Legal Lexikon

Einzelfirma


Begriff und Grundlagen der Einzelfirma

Die Einzelfirma ist eine weit verbreitete und grundlegende Unternehmensform im deutschsprachigen Wirtschaftsraum, insbesondere in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie kennzeichnet sich dadurch, dass eine einzelne, natürliche Person ein Handelsgewerbe betreibt und unter eigenem Namen am Geschäftsleben teilnimmt. Die Einzelfirma ist keine juristische Person, sondern handelt und haftet unmittelbar durch die Inhaberin oder den Inhaber. Aufgrund ihrer Einfachheit und geringen Gründungsvoraussetzungen stellt sie die typische Rechtsform für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), insbesondere in den Bereichen Handel, Dienstleistungen und Handwerk dar.


Rechtliche Voraussetzungen und Gründung

Gründungsvorgang

Zur Errichtung einer Einzelfirma bedarf es keiner besonderen Formalitäten. Sie entsteht bereits mit der Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit durch eine natürliche Person. Eine Eintragung ins Handelsregister ist nur dann erforderlich, wenn ein sog. Kaufmann gemäß Handelsgesetzbuch (HGB) vorliegt, also ein Gewerbebetrieb mit kaufmännischer Einrichtung betrieben wird (§ 1 Abs. 2 HGB). Andernfalls genügt die Anmeldung beim Gewerbeamt gemäß Gewerbeordnung (GewO).

Eintragungspflicht und Firmenname

Bei der Anmeldung der Einzelfirma kommt der Wahl und Führung des Firmennamens eine rechtliche Bedeutung zu. Während der Name bei nicht im Handelsregister eingetragenen Einzelunternehmen zwingend den bürgerlichen Namen des Inhabers enthalten muss, genießt die eingetragene Einzelfirma eine größere Gestaltungsfreiheit im Rahmen der Firmierung, muss jedoch die Unterscheidbarkeit gegenüber anderen Unternehmen sicherstellen. Für die Eintragung im Handelsregister gelten die Vorschriften der §§ 17 ff. HGB zum Firmenrecht.


Haftung und Vertretung

Persönliche Haftung

Die Inhaberin oder der Inhaber einer Einzelfirma haftet unbeschränkt, das heißt mit dem gesamten Geschäfts- und Privatvermögen, für alle Verbindlichkeiten des Unternehmens (§ 13 HGB). Eine Beschränkung der Haftung wie bei Kapitalgesellschaften ist im Rahmen der Einzelfirma nicht möglich. Auch Ehegatten oder Lebenspartner sind nicht automatisch beteiligt; die Haftung bezieht sich allein auf die handelnde Person.

Vertretung und Geschäftsführung

Die Führung und Vertretung der Einzelfirma liegt ausschließlich bei der Inhaberin oder dem Inhaber. Eine Delegation von Geschäftsführungsaufgaben an Dritte ist möglich, eine Übertragung der Unternehmenseigenschaft selbst hingegen nicht. Mit der Eintragung ins Handelsregister können Prokuristen bestellt werden, deren Vertretungsmacht sich nach den Vorschriften der §§ 48 ff. HGB richtet.


Pflichtangaben, Rechnungswesen und Publizität

Buchführung und Bilanzierung

Ob für eine Einzelfirma die Pflicht zur doppelten Buchführung und Erstellung eines Jahresabschlusses besteht, hängt davon ab, ob sie als Kaufmann einzustufen ist. Kleinere Gewerbetreibende können oftmals die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) nach § 4 Abs. 3 EStG anwenden. Erst bei Überschreiten der Schwellenwerte gemäß § 141 AO oder bei Eintragung ins Handelsregister sind die Anforderungen der kaufmännischen Buchführung nach §§ 238 ff. HGB zu beachten.

Publizität und Offenlegungspflichten

Einzelfirmen unterliegen – im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften – in der Regel keinen umfangreichen Publizitäts- oder Offenlegungspflichten. Besteht eine Eintragung im Handelsregister, sind bestimmte Änderungen, beispielsweise Wechsel des Geschäftsinhabers, im Handelsregister anzuzeigen. Kapitalmarktrechtliche Veröffentlichungspflichten treffen Einzelfirmen grundsätzlich nicht.


Steuerrechtliche Aspekte der Einzelfirma

Einkommensteuer

Eine Einzelfirma ist nicht steuerpflichtig im Sinne einer eigenständigen Steuersubjektivität. Vielmehr werden sämtliche Gewinne und Verluste unmittelbar der Inhaberin oder dem Inhaber zugerechnet und im Rahmen der Einkommensteuer nach dem persönlichen Steuersatz versteuert (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG).

Gewerbesteuer und Umsatzsteuer

Erwirtschaftet die Einzelfirma gewerbliche Einkünfte, unterliegt sie der Gewerbesteuer gemäß § 2 Abs. 1 GewStG, wobei ein Freibetrag für natürliche Personen und Personengesellschaften zu berücksichtigen ist (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG). Weiterhin ist sie regelmäßig umsatzsteuerpflichtig (§ 2 UStG), es sei denn, sie fällt unter die Kleinunternehmerregelung.


Beendigung, Übertragung und Nachfolge

Auflösung und Löschung

Die Einzelfirma erlischt durch Aufgabe des Betriebs, Tod des Inhabers oder durch Übertragung des Geschäftsbetriebs auf eine andere Person. In solchen Fällen ist eine etwaige Löschung aus dem Handelsregister nach §§ 31, 34 HGB zu veranlassen. Eine Liquidation wie bei Gesellschaften erfolgt nicht.

Unternehmensnachfolge

Im Erbfall kann die Einzelfirma im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erbin oder den Erben übergehen. Die rechtliche Identität als Einzelfirma bleibt dabei erhalten, sofern der Betrieb nahtlos fortgeführt wird. Eine explizite Übertragung des Handelsgeschäfts ist unter Beachtung der handelsrechtlichen Bestimmungen ebenfalls möglich.


Abgrenzung zu anderen Unternehmensformen

Die Einzelfirma unterscheidet sich grundlegend von Personengesellschaften (z.B. GbR, OHG, KG) und Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, AG). Während Personengesellschaften durch mehrere natürliche oder juristische Personen gemeinsam betrieben werden, steht hinter der Einzelfirma immer nur eine handelnde natürliche Person. Kapitalgesellschaften sind rechtlich selbstständige juristische Personen und kennzeichnen sich insbesondere durch die Haftungsbegrenzung auf das Gesellschaftsvermögen sowie formale Gründungsvoraussetzungen.


Bedeutung und Vorteile der Einzelfirma im Wirtschaftsleben

Die Einzelfirma hat aufgrund ihrer unkomplizierten Gründung, geringen formalen Anforderungen und hohen Flexibilität eine unverändert große praktische Bedeutung im Wirtschaftsleben. Sie ermöglicht Einzelpersonen schnellen Zugang zur unternehmerischen Tätigkeit, birgt aber auch das Risiko der unbeschränkten persönlichen Haftung. Eine Umwandlung in eine andere Rechtsform ist jederzeit unter Beachtung der entsprechenden gesetzlichen Vorschriften möglich.


Literatur und weiterführende Quellen

  • Handelsgesetzbuch (HGB)
  • Einkommensteuergesetz (EStG)
  • Gewerbeordnung (GewO)
  • Umsatzsteuergesetz (UStG)
  • Allgemeine Literatur zum Handels- und Gesellschaftsrecht

Hinweis: Die Einzelfirma stellt eine grundlegende Ausgangsform für die Selbstständigkeit dar. Bei geplanten Gründungen und individuellen Fragestellungen empfiehlt sich die sorgfältige Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen.

Häufig gestellte Fragen

Wer haftet bei einer Einzelfirma und in welchem Umfang?

Bei einer Einzelfirma haftet ausschließlich der Inhaber persönlich und unbeschränkt für alle Verbindlichkeiten und Verpflichtungen des Unternehmens. Das bedeutet, dass sowohl das betriebliche als auch das gesamte private Vermögen des Inhabers zur Begleichung etwaiger Forderungen herangezogen werden können. Eine Haftungsbeschränkung, wie sie etwa bei Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, AG) besteht, existiert nicht. Im Falle einer Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz kann folglich der Gläubiger nicht nur auf die betrieblichen, sondern auch auf die privaten Vermögenswerte, wie Immobilien, Bankguthaben oder sonstige Wertgegenstände des Inhabers zugreifen. Ehepartner sind im Regelfall nicht automatisch von der Haftung betroffen, es sei denn, sie haben sich persönlich für die Verbindlichkeiten der Einzelfirma verbürgt oder mit unterschrieben.

Welche Melde- und Registrierungspflichten bestehen für eine Einzelfirma?

Die Melde- und Registrierungspflichten einer Einzelfirma richten sich nach dem Sitz und dem Umfang der Geschäftstätigkeit. In Deutschland muss die Aufnahme des Gewerbebetriebs zunächst beim zuständigen Gewerbeamt angezeigt werden (Gewerbeanmeldung). Dabei müssen personenbezogene Daten, die genaue Tätigkeit und ggf. branchenspezifische Nachweise, wie zum Beispiel Handwerkskarten, eingereicht werden. Liegt der Jahresgewinn oder Jahresumsatz über bestimmten Schwellenwerten (derzeit 60.000 Euro Gewinn oder 600.000 Euro Umsatz), ist gemäß Handelsgesetzbuch (HGB) darüber hinaus eine Eintragung ins Handelsregister als Kaufmann (§ 1 HGB, sogenannte Kann- und Ist-Kaufleute) verpflichtend. Eine freiwillige Eintragung ist schon vorher möglich und kann bestimmte Rechte und Pflichten auslösen (z.B. Führen einer Firma, Prokuraerteilung). Selbständige Freiberufler unterliegen nicht der Gewerbeanmeldung, ggf. aber anderen Meldepflichten, beispielsweise bei der Steuerbehörde.

Unterliegt eine Einzelfirma der Buchführungspflicht und wenn ja, nach welchen Vorschriften?

Grundsätzlich unterliegt eine Einzelfirma nur dann der doppelten Buchführungspflicht nach Handelsgesetzbuch (HGB), wenn gesetzliche Schwellenwerte überschritten werden: Ein Umsatz von mehr als 600.000 Euro oder ein Gewinn von mehr als 60.000 Euro im Jahr zieht die Pflicht nach sich, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu erstellen (§ 238 ff. HGB). Bleiben Umsatz und Gewinn unterhalb dieser Grenzen, genügt die einfache Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Nach Eintragung ins Handelsregister ist die Einzelfirma unabhängig von diesen Schwellenwerten buchführungspflichtig. Branchenspezifische Sonderregelungen (z.B. für Land- und Forstwirte) sind möglich und werden durch Spezialgesetze geregelt.

Wer ist befugt, eine Einzelfirma zu vertreten und Verträge abzuschließen?

Die alleinige Vertretungsmacht in einer Einzelfirma liegt grundsätzlich beim Inhaber. Dieser kann Geschäfte tätigen und Verträge abschließen, die das Unternehmen betreffen. Die Bestellung eines Geschäftsführers ist bei reinen Einzelfirmen nicht vorgesehen, da der Inhaber selbst als natürliche Person handelt. Allerdings kann der Inhaber anderen Personen eine Vertretungsmacht einräumen, z.B. durch die Erteilung von Prokura (§ 48 ff. HGB) oder Handlungsvollmacht (§ 54 HGB), sofern ein Handelsgewerbe im Sinne des HGB vorliegt und die Eintragung im Handelsregister erfolgt ist. Solche Vollmachten sind gesetzlich geregelt, unterliegen einer bestimmten Form und müssen ggf. öffentlich bekannt gemacht werden.

Welche steuerlichen Pflichten treffen den Inhaber einer Einzelfirma?

Der Inhaber einer Einzelfirma ist verpflichtet, seine betrieblichen Einkünfte im Rahmen der Einkommensteuererklärung innerhalb der Einkunftsart „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ oder „Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit“ (bei Freiberuflern) zu deklarieren. Aufwendungen und Betriebsausgaben können vom Gewinn abgezogen werden. Es besteht zudem die Pflicht, vierteljährliche Einkommensteuervorauszahlungen zu leisten, sofern ein entsprechender Steuerbescheid vorliegt. Je nach Umsatz ist auch die Anmeldung und Abführung von Umsatzsteuer erforderlich (Kleinunternehmerregelung gem. § 19 UStG kann anwendbar sein). Ferner können je nach Art und Tätigkeitsgebiet weitere Steuerarten wie Gewerbesteuer (Gewerbetreibende oberhalb des Freibetrags), Lohnsteuer (bei Vorliegen von Arbeitnehmern) und ggf. andere betriebsbezogene Steuern (z.B. Grundsteuer) anfallen.

Was passiert rechtlich im Falle des Todes des Inhabers einer Einzelfirma?

Beim Tod des Inhabers geht die Einzelfirma im rechtlichen Sinne auf die Erben über (§ 1922 ff. BGB). Die Firma wird jedoch als solche nicht fortgeführt, vielmehr erben die Nachfolger die einzelnen Vermögenswerte und auch die Schulden des Betriebs. Es besteht die Möglichkeit, die gewerbliche Tätigkeit unter dem bisherigen Namen weiterzuführen, sofern dies im Handelsregister entsprechend angezeigt wird und keine Verwechslungsgefahr besteht. Die Erben treten rechtlich in die Rechtsstellung des Inhabers ein und können entscheiden, ob sie das Unternehmen aktiv weiterführen, liquidieren oder veräußern möchten. Für alle Schulden, auch solche aus der Zeit vor dem Erbfall, haften sie vollumfänglich mit dem Nachlass – ggf. sogar mit dem eigenen Vermögen, falls das Erbe nicht ausgeschlagen oder eine Nachlassverwaltung beantragt wird.

Welche arbeitsrechtlichen Pflichten bestehen für Inhaber einer Einzelfirma mit Beschäftigten?

Haben Inhaber einer Einzelfirma Arbeitnehmer beschäftigt, so gelten sämtliche arbeitsrechtlichen Vorschriften, wie z.B. das Kündigungsschutzgesetz (ab einer bestimmten Betriebsgröße), das Mindestlohngesetz, Arbeitszeitgesetz und weitere spezielle Regelungen (z.B. Mutterschutz, Schwerbehindertenschutz). Die Einhaltung der Meldepflichten bei den Sozialversicherungsträgern ist unerlässlich, das gilt insbesondere für die Anmeldung zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft). Arbeitsverträge unterliegen gesetzlichen Formvorschriften und sind nachweislich aufzusetzen. Bei einer geplanten Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind Kündigungsfristen und ggf. Besonderheiten des betrieblichen Alltags zu beachten, da Verstöße zu arbeitsrechtlichen Klagen führen können.