Definition und rechtliche Grundlagen der „zugesicherten Eigenschaften“
Der Begriff der zugesicherten Eigenschaften ist ein zentraler Rechtsbegriff im deutschen Zivilrecht, insbesondere im Kaufrecht (§§ 434 ff. BGB) und Werkvertragsrecht (§§ 633 ff. BGB). Zugesicherte Eigenschaften bezeichnen bestimmte, ausdrücklich vereinbarte Merkmale oder Beschaffenheiten eines Vertragsgegenstandes oder einer Werkleistung, deren Vorhandensein der Verkäufer oder Werkunternehmer dem Vertragspartner garantiert. Die rechtliche Relevanz zugesicherter Eigenschaften liegt darin, dass an ihre Zusicherung erhebliche Gewährleistungs- und Haftungsfolgen geknüpft sind.
Abgrenzung zum Begriff der „Eigenschaft“
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 434 Abs. 1 BGB) wird zwischen der gewöhnlichen Beschaffenheit einer Sache und einer zugesicherten Eigenschaft differenziert. Während Eigenschaften allgemeine wertbildende Merkmale und tatsächliche Gegebenheiten einer Sache bezeichnen, sind zugesicherte Eigenschaften konkret vereinbarte Eigenschaften, deren Vorliegen eine Vertragspartei aktiv als garantiert erklärt hat. Eine bloße Beschreibung einer Sache oder allgemeine Werbeaussagen genügen hierfür nicht.
Voraussetzungen einer zugesicherten Eigenschaft
1. Vereinbarung im Vertrag
Das Merkmal muss Gegenstand einer ausdrücklichen oder zumindest erkennbaren, konkludenten Willenserklärung sein, sodass der Käufer oder Besteller auf die Gewähr des Vorhandenseins dieser Eigenschaft vertrauen durfte.
2. Bedeutung für den Zweck
Die zugesicherte Eigenschaft muss für die Brauchbarkeit oder den Wert der Sache oder des Werkes wesentlich sein. Typisch sind Zusicherungen über Haltbarkeit, Leistung, Baujahr, Unfallfreiheit oder Qualität.
3. Zeitpunkt
Die Eigenschaft muss im Zeitpunkt des Gefahrenübergangs (bei Kauf) oder der Abnahme (bei Werkvertrag) vorliegen bzw. bestehen.
Rechtliche Wirkungen der Zusicherung
1. Gewährleistungsrechte
Liegt eine zugesicherte Eigenschaft nicht vor, handelt es sich regelmäßig um einen Mangel im Sinne der §§ 434, 633 BGB. Der Käufer oder Besteller kann dann die gesetzlichen Gewährleistungsrechte wie Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz beanspruchen.
2. Schadensersatz wegen Nichterfüllung
Gemäß §§ 280, 281, 283, 311a BGB kann der Käufer oder Besteller bei Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft Schadensersatzansprüche geltend machen, insbesondere auch wegen Mangelfolgeschäden. Früher (§ 463 BGB a.F.) war sogar eine verschärfte Haftung für zugesicherte Eigenschaften geregelt, heute ist dies über die allgemeinen Vorschriften abgesichert.
3. Beweislast
Wurde eine Eigenschaft ausdrücklich zugesichert, so trägt der Verkäufer bzw. Werkunternehmer die Beweislast dafür, dass die Eigenschaft bei Gefahrübergang bzw. bei Abnahme tatsächlich vorhanden war, sofern der Vertragspartner das Fehlen behauptet.
Beispiele für zugesicherte Eigenschaften
Zugesicherte Eigenschaften finden sich in vielfältigen Bereichen des Rechtsverkehrs, darunter:
Kaufverträge über Kraftfahrzeuge: „unfallfrei“, „Erstzulassung 2024″, „originalgetreue Ausstattung“
Immobilienkauf: „Baujahr 2015“, „energieeffizient“, „frei von Altlasten“
* Werkverträge: „wasserdicht“, „VDE-geprüfte Installation“, „Einsatz von zertifizierten Materialien“
Folgen des Fehlens zugesicherter Eigenschaften
1. Rücktritt vom Vertrag
Der Vertragspartner kann bei Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft in der Regel sofort und ohne Fristsetzung vom Vertrag zurücktreten.
2. Schadensersatz umfassend
Die Haftung erstreckt sich auch auf Schäden, die nicht am Vertragsgegenstand selbst entstanden sind (Mangelfolgeschäden), sofern diese mit der zugesicherten Eigenschaft im Zusammenhang stehen.
3. Kein Haftungsausschluss
Ein im Vertrag vereinbarter allgemeiner Haftungsausschluss ist bezüglich zugesicherter Eigenschaften regelmäßig unwirksam (§ 444 BGB), sofern nicht eine Individualvereinbarung getroffen wurde und keine Arglist vorliegt.
Besonderheiten im unternehmerischen Geschäftsverkehr
Im Handelsrecht und im B2B-Geschäft finden zugesicherte Eigenschaften vor allem in Zusammenhang mit Handelsbräuchen, standardisierten Produktbeschreibungen und Qualitätssicherungsvereinbarungen Anwendung. Häufig werden diese Eigenschaften in Spezifikationen oder Zertifikaten dokumentiert.
Ausblick: Entwicklung durch Gesetzgebung und Rechtsprechung
Die Anforderungen und Rechtsfolgen im Zusammenhang mit zugesicherten Eigenschaften unterliegen einem stetigen Wandel durch die Rechtsprechung, etwa im Hinblick auf die Abgrenzung zur bloßen Beschaffenheitsvereinbarung. Auch europarechtliche Vorgaben, insbesondere die Warenkaufrichtlinie und Verbraucherschutzvorschriften, beeinflussen die Entwicklung.
Zusammenfassung
Zugesicherte Eigenschaften haben im deutschen Zivilrecht erhebliche Bedeutung für die Vertragsauslegung und -abwicklung. Ihre Zusicherung dient der Rechtssicherheit und dem Vertrauensschutz und stärkt die Gewährleistungsrechte des Käufers oder Bestellers. Die daraus resultierenden Ansprüche sind weitreichend und können bis zu umfassendem Schadensersatz reichen, wenn die zugesicherte Eigenschaft fehlt. Die exakte Unterscheidung zu allgemeinen Beschaffenheitsangaben bleibt regelmäßig Gegenstand gerichtlicher Klärung.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist rechtlich für das Vorliegen zugesicherter Eigenschaften verantwortlich?
Für das Vorliegen zugesicherter Eigenschaften haftet in der Regel der Verkäufer oder der Hersteller, sofern im Rahmen eines Vertrags – meist eines Kaufvertrags oder Werkvertrags – eine bestimmte Eigenschaft ausdrücklich zugesichert wurde. Diese Zusicherung kann sowohl ausdrücklich als auch konkludent, also durch schlüssiges Verhalten oder Aussage, erfolgen. Im deutschen Recht ist insbesondere § 434 und § 633 BGB einschlägig, in denen sowohl beim Kaufvertrag als auch beim Werkvertrag geregelt wird, dass eine Abweichung von der zugesicherten Eigenschaft als Sachmangel gilt. Im Falle einer Nichterfüllung der zugesicherten Eigenschaft können dem Käufer bzw. Besteller vielfältige Rechte zustehen: Neben Nacherfüllung oft auch Schadensersatzansprüche, Rücktritt oder Minderung. Besonders relevant wird dies bei öffentlichkeitswirksamen Werbeaussagen oder schriftlichen Zusagen in Vertragsdokumenten. Die Rechtsfolgen für eine fehlende oder fehlerhafte zugesicherte Eigenschaft gehen häufig über die normalen Mängelansprüche hinaus und beinhalten oftmals eine Haftung auf Ersatz auch solcher Schäden, die aus dem Fehlen der zugesicherten Eigenschaft resultieren.
Wie unterscheidet sich die zugesicherte Eigenschaft von einer bloßen Beschaffenheitsangabe im rechtlichen Sinne?
Im deutschen Zivilrecht ist zwischen einer bloßen Beschaffenheitsangabe und einer ausdrücklichen Zusicherung zu unterscheiden. Während Beschaffenheitsangaben objektive oder übliche Merkmale einer Kaufsache oder eines Werks betreffen, geht die zugesicherte Eigenschaft weiter: Sie stellt ein verbindliches Versprechen dar, dass ein bestimmtes Merkmal in jedem Fall vorliegt und für die Entscheidung des Vertragspartners wesentlich ist. Rechtlich ist die zugesicherte Eigenschaft regelmäßig mit verschärfter Haftung verbunden: Kommt der Verkäufer dieser Zusicherung nicht nach, so haften sie für sämtliche daraus entstehende Schäden und nicht nur für die gewöhnlichen Mängelrechte. Demnach ist die zugesicherte Eigenschaft ein gestärktes Element innerhalb der Vertragsbeziehung, das zu einer Haftung auch für Mangelfolgeschäden führen kann (§ 463 Satz 2 a.F. BGB, heute in § 444 und § 276 Abs. 1 BGB geregelt).
Welche Folgen hat das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft für den Vertragspartner?
Das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft stellt einen besonderen Sachmangel dar und hat neben den allgemeinen Gewährleistungsrechten insbesondere verschärfte Ersatzansprüche zur Folge. Der Käufer oder Besteller kann zusätzlich zu den regulären Rechten wie Rücktritt, Minderung oder Nacherfüllung auf Schadensersatz für Mangelfolgeschäden bestehen – also für solche Schäden, die als Folge des Fehlens der zugesicherten Eigenschaft auftreten. Diese Haftung ist verschuldensunabhängig, das heißt sie setzt kein Verschulden des Verkäufers voraus. Die Rechtsprechung und das Gesetz (§ 444 sowie §§ 280, 281 BGB) gewähren also einen weitreichenden Schutz des Vertragspartners, da er sich auf das ausdrücklich gegebene Versprechen verlassen können muss.
Sind zugesicherte Eigenschaften auch bei gebrauchten oder individualisierten Sachen möglich?
Zugesicherte Eigenschaften können ausdrücklich auch bei gebrauchten Sachen oder individuell hergestellten Werkleistungen vereinbart werden. Wesentlich ist stets, dass die betreffende Eigenschaft vom Verkäufer oder Hersteller verbindlich zugesagt wurde und für die Entscheidung des Käufers oder Bestellers von Bedeutung war. Dabei muss die Zusicherung nicht zwingend schriftlich erfolgen, sondern kann auch im Rahmen von Verhandlungen oder durch Werbematerialien konkludent gegeben werden. Allerdings ist bei Gebrauchtwaren zu berücksichtigen, dass sich die zugesicherten Eigenschaften regelmäßig auf den aktuellen Zustand oder spezifische Merkmale zum Zeitpunkt der Übergabe beziehen.
Welche Beweislast gilt beim Streit über eine zugesicherte Eigenschaft?
Kommt es zum Streit darüber, ob eine zugesicherte Eigenschaft tatsächlich vereinbart war und/oder vorliegt, liegt die Beweislast für das Vorliegen der Zusicherung beim Käufer bzw. Besteller. Er muss konkret darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass eine bestimmte Eigenschaft Gegenstand einer ausdrücklichen oder konkludenten Zusage des Verkäufers oder Herstellers war. Darüber hinaus muss im Streitfall auch das Nichtvorliegen der zugesicherten Eigenschaft nachgewiesen werden. Je nach Einzelfall können hierfür auch Zeugen, Dokumente oder Werbebroschüren als Beweismittel dienen.
Gelten zugesicherte Eigenschaften auch im B2B-Bereich, also zwischen Unternehmern?
Der rechtliche Schutz durch zugesicherte Eigenschaften ist nicht auf Verbraucherbeziehungen beschränkt, sondern gilt ausdrücklich auch für Geschäfte zwischen Unternehmen (B2B). Allerdings ist in diesem Bereich zu beachten, dass individuelle Haftungsbeschränkungen oder Klarstellungen hinsichtlich zugesicherter Eigenschaften in den Verträgen häufiger anzutreffen sind. Grundsätzlich sind jedoch auch hier ausdrücklich zugesicherte Eigenschaften ein verbindlicher Vertragsbestandteil, dessen Fehlen zu verschärften Schadensersatzansprüchen führen kann.
Können zugesicherte Eigenschaften ausgeschlossen werden?
Grundsätzlich können zugesicherte Eigenschaften durch vertragliche Vereinbarung ausgeschlossen werden, sofern keine gesetzlichen Verbote oder Verbraucherschutzvorschriften dem entgegenstehen. Insbesondere im unternehmerischen Geschäftsverkehr ist es möglich, die Haftung für bestimmte zugesicherte Eigenschaften in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder Individualverträgen auszuschließen oder einzuschränken. Allerdings gelten hierzu strenge Vorgaben insbesondere dann, wenn Verbraucher beteiligt sind: Im B2C-Bereich kann etwa die Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit nicht wirksam ausgeschlossen werden (§ 309 Nr. 7 BGB). Ferner darf ein Ausschluss nicht gegen das Transparenzgebot verstoßen.