Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) – Rechtliche Grundlagen und Struktur
Begriff und Einordnung der EKD
Die Evangelische Kirche in Deutschland (Abkürzung: EKD) ist der Zusammenschluss von zwanzig lutherischen, reformierten und unierten Landeskirchen in Deutschland. Die EKD bildet die organisatorische Dachstruktur der evangelischen Kirchen in Deutschland und agiert als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Ihre rechtliche Stellung, Aufgaben und Organisation sind eng mit dem deutschen Staatskirchenrecht und der historischen Entwicklung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat in Deutschland verknüpft.
Historische Entwicklung und verfassungsrechtliche Einordnung
Entstehung der EKD
Die EKD wurde nach dem Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1948, als Rechtsnachfolgerin der bisherigen Deutschen Evangelischen Kirche neu gegründet. Ziel war die Wahrung der kirchlichen Unabhängigkeit sowie die Selbstbestimmung der Gliedkirchen unter einem gemeinsamen organisatorischen Dach.
Verfassung der EKD
Das rechtliche Fundament der EKD bildet die “Kirchenverfassung der Evangelischen Kirche in Deutschland”, die seit 1948 gilt und seither mehrfach angepasst wurde. Die Verfassung definiert die Aufgaben, Organe, Rechtsstellung und die Mitgliedskirchen der EKD und unterstreicht deren föderativen Charakter.
Rechtsform und staatliche Anerkennung
Körperschaft des öffentlichen Rechts
Die EKD und die ihr angehörenden Gliedkirchen besitzen gemäß Art. 140 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 WRV (Weimarer Reichsverfassung) den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Damit unterliegt die EKD nicht dem Vereinsrecht, sondern genießt öffentlich-rechtliche Sonderrechte. Diese umfassen:
- das Recht, eigene Satzungen und Ordnungen zu erlassen,
- das Besteuerungsrecht (Kirchensteuer),
- das Dienst- und Amtsrecht gegenüber ihren Mitarbeitern,
- die Verwaltung eigener Angelegenheiten (Selbstverwaltungsrecht).
Verhältnis zu Staat und Grundgesetz
Das Grundgesetz garantiert als Teil des Staatskirchenrechts die Religionsfreiheit (Art. 4 GG) sowie die Unabhängigkeit und Eigenständigkeit der religiösen Gemeinschaften. Die EKD ist als Religionsgemeinschaft selbst in ihren inneren Angelegenheiten unabhängig und unterliegt keiner staatlichen Aufsicht, soweit nicht öffentlich-rechtliche Belange berührt sind.
Organisation und Organe der EKD
Synode, Kirchenkonferenz und Rat der EKD
Die Verfasste Kirche der EKD besteht aus verschiedenen Organen:
- Kirchensynode als gesetzgebende Körperschaft,
- Rat der EKD als leitendes Exekutivorgan,
- Kirchenkonferenz als Koordinations- und Beratungsgremium der Landeskirchen.
Die Aufgaben und Zuständigkeiten dieser Leitungsorgane sind in der Kirchenverfassung geregelt und bilden das Rückgrat der institutionellen EKD-Organisation.
Gliedkirchen und deren rechtliche Beziehung zur EKD
Die EKD ist keine Kirche im dogmatischen Sinne, sondern versteht sich als Bund selbständiger Kirchen. Die Landeskirchen behalten ihre verfassungsrechtliche Selbstständigkeit und schließen sich freiwillig unter dem EKD-Dach zusammen. Die Beziehung der EKD zu ihren Gliedkirchen ist in der Verfassung der EKD festgelegt und folgt dem Subsidiaritätsprinzip.
Aufgaben und Kompetenzen der EKD
Gesetzgebungskompetenz
Die EKD besitzt die Kompetenz, Kirchengesetze zu erlassen, die für die Gesamtheit der Mitglieder der Mitgliedskirchen und das Gemeinwesen der EKD binden. Die Gültigkeit dieser Rechtsnormen erstreckt sich auf den Bereich der gemeinsamen Angelegenheiten der EKD.
Kirchensteuer und Finanzverfassung
Als Körperschaft des öffentlichen Rechts ist die EKD ermächtigt, Kirchensteuern zu erheben. Die Erhebung erfolgt regelmäßig über die Finanzämter der Länder aufgrund entsprechender Staatskirchenverträge (Konkordate, Kirchenverträge). Die Finanzen unterliegen interner Kontrolle und staatlicher Aufsicht, sofern es um die Einhaltung allgemeiner Rechtsvorschriften geht.
Arbeitsrecht in der EKD
Im innerkirchlichen Dienstrecht besitzt die EKD das Recht eigener Regelungen (Drittes Weg Arbeitsrecht). Dieses erlaubt kirchenspezifische Besonderheiten, etwa in Streitbeilegung, Personalvertretung und Mitbestimmung, und grenzt sich zugleich von allgemeinem staatlichen Arbeitsrecht ab.
Staatskirchenrechtliche Grundlagen
Grundgesetz und Weimarer Reichsverfassung
Durch Artikel 140 des Grundgesetzes werden die staatskirchenrechtlichen Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung (WRV) von 1919 in das Grundgesetz übernommen. Diese Normen regeln die Gleichstellung aller Religionsgemeinschaften, das Selbstverwaltungsrecht, das Besteuerungsrecht, die Vermögensverwaltung und den Schutz geistlicher Handlungen.
Kirchenverträge
Das Verhältnis zwischen den staatlichen Ebenen (Bund, Länder) und der EKD wird maßgeblich durch Kirchenverträge geregelt. Diese sind öffentlich-rechtliche Verträge, die etwa die Zusammenarbeit in Bildung, Soziales oder beim Schutz kirchlicher Feiertage und Immobilien betreffen.
Datenschutz in der EKD
Die EKD unterliegt einem eigenen kirchlichen Datenschutzrecht (EKD-Datenschutzgesetz, DSG-EKD). Dieses ist in einigen Bereichen an die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) angelehnt, nimmt aber Rücksicht auf kirchenspezifische Belange und den Schutz religiöser Daten.
Rechtsstellung der EKD im gesellschaftlichen und internationalen Kontext
Gemeinnützigkeit und Steuerrecht
Die EKD ist als Religionsgemeinschaft in der Regel als gemeinnützig anerkannt und besitzt damit steuerliche Vorteile, wie die Befreiung von der Körperschaft- und Gewerbesteuer, sofern sie steuerbegünstigte Zwecke verfolgt.
Internationale Zusammenarbeit
Die rechtliche Stellung der EKD erstreckt sich punktuell auf grenzübergreifende ökumenische Zusammenarbeit, besonders im Rahmen der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) und im Engagment in internationalen ökumenischen Organisationen.
Zusammenfassung der rechtlichen Besonderheiten der EKD
Die Evangelische Kirche in Deutschland stellt eine eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts dar, mit weitreichenden Rechten zur Selbstverwaltung, einem eigenen Gesetzgebungssystem und besonderen öffentlich-rechtlichen Privilegien, zu denen die Erhebung von Kirchensteuern und der Erlass eigener Rechtsnormen gehören. Das kirchliche Arbeitsrecht, die Datenschutzbestimmungen sowie das Zusammenwirken mit Staat und Gliedkirchen machen die EKD zu einem komplexen Rechtsgebilde im deutschen Staatskirchenrecht mit hoher gesellschaftlicher und rechtlicher Relevanz.
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Häufig gestellte Fragen
Wie ist die EKD rechtlich organisiert und welchen Status besitzt sie in Deutschland?
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist ein Zusammenschluss evangelischer Landeskirchen und als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisiert. Dieser Status resultiert aus Art. 140 Grundgesetz i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Weimarer Reichsverfassung, wonach Religionsgesellschaften, die bereits zur Zeit des Inkrafttretens der Weimarer Reichsverfassung (1919) den Status einer öffentlichen Körperschaft besaßen, diesen beibehalten. Durch diesen Rechtsstatus genießt die EKD weitgehende Autonomie in ihren inneren Angelegenheiten, wie beispielsweise die eigene Ordnung, Verwaltung und Rechtsetzung durch kirchliche Gesetzgebung. Zudem berechtigt dieser Status die EKD unter anderem, Kirchensteuern zu erheben, eigene Arbeitsverhältnisse (kirchliches Arbeitsrecht/Selbstbestimmungsrecht) zu regeln und mit staatlichen Stellen Verträge (z. B. Staatsleistungen, Konkordate) abzuschließen.
In welchem Verhältnis steht die EKD zum Staat nach deutschem Recht?
Die Beziehung zwischen EKD und Staat gestaltet sich nach dem Prinzip der Trennung von Kirche und Staat („hinkende Trennung”), wie es in Art. 140 GG i.V.m. den Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung niedergelegt ist. Daraus folgt, dass Kirchen institutionell und organisatorisch eigenständig sind, jedoch durch den öffentlich-rechtlichen Status in zahlreichen Bereichen mit dem Staat kooperieren können (z. B. im Bereich des Religionsunterrichts an staatlichen Schulen gemäß Art. 7 Abs. 3 GG, bei Kirchensteuereinzug durch staatliche Finanzämter oder bei der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben der Wohlfahrtspflege). Das Selbstverwaltungsrecht (§137 WRV) der EKD ist dabei gesetzlich garantiert, staatlicherseits jedoch auf das sogenannte Kirchenrecht begrenzt, d.h. die EKD kann keine hoheitlichen Aufgaben des Staates übernehmen.
Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Organisation und die inneren Strukturen der EKD?
Die rechtlichen Grundlagen der EKD sind vielfältig: Sie stützen sich auf das Grundgesetz (insbesondere Art. 140 GG mit Bezugnahme auf Art. 137 ff. WRV), das Kirchensteuergesetz, das EKD-Kirchenrecht (insbesondere das Grundgesetz der EKD und weitere Kirchengesetze der Synode und des Rates der EKD) sowie auf Staatskirchenverträge zwischen einzelnen Bundesländern und den Landeskirchen beziehungsweise der EKD. Die Autonomie in der inneren Organisation ist durch das kirchliche Selbstbestimmungsrecht gesichert, dennoch steht jede Änderung bedeutender Strukturen (z. B. Fusionen von Landeskirchen) unter staatlicher Mitwirkung, sofern dies den Status der Körperschaft öffentlichen Rechts berührt.
Welche steuerrechtlichen Regelungen betreffen die EKD?
Die EKD ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Erhebung von Kirchensteuern berechtigt. Das Steuerrecht sieht vor, dass Kirchensteuern als Zuschlag zu Einkommen- bzw. Lohnsteuer von Mitgliedern erhoben werden, wobei die Einziehung oft durch staatliche Stellen erfolgt (Grundlage: Kirchensteuergesetze der Länder). Die eingenommenen Mittel sind zweckgebunden für kirchliche Aufgaben zu verwenden. Außerdem ist die EKD in vielen Bereichen von der Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Grundsteuer befreit, sofern die Einnahmen zweckentsprechend verwendet werden (Gemeinnützigkeit).
Unterliegt die EKD dem staatlichen Arbeitsrecht oder gelten Sonderregelungen?
Das sogenannte kirchliche Arbeitsrecht ist ein besonderes Rechtsgebiet, das auf dem verfassungsrechtlich verbürgten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen beruht (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV). Die EKD und ihre Gliedkirchen unterliegen in Fragen des Dienstrechts eigenen Regeln und Verfahren (Dritter Weg), was unter anderem bedeutet, dass Arbeitsbedingungen nicht durch Tarifverträge, sondern durch Kommissionen auf kirchlicher Ebene vereinbart werden. Es gelten bestimmte Einschränkungen in Bezug auf das Streikrecht und politische Betätigung. Kirchliche Wohlfahrtsverbände wie Diakonie fallen ebenfalls unter diese Sonderregelungen, wobei diese rechtliche Situation regelmäßig Gegenstand gerichtlicher Verfahren und politischer Diskussionen ist.
Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen für die EKD, in das allgemeine Recht und die Gesellschaft hineinzuwirken?
Die EKD kann im Rahmen ihrer Rechte als Körperschaft des öffentlichen Rechts Verträge mit staatlichen Stellen schließen, in Gesetzgebungsverfahren als Anhörungsberechtigte eingebunden werden, Stellungnahmen zu sozial-ethischen oder politischen Fragen abgeben und sich einschließlich ihrer Wohlfahrtsverbände an öffentlichen Aufgaben (z.B. im Gesundheits-, Sozial- und Bildungswesen) beteiligen. Darüber hinaus unterliegt die EKD dem Antidiskriminierungsrecht und Verfassungsrecht, ist jedoch in bestimmten Bereichen durch das verfassungsrechtlich verbürgte kirchliche Selbstbestimmungsrecht geschützt.
Wie werden Rechtsstreitigkeiten innerhalb und mit der EKD geregelt?
Innerhalb der EKD existiert ein eigenes kirchliches Gerichtswesen (Kirchengerichte), das für innerkirchliche Streitigkeiten zuständig ist, wie etwa Disziplinarverfahren gegen Geistliche oder Streitigkeiten in Verwaltungsangelegenheiten. Externe Rechtsstreitigkeiten, insbesondere mit staatlichen Institutionen oder Dritten, werden vor staatlichen Gerichten ausgetragen, wobei je nach Streitgegenstand und Beteiligten Verwaltungsgerichte, Arbeitsgerichte oder Zivilgerichte zuständig sein können. Klagebefugnisse, Zuständigkeiten und Instanzen ergeben sich jeweils aus den einschlägigen staatlichen und kirchlichen Vorschriften.