Grundlagen der Einzelfirma
Die Einzelfirma, auch Einzelunternehmen genannt, ist eine der häufigsten und ältesten Unternehmens- und Rechtsformen insbesondere im deutschsprachigen Raum. Sie wird in Deutschland, Österreich und der Schweiz als grundlegende Organisationsform für unternehmerische Tätigkeiten von natürlichen Personen genutzt. Die Einzelfirma zeichnet sich dadurch aus, dass sie von einer einzelnen Person ohne Mitgesellschafter gegründet und geführt wird. Dies bringt spezifische rechtliche Merkmale, Vor- und Nachteile sowie unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich Haftung, Firmierung, Buchführung und steuerlicher Behandlung mit sich.
Rechtliche Definition und Abgrenzung
Einzelfirma im deutschen Recht
Im deutschen Handelsrecht ist die Einzelfirma keine juristische Person, sondern stellt die Ausübung eines Handelsgewerbes durch eine natürliche Person (§ 1 HGB) dar. Wer ein Handelsgewerbe betreibt, ist „Einzelkaufmann“ oder „Einzelkauffrau“. Wird kein Handelsgewerbe betrieben, so spricht man von einem „Kleingewerbetreibenden“. Die Einzelfirma grenzt sich von Gesellschaftsformen wie der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), Offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder Kommanditgesellschaft (KG) sowie von Kapitalgesellschaften wie der GmbH oder AG klar ab.
Einzelfirma im österreichischen Recht
Auch im österreichischen Unternehmensrecht ist das Einzelunternehmen eine nicht rechtsfähige Unternehmensform, die keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt. Die Führung und Haftung liegen ausschließlich bei der natürlichen Person, die das Unternehmen betreibt. Der Firmenwortlaut muss dabei entweder den bürgerlichen Namen des Inhabers oder einen unterscheidungskräftigen Zusatz beinhalten.
Einzelfirma im schweizerischen Recht
Im schweizerischen Obligationenrecht (Art. 945 OR ff.) ist die Einzelfirma ebenfalls eine Unternehmensform, bei welcher eine Einzelperson unter eigenem Namen eine kaufmännische Tätigkeit ausübt. Die Schweizer Einzelfirma ist körperschaftlich nicht organisiert, sie ergibt sich aus der persönlichen Ausübung des Gewerbes.
Gründung einer Einzelfirma
Voraussetzungen
Zur Gründung einer Einzelfirma ist im Regelfall keine Mindesteinlage erforderlich. Natürliche Personen können unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit eine Einzelfirma gründen, sofern sie über die erforderliche Geschäftsfähigkeit verfügen. Ein Gesellschaftsvertrag oder notarielle Beurkundung ist nicht notwendig.
Anmeldung und Eintragung
Die Anmeldung der Einzelfirma erfolgt je nach Land unterschiedlich:
- Deutschland: Betriebsaufnahme wird bei der zuständigen Gewerbebehörde angezeigt. Besteht ein Handelsgewerbe im Sinn des §1 HGB, ist eine Eintragung im Handelsregister als e. K. (eingetragener Kaufmann) verpflichtend.
- Österreich: Eintragung ins Firmenbuch ist erst ab einer bestimmten Umsatzhöhe oder auf freiwilliger Basis erforderlich.
- Schweiz: Eintragung im Handelsregister ist ab einem Jahresumsatz von 100.000 Schweizer Franken zwingend, unterhalb dieser Grenze ist der Eintrag freiwillig.
Firmierung
Die Firma einer Einzelfirma besteht aus dem Namen, ggf. mit Zusatz (z. B. e. K., e. U. oder e. Kfm.), sowie einer eindeutigen Bezeichnung. In der Firma muss der Name des Inhabers erkennbar sein. Fantasiebezeichnungen sind möglich, solange sie nicht irreführend sind.
Haftung und Vertretung
Persönliche Haftung
Die Inhaberin oder der Inhaber einer Einzelfirma haftet unbeschränkt und persönlich mit dem gesamten Vermögen einschließlich des Privatvermögens für sämtliche Verbindlichkeiten aus dem Unternehmen. Eine Trennung zwischen Geschäfts- und Privatvermögen, wie sie bei Kapitalgesellschaften existiert, besteht hier nicht.
Vertretungsvollmachten
Der Inhaber kann Dritten Prokura oder Handlungsvollmacht erteilen. Dennoch verbleibt das Vertretungsrecht primär bei der Einzelperson, Verantwortlichkeiten sowie die Haftung können vertraglich nicht auf andere übertragen werden.
Buchführung, Rechnungslegung und Publizitätspflichten
Buchführungspflichten
Die Buchführungspflichten richten sich vielfach nach Umsatz, Gewinn und eingetragener oder nicht eingetragener Kaufmannseigenschaft:
- Deutschland: Kleingewerbetreibende unterliegen der einfachen Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR), während eingetragene Kaufleute den gesetzlichen Vorschriften zur doppelten Buchführung nach HGB entsprechen müssen.
- Österreich: Grundsätzlich gilt für Einzelfirmen die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, ab bestimmten Schwellenwerten ist eine doppelte Buchführung gemäß Unternehmensgesetzbuch (UGB) notwendig.
- Schweiz: Für Einzelfirmen besteht eine kaufmännische Buchführungspflicht ab einem Umsatz von 500.000 CHF pro Jahr.
Offenlegungspflichten
Im Regelfall bestehen, anders als bei Kapitalgesellschaften, keine umfangreichen Publizitätspflichten. Einzelfirmen müssen lediglich steuerlich relevante Unterlagen aufbewahren und auf Anfrage vorlegen.
Steuern und Abgaben
Einkommensteuer
Der Gewinn der Einzelfirma unterliegt der persönlichen Einkommensteuer des Inhabers bzw. der Inhaberin. Eine eigenständige Besteuerung der Firma als solche findet nicht statt.
Umsatzsteuer
Einzelfirmen sind wie andere Unternehmensformen grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. Es bestehen bestimmte Erleichterungen, z. B. die Kleinunternehmerregelung in Deutschland, wenn der Umsatz gewisse Grenzen nicht überschreitet.
Gewerbesteuer
In Deutschland unterliegt die Einzelfirma der Gewerbesteuer, sofern es sich um ein Gewerbe handelt. Freiberufliche Einzelfirmen sind davon ausgenommen (§ 18 EStG).
Vorteile und Nachteile der Einzelfirma
Vorteile
- Einfache und kostengünstige Gründung
- Keine gesetzlichen Mindestkapitalanforderungen
- Flexibilität und schnelle Entscheidungswege
- Keine gesellschaftsrechtlichen Mitbestimmungspflichten
Nachteile
- Unbeschränkte Haftung mit Privatvermögen
- Begrenzte Finanzierungsmöglichkeiten
- Geringere Außenwirkung und Wahrnehmung bei größeren Geschäftsvolumina
- Begrenzte Möglichkeiten zur Nachfolge oder Unternehmensübergabe
Beendigung und Nachfolge
Die Einzelfirma endet durch Tod, Geschäftsaufgabe oder Übergabe an eine andere natürliche Person. Eine Übertragung auf andere Unternehmensformen ist mittels Einbringung oder Umwandlung möglich, wozu spezielle gesetzliche Vorschriften eingehalten werden müssen. Die Fortführung durch einen Nachfolger ist unter Beachtung handelsrechtlicher Vorschriften unter bestimmten Bedingungen möglich.
Fazit
Die Einzelfirma ist eine zentrale Unternehmensform, deren rechtliche Gestaltung in vielen Ländern des deutschsprachigen Raums spezielle Vorschriften hinsichtlich Gründung, Haftung, Buchführung und Besteuerung unterliegt. Sie bietet den Einstieg in die Selbstständigkeit mit geringen formellen Hürden und hoher Entscheidungsfreiheit, bringt jedoch erhebliche Risiken durch die unbeschränkte persönliche Haftung mit sich. Die Wahl dieser Geschäftsform sollte unter sorgfältiger Abwägung der individuellen unternehmerischen und persönlichen Situation erfolgen.
Häufig gestellte Fragen
Welche Pflichten zur Buchführung bestehen für eine Einzelfirma?
Einzelfirmen unterliegen grundsätzlich – wie alle Unternehmen – bestimmten Verpflichtungen zur Buchführung. Rechtlich unterscheidet sich das Ausmaß der Buchführungspflichten nach Umsatz und Gewinn der Einzelfirma. Laut Handelsrecht (§ 238 HGB in Deutschland) ist jeder Kaufmann zur Buchführung verpflichtet. Dies gilt zunächst auch für den Inhaber einer Einzelfirma, sobald er kaufmännisch tätig ist und damit als Ist-Kaufmann gilt oder sich ins Handelsregister eintragen lässt (Kann-Kaufmann). Überschritten werden bestimmte Schwellenwerte, wie ein Umsatz von mehr als 600.000 Euro im Jahr oder ein Gewinn von über 60.000 Euro im Jahr (maßgeblich in Deutschland), besteht eine Pflicht zur doppelten Buchführung und zur Erstellung eines Jahresabschlusses nach HGB. Liegen die Umsätze und Gewinne darunter, reicht für den Einzelunternehmer in der Regel die handels- und steuerrechtliche Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) nach § 4 Abs. 3 EStG aus. Allerdings gelten auch dann Aufbewahrungspflichten für Belege, Rechnungen und Buchungsunterlagen (§ 147 AO). Die Verletzung dieser Pflichten kann zu erheblichen steuerlichen Nachteilen und zu Bußgeldern führen.
Welche persönliche Haftung trifft den Inhaber einer Einzelfirma rechtlich?
Der Inhaber einer Einzelfirma haftet nach deutschem Zivilrecht uneingeschränkt, unbeschränkt und persönlich mit seinem gesamten Vermögen für sämtliche Verbindlichkeiten des Unternehmens. Das bedeutet, dass nicht nur das Betriebsvermögen, sondern auch das Privatvermögen des Einzelunternehmers zur Befriedigung der Gläubiger herangezogen werden kann. Eine Haftungsbeschränkung – wie sie beispielsweise bei Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) gilt – ist rechtlich für Einzelfirmen grundsätzlich ausgeschlossen. Dies erstreckt sich auf sämtliche rechtlichen Verpflichtungen, z. B. für Verträge, Steuerforderungen, Sozialversicherungsbeiträge und Schadensersatzansprüche. Auch eine Ehe oder Zugewinngemeinschaft schützt nicht vor der Haftung, das heißt: Gläubiger können nach den gesetzlichen Regelungen auch auf gemeinschaftliches Vermögen zugreifen, sofern keine anderslautenden Vereinbarungen bestehen.
Ist die Eintragung ins Handelsregister für eine Einzelfirma zwingend erforderlich?
Die Eintragung einer Einzelfirma ins Handelsregister ist rechtlich nur dann verpflichtend, wenn es sich bei der Einzelfirma um einen sogenannten Ist-Kaufmann handelt, das heißt, wenn ein nach Art und Umfang kaufmännisch eingerichteter Geschäftsbetrieb vorliegt (§ 1 HGB). Betreibt der Einzelunternehmer keine kaufmännische Tätigkeit oder bleibt der Betrieb in seinem Umfang unter der Schwelle eines kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetriebs, besteht keine Eintragungspflicht. Es steht Einzelunternehmern jedoch offen, sich freiwillig als Kann-Kaufmann ins Handelsregister eintragen zu lassen (§ 2 HGB). Mit Eintragung entstehen zusätzliche Rechte und Pflichten, z. B. Firma im Handelsregister, Pflicht zur doppelten Buchführung und insbesondere auch Publizitätspflichten.
Welche gesetzlichen Vorgaben gibt es zur Firmenbezeichnung einer Einzelfirma?
Für die Bezeichnung einer Einzelfirma gelten strenge handelsrechtliche Bestimmungen. Wird die Einzelfirma im Handelsregister geführt (als Kaufmann), ist die Führung einer sogenannten Firma möglich. Diese muss eine Unterscheidungskraft besitzen, darf nicht irreführend sein und muss den Rechtsformzusatz (eingetragener Kaufmann/e.K.) enthalten (§ 18 HGB, § 19 HGB). Bei nicht eingetragenen Einzelfirmen (Kleingewerbetreibende) muss der volle Vor- und Nachname des Inhabers verwendet werden; Zusätze sind erlaubt, solange sie nicht den Eindruck einer anderen Unternehmensform erwecken oder irreführen (§ 12 BGB, § 15a GewO). Verstöße gegen diese Vorgaben können zu wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen oder zur Löschung der Firma führen.
Welche Besonderheiten ergeben sich beim Abschluss von Verträgen durch eine Einzelfirma?
Im rechtlichen Sinne handelt stets der Inhaber einer Einzelfirma eigenverantwortlich – er ist Vertragspartner und handelt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Die Einzelfirma selbst ist keine juristische Person, sondern lediglich die geschäftliche Hülle des Einzelunternehmers. Vertraglich gebundene Rechte und Pflichten treffen daher unmittelbar den Unternehmer. Lediglich als eingetragener Kaufmann kann unter der Firma gehandelt und Verträge abgeschlossen werden (§ 17, § 433 HGB); rechtlich bleibt aber immer der Inhaber selbst verpflichtet. Will der Einzelunternehmer Dritte, z. B. Angestellte, zur Vertretung bevollmächtigen, gelten die Regelungen der Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB) und für Prokura die Bestimmungen des HGB (§§ 48 ff. HGB).
Welche gesetzlichen Regelungen gelten für die Nachfolge oder Übertragung einer Einzelfirma?
Die Übertragung einer Einzelfirma ist rechtlich nicht ohne weiteres möglich, da es sich nicht um eine eigene Rechtspersönlichkeit handelt. Die Einzelfirma ist an die Person des Inhabers gebunden. Im Rahmen einer Unternehmensnachfolge kann der Betrieb allerdings im Wege der Einzelrechtsnachfolge (Asset Deal) übertragen werden – d. h., einzelne Vermögensgegenstände, Verträge und Verbindlichkeiten werden im Detail über Abtretungsverträge, Übertragungsvereinbarungen etc. an den Nachfolger überführt (§§ 398 ff. BGB). Eine Gesamtrechtsnachfolge (wie bei Erbschaften nach § 1922 BGB) findet nur im Todesfall des Inhabers statt; in diesem Fall tritt der Erbe in sämtliche Rechte und Pflichten ein. Eine Fortführung der Firma im Handelsregister ist nach gesetzlichen Vorgaben (§ 22 HGB) möglich, setzt aber eine entsprechende Eintragung voraus.
Welche gesetzlichen Meldepflichten bestehen für eine Einzelfirma?
Je nach Art und Umfang der Tätigkeit existieren für die Einzelfirma verschiedene Meldepflichten. Zunächst ist die Anmeldung des Gewerbes bei der zuständigen Gemeinde/Gewerbeamt erforderlich (§ 14 GewO). Bestimmte Tätigkeiten (z. B. Handwerksbetrieb) erfordern zusätzlich eine Eintragung in die Handwerksrolle (§ 1 HwO). Nach Anmeldung beim Gewerbeamt erfolgt eine automatische Benachrichtigung des Finanzamts, das anschließend den Unternehmer steuerlich erfasst. Bestimmte Branchen unterliegen zudem behördlichen Erlaubnis- und Meldepflichten (z. B. Bewachungsgewerbe, Gaststätten, Maklerwesen). Darüber hinaus besteht bei Beschäftigung von Mitarbeitern die Pflicht zur Meldung bei der Sozialversicherung (§ 28a SGB IV) und ggf. bei der Berufsgenossenschaft. Fehlerhafte oder unterlassene Meldungen sind rechtlich als Ordnungswidrigkeiten zu werten, die Geldbußen oder Nachforderungen nach sich ziehen können.