Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Gesellschaftsrecht»Deutsche Bahn AG

Deutsche Bahn AG


Begriff und rechtlicher Status der Deutschen Bahn AG

Die Deutsche Bahn AG (DB AG) ist das größte Eisenbahnverkehrs- und Eisenbahninfrastrukturunternehmen in Deutschland. Sie wurde durch das Eisenbahnneuordnungsgesetz (ENeuOG) vom 27. Dezember 1993 als Aktiengesellschaft gegründet und ist im Handelsregister des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg eingetragen. Die DB AG tritt am Markt als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn auf und ist als Aktiengesellschaft vollständig im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland. Ihr Sitz befindet sich in Berlin.

Gesellschaftsrechtliche Einordnung

Gründung und Rechtsform

Die Gründung der Deutschen Bahn AG erfolgte im Zuge der Bahnreform Mitte der 1990er Jahre. Mit Inkrafttreten des Eisenbahnneuordnungsgesetzes wurden die Deutsche Bundesbahn (Träger der Westdeutschen Bahn) und die Deutsche Reichsbahn (Träger der Ostdeutschen Bahn) aufgelöst und in die neu gegründete Deutsche Bahn AG überführt. Die rechtliche Form als AG orientiert sich an den Vorschriften des Aktiengesetzes (AktG). Die DB AG ist im Handelsregister unter der Nummer HRB 50000 eingetragen.

Eigentumsverhältnisse

Die alleinige Aktionärin der Deutschen Bahn AG ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV). Das Aktienkapital ist gemäß § 87 Abs. 1 ENeuOG vollständig in öffentlicher Hand. Im Zuge der Bahnreform war eine spätere Teilprivatisierung Gegenstand von Diskussionen, wurde jedoch bislang nicht umgesetzt. Die Bundesregierung behält sämtliche Stimmrechte.

Konzernstruktur

Die DB AG ist als sogenannter „Konzernobergesellschaft“ strukturiert. Unterhalb der Muttergesellschaft sind zahlreiche Tochtergesellschaften angesiedelt, die unterschiedliche Geschäftsfelder bedienen. Wesentliche Tochterunternehmen sind unter anderem die DB Regio AG (Nahverkehr), die DB Fernverkehr AG, die DB Netz AG (Infrastruktur) und die DB Schenker AG (Logistik). Jede dieser Gesellschaften unterliegt dem jeweiligen Gesellschaftsrecht, zumeist dem Aktiengesetz oder dem GmbH-Gesetz.

Öffentliche Aufgabe und Regulierung

Verpflichtungen als Eisenbahnunternehmen

Die Deutsche Bahn AG unterliegt als Eisenbahnunternehmen dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG), welches bundesweit den Betrieb sowie die Konstruktion, Unterhaltung und Verwaltung der Eisenbahninfrastruktur regelt. Die DB AG ist damit verpflichtet, einen diskriminierungsfreien Zugang zur Infrastruktur zu gewährleisten und Fern- sowie Regionalverkehr aufrechtzuerhalten. Ferner unterliegt die DB AG dem Eisenbahnregulierungsgesetz (ERegG), das insbesondere Vorgaben für den Wettbewerb und die Tarifgestaltung auf der Schiene enthält.

Verhältnis zum Staat als Eigentümer

Obwohl die DB AG eine privatrechtliche Gesellschaftsform aufweist, unterliegt sie aufgrund der Alleineigentümerschaft des Bundes zahlreichen besonderen Regelungen. Die Bundesrepublik Deutschland kann über die Hauptversammlung und den Aufsichtsrat Einfluss auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens nehmen. Laut Grundgesetz (Art. 87e GG) bleibt der Bund für die Eisenbahnen des Bundes verantwortlich; die Bahn muss als „öffentliche Aufgabe“ bestimmte Anforderungen erfüllen, insbesondere im Hinblick auf Versorgungssicherheit und Infrastrukturentwicklung.

Rechtliche Rahmenbedingungen des Eisenbahnsektors

Eisenbahnneuordnungsgesetz (ENeuOG) und Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG)

Das ENeuOG war Grundlage der Umwandlung der Staatsbahnen in die DB AG. Das Gesetz regelt, dass das Vermögen der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn in die Deutsche Bahn AG eingebracht wurde. Das weitere Rechtsverhältnis zwischen Staat und Bahn wird insbesondere durch das AEG bestimmt, welches unter anderem die Betriebs-, Bau- und Sicherheitspflichten, das Haftungsregime und die Verpflichtung zur Gleisgestellung definiert.

Wettbewerbs- und Regulierungsrecht

Die Deutsche Bahn AG untersteht als sog. „marktbeherrschendes Unternehmen“ den Vorgaben des Kartellrechts, insbesondere dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Weitergehende spezielle regulatorische Vorschriften finden sich im Eisenbahnregulierungsgesetz (ERegG). Die Bundesnetzagentur ist zuständige Aufsichtsbehörde insbesondere im Bereich der Zugangsgewährung zu Netzinfrastrukturen und Trassenpreisen.

Öffentliche Förderung und Beihilfenrecht

Als Unternehmen im Besitz der öffentlichen Hand unterliegt die Deutsche Bahn AG zudem dem Europäischen Beihilfenrecht. Förderungen aus öffentlichen Mitteln, etwa zur Modernisierung der Infrastruktur oder zum Betrieb von nicht wirtschaftlich tragfähigen Regionalverkehren, müssen mit dem Beihilferecht der Europäischen Union, insbesondere Art. 107 ff. des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), vereinbar sein.

Haftungsfragen und Rechtsstreitigkeiten

Zivilrechtliche Haftung

Die Haftung für Personen- und Sachschäden im Eisenbahnbetrieb ist in Deutschland im Eisenbahnhaftpflichtgesetz (HaftPflG) geregelt. Die Deutsche Bahn AG haftet demnach als Eisenbahnverkehrsunternehmen und als Eisenbahninfrastrukturunternehmen für Schäden im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb, wobei die Haftung grundsätzlich verschuldensunabhängig ausgestaltet ist.

Öffentlich-rechtliche Verantwortung

Die DB AG ist Adressatin verschiedenster öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen, z. B. hinsichtlich Lärmschutz, Umweltschutz und Beförderungspflicht. Sie unterliegt der Fachaufsicht des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA) und der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr.

Arbeits- und Tarifrecht

Als Arbeitgeber ist die Deutsche Bahn AG an die allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften gebunden. Sie ist Tarifpartner und -anwendungsbereich verschiedener Tarifverträge, insbesondere des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst sowie branchenspezifischer Eisenbahntarifverträge. Die Bezüge von Vorstandsmitgliedern und leitenden Angestellten sind zudem öffentlich einsehbar und durch Regularien wie das Gesetz über die Offenlegung von Vorstandsvergütungen (VorstOG) reguliert.

Internationales Engagement und Tochtergesellschaften

Die Deutsche Bahn AG ist auch international tätig, insbesondere über Tochtergesellschaften wie DB Cargo (Güterverkehr) und DB Arriva (Personenverkehr außerhalb Deutschlands). Diese Auslandsgesellschaften sind eigenständigen nationalen Rechtsordnungen unterworfen, folgen aber in strategischen Entscheidungen der zentralen Vorgabe der Muttergesellschaft.

Zusammenfassung

Die Deutsche Bahn AG nimmt als größtes deutsches Eisenbahnunternehmen eine Schlüsselstellung im Personen- und Güterverkehr ein und ist organisatorisch als Aktiengesellschaft im alleinigen Bundesbesitz strukturiert. Sie erfüllt vielfältige öffentliche Aufgaben im Rahmen einer umfassenden öffentlichen Regulierung. Die rechtlichen Rahmenbedingungen umfassen das Gesellschaftsrecht, Eisenbahnrecht, allgemeines Wirtschafts- und Wettbewerbsrecht sowie das Beihilfen- und Vergaberecht. Durch ihre besondere Eingebundenheit in die staatliche Daseinsvorsorge und ihre Marktstellung ist sie besonderen rechtlichen Anforderungen und Kontrollen unterworfen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte haben Fahrgäste bei Zugverspätungen oder Zugausfällen gegenüber der Deutschen Bahn AG?

Fahrgäste der Deutschen Bahn AG genießen im Falle von Zugverspätungen oder Zugausfällen weitgehende Rechte, die sich insbesondere aus der EU-Fahrgastrechte-Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 und den allgemeinen Beförderungsbedingungen (ABB) der Deutschen Bahn AG ergeben. Grundsätzlich gilt: Bereits ab einer Verspätung von 60 Minuten am Zielort besteht ein Anspruch auf Erstattung von 25 % des Fahrkartenpreises, bei einer Verspätung von 120 Minuten oder mehr erhöht sich der Anspruch auf 50 %. Wichtig ist zudem, dass Fahrgäste unter bestimmten Umständen von ihrer Reise zurücktreten können und die vollständige Rückerstattung des Fahrpreises verlangen dürfen, wenn sie die Fahrt nicht antreten oder abbrechen. Darüber hinaus besteht Anspruch auf angemessene Betreuungsleistungen wie kostenlose Verpflegung und Unterbringung, falls dies aufgrund der Verspätung notwendig wird (z.B. Übernachtungskosten). Ansprüche müssen binnen eines Jahres bei der Deutschen Bahn geltend gemacht werden.

Welche gesetzlichen Vorgaben bestehen im Hinblick auf die Haftung der Deutschen Bahn AG bei Personenschäden?

Die Haftung der Deutschen Bahn AG für Personenschäden ist im deutschen Eisenbahnrecht und europaweit in der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 geregelt sowie im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und im Haftpflichtgesetz. Bei einem durch die Fahrlässigkeit oder das Verschulden der Bahn verursachten Unfall haftet die Deutsche Bahn grundsätzlich für Schadensersatz und immaterielle Schäden (z.B. Schmerzensgeld). Eine Haftung kann sich auch ohne Verschulden aus einer sogenannten Gefährdungshaftung ergeben, da der Bahnverkehr als besonders gefährlich gilt. Es gibt jedoch Haftungsbegrenzungen; etwa bei Verschulden des Fahrgastes oder höherer Gewalt kann die Haftung reduziert oder ausgeschlossen sein. Die Ansprüche müssen innerhalb bestimmter Fristen geltend gemacht werden und unterliegen dem deutschen Schadenersatzrecht.

Wie ist der Datenschutz bei der Deutschen Bahn AG geregelt?

Die Deutsche Bahn AG unterliegt als Unternehmen dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sowie der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der EU. Personenbezogene Daten von Fahrgästen, wie Name, Adresse, Reisedaten oder Zahlungsinformationen, dürfen nur im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben erhoben, verarbeitet und genutzt werden. Es bestehen besondere Informationspflichten über Art, Umfang und Zweck der Datenverarbeitung. Kunden besitzen umfangreiche Rechte, u.a. das Recht auf Auskunft, Löschung, Berichtigung und Datenübertragbarkeit. Für die Verarbeitung sensibler Daten, etwa bei Sonderleistungen wie Mobilitätshilfen, ist die ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person erforderlich. Die Bahn ist zudem verpflichtet, durch technische und organisatorische Maßnahmen ein angemessenes Datenschutzniveau sicherzustellen und im Falle einer Datenschutzverletzung die Aufsichtsbehörde und ggf. die Betroffenen zu informieren.

Welche Beförderungspflichten und mögliche Beförderungsausschlüsse hat die Deutsche Bahn AG?

Die Deutsche Bahn AG unterliegt gem. Eisenbahnverkehrsordnung (EVO) sowie ihren eigenen Allgemeinen Beförderungsbedingungen grundsätzlich einer Beförderungspflicht, d.h., sie muss grundsätzlich jede Person und deren mitgeführte Sachen transportieren. Es bestehen jedoch gesetzlich und vertraglich festgelegte Ausschlussgründe, etwa bei Vorliegen von Gefahr für Betrieb, Sicherheit, Ordnung oder Gesundheit, bei stark alkoholisierten oder aggressiven Personen sowie bei Verstößen gegen die Hausordnung. Auch Tiere und sperrige Gegenstände dürfen unter bestimmten Bedingungen ausgeschlossen werden. Ein Beförderungsausschluss muss verhältnismäßig erfolgen und darf nur unter Beachtung gesetzlicher Vorschriften und unter Wahrung der Rechte des Betroffenen ausgesprochen werden.

Welche Besonderheiten gelten im Zusammenhang mit der Fahrkartenkontrolle und den Folgen des „Schwarzfahrens“?

Die Fahrkartenkontrolle durch Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG ist rechtlich als Ausübung des Hausrechts und als Bestandteil des Personenbeförderungsvertrages zu qualifizieren. Fahrgäste sind verpflichtet, auf Verlangen ein gültiges Ticket vorzulegen. Wer ohne gültige Fahrkarte reist oder diese nicht ordnungsgemäß entwertet hat, begeht eine Ordnungswidrigkeit und kann nach den ABB und § 265a StGB (Erschleichen von Leistungen) strafrechtlich verfolgt werden. Die Bahn erhebt in solchen Fällen ein erhöhtes Beförderungsentgelt (aktuell 60 Euro, Stand 2024), unabhängig davon, ob die Fahrt vorsätzlich oder fahrlässig ohne gültigen Fahrausweis angetreten wurde. Zudem kann die Bahn im Wiederholungsfall zivilrechtliche und strafrechtliche Schritte, etwa Strafanzeige, einleiten.

Wie sind die Bedingungen zur Mitnahme von Fahrrädern oder Haustieren in Zügen der Deutschen Bahn AG rechtlich geregelt?

Die Mitnahme von Fahrrädern oder Haustieren richtet sich nach den Allgemeinen Beförderungsbedingungen (ABB) der Deutschen Bahn AG, dem Personenbeförderungsgesetz sowie speziellen Tarifbedingungen. Die Mitnahme von Fahrrädern ist in der Regel kostenpflichtig und erfordert ein spezielles Fahrradticket, wobei etwaige Sperrzeiten und Platzkapazitäten zu beachten sind. Rollstühle und Mobilitätshilfen werden kostenfrei befördert. Haustiere dürfen grundsätzlich mitgeführt werden, jedoch sind große Hunde zu sichern (Leinen- und ggf. Maulkorbpflicht) und benötigen ein eigenes Ticket, während kleine Tiere in geschlossenen Behältern oft kostenlos reisen dürfen. Die Mitnahme kann bei Platzmangel oder Gefahrenlage verweigert werden. Alle Regelungen sind verbindlich und können im Streitfall gerichtlich überprüft werden.

Welche rechtlichen Regelungen gelten für die Barrierefreiheit im Personenverkehr der Deutschen Bahn AG?

Die rechtlichen Verpflichtungen zur Barrierefreiheit ergeben sich aus dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG), dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG), der Verordnung (EU) Nr. 1300/2014 über die Barrierefreiheit des Eisenbahnsystems sowie der EU-Fahrgastrechte-Verordnung. Die Deutsche Bahn AG ist verpflichtet, sowohl Bahnanlagen als auch Fahrzeuge stufenweise barrierefrei zu gestalten. Neu- und Umbaumaßnahmen müssen nach dem Stand der Technik barrierefrei erfolgen. Für Fahrgäste mit Behinderung bestehen Ansprüche auf unentgeltliche Hilfeleistungen beim Ein-, Aus- und Umsteigen, die spätestens 24 Stunden vor Fahrtbeginn angemeldet werden müssen. Rechtsansprüche auf Barrierefreiheit können im Einzelfall eingeklagt werden.