Begriff und Definition der Energetischen Sanierung
Die energetische Sanierung bezeichnet sämtliche baulichen und technischen Maßnahmen an Bestandsgebäuden, die eine Verbesserung der Energieeffizienz und eine Verringerung des Energieverbrauchs zum Ziel haben. Hierbei werden vor allem Maßnahmen an der Gebäudehülle (wie Dämmung oder Fenstertausch) sowie an Anlagentechnik (z. B. Heizungsmodernisierung) umgesetzt, um den Energiebedarf eines Gebäudes zu senken und regulatorische sowie klimapolitische Vorgaben einzuhalten.
Rechtliche Grundlagen der energetischen Sanierung
Energieeinsparrecht
Gebäudeenergiegesetz (GEG)
Mit Inkrafttreten des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) im Jahr 2020 wurde das deutsche Energieeinsparrecht systematisch zusammengeführt. Es regelt sowohl Anforderungen an Neubauten als auch an Bestandsgebäude und stellt damit die zentrale rechtliche Grundlage für energetische Sanierungen dar. Das GEG enthält konkrete Vorgaben zu Mindeststandards bei energetischen Maßnahmen, Austauschpflichten sowie Nachrüstverpflichtungen für alte Heiztechnik und Gebäudehülle.
Wichtige Vorschriften des GEG:
- § 47 ff. GEG: Pflicht zur Nachrüstung von Heizungs- und Wärmedämmtechnik
- § 48 GEG: Austauschpflichten für bestimmte Heizkessel
- § 54 GEG: Anforderungen an die Gebäudehülle bei Sanierung
- § 60 GEG: Pflicht zur Erstellung eines Energieausweises nach einer Sanierung
Europarechtliche Vorgaben
Die Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) stellt die europarechtliche Grundlage dar. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, nationale Mindestanforderungen an Bestandsgebäude zu formulieren und regelmäßig zu verschärfen. Die Umsetzung erfolgt in Deutschland durch das GEG.
Öffentliches Baurecht
Landesbauordnungen
Energetische Sanierungen bedürfen mitunter einer Baugenehmigung, insbesondere wenn in die Statik oder die äußere Erscheinung des Gebäudes eingegriffen wird. Die Landesbauordnungen enthalten spezifische Anforderungen hinsichtlich Brandschutz, Schallschutz und gegebenenfalls Denkmalschutz, die bei Sanierungen zu berücksichtigen sind.
Denkmalschutzrecht
Sanierungsmaßnahmen an denkmalgeschützten Objekten sind nur mit Genehmigung zulässig. Das Denkmalrecht schützt das kulturelle Erbe und verlangt eine sorgfältige Abwägung zwischen energetischer Verbesserung und Erhalt des historischen Erscheinungsbildes.
Mietrechtliche Aspekte
Umlagefähigkeit energetischer Sanierungen auf Mieter
Nach § 559 BGB ist der Vermieter berechtigt, die Kosten energetischer Modernisierungsmaßnahmen anteilig auf die Jahresmiete umzulegen. Hierbei ist eine 8-prozentige Kostenumlage auf die Jahresmiete zulässig. Gleichzeitig sieht das Gesetz umfangreiche Schutzvorschriften für Mieter vor, insbesondere eine Härteeinwandmöglichkeit nach § 559 Abs. 4 BGB und die gesetzlich geregelte Duldungspflicht energetischer Sanierungen gemäß § 555d BGB.
Ankündigungs- und Informationspflichten
Energetische Sanierungsmaßnahmen sind mindestens drei Monate vor Beginn anzukündigen (§ 555c BGB). Die Ankündigung muss Art, Umfang, Beginn, Dauer und die zu erwartende Mieterhöhung enthalten.
Förderrecht
Staatliche Förderprogramme
Energetische Sanierungen werden durch eine Vielzahl von Förderprogrammen des Bundes, der Länder und der Kommunen unterstützt. Zentrale Programme sind etwa die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sowie steuerliche Fördermöglichkeiten nach § 35c EStG für energetische Maßnahmen an selbstgenutzten Wohngebäuden.
Subventionsrechtliche Vorgaben
Die Inanspruchnahme von Fördermitteln ist an spezifische technische und formale Anforderungen geknüpft. Wurden Fördermittel ohne Anspruchsvoraussetzungen oder unter Verletzung von Auflagen bezogen, können Rückforderungs- und Strafzahlungen drohen.
Energetische Sanierung im Wohnungseigentumsrecht
Im Kontext von Wohnungseigentum (WEG) werden energetische Sanierungen gemäß § 20 Abs. 2 WEG privilegiert, d. h., jeder Wohnungseigentümer kann bauliche Veränderungen zur energetischen Sanierung verlangen, sofern der Standard nicht wesentlich überschritten wird. Beschlussfassungen erfolgen nach dem neuen Wohnungseigentumsgesetz mit einfacher Mehrheit.
Haftung, Gewährleistung und rechtliche Risiken
Bauvertragliche Pflichten
Im Rahmen energetischer Sanierungen treffen die am Bau Beteiligten umfassende Pflichten aus dem Werkvertragsrecht (§§ 631 ff. BGB). Auftragnehmer schulden die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik und der gesetzlichen Anforderungen. Bei Abweichungen oder Mängeln können Nacherfüllungs-, Schadensersatz- und ggf. Rückabwicklungsansprüche entstehen.
Energierechtliche Nachweis- und Dokumentationspflichten
Nach Abschluss einer Sanierung sind Eigentümer verpflichtet, Nachweise über die Einhaltung energetischer Vorgaben zu führen. Die Ausstellung und Aushändigung eines aktuellen Energieausweises ist verpflichtend. Bei Verstößen drohen Bußgelder nach § 108 GEG.
Ordnungswidrigkeiten und Sanktionen
Verstöße gegen energetische Sanierungspflichten (z. B. unterlassene Nachrüstpflichten, Missachtung technischer Mindeststandards) können als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeldern bis zu 50.000 Euro (vgl. § 108 GEG) geahndet werden.
Energetische Sanierung und Steuerrecht
Steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten
Energetische Sanierungsmaßnahmen können einkommensteuerlich geltend gemacht werden. Für selbst genutztes Wohneigentum sind gemäß § 35c EStG Steuerermäßigungen möglich, für vermietete Immobilien greifen die allgemeinen Regelungen zur Gebäudeabschreibung (§ 7 EStG), auch im Zusammenhang mit Sanierungskosten.
Umsatzsteuerrechtliche Fragen
Handwerksleistungen bei der energetischen Sanierung können unter bestimmten Voraussetzungen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 13 UStG) unterliegen, insbesondere bei Arbeiten an selbst bewohnten Objekten.
Zusammenfassung
Energetische Sanierungen sind ein zentrales Element der Energie- und Klimapolitik und unterliegen einem vielschichtigen Rechtsrahmen. Dieser umfasst Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes, landesrechtliche Regelungen, mietrechtliche Schutzvorschriften, umfangreiche Förderregimes und haftungsrechtliche Aspekte. Eigentümer, Vermieter sowie Wohnungseigentümergemeinschaften sollten sich mit den rechtlichen Vorgaben und Fristen vertraut machen, um Sanktionen, Haftungsfälle und die Rückforderung staatlicher Förderungen zu vermeiden und Förderchancen optimal zu nutzen.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Vorgaben müssen bei einer energetischen Sanierung gemäß Gebäudeenergiegesetz (GEG) beachtet werden?
Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) bildet die zentrale rechtliche Grundlage für energetische Sanierungen von Bestandsgebäuden in Deutschland. Es schreibt vor, dass bei bestimmten Sanierungsmaßnahmen – insbesondere bei Austausch oder Erneuerung von Bauteilen wie Fenstern, Dach, Fassaden oder Heizungsanlagen – Mindeststandards hinsichtlich des Wärmeschutzes und der Energieeffizienz eingehalten werden müssen. Diese Standards werden durch spezifische U-Wert-Vorgaben für Bauteile und Anforderungen an die Anlagentechnik festgelegt. Darüber hinaus verlangt das GEG die Einhaltung von Nachrüstungspflichten, beispielsweise für Dämmungen von Rohrleitungen sowie die Nachrüstung von Heizungsreglern. Auch bestehen energetische Nachrüstpflichten bei Eigentumsübergang, wie etwa der Austausch alter Heizkessel. Bei Verstößen gegen die Vorschriften drohen Bußgelder. Die GEG-Anforderungen müssen oft durch einen Energieberater im Rahmen einer Bestätigung oder eines Energieausweises dokumentiert werden. Von den Vorgaben können Ausnahmen bestehen, beispielsweise bei denkmalgeschützten Gebäuden oder bei Unwirtschaftlichkeit der Maßnahmen, was im Einzelfall begründet werden muss. Insgesamt ist eine genaue Prüfung des individuellen Bauvorhabens auf die jeweiligen gesetzlichen Anforderungen unerlässlich.
Welche Genehmigungen sind für eine energetische Sanierung erforderlich?
Die Notwendigkeit von Genehmigungen für energetische Sanierungsmaßnahmen hängt von Art und Umfang der geplanten Arbeiten ab. Grundsätzlich sind Maßnahmen, die lediglich die Gebäudehülle oder die technische Ausstattung im Inneren betreffen, genehmigungsfrei, solange sie keine statisch relevanten Veränderungen mit sich bringen und das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes nicht wesentlich beeinflussen. Werden jedoch Fassaden verändert, tragende Teile angetastet, Fensteröffnungen vergrößert oder das Dachgeschoss ausgebaut, kann eine Baugenehmigung nach den jeweiligen Landesbauordnungen erforderlich sein. Bei denkmalgeschützten Gebäuden ist grundsätzlich die Zustimmung der Denkmalschutzbehörde einzuholen, auch für energetische Maßnahmen wie die Außendämmung oder Fensteraustausch. Darüber hinaus kann im Rahmen von Fördermittelbeantragung (z.B. KfW, BAFA) die Einbindung eines Energieeffizienz-Experten und die Bestätigung der Förderfähigkeit eine Voraussetzung sein. Es empfiehlt sich daher, vor Beginn der Maßnahmen die zuständige Baubehörde sowie ggf. die Denkmalschutzbehörde und den Fördermittelgeber zu konsultieren.
Wer haftet für Mängel an energetischen Sanierungsmaßnahmen und wie lange?
Für Mängel, die im Zuge einer energetischen Sanierung durch Fachbetriebe verursacht werden, haftet grundsätzlich der ausführende Unternehmer gemäß den Regelungen des Werkvertragsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB, §§ 633 ff.). Die reguläre Gewährleistungsfrist für Bauleistungen beträgt fünf Jahre ab Abnahme des Werkes. Während dieses Zeitraums ist der Unternehmer verpflichtet, Mängel, die die energetische Funktion oder die vereinbarte Ausführung beeinträchtigen, zu beseitigen. Wird beispielsweise die Dämmung nicht fachgerecht angebracht und es tritt Schimmel auf, besteht ein Anspruch auf Mangelbeseitigung oder Kostenersatz. Auch der Planer oder Energieberater kann bei Planungs- oder Beratungsfehlern im Rahmen der Architektenhaftung zur Verantwortung gezogen werden. Eigentümer sollten Beweise für den Mangel sichern und Fristen zur Nachbesserung setzen. Die Haftung für grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz kann im Einzelfall länger bestehen bleiben. Für Eigenleistungen des Eigentümers selbst besteht keine Gewährleistung gegenüber Dritten.
Welche Rechte haben Mieter und Vermieter bei energetischen Sanierungen im Mietverhältnis?
Energetische Sanierungen gelten im Mietrecht als Modernisierungsmaßnahmen gemäß § 555b Nr. 1 BGB. Der Vermieter ist berechtigt, solche Sanierungen – etwa Fassadendämmung oder Austausch der Heizungsanlage – durchzuführen. Er muss dem Mieter die geplanten Maßnahmen jedoch mindestens drei Monate vor Beginn schriftlich mit Angaben zu Art, Umfang, Beginn, Dauer und zu erwarteter Mieterhöhung ankündigen. Während der Sanierung haben Mieter grundsätzlich Duldungspflichten, können aber bei erheblicher Beeinträchtigung der Wohnqualität für die Dauer der Baumaßnahmen eine Mietminderung geltend machen. Nach Abschluss der energetischen Sanierung darf der Vermieter 8 % der für die Wohnung aufgewendeten Kosten dauerhaft auf die Jahresmiete umlegen, sofern die Maßnahmen zu einer dauerhaften Einsparung von Energie führen. Der Mieter kann unter Umständen wegen Härtefällen der Mieterhöhung widersprechen oder im Extremfall das Mietverhältnis kündigen. Die genauen rechtlichen Vorgaben ergeben sich aus den §§ 555b bis 559d BGB.
Welche energetischen Anforderungen bestehen bei Verkauf oder Vermietung von Immobilien?
Bei Verkauf oder Vermietung einer Immobilie besteht die Pflicht, dem Käufer oder neuen Mieter spätestens bei der Besichtigung einen gültigen Energieausweis vorzulegen (§ 80 GEG). Bereits im Exposé oder in der Anzeige müssen die von Energieausweisen vorgegebenen Kennwerte (Energieverbrauch, -bedarf u. a.) angegeben werden. Der Energieausweis dokumentiert die energetische Qualität des Gebäudes und muss von einem qualifizierten Energieberater ausgestellt werden. Bei Missachtung drohen Bußgelder bis zu 10.000 Euro. Weiterhin müssen bestimmte Mindeststandards bei Modernisierung eingehalten oder bei Verkauf veranlasst werden, wie z.B. der Austausch alter Heizkessel oder Dämmung ungedämmter oberster Geschossdecken. Für denkmalgeschützte Immobilien oder Sonderfälle können Ausnahmen bestehen. Käufer und Mieter sollten den Ausweis kritisch prüfen, da er eine Grundlage für die Abschätzung zukünftiger Energiekosten bietet.
Welche rechtlichen Förderbedingungen müssen für eine staatliche Förderung der energetischen Sanierung erfüllt werden?
Staatliche Förderprogramme (wie KfW-Förderung oder BAFA-Zuschüsse) knüpfen an verschiedene rechtliche Voraussetzungen an, um die Förderfähigkeit zu sichern. In der Regel muss die Sanierung durch ein qualifiziertes Fachunternehmen nachgewiesen werden und es dürfen mit den Arbeiten erst nach Bewilligung bzw. Eingangsbestätigung des Förderantrags begonnen werden. Häufig ist die Einbindung eines Energieeffizienz-Experten Pflicht, der die Maßnahme plant, begleitet und abschließend bestätigt, dass die Anforderungen gemäß GEG und den jeweiligen Förderprogrammkriterien eingehalten wurden. Werden Fördermittel zweckwidrig verwendet oder wird mit der Maßnahme vor Antragstellung begonnen, kann dies zum vollständigen Ausschluss oder zur Rückforderung der Förderung führen. Zudem sind alle geforderten Nachweise und Bestätigungen während und nach der Baumaßnahme revisionssicher aufzubewahren und ggf. vorzulegen. Zu prüfen sind auch die steuerlichen Auswirkungen, etwa im Zusammenhang mit der steuerlichen Förderung energetischer Sanierungsmaßnahmen (§ 35c EStG).