Begriff und rechtliche Einordnung der Einheitsgründung
Unter dem Begriff Einheitsgründung versteht man im deutschen Gesellschaftsrecht eine besondere Form der Gründung einer Kapitalgesellschaft, bei der der oder die Gründerinnen beziehungsweise Gründer zugleich sämtliche Anteile an der neu zu errichtenden Gesellschaft übernehmen. Am häufigsten tritt die Einheitsgründung im Kontext der GmbH sowie der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft (UG) auf, kann jedoch prinzipiell auch bei anderen Kapitalgesellschaften, etwa der Aktiengesellschaft (AG), eine Rolle spielen.
Abgrenzung zur Mehrpersonengründung
Im Gegensatz zur Mehrpersonengründung handelt es sich bei der Einheitsgründung um eine Gründung durch eine einzige natürliche oder juristische Person, die sowohl die Funktion des Gründers als auch des alleinigen Gesellschafters übernimmt. Dies stellt besondere Anforderungen an die rechtliche Gestaltung des Gründungsakts, insbesondere um Interessenkonflikte, sogenannte Insichgeschäfte und formelle Anforderungen ordnungsgemäß zu adressieren.
Rechtlicher Rahmen und Ablauf der Einheitsgründung
Gesellschaftsvertrag und Gründungsakt
Bei der Einheitsgründung erfolgt die Errichtung der Gesellschaft wie bei der Mehrpersonengründung durch Abschluss eines notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrags, der die grundlegenden Rechte und Pflichten sowie die Organisation der Gesellschaft regelt. Da es nur einen Gesellschafter gibt, entfällt die Mehrzahl der auf die Zusammenarbeit mehrerer Personen gerichteten Regelungen; dennoch sind die zwingenden Vorgaben des GmbHG bzw. AktG strikt einzuhalten.
Anforderungen an den Notar
Der Notar hat bei der Beurkundung besondere Sorgfaltspflichten. Da der einzige Gründer zugleich alle Gesellschaftsanteile übernimmt, entfällt die Wechselbeziehung zwischen mehreren Gründern. Dies führt dazu, dass die Interessenwahrung, der Nachweis der Willensbildung und die Einhaltung formaler Anforderungen geprüft werden müssen, insbesondere im Hinblick auf das sogenannte Insichgeschäft (§ 181 BGB).
Einzahlung und Nachweis des Stammkapitals
Auch im Rahmen der Einheitsgründung ist die vollständige oder teilweise Einzahlung des Stammkapitals Voraussetzung für das Entstehen der Gesellschaft, vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 GmbHG. Die Einzahlung kommt ausschließlich vom Alleingesellschafter. Die Nachweise über die Einzahlung bzw. Sachgründung sind – wie auch bei Mehrpersonengründungen – dem Handelsregister vorzulegen.
Anmeldung zum Handelsregister
Die Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister erfolgt durch sämtliche Geschäftsführer, die gleichzeitig eine Versicherung abgeben müssen, dass alle Gesellschafter ihre Einlagen auf das Stammkapital ordnungsgemäß erbracht haben und dass andere Gründungserfordernisse erfüllt sind. Im Fall der Einheitsgründung muss der Alleingesellschafter als einziger Gründer und oftmals als einziger Geschäftsführender diese Erklärung abgeben. Die besonderen Haftungsvorschriften nach § 9a GmbHG finden auch bei der Einheitsgründung Anwendung.
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und Unternehmergesellschaft (UG)
Die Einheitsgründung ist insbesondere bei der GmbH und der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft relevant, da das Gesetz ausdrücklich die Möglichkeit der Einpersonen-Gesellschaft vorsieht (§ 1 Abs. 1a GmbHG). Das Modell der Ein-Personen-GmbH ist etabliert, um Einzelunternehmerinnen und -unternehmern die Möglichkeit zu bieten, sich haftungsbeschränkt zu betätigen.
Besonderheiten der Einheitsgründung
Insichgeschäft und Interessenkonflikte
Da der Gründer zugleich Alleingesellschafter und regelmäßig alleiniger Geschäftsführer ist, sind Besonderheiten im Hinblick auf Selbstkontrahierung (Insichgeschäft) nach § 181 BGB zu beachten. Mitteilungen, Willenserklärungen und Rechtsgeschäfte zwischen dem Gesellschafter und der von ihm beherrschten Gesellschaft sind grundsätzlich zulässig, sofern sie nicht gegen gesetzliche Vorschriften oder den Gesellschaftsvertrag verstoßen. Die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften gehen insoweit den Beschränkungen des § 181 BGB vor, sodass Gründer und Geschäftsführer im Einpersonenverhältnis handlungsfähig bleiben.
Offenlegungspflichten
Der Umfang der Offenlegungspflichten im Rahmen der Einheitsgründung unterscheidet sich nicht wesentlich von jenen bei Mehrpersonengesellschaften. Allerdings verlangt das Handelsregister zusätzlich die explizite Angabe, ob es sich um eine Einpersonen-Gesellschaft handelt (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG). Änderungen in der Gesellschafterstruktur müssen ebenfalls gemeldet werden.
Übertragung von Geschäftsanteilen
Bei Einheitsgründungen ist zu beachten, dass die Übertragung von Geschäftsanteilen oder die Aufnahme neuer Gesellschafter später zu einer Änderung von Willensbildungsprozessen und rechtlichen Rahmenbedingungen führen kann. Die Veräußerung oder Abtretung von Geschäftsanteilen unterliegt auch hier der notariellen Beurkundungspflicht (§ 15 GmbHG).
Steuerliche Aspekte der Einheitsgründung
Kapitalgesellschaften unterliegen der Körperschaftssteuer und der Gewerbesteuer, unabhängig von der Gesellschafterzahl. Im Rahmen der Einheitsgründung können steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten, insbesondere im Hinblick auf mitunter entstehende verdeckte Gewinnausschüttungen bei alleinigen Gesellschaftern, eine Rolle spielen. Zwischen der Gesellschaft und deren Gesellschafter oder Gesellschaftsorganen abgeschlossene Verträge werden steuerlich daraufhin geprüft, ob sie dem Fremdvergleich standhalten.
Haftungsfragen bei der Einheitsgründung
Auch bei der Einheitsgründung haftet die Gesellschaft grundsätzlich nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Die persönliche Haftung des Alleingesellschafters ist auf die Einlage beschränkt. In der Gründungsphase haftet der oder die Gründer allerdings für bestimmte Verbindlichkeiten analog der Mehrpersonengründung (Haftung für das sogenannte „Vorgründungsgesellschaft“ und für unrichtige Angaben gegenüber dem Handelsregister).
Internationale Einheitsgründungen
Im Rahmen der grenzüberschreitenden Niederlassungsfreiheit im europäischen Binnenmarkt ist die Einheitsgründung, etwa in Form der Société à responsabilité limitée (SARL) oder Private Limited Company (Ltd.), ebenfalls gängige Praxis. Die deutsche Rechtslage ist in diesen Fällen mit Blick auf das europäische Gesellschaftsrecht und das Internationale Privatrecht abzugleichen.
Fazit
Die Einheitsgründung stellt im deutschen Gesellschaftsrecht eine weit verbreitete und praxisrelevante Gründungsform dar, die besonders Einzelpersonen ermöglicht, Unternehmen mit beschränkter Haftung zu etablieren. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind insbesondere im GmbHG, AktG und im BGB geregelt und umfassen spezifische Anforderungen an Gründungsakte, Kapitalaufbringung, Vertretungsverhältnisse und Offenlegungspflichten. Die Einheitsgründung unterliegt dabei den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen sowie steuerlichen Vorschriften und bietet Unternehmerinnen und Unternehmern einen flexiblen und rechtssicheren Weg zur Etablierung einer Kapitalgesellschaft.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Schritte sind bei der Gründung einer juristischen Person zu beachten?
Vor der wirksamen Gründung einer juristischen Person, beispielsweise einer GmbH oder AG, sind verschiedene rechtliche Schritte einzuhalten. Zunächst ist die Gründung durch einen notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag zwingend erforderlich (§ 2 GmbHG, § 23 AktG). Bereits vor der Eintragung im Handelsregister besteht eine sogenannte Vor-Gesellschaft, die jedoch nicht die vollständigen Rechte und Pflichten der späteren juristischen Person besitzt. Anschließend ist die Anmeldung zum Handelsregister durch die Geschäftsführer vorzunehmen. Die Anmeldung muss mit bestimmten Unterlagen, wie der Gründungsurkunde, der Gesellschafterliste und Nachweis über die Leistung der Mindesteinlage (bei der GmbH 25.000 EUR), erfolgen. Erst mit der Eintragung in das Handelsregister entsteht die juristische Person mit Rechtsfähigkeit. In vielen Fällen sind zudem genehmigungsrechtliche Aspekte, wie Gewerbeanmeldung oder behördliche Genehmigungen, zu prüfen und einzuhalten.
Welche Organe sind bei der Einheitsgründung zwingend zu bestellen?
Die zwingend zu bestellenden Organe richten sich nach der gewählten Rechtsform. Bei der GmbH sind mindestens ein oder mehrere Geschäftsführer zu bestellen, die die Gesellschaft nach außen vertreten. Hinzu kommt die Gesellschafterversammlung als beschlussfassendes Organ. Bei der AG müssen Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung eingerichtet werden. Die Bestellung der Organe hat durch den Gesellschaftsvertrag oder durch die Gesellschafterversammlung zu erfolgen. Sind diese Organe nicht oder fehlerhaft bestellt, kann das Registergericht die Eintragung verweigern. Weiterhin können Haftungsrisiken und eine eingeschränkte Handlungsfähigkeit der Gesellschaft bestehen.
Welche Haftungsfragen stellen sich während der Gründungsphase?
Bis zur Eintragung in das Handelsregister haften in der sogenannten Vor-Gesellschaft grundsätzlich neben der Gesellschaft auch die handelnden Gesellschafter persönlich und gesamtschuldnerisch für Verbindlichkeiten. Mit der Eintragung übernimmt die juristische Person grundsätzlich alle Rechte und Pflichten. Dennoch kann eine sogenannte Durchgriffshaftung möglich sein, wenn die Gründung mangelhaft durchgeführt oder Kapitalanforderungen nicht erfüllt wurden („Haftung aus vorbelasteter Gesellschaft“). Insbesondere bei der GmbH ist auf die richtige und vollständige Kapitalaufbringung und -erhaltung zu achten, da andernfalls persönliche Haftung der Gesellschafter droht (§ 9a GmbHG).
Welche Mitwirkungspflichten und Zustimmungen sind bei der Gründung erforderlich?
Je nach Gesellschaftsform sind bestimmte Mitwirkungspflichten zu beachten. So müssen bei der GmbH sämtliche Gesellschafter die Satzung unterzeichnen und ggf. weitere Dokumente als Gesellschafter vor dem Notar unterzeichnen. Oft sind Zustimmungen von Ehepartnern oder gesetzlichen Vertretern notwendig, etwa bei Minderjährigen als Gesellschafter oder bei Miteigentum am eingebrachten Vermögen (§§ 107, 1643 BGB). Bei der AG ist die Mitwirkung mehrerer Gründungsaktionäre mit Unterschriftsleistung unter die Satzung und erstmaliger Bestellung von Vorstand und Aufsichtsrat erforderlich. Eine fehlerhafte Mitwirkung kann die Gründung unwirksam machen oder zu einer späteren Anfechtung führen.
Welche formalen Anforderungen bestehen an den Gesellschaftsvertrag?
Der Gesellschaftsvertrag (bei der AG als Satzung bezeichnet) muss bestimmte Mindestinhalte aufweisen, dazu zählen u.a. Firma, Sitz, Gegenstand des Unternehmens, Höhe des Stammkapitals bzw. Grundkapitals und die Zahl und Übernahme der Anteile (§ 3 GmbHG, § 23 AktG). Weitere Klauseln wie Gewinnverwendung, Stimmrechte oder Regelungen zur Geschäftsführung sollten enthalten sein, können aber individuell ausgehandelt werden. Der Vertrag ist stets in notariell beurkundeter Form zu errichten, anderenfalls ist die Gründung nichtig. Änderungen im Vertrag während der Gründung bedürfen ebenfalls der notariellen Beurkundung.
Welche Vorgaben gibt es zur Einzahlung des Stammkapitals bzw. Grundkapitals?
Für die wirksame Anmeldung und Gründung ist bei der GmbH die Erbringung eines Mindeststammkapitals von 25.000 EUR, bei der AG eines Grundkapitals von mindestens 50.000 EUR vorgeschrieben (§ 5 GmbHG, § 7 AktG). Im Zeitpunkt der Gründung muss bei der GmbH mindestens die Hälfte des Stammkapitals als Bareinlage vorliegen und auf ein Geschäftskonto der Gesellschaft eingezahlt werden. Sacheinlagen sind zulässig, bedürfen jedoch genauer vertraglicher Beschreibung und Bewertung sowie Nachweises gegenüber dem Registergericht. Bei unvollständiger Einzahlung oder Scheinleistungen besteht ein erhebliches Haftungsrisiko.
Welche Besonderheiten gelten für die Eintragung im Handelsregister?
Die Gesellschaft wird erst mit der wirksamen Eintragung in das Handelsregister zu einer rechtsfähigen juristischen Person (§ 11 GmbHG, § 41 AktG). Die Anmeldung muss von allen Geschäftsführern oder dem Vorstand in öffentlicher Beglaubigung erfolgen. Dem Registergericht sind hierfür alle notwendigen Dokumente vorzulegen, darunter notariell beurkundeter Gesellschaftsvertrag, Gesellschafterliste, Nachweise über Kapitalaufbringung, ggf. Genehmigungen und weitere Anmeldungen, wie Handelsregister-Formulare. Die Prüfung durch das Registergericht ist sehr formalisiert und kann bei Fehlern oder Unvollständigkeiten zu einer Zurückweisung führen, was die Gründung erheblich verzögert.