Begriff und rechtliche Einordnung von Debenture
Der Begriff Debenture bezeichnet im angloamerikanischen Rechtskreis ein Schuldverschreibungsinstrument, das von Unternehmen, öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder anderen Institutionen ausgegeben wird, um Kapital zu beschaffen. Im Zentrum steht die Verbriefung von Forderungsrechten in Form festverzinslicher Wertpapiere, die meist ohne spezifische dingliche Sicherheiten ausgestattet sind. Die Verwendung und Ausgestaltung des Debenture-Begriffs variiert in den unterschiedlichen Common-Law-Systemen, insbesondere in Großbritannien, Indien und anderen Staaten mit angelsächsisch geprägter Rechtsordnung.
Rechtsgrundlagen und gesetzliche Rahmenbedingungen
United Kingdom: Companies Act und relevante Sekundärgesetzgebung
Im Vereinigten Königreich bildet insbesondere der Companies Act 2006 die zentrale Grundlage für die Ausgabe und Behandlung von Debentures. Nach der Legaldefinition enthält ein Debenture jede Anleihe, jedes Schuldscheindarlehen oder vergleichbare Wertpapiere, mit denen Unternehmen Kredite aufnehmen können. Es sind verschiedene Variationen von Debentures möglich, die sich insbesondere durch das Vorhandensein, den Umfang und die Art von Sicherheiten unterscheiden.
Genehmigung und Registrierung
Debentures bedürfen i.d.R. einer ausdrücklichen Genehmigung durch die Organe der Gesellschaft. Während einfache Debentures keiner Registrierung bedürfen, müssen mit Absicherung verbundene Debentures – insbesondere bei Einräumung eines „Charge“ (dingliche Sicherheit) – nach den Vorgaben des Companies Act beim Handelsregister (Companies House) angezeigt und registriert werden. Die Nichtbeachtung der Registrierungspflichten kann zur Unwirksamkeit der Sicherheit und im Insolvenzfall zur nachrangigen Befriedigung der Gläubiger führen.
Der Debenture im Insolvenzrecht
Debentures haben bedeutende Implikationen im Insolvenzrecht. Abgesicherte (secured) Debenture-Inhaber nehmen den Rang von bevorrechtigten Gläubigern ein, wenn eine Unternehmensinsolvenz eintritt. Unbesicherte Debenture-Inhaber gelten dagegen als einfache Gläubiger und erhalten nachrangig Zugriff auf die Insolvenzmasse.
Floating Charge und Fixed Charge
Eine Besonderheit des angloamerikanischen Rechts stellt die Absicherung durch einen Floating Charge dar, der bewegliches Vermögen des Schuldners dynamisch umfasst. Bei Eintritt bestimmter Ereignisse fällt der Floating Charge in einen festen Rang (Crystallisation), wodurch der Debenture-Inhaber zum bevorrechtigten Gläubiger für die betroffenen Vermögenswerte wird. Dagegen steht der Fixed Charge, der auf bestimmte, im Einzelnen bezeichnete Vermögensgegenstände begrenzt ist.
Arten von Debenture
Nach Art der Besicherung
- Secured Debenture
Ein secured Debenture ist durch einen Fixed oder Floating Charge auf das Vermögen des Emittenten gesichert. Die genaue Ausgestaltung hängt von den Vereinbarungen der Parteien und von nationalen Gesetzen ab.
- Unsecured Debenture
Ein unsecured Debenture ist eine reine Unternehmensschuld ohne dingliche Absicherung. Die Gläubiger haften im Konkurs lediglich mit ihren allgemeinen Forderungsrechten.
Nach Struktur und Rückzahlungsmodalitäten
- Convertible Debenture
Ein convertible Debenture erlaubt dem Inhaber unter bestimmten Bedingungen, die Schuldverschreibung in Anteile (z. B. Aktien) des Emittenten zu tauschen.
- Redeemable und Irredeemable Debenture
Ein redeemable Debenture wird zu einem definierten Zeitpunkt oder auf Verlangen zurückgezahlt. Ein irredeemable Debenture (veraltet) ist auf unbestimmte Dauer ausgelegt und wird oftmals nur im Liquidationsfall fällig.
Debenture im internationalen Kontext
Während der Debenture im deutschen und kontinentaleuropäischen Recht keine direkte Entsprechung hat, finden sich vergleichbare Instrumente in der Form von Unternehmensanleihen, Schuldverschreibungen (§§ 793 ff. BGB) oder Schuldscheindarlehen. Unterschiede bestehen vor allem hinsichtlich des Schutzmechanismus für Gläubiger und der Ausgestaltung dinglicher Sicherheiten.
Im US-amerikanischen Recht wird der Begriff Debenture anders verwendet: Hier steht er typischerweise für nicht besicherte, festverzinsliche Schuldverschreibungen.
Rechte und Pflichten der Debenture-Inhaber
Informations- und Kontrollrechte
Debenture-Inhaber stehen im Verhältnis zum Emittenten besondere Informationsrechte zu, wie zum Beispiel periodische Mitteilungen über den Stand der Rückzahlung, Unternehmensberichte sowie im Fall von Sicherheiten Informationen über deren Werthaltigkeit.
Durchsetzung von Forderungen und Vertretung
Im Falle eines Verzugs oder einer Insolvenz sind Debenture-Halter berechtigt, ihre Forderungen selbstständig oder durch einen bestellten Trustee (Treuhänder) geltend zu machen. Der Trustee fungiert im Namen der Inhaber zur Wahrnehmung und Durchsetzung kollektiver Rechte, etwa bei der Durchsetzung von Sicherheiten oder im Insolvenzverfahren.
Bedeutung und Funktion im Wirtschaftsleben
Debentures spielen eine zentrale Rolle bei der Unternehmensfinanzierung, insbesondere bei mittel- und großvolumigen Investitionsprojekten. Sie erlauben Unternehmen, Kapital am Kapitalmarkt aufzunehmen, ohne Anteile abzugeben oder Sicherheiten wie Hypotheken zu stellen, sofern sie als unsecured Debenture ausgegeben werden. Gesicherte Debentures erhöhen die Attraktivität für Gläubiger, senken den Zinsbedarf und schaffen Anreize für institutionelle Investoren.
Zusammenfassung
Debentures stellen im angloamerikanischen Rechtskreis ein zentrales Mittel zur Fremdfinanzierung von Unternehmen dar. Die Ausgestaltung reicht von einfachen, nicht besicherten Schuldverschreibungen bis hin zu Hybridformen mit Sicherheiten, Wandlungsrechten und speziellen Rückzahlungsklauseln. Die rechtliche Behandlung von Debentures umfasst sowohl gesellschaftsrechtliche als auch insolvenzrechtliche Aspekte und beeinflusst maßgeblich die Rangfolge und Sicherheit der Gläubiger im Krisenfall.
Siehe auch:
- Unternehmensanleihe
- Schuldverschreibung
- Floating Charge
- Fixed Charge
- Trustee (Kapitalmarkt)
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Emission eines Debenture erfüllt sein?
Für die Emission eines Debenture müssen verschiedene rechtliche Voraussetzungen eingehalten werden, die sich aus dem jeweiligen nationalen Gesellschafts-, Kapitalmarkt- und Insolvenzrecht ergeben. Zunächst muss die ausgebende Gesellschaft (in der Regel eine Kapitalgesellschaft) laut Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Emission von Schuldtiteln berechtigt sein. Der Vorstand oder die Geschäftsführung benötigt häufig zudem eine Zustimmung des Aufsichtsrats oder der Hauptversammlung. Die Ausgabe muss außerdem im Handelsregister eingetragen werden, sofern dies nach der jeweiligen Rechtsordnung erforderlich ist. Zusätzlich sind bei einer öffentlichen Platzierung die kapitalmarktrechtlichen Vorschriften zu beachten, insbesondere die Prospektpflicht nach der EU-Prospektverordnung. Je nach Emissionsvolumen kann eine Genehmigung der zuständigen Finanzaufsichtsbehörde notwendig sein. Weitere Voraussetzungen betreffen die Offenlegung der Emissionsbedingungen, wie Laufzeit, Verzinsung und Rückzahlungsmodalitäten, die in den sogenannten Anleihebedingungen schriftlich niedergelegt werden müssen. Schließlich sind etwaige Restriktionen zur Wahrung der Gläubigerrechte zu berücksichtigen, etwa die Bestellung von Sicherheiten oder Covenants.
Welche Rechte und Pflichten ergeben sich für Gläubiger aus einem Debenture?
Gläubiger eines Debenture erhalten spezifische, vertraglich gesicherte Rechte gegenüber dem Emittenten. Dazu gehört in erster Linie das Recht auf regelmäßige Zinszahlungen sowie die Rückzahlung des Kapitals am Laufzeitende. Die genaue Ausgestaltung dieser Ansprüche ergibt sich aus den Anleihebedingungen, die ebenfalls Regelungen zum Rang der Forderung im Insolvenzfall, zu den Bedingungen für vorzeitige Rückzahlung sowie zu Informationspflichten seitens des Emittenten enthalten können. Gläubiger müssen hingegen keine aktiven Pflichten erfüllen, außer auf Basis besonderer Vereinbarungen, etwa im Fall einer Anleihegläubigerversammlung mit Mitsprache- oder Kontrollrechten. Allerdings unterliegen sie dem Risiko des Forderungsausfalls (Emittentenrisiko), und bei nachrangigen Debentures kann ihr Anspruch im Insolvenzfall hinter anderen Gläubigern zurücktreten. Es besteht die Pflicht, sich an die im Wertpapierprospekt und den Wertpapierbedingungen genannten Regelungen zu halten.
Welche Schutzmechanismen sieht das Recht zugunsten von Debenture-Gläubigern vor?
Das Recht sieht verschiedene Schutzmechanismen für Debenture-Gläubiger vor. Einer der wichtigsten Mechanismen ist die Prospektpflicht, die Transparenz schafft und Anleger vor Informationsdefiziten schützt. Der Emittent ist verpflichtet, alle für die Anlageentscheidung wesentlichen Informationen offenzulegen. In den Anleihebedingungen können besondere Sicherheiten (Collateral) oder Covenants vereinbart werden, die dem Schutz der Gläubiger dienen, etwa Verschuldungsobergrenzen oder Beschränkungen weiterer Belastungen (Negativverpflichtungen). Weiterhin gibt es im Insolvenzrecht den sogenannten Gläubigerschutz durch Insolvenzanfechtung und die Möglichkeit zur Teilnahme an Anleihegläubigerversammlungen, in denen die Gläubiger über wesentliche Änderungen der Anleihebedingungen oder Sanierungsmaßnahmen abstimmen können. In einigen Rechtsordnungen ist zudem ein gemeinsamer Vertreter der Gläubiger vorgesehen, der kollektive Rechte wahrnehmen und gerichtlich durchsetzen kann.
Wie werden rechtliche Streitigkeiten im Zusammenhang mit Debentures gelöst?
Rechtliche Streitigkeiten im Zusammenhang mit Debentures werden in erster Linie durch die in den Anleihebedingungen festgelegten Mechanismen gelöst. Meist enthalten diese eine Gerichtsstandsklausel, die bestimmt, welches Gericht im Streitfall zuständig ist, sowie ggf. eine Schiedsklausel zur außergerichtlichen Streitbeilegung. Darüber hinaus haben die Gläubigerversammlung und ihr gewählter Vertreter Entscheidungs- und Durchsetzungsbefugnisse, um kollektive Maßnahmen gegenüber dem Emittenten einzuleiten, etwa bei Restrukturierungen oder Zahlungsstörungen. In der Regel können Gläubiger im Wege der Klage auf Erfüllung ihrer Zahlungsansprüche vorgehen. Im Insolvenzfall regeln die jeweiligen Insolvenzgesetze die Anmeldung von Forderungen und das Vorgehen bei der Masseverteilung.
Unterscheiden sich die rechtlichen Regelungen für besicherte und unbesicherte Debentures?
Ja, die rechtlichen Regelungen unterscheiden sich in wesentlichen Punkten. Bei besicherten Debentures werden dem Gläubiger dingliche Sicherheiten bestellt, etwa Hypotheken, Pfandrechte oder Sicherungsübereignungen, die im Sicherungsfall vorrangig verwertet werden können. Für die Begründung, Verwaltung und Verwertung solcher Sicherheiten bestehen gesonderte gesetzliche Vorschriften und Formerfordernisse, etwa Eintragungen in öffentliche Register. Unbesicherte Debentures hingegen gewähren ausschließlich schuldrechtliche Ansprüche; deren Gläubiger nehmen im Insolvenzfall lediglich am Verteilungsprozess teil und sind im Ranking der Gläubiger neben anderen ungesicherten Forderungen eingeordnet. Die Anleihebedingungen und das zugrunde liegende nationale Recht bestimmen, ob und in welcher Form Sicherheiten zu bestellen sind.
Welche Offenlegungspflichten bestehen beim Handel von Debentures an organisierten Märkten?
Für den Handel von Debentures an organisierten Märkten, insbesondere Börsen, gelten umfangreiche Offenlegungspflichten nach Kapitalmarkt- und Börsenrecht. Diese betreffen einerseits die Emission, für die regelmäßig ein gebilligter Wertpapierprospekt zu veröffentlichen ist, aber auch nachfolgende Publizitätspflichten während der gesamten Laufzeit (z.B. Ad-hoc-Mitteilungen, Zwischenberichte, Mitteilungen über Zinsanpassungen oder Restrukturierungen). Die Emittenten unterliegen strengen Transparenzanforderungen, die Manipulationen verhindern und einen fairen Handel gewährleisten sollen. Zusätzlich sind Insidergeschäfte und Marktmanipulationen im Zusammenhang mit Debentures ausdrücklich verboten und unterliegen den Sanktionen der Marktaufsichtsbehörden.
Welche Veränderungen an den Bedingungen eines Debenture sind rechtlich zulässig und wie erfolgt deren Durchsetzung?
Veränderungen an den Bedingungen eines Debenture („Anleihebedingungen“) sind grundsätzlich nur mit Zustimmung der Gläubiger zulässig. In der Regel ist im Wertpapierprospekt oder im Gesetz geregelt, dass solche Änderungen durch einen Mehrheitsbeschluss in der Gläubigerversammlung beschlossen werden können. Die genauen Modalitäten, etwa das erforderliche Quorum oder Zustimmungserfordernisse (einfache oder qualifizierte Mehrheit), sind gesetzlich oder vertraglich geregelt. Änderungen ohne die erforderliche Mehrheit sind unzulässig und rechtlich nicht bindend. Nach Beschlussfassung werden die Änderungen für alle Gläubiger verbindlich; zur Durchsetzung kann ein gemeinsamer Vertreter bestellt werden, der die kollektiven Interessen wahrnimmt und Vertragsanpassungen gerichtlich oder außergerichtlich durchsetzt.