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Entgeltforderung


Begriff und Bedeutung der Entgeltforderung

Die Entgeltforderung ist ein zentrales Rechtsinstitut im deutschen Schuldrecht und bezeichnet den rechtlich durchsetzbaren Anspruch eines Gläubigers auf Zahlung eines vereinbarten Entgelts durch den Schuldner aus einem zugrunde liegenden Rechtsgeschäft. Entgeltforderungen finden sich insbesondere in vertraglichen Beziehungen, in denen Leistungen gegen Zahlung eines Geldbetrages ausgetauscht werden.

Typische Anwendungsfelder der Entgeltforderung sind Kaufverträge (§ 433 BGB), Dienstverträge (§ 611 BGB), Werkverträge (§ 631 BGB), Mietverträge (§ 535 BGB) und andere Austauschverträge. Die Entgeltforderung bildet die Grundlage für eine Vielzahl wirtschaftlicher Beziehungen und ist für die Durchsetzung und Sicherung von Zahlungsansprüchen von erheblicher Bedeutung.


Entstehung und Anspruchsgrundlagen

Voraussetzungen der Entgeltforderung

Eine Entgeltforderung entsteht grundsätzlich, wenn zwischen den Parteien ein wirksamer Vertrag abgeschlossen wurde, aus dem sich die Verpflichtung zur Zahlung eines Entgelts ergibt. Die wichtigsten Anspruchsgrundlagen sind gesetzlich geregelt:

  • Kaufvertrag: Anspruch auf Kaufpreiszahlung nach § 433 Abs. 2 BGB
  • Dienstvertrag: Anspruch auf Vergütung nach § 611 Abs. 1 BGB
  • Werkvertrag: Anspruch auf Werklohn nach § 631 Abs. 1 BGB
  • Mietvertrag: Anspruch auf Miete nach § 535 Abs. 2 BGB
  • Pachtvertrag: Anspruch auf Pacht nach § 581 Abs. 2 BGB

Erforderlich ist stets das wirksame Zustandekommen des jeweiligen schuldrechtlichen Vertrags sowie eine fällige und durchsetzbare Entgeltforderung.

Fälligkeit und Durchsetzbarkeit

Die Fälligkeit der Entgeltforderung bestimmt, zu welchem Zeitpunkt der Gläubiger Zahlung verlangen kann. Nach § 271 BGB ist eine Leistung im Zweifel sofort fällig. Vertragliche oder gesetzliche Regelungen können davon abweichen. Ist die Forderung fällig, kann sie grundsätzlich gerichtlich geltend gemacht werden, sofern keine Einreden oder Einwendungen entgegenstehen.


Durchsetzung der Entgeltforderung

Zahlungsaufforderungen und Mahnwesen

Wird eine Entgeltforderung nicht freiwillig beglichen, erfolgt regelmäßig eine Zahlungsaufforderung (Mahnung). Die Mahnung ist Voraussetzung dafür, dass der Schuldner – soweit nicht ein kalendermäßig bestimmtes Zahlungsdatum vereinbart ist – in Verzug gerät (§ 286 BGB). Mit Eintritt des Verzugs können Verzugszinsen und gegebenenfalls weitere Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.

Verjährung der Entgeltforderung

Entgeltforderungen unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB. Diese beträgt drei Jahre und beginnt grundsätzlich mit Schluss des Jahres, in dem die Forderung entstanden ist und der Gläubiger von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 BGB).


Sicherung und Abtretung der Entgeltforderung

Sicherungsmittel

Zur Sicherung einer Entgeltforderung können verschiedene rechtliche Instrumente eingesetzt werden, etwa Bürgschaft, Eigentumsvorbehalt, Pfandrecht oder Sicherungsübereignung. Diese dienen dazu, das Ausfallrisiko des Gläubigers bei Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zu mindern.

Abtretung und Verpfändung

Entgeltforderungen sind in der Regel nach Maßgabe der §§ 398 ff. BGB abtretbar (Zession). Durch die Abtretung tritt der Erwerber an die Stelle des bisherigen Gläubigers. Auch eine Verpfändung als Kreditsicherheit ist möglich.


Besonderheiten bei Entgeltforderungen im unternehmerischen Geschäftsverkehr

Anspruch auf Verzugszinsen und pauschale Entschädigung

Im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen finden ergänzend die Regelungen des § 288 BGB Anwendung. Gerät ein Schuldner mit der Begleichung einer Entgeltforderung in Verzug, besteht Anspruch auf höhere Verzugszinsen (Basiszinssatz zuzüglich neun Prozentpunkte) sowie eine pauschale Entschädigung in Höhe von 40 Euro.

Aufrechnung und Zurückbehaltungsrechte

Schuldner können gegen Entgeltforderungen aufrechnen (§ 387 BGB) oder ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen (§ 273 BGB), sofern entsprechende Gegenansprüche bestehen. Die Wirksamkeit solcher Einreden ist im Einzelfall zu beachten und kann die Durchsetzbarkeit der Forderung hemmen.


Steuerliche und bilanzielle Behandlung

Umsatzsteuerliche Behandlung

Entgeltforderungen aus Lieferungen und Leistungen unterliegen grundsätzlich der Umsatzsteuerpflicht nach § 1 UStG. Bei Rechnungsstellung ist die Umsatzsteuer gesondert auszuweisen. Der Anspruch auf den Bruttobetrag entsteht unabhängig vom Zahlungseingang mit Ausführung der Leistung.

Bilanzierung

Im Rahmen handelsrechtlicher Buchführungspflichten (§§ 238 ff. HGB) sind offene Entgeltforderungen als Forderungen aus Lieferungen und Leistungen zu aktivieren. Ein Ausfallrisiko ist durch angemessene Wertberichtigungen (Zweifelhafte Forderungen) zu berücksichtigen.


Abgrenzung zu anderen Forderungsarten

Entgeltforderungen sind abzugrenzen von Schadensersatzforderungen, Herausgabeansprüchen, Rückgewähransprüchen und sonstigen schuldrechtlichen Ansprüchen, die nicht auf Zahlung eines Entgelts gerichtet sind. Maßgeblich ist, dass der Anspruch aus einem (zumeist gegenseitigen) Austauschverhältnis der Parteien stammt und die Zahlung das vertraglich geschuldete Entgelt für eine Leistung darstellt.


Literatur und weiterführende Rechtsquellen

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Handelsgesetzbuch (HGB)
  • Umsatzsteuergesetz (UStG)
  • Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr
  • Kommentarwerke zu den genannten Gesetzen

Fazit:
Die Entgeltforderung ist ein zentrales Element im deutschen Vertragsrecht und ermöglicht es, vertraglich vereinbarte Zahlungen rechtsverbindlich einzufordern. Ihre genaue Rechtsnatur, Entstehung, Fälligkeit, Durchsetzung und Sicherung sind ausführlich geregelt und bieten eine umfangreiche Grundlage für die Sicherstellung und Realisierung wirtschaftlicher Interessen. Die rechtssichere Gestaltung und Behandlung von Entgeltforderungen ist insbesondere im wirtschaftlichen Rechtsverkehr von großer Bedeutung.

Häufig gestellte Fragen

Wann beginnt die Verjährungsfrist für eine Entgeltforderung und wie lange beträgt sie?

Die Verjährungsfrist für eine Entgeltforderung beginnt grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen sowie von der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 BGB). Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre. Das bedeutet, dass eine Entgeltforderung, welche z. B. im Jahr 2021 entstanden ist und bei der der Gläubiger im selben Jahr von allen maßgeblichen Umständen Kenntnis erlangt hat, mit Ablauf des 31.12.2024 verjährt. Ausnahmen können sich insbesondere bei Entgeltforderungen aus Werk- oder Bauverträgen ergeben, etwa wenn spezielle Abschlussregelungen oder Hemmungstatbestände wie Verhandlungen, Stundungen oder gerichtliche Verfahren Anwendung finden (§§ 203 ff. BGB). Auch kenntnisunabhängige Höchstfristen (maximal zehn Jahre ab Entstehung des Anspruchs, § 199 Abs. 3 BGB) sind zu beachten. Eine unterbrochene oder gehemmt gewesene Verjährung bedarf einer genauen Betrachtung der jeweiligen Einzelfallumstände.

Welche Möglichkeiten der gerichtlichen Durchsetzung stehen bei einer strittigen Entgeltforderung zur Verfügung?

Besteht ein Streit über eine Entgeltforderung, kann der Gläubiger diese zunächst außergerichtlich durch Mahnschreiben geltend machen. Bleibt dies ohne Erfolg, steht das gerichtliche Mahnverfahren (§§ 688 ff. ZPO) zur Verfügung, das eine vergleichsweise schnelle und kostengünstige Vorgehensweise ist. Widerspricht der Schuldner dem Mahnbescheid, muss der Gläubiger in das streitige Verfahren übergehen, um die Forderung durch ein normales Klageverfahren (§§ 253 ff. ZPO) weiter zu verfolgen. Das zuständige Gericht richtet sich nach Streitwert und örtlichen Gegebenheiten (§§ 23, 71 GVG, § 17 ZPO). Im Verfahren muss der Gläubiger die Forderung substantiiert darlegen und sämtliche Anspruchsvoraussetzungen beweisen. Bei durchsetzbaren Entgeltforderungen kann das Gericht einen Vollstreckungstitel erlassen, der Grundlage für eine Zwangsvollstreckung ist (§§ 704 ff. ZPO). Besonderheiten gelten bei internationalen Forderungen nach der EuGVVO (Brüssel Ia-Verordnung) und dem Europäischen Zahlungsbefehl.

Wie kann eine Entgeltforderung wirksam abgetreten werden und welche rechtlichen Folgen hat die Abtretung?

Die Abtretung (Zession) einer Entgeltforderung ist nach §§ 398 ff. BGB grundsätzlich formfrei möglich, erfordert aber eine eindeutige Einigung zwischen dem bisherigen Gläubiger (Zedent) und dem neuen Gläubiger (Zessionar). Der Schuldner muss über die Abtretung nicht informiert werden, es sei denn, die Abtretung wird ihm gegenüber geltend gemacht oder es liegt ein Abtretungsverbot gemäß Vertrag oder Gesetz vor (§ 399 BGB). Mit der wirksamen Abtretung gehen sämtliche mit der Forderung verbundenen Rechte, aber auch Einreden (etwa Verjährung, Aufrechnung) auf den neuen Gläubiger über. Bis zur Kenntnisnahme der Abtretung darf der Schuldner noch an den bisherigen Gläubiger leisten (§ 407 BGB). Bei Forderungen gegenüber Verbrauchern oder in bestimmten Branchen können zusätzliche Informations- und Dokumentationspflichten greifen, insbesondere nach dem Datenschutzrecht und bei sog. Factoringgesellschaften.

Was ist im Falle eines Zahlungsverzuges des Schuldners bei einer Entgeltforderung zu beachten?

Im Falle eines Zahlungsverzuges kann der Gläubiger nach § 286 BGB Verzugszinsen fordern; für Entgeltforderungen aus Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 2 BGB), ansonsten fünf Prozentpunkte über Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 BGB). Daneben können weitere Verzugsschäden wie etwa die Inkassokosten (im erforderlichen und angemessenen Umfang) geltend gemacht werden. Der Verzug tritt entweder nach einer Mahnung oder – bei kalendermäßig bestimmbarer Fälligkeit – sogar ohne Mahnung ein. Ist der Schuldner ein Unternehmer, muss er zusätzlich nach § 288 Abs. 5 BGB eine Pauschale von 40 Euro leisten. Der Gläubiger sollte Verzugsschreiben dokumentieren und die darin gesetzten Fristen rechtssicher formulieren.

Wie wirkt sich eine Minderleistung oder mangelhafte Leistung auf die Entgeltforderung aus?

Bei einer Minderleistung oder mangelhaften Leistung durch den Schuldner (z. B. beim Werk- oder Kaufvertrag) entstehen dem Gläubiger verschiedene Rechte, welche die Durchsetzbarkeit und Höhe der Entgeltforderung beeinflussen können. Der Gläubiger kann gem. §§ 320, 273 BGB seine Gegenleistung (Zahlung des Entgelts) verweigern, solange die geschuldete Leistung nicht oder nicht ordnungsgemäß erbracht wurde. Ferner stehen ihm Minderung (§ 441 BGB), Schadensersatz (§§ 280 ff. BGB) oder im Extremfall ein Rücktrittsrecht zu (§ 323 BGB). Die Verjährung von Ansprüchen wegen Mängeln ist oft verkürzt (z. B. zwei Jahre bei Kaufverträgen, § 438 BGB). Entspricht die erbrachte Leistung nur teilweise dem Vertrag, kann die Entgeltforderung anteilig reduziert werden. Im Streitfall muss der Schuldner beweisen, eine mangelfreie Leistung erbracht zu haben, lässt sich der Mangel objektiv feststellen.

Welche Dokumentations- und Nachweispflichten bestehen hinsichtlich der Entgeltforderung?

Der Gläubiger ist rechtlich verpflichtet, das Bestehen und die Höhe der Forderung im Streitfall nachzuweisen. Hierbei sind Verträge, Rechnungen, Lieferscheine, Stundennachweise oder andere Leistungsbelege entscheidend. Insbesondere bei Werk- und Dienstleistungsverträgen sind exakt dokumentierte Leistungsumfänge und Abnahmeprotokolle wichtig, da der Anspruch auf Zahlung häufig mit der Abnahme (§ 640 BGB) entsteht. Die Beweislast liegt im Prozess beim Anspruchssteller. Nach handels- und steuerrechtlichen Vorgaben (z. B. § 14 UStG, GoBD) müssen Rechnungen mindestens zehn Jahre aufbewahrt werden. Eine ordnungsgemäße Rechnungsstellung ist auch Voraussetzung für die Durchsetzbarkeit von Nebenforderungen wie Verzugszinsen oder Mahnkosten. Fehlt es an Nachweisen, kann der Anspruch vor Gericht leicht scheitern.

Was ist bei der Aufrechnung gegen eine Entgeltforderung zu beachten?

Der Schuldner kann gegen eine Entgeltforderung mit eigenen Gegenforderungen aufrechnen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen (§§ 387 ff. BGB) erfüllt sind. Dies setzt voraus, dass beide Forderungen gleichartig, gegenseitig, fällig und durchsetzbar sind. Die Aufrechnungserklärung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die dem Gläubiger zugehen muss. Aufrechnungsverbote können individualvertraglich vereinbart oder sich aus Gesetz (§ 393 BGB: keine Aufrechnung gegen Forderungen aus unerlaubter Handlung) ergeben. Die rechtliche Wirkung der Aufrechnung besteht darin, dass sich die betreffenden Forderungen bis zur Höhe der jeweils geringeren Forderung rückwirkend aufheben. Der Gläubiger muss im Prozess nach Eintritt der Aufrechnung nur noch den Restbetrag (Saldo) verlangen können. Bei Insolvenz des Schuldners gelten besondere Einschränkungen (§ 96 InsO).