konkrete Tageshighlights zur aktuellen Berichterstattung übernommen werden. Jedoch greifen diese Schranken im Normalfall nicht bei der systematischen oder vollumfänglichen Nutzung, wie es bei EPG-Diensten üblich ist. Die Schranken gelten zudem ausschließlich für urheberrechtlich geschützte Werke, nicht für das Datenbankherstellerrecht. Für eine umfassende Nutzung ist daher meist eine ausdrückliche Erlaubnis notwendig.