Begriff und grundlegende Struktur der Doppelstöckigen Personengesellschaft
Die doppelstöckige Personengesellschaft bezeichnet eine Gesellschaftsstruktur, in der eine Personengesellschaft Gesellschafterin einer weiteren Personengesellschaft ist. Dieses Gestaltungsmodell findet insbesondere in Deutschland im Steuerrecht, Gesellschaftsrecht und in der Vermögensstrukturierung Anwendung. Die doppelstöckige Personengesellschaft ist typischerweise eine Verbindung zweier Gesellschaften des bürgerlichen Rechts (GbR), offener Handelsgesellschaften (OHG) oder Kommanditgesellschaften (KG), wobei eine Personengesellschaft als Obergesellschaft („Muttergesellschaft“) eine Beteiligung an einer oder mehreren Untergesellschaften („Tochtergesellschaften“) als Gesellschafterin hält.
Aufbau und Systematik
Bei der doppelstöckigen Personengesellschaft besteht der Gesellschafterkreis nicht nur aus natürlichen oder juristischen Personen, sondern mindestens eine Personengesellschaft – z.B. eine Kommanditgesellschaft – fungiert als Gesellschafterin einer weiteren Personengesellschaft, etwa ebenfalls einer KG oder OHG. Daraus ergeben sich unterschiedliche Beteiligungsverhältnisse und vielfältige rechtliche sowie steuerliche Auswirkungen.
Rechtsnatur und Einordnung im Gesellschaftsrecht
Gesellschaftstypen
Doppelstöckige Strukturen können unter verschiedenen Personengesellschaftstypen etabliert werden:
- Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
- Offene Handelsgesellschaft (OHG)
- Kommanditgesellschaft (KG)
- Partnerschaftsgesellschaft (PartG)
In der Praxis sind GbR und KG die häufigsten Gesellschaftsformen, die in der doppelstöckigen Konstellation auftreten. Die Beteiligung einer Personengesellschaft an einer anderen Personengesellschaft wird gemäß § 705 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und zudem nach den einschlägigen Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB) gestaltet.
Rechtsfähigkeit und Haftung
Die Doppelstöckigkeit ändert grundsätzlich nichts an der rechtlichen Selbständigkeit der Beteiligten Gesellschaften. Jede Personengesellschaft bleibt eigenständiges Rechtssubjekt (i.S.d. Rechtsfähigkeit nach § 14 BGB bzw. § 124 HGB bei der OHG und KG). Die Haftungsverhältnisse bestimmen sich gemäß der Rechtsform der jeweiligen Gesellschaft und den gesellschaftsvertraglichen Regelungen innerhalb beider Ebenen.
Kommt es in einer untergeordneten (z.B. Tochter-)Personengesellschaft zu Verbindlichkeiten, haften in der Regel die Gesellschafter dieser Gesellschaft einschließlich der Obergesellschaft im Rahmen ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung. Die Haftung „durchgreifend“ auf Obergesellschaft und deren Gesellschafter – je nach Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags – ist dabei ein zentrales Gestaltungsmerkmal und Risiko.
Entstehung und Errichtung
Die Entstehung einer doppelstöckigen Personengesellschaft erfolgt zunächst durch Gründung zweier Personengesellschaften, wobei eine als Gesellschafterin der zweiten eintritt. Ein gesondertes Gründungsverfahren ist gesetzlich nicht erforderlich; es gelten die allgemeinen Gründungsvorschriften der jeweiligen Gesellschaftsformen.
Beispiel: Zwei natürliche Personen gründen zunächst eine KG (Obergesellschaft), welche anschließend als Kommanditistin einer neu gegründeten KG (Untergesellschaft) auftritt.
Gesellschaftsvertragliche Regelungen
Die gesellschaftsvertragliche Ausgestaltung auf beiden Ebenen ist entscheidend für die Rechte, Pflichten und die Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb der Strukturen. Insbesondere sind folgende Aspekte zu klären:
- Stimmrechte und Gewinnverteilung zwischen Ober- und Untergesellschaft
- Haftung und Vertretungsrechte
- Übertragung von Gesellschaftsanteilen
- Nachfolgeklauseln und Ausscheiden von Gesellschaftern
- Mitbestimmungsrechte
Steuerliche Behandlung der doppelstöckigen Personengesellschaft
Gewinnermittlung und Besteuerung
Ein wesentlicher Grund für die Gründung doppelstöckiger Personengesellschaften ist die steuerliche Gestaltung. Die Besteuerung folgt dem Transparenzprinzip. Gewinne und Verluste der Untergesellschaft werden der Obergesellschaft anteilig zugerechnet und anschließend in der Einkünfteermittlung auf Gesellschafts- und Gesellschafterebene weitergeleitet.
Dies kann bedeuten, dass Gewinne durch mehrere Gesellschaftsschichten hindurch der jeweiligen Einkunftsart (gemäß § 15 Einkommensteuergesetz (EStG) im Falle gewerblicher Betriebe) zugeordnet werden. Auch Sondervergütungen oder Entnahmen sind entsprechend zu berücksichtigen.
Gewerbesteuerliche Besonderheiten
Im Falle gewerblich tätiger doppelstöckiger Personengesellschaften ist die Gewerbesteuerpflicht zu beachten. Durch die Zurechnung der Gewinne der Untergesellschaft an die Obergesellschaft kann eine mehrfache Belastung entstehen, sofern privat gehaltene Obergesellschaften nicht von der Kürzung nach § 9 Nr. 2 GewStG profitieren.
Umsatzsteuerliche Betrachtungen
Auch umsatzsteuerrechtlich ist bei doppelstöckigen Personengesellschaften die Unternehmereigenschaft jeder Gesellschaftsebene separat zu prüfen. Es können unter Umständen Innenumsätze vorliegen, die umsatzsteuerlich privilegiert oder sogar nicht steuerbar sind.
Motive und Anwendungsbereiche
Vermögensverwaltung und Nachfolgeplanung
Die doppelstöckige Personengesellschaft wird häufig zur Strukturierung von Vermögen und zur Gestaltung von Unternehmensnachfolge genutzt. Dabei lassen sich beispielsweise wirtschaftliche Mitbestimmung und Vermögensrechte über die verschiedenen Gesellschaftsebenen differenziert regeln.
Haftungsbegrenzung
Ein häufiger Anwendungsfall der Doppelstöckigkeit ist die Trennung von Haftungs- und Verwaltungsfunktion. So kann die Obergesellschaft nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen für die Verbindlichkeiten der Untergesellschaft haften, während natürliche Personen als Gesellschafter der Obergesellschaft typischerweise keine direkte Haftung für die Verbindlichkeiten der Untergesellschaft tragen.
Steuerliche Optimierung
Durch einzelne Gestaltungsmöglichkeiten, insbesondere im gewerblich geprägten Bereich, lassen sich steuerliche Vorteile im Hinblick auf die Gewerbesteuer oder die Nutzung von Verlusten erzielen. Auch die steuerliche Behandlung von Sonderbetriebsausgaben und Sondervergütungen kann ein wichtiges Motiv für die Gründung doppelstöckiger Personengesellschaften sein.
Rechtliche Risiken und typische Problemstellungen
Durchgriffshaftung und Haftungsdurchsetzung
Ein wesentliches Risiko ist die so genannte Durchgriffshaftung, bei der eine Haftung auf die Gesellschafter der Obergesellschaft durchschlagen kann, sofern dies gesellschaftsvertraglich nicht ausgeschlossen oder anderweitig geregelt ist.
Komplexität der Vertragsgestaltung
Die vertragliche Ausgestaltung sowohl der Ober- als auch der Untergesellschaft muss sorgfältig erfolgen, um Interessenkonflikte und rechtliche Unsicherheiten von vornherein zu vermeiden. Komplexe Gewinnverteilungsregelungen und die korrekte Verknüpfung der Gesellschafterrechte und -pflichten bergen erhebliche Herausforderungen.
Steuerliche Risiken
Eine fehlerhafte Gestaltung kann insbesondere zu gewerbesteuerlichen Mehrbelastungen führen. Auch kann eine mangelhafte gesellschaftsrechtliche Vernetzung die steuerliche Anerkennung der Struktur gefährden (Stichwort: Missbrauch von Gestaltungen gemäß § 42 AO).
Abgrenzung zu verwandten Rechtsgebilden
Doppelstöckige Kapitalgesellschaften
Im Unterschied zur doppelstöckigen Personengesellschaft ist bei doppelstöckigen Kapitalgesellschaften eine juristische Person Gesellschafterin einer anderen juristischen Person. Dadurch gelten grundsätzlich andere Haftungs- und steuerrechtliche Regelungen.
Mischformen und gemischtstufige Gesellschaften
Es existieren auch Mischformen, bei denen sowohl natürliche Personen, Kapital- als auch Personengesellschaften beteiligt sind. Die steuer- und gesellschaftsrechtlichen Folgen unterscheiden sich dann je nach Beteiligungsstruktur.
Literaturhinweise und weiterführende Informationen
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) §§ 705 ff.
- Handelsgesetzbuch (HGB) §§ 105 ff., 161 ff.
- Einkommensteuergesetz (EStG)
- Gewerbesteuergesetz (GewStG)
- Fachliteratur: Pick, G. „Die doppelstöckige Personengesellschaft im Steuerrecht“, NWB Verlag 2014.
- Zeitschriftenaufsätze und aktuelle Rechtsprechung zu Gestaltung, Haftung und steuerlichen Fragen.
Fazit:
Die doppelstöckige Personengesellschaft stellt eine komplexe, aber vielfach genutzte gesellschaftsrechtliche Struktur insbesondere im Kontext unternehmerischer Nachfolge, Vermögensverwaltung und steuerlicher Gestaltung dar. Ihre Anwendungsbereiche sind vielfältig, und es bestehen zahlreiche rechtliche wie steuerliche Besonderheiten, die eine sorgfältige gesellschaftsvertragliche Ausgestaltung und laufende Überprüfung erfordern.
Häufig gestellte Fragen
Was sind die wichtigsten rechtlichen Besonderheiten bei der Gründung einer doppelstöckigen Personengesellschaft?
Bei der Gründung einer doppelstöckigen Personengesellschaft, bei der eine Personengesellschaft (beispielsweise eine GbR oder OHG) ihrerseits Gesellschafterin einer anderen Personengesellschaft ist, sind insbesondere die rechtlichen Anforderungen an die Gründung beider Ebenen zu beachten. Die Gründung der Untergesellschaft erfolgt nach den allgemein geltenden Vorschriften für die jeweilige Gesellschaftsform, etwa §§ 705 ff. BGB für die GbR oder §§ 105 ff. HGB für die OHG. Bei der Gründung der Obergesellschaft kommt hinzu, dass die Gesellschafterstellung von juristischen Personen oder einer anderen Personengesellschaft ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag geregelt werden muss. Es müssen die jeweiligen Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnisse der beteiligten Gesellschaften klar geregelt sein, damit Handlungen der Obergesellschaft der Untergesellschaft zugerechnet werden können. Zudem sind mögliche Mitwirkungserfordernisse und Zustimmungsvorbehalte zu beachten, die sich aus überlagernden Gesellschaftsverträgen ergeben. Schließlich sind etwaige gewerberechtliche, steuerrechtliche oder aufsichtsrechtliche Genehmigungserfordernisse zu prüfen.
Welche Regelungen sind im Gesellschaftsvertrag einer doppelstöckigen Personengesellschaft besonders zu beachten?
Wesentliche Regelungsbereiche im Gesellschaftsvertrag einer doppelstöckigen Personengesellschaft betreffen die interne Willensbildung, die Vertretung nach außen und die Gewinn- und Verlustverteilung. Die Möglichkeit, dass eine Personengesellschaft als Gesellschafterin fungiert, setzt voraus, dass deren organschaftliche Vertretung im Gesellschaftsvertrag geregelt ist und keine gesetzlichen Vertretungsverbote bestehen. Im Vertrag der Untergesellschaft sollten insbesondere die Modalitäten der Stimmrechtsausübung, Zustimmungserfordernisse für bestimmte Geschäfte (z.B. außergewöhnliche Rechtsgeschäfte) und Regelungen über das Ausscheiden und den Eintritt von Gesellschaftern (bzw. der Obergesellschaft) festgelegt werden. Komplex wird dies insbesondere dann, wenn natürliche Personen über die Obergesellschaft mittelbar an der Untergesellschaft beteiligt sind, da dann Abstimmungsmechanismen und Haftungsdurchgriffe klar geregelt werden müssen.
Welche Haftungsrisiken bestehen für Gesellschafter in doppelstöckigen Personengesellschaften?
Die doppelstöckige Struktur führt dazu, dass Gesellschafter auf zwei Ebenen haften können: Zunächst haften die Gesellschafter der Obergesellschaft nach den allgemeinen Vorschriften (beispielsweise § 128 HGB für OHG-Gesellschafter) für die Verbindlichkeiten der Obergesellschaft. Diese haftet wiederum als Gesellschafterin der Untergesellschaft für deren Verbindlichkeiten. Ein möglicher Durchgriff auf die natürlichen Personen als Endgesellschafter kann insbesondere dann erfolgen, wenn es sich bei der Ober- und Untergesellschaft jeweils um offene Handelsgesellschaften handelt, da die Haftung hier per Gesetz unbeschränkt und gesamtschuldnerisch ausgestaltet ist. Bei einer Kette aus GbR-OHG oder ähnlichen Kombinationen ist die systematische Durchgriffshaftung sorgfältig zu analysieren, da Risiken für die Privatvermögen der Endgesellschafter bestehen. Entsprechende Risikovorsorge empfiehlt sich über gesellschaftsvertragliche Haftungsbeschränkungen oder den Einsatz von juristischen Personen.
Welche Mitteilungspflichten und Offenlegungspflichten bestehen rechtlich?
Mitteilungspflichten ergeben sich vor allem im Hinblick auf das Handelsregister und ggf. das Transparenzregister. Werden Veränderungen in der Gesellschafterstruktur der Obergesellschaft vorgenommen, betrifft dies mittelbar auch die Untergesellschaft, weshalb entsprechende Mitteilungen über Änderungen der Vertretungsberechtigung oder Haftungsverhältnisse im Handelsregister eintragungs- und damit offenlegungspflichtig sein können (§§ 8, 107 HGB). In Bezug auf das Transparenzregister gemäß Geldwäschegesetz müssen auch bei mittelbaren Beteiligungen die wirtschaftlich Berechtigten ermittelt und gemeldet werden (§ 3 GwG). Hier sollte im Vorfeld geprüft werden, durch wen die tatsächliche Kontrolle ausgeübt wird und ob juristische oder natürliche Personen als wirtschaftlich Berechtigte zu deklarieren sind.
Welche Besonderheiten ergeben sich bei der Gewinn- und Verlustverteilung?
Die Gewinn- und Verlustzuweisung in doppelstöckigen Personengesellschaften muss klar vertraglich geregelt werden, um Streitigkeiten zwischen den Ebenen zu vermeiden. Die Beteiligung der Obergesellschaft an der Untergesellschaft führt dazu, dass zunächst ein Gewinn- oder Verlustanteil auf die Obergesellschaft entfällt, welcher anschließend gemäß dem Gesellschaftsvertrag der Obergesellschaft auf deren Gesellschafter verteilt wird. Komplikationen entstehen dann, wenn unterschiedliche Verteilungsmaßstäbe auf den beiden Ebenen bestehen, etwa eine quotale Beteiligung auf der Untergesellschaft, aber ein abweichender Schlüssel für die Verteilung innerhalb der Obergesellschaft. Hier empfiehlt sich eine möglichst kongruente Ausgestaltung der Regelungen oder eine klare Schnittstellen-Bestimmung zur Vermeidung widersprüchlicher Ansprüche.
Können doppelstöckige Personengesellschaften rechtlich wirksam Verträge untereinander schließen?
Rechtlich ist es grundsätzlich möglich, dass doppelstöckige Personengesellschaften untereinander Verträge schließen, etwa wenn die Obergesellschaft und die Untergesellschaft als eigenständige Rechtsträger auftreten. Allerdings gilt dabei das Verbot des Insichgeschäfts (§ 181 BGB), sofern der gleiche Geschäftsführer oder Gesellschafter beide Gesellschaften vertritt. Zudem ist zu beachten, dass der Abschluss solcher Verträge nach den Maßstäben einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung erfolgen muss und etwaige Interessenkonflikte im Gesellschaftsvertrag durch Regelungen zur Vertretung oder Zustimmungspflichten adressiert sind. Andernfalls drohen Haftungsrisiken für die handelnden Organe und die Verträge sind ggf. schwebend unwirksam.
Welche steuerrechtlichen Implikationen müssen einkalkuliert werden?
Obwohl die Hauptfrage dem rechtlichen Kontext gewidmet ist, ergeben sich Überschneidungen mit steuerrechtlichen Vorschriften, soweit diese auf die zivilrechtliche Struktur zurückgreifen. Doppelstöckige Personengesellschaften gelten als eigenständige Steuersubjekte, sodass vielfache Verflechtungen bei der Gewinnermittlung und der Vermeidung von Doppelbesteuerung entstehen können. Die Rechtsfrage ist hier, ob bestimmte zivilrechtliche Gestaltungen (z.B. gewillkürtes Gesellschaftsvermögen, Übertragungsmodalitäten) steuerlich anerkannt werden oder Gestaltungsmissbrauch angenommen wird (§ 42 AO). Auch Fragen der Haftung für Steuerschulden und der ordnungsgemäßen Deklaration der Einkünfte auf den jeweiligen Gesellschaftsebenen sind rechtlich von hoher Bedeutung. Ggf. bedarf es einer sorgfältigen Vertragsgestaltung, um steuerlichen Fallstricken und Haftungssurrogaten vorzubeugen.