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Begriffsdefinition und Grundlagen der Due Diligence

Der Begriff Due Diligence (auf Deutsch: „gebotene Sorgfalt“) bezeichnet eine umfassende Prüfung und Analyse, die dazu dient, potenzielle rechtliche, wirtschaftliche, steuerliche und finanzielle Risiken im Rahmen von Transaktionen, insbesondere im Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, systematisch zu identifizieren und zu bewerten. In der Praxis kommt der Due Diligence eine zentrale Bedeutung bei Unternehmenskäufen, Fusionen (Mergers & Acquisitions, M&A) und anderen bedeutenden Geschäftsvorfällen zu. Das Ziel der Due Diligence ist es, Entscheidungsgrundlagen für oder gegen eine Transaktion zu liefern und Haftungsrisiken zu minimieren.

Rechtlicher Rahmen der Due Diligence

Bedeutung im deutschen Recht

Im deutschen Recht ergibt sich die Pflicht zur Due Diligence insbesondere aus allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts. Sie ist nicht ausdrücklich gesetzlich normiert, leitet sich aber aus verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen und der Geschäftspraxis ab. Zu den wichtigsten Rechtsquellen zählen das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das Handelsgesetzbuch (HGB) sowie spezialgesetzliche Regelungen, beispielsweise im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG).

Die Due Diligence steht im engen Zusammenhang mit den Sorgfaltspflichten der Parteien bei Vertragsschlüssen. Eine ordnungsgemäße Durchführung kann Haftungsrisiken begrenzen, z. B. bei der Haftung für vorvertragliche Aufklärungspflichten ( culpa in contrahendo, § 311 Abs. 2 BGB).

Anwendungsbereiche der Due Diligence

Die Durchführung einer Due Diligence ist in verschiedensten rechtlichen Bereichen relevant, darunter:

  • Unternehmenskauf und M&A: Prüfung aller unternehmensrelevanten Rechtsbereiche, insbesondere Gesellschaftsrecht, Vertragsrecht und Arbeitsrecht.
  • Immobilientransaktionen: Analyse grundbuchrechtlicher, baurechtlicher und umweltrechtlicher Aspekte.
  • Kapitalmarkttransaktionen: Prüfung der Prospekthaftung und Einhaltung regulatorischer Anforderungen.
  • Compliance-Prüfungen: Bewertung der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und interner Richtlinien.

Arten der Due Diligence

Legal Due Diligence

Die Legal Due Diligence untersucht insbesondere die rechtlichen Strukturen und Rahmenbedingungen eines Unternehmens oder eines Vermögensgegenstandes. Hierzu zählen u. a.:

  • Prüfung der gesellschaftlichen Verhältnisse (z. B. Satzung, Gesellschafterbeschlüsse, Registerauszüge)
  • Prüfung wesentlicher Verträge (Lieferverträge, Mietverträge, Darlehensverträge)
  • Rechtliche Risiken aus anhängigen oder drohenden Rechtsstreitigkeiten
  • Immaterialgüterrechtliche Fragen (Markenrechte, Patente)
  • Arbeitsrechtliche und sozialrechtliche Verpflichtungen

Tax Due Diligence

Bei der Tax Due Diligence geht es um die Identifikation steuerlicher Risiken und möglicher Steuerschulden. Untersucht werden unter anderem bisherige steuerliche Veranlagungen, laufende Betriebsprüfungen sowie mögliche Steuerrückstellungen.

Financial Due Diligence

Die Financial Due Diligence analysiert die wirtschaftliche Lage des Zielobjekts, insbesondere Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Unternehmenspläne. Ziel ist die Ermittlung von Bewertungsrisiken oder Bilanzierungsmängeln, die auch rechtliche Implikationen entfalten können.

Environmental Due Diligence

Die Environmental Due Diligence prüft die Einhaltung umweltrechtlicher Vorgaben und die damit verbundenen Haftungsrisiken, beispielsweise bei Grundstückstransaktionen (Stichwort: Altlasten).

Rechtliche Pflichten und Haftung im Zusammenhang mit Due Diligence

Sorgfaltspflichten der Parteien

Die Durchführung einer gebotenen Sorgfaltsprüfung basiert auf dem Prinzip Treu und Glauben (§ 242 BGB) sowie den Maßstäben der unternehmerischen Sorgfalt (§ 93 AktG). Der Umfang der gebotenen Prüfung hängt stets von der jeweiligen Transaktionsart, dem Wert des Gegenstandes sowie der Risikostruktur ab. Im Kontext des Unternehmenskaufs gilt: Je bedeutender oder risikoreicher das Zielunternehmen, desto umfassender die gebotene Due Diligence.

Haftung für Pflichtverletzungen

Die Haftung kann sich aus einer unterlassenen oder fehlerhaft durchgeführten Due Diligence ergeben. Werden wesentliche Risiken übersehen, drohen insbesondere Schadensersatzansprüche aus:

  • Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten (culpa in contrahendo, § 280 BGB)
  • Gewährleistungs- und Garantieansprüche aus dem jeweiligen Vertragsverhältnis
  • Prospekthaftung bei Kapitalmarkttransaktionen

Auswirkungen auf Gewährleistungs- und Haftungsausschlüsse

Eine ordnungsgemäße Due Diligence kann Einfluss darauf nehmen, inwieweit Gewährleistungsrechte und Haftungsausschlüsse im Vertrag anerkannt werden. Grundsätzlich gilt: Risiken, die im Rahmen der Due Diligence erkennbar waren, können zu einem Haftungsausschluss führen. Daher ist eine lückenlose Dokumentation der Prüfungsergebnisse wesentlicher Bestandteil der Transaktionspraxis.

Due Diligence im internationalen Kontext

Gerade im internationalen Rechtsverkehr kommt der Due Diligence erhebliche Bedeutung zu. In grenzüberschreitenden Transaktionen sind darüber hinaus die spezifischen Rechtsvorschriften der betroffenen Jurisdiktionen zu berücksichtigen. Internationale Standards wie die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen oder das Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) in den USA schaffen einen weiteren Rahmen, an dem sich die Durchführung der Due Diligence orientieren sollte.

Ablauf und Prozess der Due Diligence

Vorbereitung

Der Prozess beginnt üblicherweise mit der Vereinbarung von Vertraulichkeit (Non-Disclosure Agreement, NDA) und der Festlegung des Prüfungsumfangs in einem Prüfungsplan.

Durchführung

Die eigentliche Prüfung erfolgt durch die Sichtung und Analyse von Unterlagen im sogenannten Datenraum (physisch oder digital). Es können zudem Managementgespräche und Standortbesichtigungen stattfinden. Die Ergebnisse werden systematisch dokumentiert.

Ergebnisdokumentation (Due Diligence Report)

Die Resultate der Untersuchung werden in einem Due Diligence Report zusammengefasst, der eine Einschätzung von Chancen und Risiken ermöglicht. Diese Dokumentation ist Grundlage für Kaufpreisverhandlungen und Vertragsgestaltung, insbesondere im Hinblick auf Garantiekataloge und Haftungsklauseln.

Zusammenfassung und Bedeutung der Due Diligence im Rechtsverkehr

Die Due Diligence ist ein zentrales Instrument zur Risikoidentifikation und -minimierung in bedeutenden unternehmerischen Transaktionen. Sie hat keinen gesetzlich festgelegten, standardisierten Ablauf, sondern richtet sich hinsichtlich Umfang und Tiefe stets nach dem jeweiligen Einzelfall und dessen Risiken. Die Bedeutung der Due Diligence ergibt sich aus ihrer Funktion, rechtliche Risiken transparent zu machen und potenzielle Haftungsfälle zu vermeiden. Eine gewissenhafte Durchführung sowie die sorgfältige Dokumentation der Ergebnisse können bei späteren Auseinandersetzungen eine entscheidende Rolle spielen.


Siehe auch:

  • Unternehmenskauf
  • Mergers & Acquisitions
  • Vertragsrecht
  • Haftungsrecht
  • Compliance

Literatur:

  • Hölters, Unternehmensübernahme und Due Diligence, 5. Auflage, München 2022
  • Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, Kommentar, aktuelle Auflage
  • BGH, Urteil vom 20.01.2011 – II ZR 243/09

Letzte Aktualisierung: Juni 2024

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Dokumente sind im Rahmen einer Due Diligence besonders relevant?

Im rechtlichen Kontext einer Due Diligence sind insbesondere folgende Dokumente von zentraler Bedeutung: Gesellschaftsverträge, Gesellschafterbeschlüsse, Handelsregisterauszüge, Satzungen, Protokolle von Gesellschafter- und Hauptversammlungen sowie Beteiligungsvereinbarungen. Ferner werden Verträge mit Dritten, wie etwa Kunden-, Lieferanten- und Kooperationsverträge, sowie Geheimhaltungsvereinbarungen geprüft. Arbeitsverträge, Geschäftsführerverträge und etwaige betriebsvereinbarungen sind ebenso kritisch zu bewerten. Auch laufende oder potenzielle Rechtsstreitigkeiten werden über Klageschriften, Urteile und Vergleichsvereinbarungen analysiert. Im Ergebnis gibt die Sichtung dieser Unterlagen Aufschluss über bestehende rechtliche Risiken, mögliche Haftungen und die Einhaltung relevanter rechtlicher Vorgaben.

Wie läuft die Prüfung von Vertragsverhältnissen im Zuge einer legal Due Diligence ab?

Die Prüfung der Vertragsverhältnisse im Rahmen einer legal Due Diligence umfasst die systematische Sichtung aller wesentlichen Verträge des Zielunternehmens hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit, Laufzeiten, Kündigungsrechte, Vertragspartner, Übertragbarkeit sowie etwaiger Change-of-Control-Klauseln. Besondere Aufmerksamkeit gilt Verträgen mit ungewöhnlich langfristigen Bindungen, hohen Vertragsstrafen, einseitigen Verpflichtungen oder fehlenden Kündigungsmöglichkeiten im Falle eines Kontrollwechsels. Darüber hinaus werden Risiken aus Wettbewerbsverboten, Exklusivitätsklauseln und Haftungsausschlüssen beleuchtet. Bei der Prüfung wird auch bewertet, ob sämtliche Verträge ordnungsgemäß unterzeichnet wurden und ob etwaige Formerfordernisse oder behördliche Genehmigungen eingehalten wurden.

Welche rechtlichen Risiken werden bei der Due Diligence typischerweise identifiziert?

Zu den häufigsten rechtlichen Risiken, die im Zuge einer Due Diligence identifiziert werden, zählen Streitigkeiten aus laufenden Gerichtsverfahren, unklare Eigentumsverhältnisse, nicht durchgeführte Kapitalmaßnahmen, Mängel bei der Handelsregistereintragung, Unwirksamkeit wichtiger Verträge, Verletzungen von Datenschutzvorschriften sowie Verstöße gegen Arbeitsrecht und Regulatorik. Weitere Risiken ergeben sich aus schwebenden oder drohenden Steuerverfahren, fehlenden Genehmigungen für bestimmte Geschäftstätigkeiten, nicht hinreichend gesicherten Schutzrechten (z. B. Marken, Patente), mangelhafter Compliance-Strukturen und haftungsträchtigen Umweltthemen.

Welche Bedeutung hat die Compliance-Prüfung im Rahmen der legal Due Diligence?

Im Rahmen einer legal Due Diligence spielt die Compliance-Prüfung eine essenzielle Rolle. Hierbei wird überprüft, ob das Zielunternehmen Mechanismen zur Einhaltung rechtlicher Vorgaben (z. B. Anti-Korruptionsrichtlinien, Datenschutz, Geldwäscheprävention) etabliert hat und diese effektiv umsetzt. Geprüft wird zudem, ob relevante nationale und internationale Gesetze eingehalten werden, insbesondere im Hinblick auf Branchenregulierung, Kartellrecht und Exportkontrolle. Die Dokumentation und Durchführung von Compliance-Trainings sowie der Vorhandensein eines Hinweisgebersystems werden ebenfalls bewertet. Schwachstellen in der Compliance können erhebliche Haftungsrisiken und potenzielle Bußgelder nach sich ziehen.

Welche Rolle spielt das Arbeitsrecht bei der rechtlichen Due Diligence?

Das Arbeitsrecht ist ein zentraler Prüfungsbereich jeder legal Due Diligence, da hier erhebliche finanzielle und rechtliche Risiken verborgen liegen können. Im Fokus stehen hierbei die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben bezüglich Arbeitszeiten, Vergütung, Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats sowie vorhandene Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge. Besondere Aufmerksamkeit gilt befristeten Arbeitsverhältnissen, Geschäftsführerverträgen, Bonusvereinbarungen und potenziellen Scheinselbständigkeiten. Auch arbeitsgerichtliche Verfahren und bestehende Kündigungsschutzklagen müssen identifiziert und hinsichtlich ihres Risikopotenzials bewertet werden.

Inwieweit werden bei der Due Diligence gesellschaftsrechtliche Strukturen geprüft?

Die Analyse der gesellschaftsrechtlichen Strukturen beinhaltet eine detaillierte Überprüfung sämtlicher Gesellschafterverhältnisse, Kapitalstruktur, Zeichnungsberechtigungen, Nachschussverpflichtungen sowie von Umwandlungen, Verschmelzungen oder Abspaltungen in der Vergangenheit. Überdies werden bestehende Pool-, Stimmrechts- oder Abtretungsvereinbarungen aufgesetzt, etwaige Vorkaufsrechte oder Mitverkaufsrechte respektive Mitverkaufspflichten analysiert und der Status sowie etwaige Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern dokumentiert. Ziel hierbei ist es, Rechtssicherheit hinsichtlich Eigentumsverhältnissen, Stimmrechten und Einflussmöglichkeiten zu gewinnen.

Welche typischen Fehlerquellen gibt es bei der rechtlichen Due Diligence?

Typische Fehlerquellen in der legal Due Diligence resultieren häufig aus unvollständiger Dokumentenlage, mangelnder Kommunikation mit den zuständigen Fachabteilungen, unpräziser Fragestellung bei der Datenauskunft, Übersehen wesentlicher Verträge oder der Nichtbeachtung länderspezifischer Rechtsvorschriften. Auch die mangelhafte Prüfung von Altlasten, fehlende Analyse von IP-Rechten beziehungsweise Softwarenutzungsrechten und eine unzureichende Integration externer Berater können zu gravierenden Versäumnissen führen. Die Sorgfalt und Tiefe der rechtlichen Prüfung sollten daher stets vom Transaktionsvolumen, der Komplexität des Zielunternehmens und den eingesetzten Ressourcen abhängig gemacht werden.