Legal Lexikon

Eichwesen


Begriff und rechtliche Grundlagen des Eichwesens

Das Eichwesen bezeichnet die Gesamtheit aller gesetzlichen Regelungen, organisatorischen Strukturen und technischen Verfahren, die sich auf das ordnungsgemäße Messen, Prüfen und Überwachen von Messgeräten erstrecken. Dabei verfolgt das Eichwesen das Ziel, durch die Sicherstellung richtiger Messergebnisse im öffentlichen Verkehr sowie im geschäftlichen und behördlichen Verkehr Rechtsklarheit und Verbraucherschutz zu gewährleisten. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind dabei im Mess- und Eichrecht festgelegt.

Definition und Abgrenzung des Eichwesens

Das Eichwesen umfasst sämtliche Tätigkeiten zur Kontrolle und Sicherung der Messrichtigkeit von Messgeräten, die für amtliche oder wirtschaftliche Zwecke verwendet werden. Es grenzt sich damit vom bloßen Kalibrieren und anderen Formen der Messmittelprüfung ab, indem es eine hoheitliche Tätigkeit darstellt und die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben durchsetzt.

Typische Anwendungsbereiche

Zum Anwendungsbereich des Eichwesens zählen insbesondere:

  • Messgeräte im Handel (z. B. Waagen, Zapfsäulen, Stromzähler)
  • Messgeräte zur Überwachung der Umwelt (z. B. Emissionsmessgeräte)
  • Messgeräte im medizinischen Bereich (z. B. Blutdruckmessgeräte)
  • Messen im Verkehrsbereich (z. B. Geschwindigkeitsmessgeräte)

Rechtliche Grundlagen im Eichwesen

Mess- und Eichgesetz (MessEG)

Das zentrale Regelwerk bildet das Mess- und Eichgesetz (MessEG), welches die Anforderungen an Messgeräte und deren Verwendung in Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten bestimmt. Es setzt europarechtliche Vorgaben, insbesondere die EU-Richtlinien über Messgeräte (MID) und nichtselbsttätige Waagen (NAWI), in nationales Recht um.

Wesentliche Inhalte des MessEG

Zu den zentralen Regelungsgegenständen des MessEG gehören:

  • Anforderungen an Bauart und Betrieb von Messgeräten
  • Verpflichtung zur Ersteichung bei Inverkehrbringen neuer Geräte
  • Regelmäßige Nacheichung während der Nutzung von Messgeräten
  • Befugnisse und Aufgaben der zuständigen Behörden

Verordnung zur Durchführung des Mess- und Eichgesetzes (MessEV)

Ergänzend zum MessEG regelt die Mess- und Eichverordnung (MessEV) konkrete Detailanforderungen. Sie beinhaltet technische Vorschriften, Fristen für Nacheichungen, Verfahren der Eichung und Vorgaben für Eichzeichen und Konformitätskennzeichnungen.

Organisation des Eichwesens

Zuständige Behörden und Stellen

In Deutschland obliegt die Durchführung des Eichwesens den Eichbehörden der Bundesländer. Sie sind organisatorisch dem jeweiligen Landesministerium zugeordnet. Darüber hinaus existiert die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) als oberste technische Behörde im Rahmen des Mess- und Eichrechts.

Aufgabenbereiche der Eichbehörden

Die Aufgaben der zuständigen Behörden umfassen:

  • Durchführung amtlicher Eichungen und Überwachungsmaßnahmen
  • Zulassung und Überwachung von Konformitätsbewertungsstellen
  • Ahndung von Messverstößen einschließlich Ordnungswidrigkeiten
  • Information und Überwachung der Marktteilnehmer

Verfahren im Eichwesen

Eichpflicht

Messgeräte, die im geschäftlichen oder amtlichen Verkehr verwendet werden, unterliegen nach MessEG und MessEV einer Eichpflicht. Diese besteht regelmäßig bei:

  • Inverkehrbringen eines neuen Messgerätes (Ersteichung/Konformitätsbewertung)
  • Nach Ablauf bestimmter Fristen (Nacheichung)
  • Nach Reparatur oder wesentlicher Änderung am Messgerät

Ablauf des Eichverfahrens

Das Eichverfahren läuft in mehreren Schritten ab:

  1. Antragstellung zur Eichung bei der zuständigen Stelle
  2. Prüfung der Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen
  3. Durchführung der physikalisch-technischen Messungen
  4. Erteilung des Eichscheins oder Anbringung des Eichzeichens

Sanktionen und Rechtsfolgen bei Eichverstößen

Bei Verstößen gegen eichrechtliche Vorschriften – etwa durch Verwendung nichtgeeichter Geräte, Manipulationen oder Nichtbeachtung von Eichfristen – können folgende Rechtsfolgen eintreten:

  • Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern
  • Rücknahme oder Widerruf von Messgerätezulassungen
  • Untersagung des weiteren Gebrauchs betroffener Messgeräte
  • Schadensersatzansprüche im Zivilrecht

Internationales Eichwesen und Harmonisierungsbestrebungen

Europarechtliche Vorgaben

Das europäische Messwesen ist durch Richtlinien, insbesondere die Richtlinie 2014/32/EU (MID), unionsweit harmonisiert. Ziele sind die Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes und die gegenseitige Anerkennung von Messgeräten und Zertifikaten.

Internationale Zusammenarbeit

Darüber hinaus bestehen internationale Kooperationen, etwa über die Internationale Organisation für das gesetzliche Messwesen (OIML) und bilaterale Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung von Messergebnissen und Zertifikaten.

Bedeutung und Ziele des Eichwesens

Das Eichwesen schützt Verbraucher, gewährleistet Rechtssicherheit im Wirtschaftsverkehr und fördert das Vertrauen in Messungen als Grundlage zahlreicher wirtschaftlicher und staatlicher Prozesse. Neben präziser Messtechnik rückt zunehmend auch der Schutz vor Manipulationen und die Anwendung digitaler Technologien ins Zentrum der gesetzlichen Entwicklungen.


Hinweis: Der Artikel bietet eine systematische Übersicht zum Eichwesen und dessen rechtlichen Rahmenbedingungen und kann als Ausgangspunkt für die vertiefende Auseinandersetzung mit einzelnen Aspekten des Mess- und Eichrechts dienen.

Häufig gestellte Fragen

Wann ist ein Messgerät im rechtlichen Sinne als „geeicht“ anzusehen?

Ein Messgerät ist im rechtlichen Sinne dann als „geeicht“ anzusehen, wenn es durch eine staatlich anerkannte Eichbehörde oder eine vergleichbare Stelle nach den Vorgaben des Mess- und Eichgesetzes (MessEG) sowie der Mess- und Eichverordnung (MessEV) geprüft und mit einem gültigen Eichkennzeichen versehen wurde. Diese Prüfung stellt sicher, dass das Messgerät die festgelegten Anforderungen an Messgenauigkeit, Wiederholbarkeit und Beständigkeit erfüllt und für den vorgesehenen Verwendungszweck geeignet ist. Die Eichung ist mit einem bestimmten Gültigkeitszeitraum verbunden, der je nach Messgeräteart und Verwendungszweck unterschiedlich sein kann. Entscheidend im rechtlichen Kontext ist zudem, dass vor Ablauf der Eichfrist keine wesentlichen Veränderungen am Messgerät vorgenommen werden dürfen, die die Messgenauigkeit beeinflussen könnten. Nach Ablauf der Eichfrist muss eine erneute Eichung erfolgen, um die gesetzliche Konformität weiterhin zu gewährleisten. Werden Messgeräte ohne gültige Eichung im geschäftlichen oder öffentlichen Verkehr verwendet, stellt dies in der Regel eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit Bußgeldern geahndet werden.

Wer ist für die Einhaltung der eichrechtlichen Vorschriften verantwortlich?

Für die Einhaltung der eichrechtlichen Vorschriften ist im rechtlichen Rahmen grundsätzlich der Verwender des Messgerätes verantwortlich. Das ist die natürliche oder juristische Person, die das Messgerät im geschäftlichen oder amtlichen Verkehr einsetzt, also beispielsweise ein Unternehmen, das geeichte Waagen zur Bestimmung des Warengewichts im Verkauf verwendet. Dieser Verwender muss sicherstellen, dass alle im Betrieb eingesetzten Messgeräte vor ihrer ersten Inbetriebnahme konformitätsbewertet oder geeicht sind und dass sie innerhalb der vorgeschriebenen Eichfristen regelmäßig nachgeeicht werden. Darüber hinaus muss der Verwender sicherstellen, dass während der Nutzung keine Manipulationen oder Veränderungen am Messgerät vorgenommen werden, die sich auf die Messgenauigkeit auswirken könnten. Im Falle von Verstößen greift die Haftung des Verwenders, und es können sowohl ordnungsrechtliche Maßnahmen als auch zivilrechtliche Ansprüche, z.B. wegen fehlerhafter Messungen, folgen.

Welche rechtlichen Folgen drohen bei Nichteinhaltung der eichrechtlichen Vorgaben?

Die Nichteinhaltung eichrechtlicher Vorgaben kann zu verschiedenen rechtlichen Konsequenzen führen. Im Ordnungswidrigkeitenrecht kann die zuständige Eichbehörde Bußgelder gegen den Verwender verhängen, wenn Messgeräte ohne gültige Eichung im geschäftlichen oder amtlichen Verkehr eingesetzt werden. Darüber hinaus können im Zivilrecht Ansprüche auf Schadensersatz oder Rückabwicklung von Verträgen entstehen, wenn infolge nicht geeichter Geräte fehlerhafte Messungen vorgenommen werden und hierdurch ein Vermögensnachteil oder ein Schaden bei Dritten entsteht. Im Wiederholungsfall oder bei besonders schwerwiegenden Verstößen können die Behörden auch eine Untersagung des weiteren Einsatzes nicht konformer Messgeräte anordnen oder sogar den Betrieb einzelner Anlagen stilllegen. Schließlich kann die Verwendung nicht geeichter Messgeräte auch das Vertrauen in den Geschäftsverkehr beeinträchtigen und zu erheblichen Reputationsschäden führen.

In welchen Fällen ist eine Eichung gesetzlich zwingend vorgeschrieben?

Eine Eichung ist gesetzlich immer dann zwingend vorgeschrieben, wenn Messgeräte im geschäftlichen oder amtlichen Verkehr verwendet werden und das Messergebnis eine Rechtswirkung für Dritte entfaltet – insbesondere bei Kauf, Verkauf, Abrechnung, Besteuerung, behördlichen Kontrollen oder der Erfüllung von gesetzlichen Dokumentationspflichten. Dazu zählen beispielsweise Waagen im Lebensmittelhandel, Wasser-, Gas- und Stromzähler, sowie Messgeräte in Tankstellen oder im medizinischen Bereich zur Dosierung von Arzneimitteln. Auch bei Messungen, die der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienen (z.B. Geschwindigkeitsmessgeräte) ist eine Eichung Pflicht. Die genauen Anforderungen und betroffenen Messgerätekategorien werden im Mess- und Eichgesetz und der Mess- und Eichverordnung konkret benannt.

Welche Bedeutung hat die Konformitätsbewertung im Zusammenhang mit dem Eichwesen?

Die Konformitätsbewertung ist ein zentrales rechtliches Verfahren im Eichwesen, das die vormals übliche erste Eichung von Neugeräten in vielen Bereichen ersetzt hat. Sie ist ein gesetzlich geregeltes Verfahren, in dem der Hersteller oder ein von ihm beauftragter Dritter prüft und dokumentiert, dass ein Messgerät bei Inverkehrbringen sämtliche Anforderungen nach MessEG und MessEV erfüllt. Erst wenn dieses Verfahren erfolgreich abgeschlossen wurde, darf das Messgerät für den geschäftlichen oder amtlichen Einsatz bereitgestellt werden. Die Konformitätsbewertung schließt die Anbringung eines Konformitätskennzeichens und die Ausstellung einer Konformitätserklärung ein. Nach Abschluss der Konformitätsbewertung unterliegt das Gerät den regulären gesetzlichen Eichfristen, ab deren Ablauf eine Nacheichung durch die zuständigen Behörden erforderlich ist.

Wie lange ist eine Eichung im rechtlichen Kontext gültig?

Die Gültigkeitsdauer einer Eichung ist in der MessEV je nach Gerätekategorie, Anwendungsbereich und Art des Messgeräts unterschiedlich geregelt. Typischerweise liegen die Fristen zwischen einem Jahr (z.B. bei Taxametern) und bis zu 16 Jahren (z.B. bei Wasserzählern für Kaltwasser). Die maßgebliche Eichfrist beginnt ab dem Zeitpunkt der letzten Eichung beziehungsweise bei Neugeräten ab dem Inverkehrbringen nach Konformitätsbewertung. Nach Ablauf der Eichfrist ist eine erneute Eichung zwingend gesetzlich vorgeschrieben, sofern das Messgerät weiterhin im eichpflichtigen Bereich verwendet werden soll. Eine Missachtung dieser Frist führt zur Rechtswidrigkeit der Nutzung und kann mit Sanktionen belegt werden. Es obliegt dem Verwender, die Einhaltung der Eichfristen zu überwachen und fristgerechte Nachprüfungen (Nacheichungen) zu veranlassen.

Wie ist mit Schäden oder Funktionsstörungen während der Eichfrist rechtlich umzugehen?

Treten während der laufenden Eichfrist Schäden, Funktionsstörungen oder Manipulationen an einem Messgerät auf, die dessen Messgenauigkeit beeinträchtigen könnten, ist der Verwender gesetzlich verpflichtet, das Gerät unverzüglich aus dem Verkehr zu ziehen und eine Nachprüfung durch die zuständige Eichbehörde oder eine autorisierte Prüfstelle vornehmen zu lassen. Bis zur ordnungsgemäßen Überprüfung und gegebenenfalls Reparatur des Geräts darf dieses im geschäftlichen oder amtlichen Verkehr nicht weiter eingesetzt werden. Eine Fortsetzung der Nutzung trotz bekannter Beeinträchtigung stellt einen Verstoß gegen das MessEG dar und kann neben Bußgeldern auch zivilrechtliche Haftungsfolgen nach sich ziehen. Weiterhin ist der Verwender verpflichtet, Beanstandungen der Messbehörde zu dokumentieren und Aufzeichnungen über durchgeführte Wartungen, Reparaturen und Nachprüfungen bereitzuhalten.