Legal Lexikon

Endlager


Begriff und rechtliche Einordnung des Endlagers

Ein Endlager ist eine technische Einrichtung zur endgültigen sicheren Verwahrung von radioaktiven Abfällen tief unter der Erdoberfläche. Ziel eines Endlagers ist es, die radioaktiven Stoffe dauerhaft von der Biosphäre zu isolieren, um Menschen, Umwelt und künftige Generationen vor schädlicher Strahlenwirkung zu schützen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Errichtung, Betrieb und Stilllegung eines Endlagers sind in Deutschland und den meisten europäischen Staaten durch umfangreiche gesetzliche und untergesetzliche Vorgaben geregelt.


Rechtsgrundlagen des Endlagers in Deutschland

Gesetzliche Grundlagen

Die rechtliche Grundlage für den Umgang mit radioaktiven Abfällen und für die Errichtung von Endlagern bildet insbesondere das Gesetz zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle (Standortauswahlgesetz – StandAG) sowie das Atomgesetz (AtG). Hinzu kommen verschiedene Verordnungen (beispielsweise die Endlagersicherheitsanforderungsverordnung – EndlSiAnfV) und technische Regeln. Hierbei untersteht die Endlagerung zudem europäischen Vorgaben, insbesondere den EURATOM-Richtlinien.

Standortauswahlgesetz (StandAG)

Das StandAG regelt ausdrücklich die Auswahl eines Standortes nach wissenschaftsbasierten, transparenten und partizipativen Kriterien. Es sieht ein mehrstufiges Auswahlverfahren und die Beteiligung der Öffentlichkeit vor. Im Gesetz festgelegt sind die grundlegenden Sicherheitsanforderungen, Anforderungen an Öffentlichkeitsbeteiligung, Zeitpläne und Methoden für die vergleichende Bewertung möglicher Standorte.

Atomgesetz (AtG)

Das Atomgesetz regelt die friedliche Nutzung der Kernenergie, insbesondere die Aufbewahrung sowie die Entsorgung von radioaktiven Stoffen. Nach § 9a AtG ist die dauerhafte sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle eine staatliche Aufgabe. Für Genehmigung, Aufsicht und Überwachung des Betriebes eines Endlagers sind detaillierte rechtliche Verfahren vorgesehen.

Aufsichts- und Genehmigungsverfahren

Planfeststellungsverfahren

Für den Neubau oder die wesentliche Änderung eines Endlagers ist ein förmliches Planfeststellungsverfahren erforderlich. Dieses Verfahren ist im Verwaltungsverfahrensgesetz und im StandAG näher geregelt. Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens werden diverse behördliche Prüfungen durchgeführt, Umweltverträglichkeitsprüfungen angeordnet und die betroffene Öffentlichkeit beteiligt.

Sicherheitsanforderungen und Überwachung

Endlager müssen hohe Anforderungen an Dichtheit, Langzeitsicherheit und Rückholung ermöglichen. Die Sicherheitsanforderungen konkretisieren sich in der EndlSiAnfV und weiteren technischen Richtlinien. Die Aufsichtsbehörden prüfen im Rahmen der Genehmigung und auch im laufenden Betrieb regelmäßig die Einhaltung dieser Anforderungen und führen Nachsorge- und Monitoringmaßnahmen durch.


Beteiligung der Öffentlichkeit und Rechtsschutzmöglichkeiten

Öffentlichkeitsbeteiligung

Im Rahmen der Standortsuche und des Genehmigungsverfahrens für ein Endlager ist die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger gesetzlich vorgeschrieben. Beteiligungsinstrumente sind beispielsweise Anhörungen, Einwendungsfristen und Erörterungstermine. Ziel ist es, Transparenz und gesellschaftliche Akzeptanz herzustellen – dies spiegelt sich auch im nationalen Begleitgremium wider, das die öffentliche Debatte fördert.

Rechtsschutz gegen Endlagerentscheidungen

Gegen Entscheidungen zur Standortauswahl, zur Planfeststellung und zum Bau, Betrieb oder zur Stilllegung eines Endlagers können Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen. Verwaltungsakte im Zusammenhang mit dem Endlager unterliegen in der Regel der Anfechtung im Verwaltungsrechtsweg. Insbesondere betroffene Gemeinden, Grundstückseigentümer und anerkannte Umweltverbände haben das Recht, Widerspruch einzulegen oder Klage zu erheben.


Betreiberverantwortung und staatliche Aufgaben

Betreiberstruktur

Nach deutschem Recht ist die Endlagerung radioaktiver Abfälle in staatlicher Verantwortung wahrzunehmen. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE) ist mit den entsprechenden Aufgaben betraut. Die Bundesbehörden, vor allem das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), üben die Aufsicht aus.

Finanzierung und Haftung

Die Finanzierung der Endlagerung wird durch Fonds und gesetzliche Abgaben geregelt. Die Kosten tragen primär die Verursacher (Betreiber von Kernkraftwerken usw.), wobei die genauen Modalitäten gesetzlich geregelt sind (siehe insbesondere das Entsorgungsfondsgesetz – EntsorgFondsG).

Für Schäden, die durch ein Endlager hervorgerufen werden, gilt das Prinzip der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung (§ 25 AtG). Ansprüche auf Schadensersatz sind gesetzlich normiert, wobei teilweise Haftungsobergrenzen existieren.


Internationale Rechtsrahmen und grenzüberschreitende Aspekte

Europäische Union

Die EU gibt im Bereich Endlagerung vor allem durch die Richtlinie 2011/70/Euratom über einen Gemeinschaftsrahmen für die verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle verbindliche Mindeststandards vor. Mitgliedstaaten sind verpflichtet, nationale Programme zu erarbeiten und regelmäßig zu überwachen.

Grenzüberschreitender Umweltschutz und Nachbarrecht

Die Errichtung und der Betrieb eines Endlagers können grenzüberschreitende Auswirkungen entfalten. Nach der Espoo-Konvention und entsprechenden EU-Richtlinien müssen Nachbarstaaten in Umweltverträglichkeitsprüfungen beteiligt werden. Das Nachbarrecht kann Betroffenen Anspruch auf Beteiligung und ggf. auf Schadensersatz geben.


Ende der Endlagerung und Nachsorgepflichten

Nach dem Verschluss des Endlagers tritt eine Phase der Nachsorge ein. Der Betreiber muss weiterhin Sicherheitsüberwachung und evtl. Rückholungen ermöglichen. Die Nachsorgeverpflichtungen sind gesetzlich im StandAG und im AtG geregelt und können Jahrzehnte bis Jahrhunderte andauern.


Literatur und weiterführende Vorschriften

  • Gesetz zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle (StandAG)
  • Atomgesetz (AtG)
  • Endlagersicherheitsanforderungsverordnung (EndlSiAnfV)
  • Entsorgungsfondsgesetz (EntsorgFondsG)
  • RL 2011/70/EURATOM (EURATOM-Richtlinie zur Entsorgung radioaktiver Abfälle)
  • Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG)

Zusammenfassung:
Der Begriff Endlager ist rechtlich umfassend geregelt. Die gesetzlichen Vorgaben gewährleisten sowohl die Sicherheit und Nachsorge als auch eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit und die Wahrung des Rechtsschutzes. Die europäischen und internationalen Standards flankieren und ergänzen den nationalen Rechtsrahmen, sodass ein hohes Schutzniveau angestrebt wird.

Häufig gestellte Fragen

Welche zentralen gesetzlichen Grundlagen regeln die Endlagerung radioaktiver Abfälle in Deutschland?

Die Endlagerung radioaktiver Abfälle in Deutschland wird durch ein komplexes Geflecht verschiedener Gesetze auf Bundes- und EU-Ebene geregelt. Das zentrale nationale Gesetz ist das Standortauswahlgesetz (StandAG), das die Suche, Auswahl und Festlegung eines Endlagerstandortes für hochradioaktive Abfälle transparent, wissenschaftsbasiert und überwiegend partizipativ gestaltet. Ergänzend hierzu regelt das Atomgesetz (AtG) den Umgang und die Sicherheitsvorschriften für sämtliche radioaktiven Stoffe. Auf europäischer Ebene sind insbesondere die Richtlinie 2011/70/Euratom sowie die weiteren Euratom-Richtlinien maßgeblich, die eine sichere und verantwortungsvolle Handhabung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle vorschreiben und Mindeststandards für nationale Programme aufstellen. Ferner finden das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) sowie das Raumordnungsgesetz (ROG) Anwendung, wenn es um die Prüfung der Umweltverträglichkeit und die Raumordnerische Einbindung geht. Weitere detaillierte Regelwerke und Verordnungen, wie etwa die Endlagersicherheitsanforderungsverordnung (EndlSiAnfV) oder Verordnungen zur Transportsicherheit radioaktiver Stoffe, ergänzen den gesetzlichen Rahmen und konkretisieren technische sowie verfahrensbezogene Standards.

Wie gestaltet sich das Recht auf Öffentlichkeitsbeteiligung beim Endlagersuchverfahren?

Das Recht auf Öffentlichkeitsbeteiligung ist im Standortauswahlgesetz (StandAG) explizit verankert und sieht einen mehrstufigen, dialogorientierten Beteiligungsprozess vor. Im Verlauf des Suchverfahrens wird die Öffentlichkeit in Form von Online-Konsultationen, Fachkonferenzen und Dialogveranstaltungen regelmäßig eingebunden. Teilhaben können betroffene Bürgerinnen und Bürger, Kommunen sowie Verbände und Institutionen. Die Beteiligung ist jedoch nicht bloß in Form von Anhörungen vorgesehen, sondern umfasst auch die Möglichkeit zur Stellungnahme und Erörterung. In den jeweiligen Phasen – vom Zwischenbericht bis zur Standortfestlegung – gibt das Verfahren Fristen vor, innerhalb derer Einwendungen, Kritik und Vorschläge eingereicht werden können. Über die Berücksichtigung der Eingaben muss die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) transparent berichten. Gleichfalls ist ein Rechtsschutz im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung gegeben: Gegen Beschlüsse und Verwaltungsakte, die im Rahmen der Endlagersuche ergehen, steht nach den gängigen verwaltungsrechtlichen Regelungen der Rechtsweg offen.

Welche Instanzen sind für die Genehmigung und Überwachung eines Endlagers aus rechtlicher Sicht zuständig?

Zuständig für die Genehmigung eines Endlagers ist das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), das als Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde fungiert (§ 19 StandAG, AtG). Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) übernimmt wiederum die technische Umsetzung und die vorbereitenden Untersuchungen. Das BASE prüft die von der BGE eingereichten Unterlagen und Anträge und führt die notwendigen Genehmigungsverfahren durch, inklusive Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung. Zudem unterliegt das Endlager einer fortlaufenden Aufsicht durch das BASE, um Einhaltung von Sicherheit und gesetzlichen Vorgaben zu gewährleisten. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) hat als oberste Fachaufsichtsbehörde die Gesamtverantwortung. Daneben können im begrenzten Umfang auch die Landesbehörden beteiligt sein, wenn Belange des jeweiligen Bundeslandes betroffen sind.

Welche Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen für Betroffene im Rahmen der Endlagerung?

Betroffene, wie Anwohner, Umweltverbände und kommunale Gebietskörperschaften, haben verschiedene Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Endlagerung. Primär eröffnet das Verwaltungsgerichtsverfahren nach dem Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die Möglichkeit, gegen Verwaltungsakte, insbesondere Auswahlentscheidungen und Genehmigungen, klageweise vorzugehen. Basis ist das Verbandsklagerecht, das insbesondere Umweltverbänden nach Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) zusteht. Für Klagen von Privatpersonen gelten die allgemeinen Regeln des Verwaltungsprozesses, vor allem, wenn eine unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten (z. B. Eigentum, Gesundheit) glaubhaft gemacht werden kann. Die aufschiebende Wirkung von Klagen kann aufgrund der besonderen Dringlichkeit im Atomrecht jedoch durch gerichtliche Entscheidungen aufgehoben werden. Ebenso ist der Rechtsschutz europarechtlich durch die Aarhus-Konvention abgesichert, die den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten gewährleistet.

Welche Anforderungen werden an die Langzeitsicherheit des Endlagers aus rechtlicher Sicht gestellt?

Die rechtlichen Anforderungen an die Langzeitsicherheit eines Endlagers sind in Deutschland vor allem durch das Atomgesetz, das Standortauswahlgesetz und die Endlagersicherheitsanforderungsverordnung (EndlSiAnfV) festgelegt. Die Langzeitsicherheit muss einen Zeitraum von mindestens einer Million Jahren abdecken und gewährleisten, dass während dieser Zeit keine für Mensch und Umwelt relevante Freisetzung von Radioaktivität stattfinden kann. Dabei sind sowohl klimatische, geologische als auch gesellschaftliche Veränderungen zu berücksichtigen. Die Nachweise über die Sicherheit müssen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens systematisch erbracht und durch Gutachten, Risikoanalysen und Sicherheitsüberprüfungen unterlegt werden. Die gesetzlichen Anforderungen umfassen zudem die Pflicht, frühzeitig Indikatoren für mögliche Fehlentwicklungen zu definieren, Notfallmaßnahmen vorzusehen und die Entsorgungstechnik so auszurichten, dass ein passiver Schutz nach Verschluss ohne weitere menschliche Eingriffe gewährleistet ist. Die Überwachung endet nicht mit dem Verschluss, sondern es ist eine langfristige Dokumentation und Nachsorge vorgeschrieben.

Wie ist der Umgang mit Altlasten oder auftretenden Problemen während des Betriebs eines Endlagers gesetzlich geregelt?

Gesetzlich sind Betreiber eines Endlagers – meist die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) – verpflichtet, bei entstehenden Altlasten, Betriebsstörungen oder sicherheitsrelevanten Ereignissen unverzüglich Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu ergreifen. Das Atomgesetz und die atomrechtlichen Sicherheitsverordnungen schreiben detaillierte Meldepflichten vor (z. B. nach § 21 AtG), wonach alle sicherheitsrelevanten Vorkommnisse unverzüglich an das BASE und gegebenenfalls an weitere Behörden zu melden sind. Für die Behebung solcher Ereignisse muss der Betreiber umgehend Sanierungs- und Sicherungsmaßnahmen einleiten sowie die Ursachen erforschen. Akute Maßnahmen werden angeordnet, die Nachsorge ist gesetzlich gesichert und umfasst sowohl technischer als auch organisatorischer Natur. Im Schadensfall ist auch die staatliche Gefahrenabwehr einzuberufen, die in enger Kooperation mit regionalen Katastrophenschutzstellen und anderen Behörden agiert. Im Rahmen gesellschaftlicher Verantwortlichkeit sind auch Rückbauszenarien und Revisionsmaßnahmen rechtlich vorgesehen und müssen in Sicherheitsberichten, Betriebsgenehmigungen und Notfallplänen dokumentiert werden.

Welche internationalen Verpflichtungen beeinflussen das deutsche Endlagerrecht?

Deutschland ist verpflichtet, internationale Standards zur nuklearen Sicherheit und Entsorgung radioaktiver Abfälle einzuhalten. Maßgeblich ist neben der Mitgliedschaft in der Europäischen Union die Bindung an die Euratom-Verträge und die entsprechenden Richtlinien, insbesondere die Richtlinie 2011/70/Euratom über einen Gemeinschaftsrahmen für die verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle. Zudem gelten Vorgaben der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), wie die Joint Convention on the Safety of Spent Fuel Management and on the Safety of Radioactive Waste Management. Diese internationalen Verpflichtungen definieren Mindeststandards für Sicherheit, Transparenz, Rechenschaftspflichten und fördern den Wissens- und Informationsaustausch. Im nationalen Recht sind die zentralen Vorgaben unmittelbar oder über Transformationsakte (z. B. durch das StandAG oder das AtG) umgesetzt und werden regelmäßig überprüft sowie weiterentwickelt, um den internationalen Anforderungen zu genügen.