Begriff und Grundlagen des Crowdfunding
Crowdfunding bezeichnet eine Form der gemeinschaftlichen Finanzierung, bei der eine Vielzahl von Personen – die sogenannte „Crowd“ – finanzielle Mittel (funding) über das Internet bereitstellt, um Projekte, Produkte, Unternehmen oder gemeinnützige Initiativen zu unterstützen. Im rechtlichen Kontext ist Crowdfunding eine Sammelbezeichnung für verschiedene Finanzierungsmodelle, die sich insbesondere im Hinblick auf die Art der angebotenen Gegenleistung und deren Regulierung unterscheiden.
Rechtsformen und Arten des Crowdfunding
Rechtlich lassen sich vier Hauptformen des Crowdfunding unterscheiden, die jeweils besondere gesetzliche Rahmenbedingungen und Anforderungen nach sich ziehen:
1. Donation-Based Crowdfunding (Spendenbasiert)
Bei dieser Form des Crowdfunding erfolgt die Finanzierung ohne rechtlichen Anspruch auf eine Gegenleistung. Spenden sind steuerlich als Schenkungen einzuordnen, mit möglichen Auswirkungen auf das Steuerrecht (§§ 516 ff. BGB sowie ggf. Gemeinnützigkeitsrecht nach §§ 51-68 AO). Plattformbetreiber sind verpflichtet, Transparenz über den Erhalt und die Verwendung der eingesammelten Mittel zu gewährleisten, insbesondere wenn ein gemeinnütziger Zweck behauptet wird.
2. Reward-Based Crowdfunding (Belohnungsbasiert)
Im Rahmen des Reward-Based Crowdfundings erhalten Unterstützende eine nicht-monetäre Gegenleistung, zum Beispiel ein Produktmuster, eine Namensnennung oder ähnliche Zugaben. Vertragsrechtlich werden hierbei zumeist Werk- oder Dienstverträge (§§ 631 ff., §§ 611 ff. BGB) abgeschlossen. Verbraucherrechtliche Regelungen, insbesondere Informationspflichten und das Widerrufsrecht nach den §§ 312g, 355 BGB, sind zu beachten.
3. Lending-Based Crowdfunding (Kreditbasiert, Crowdlending)
Hierbei handelt es sich um die Vergabe von Krediten durch Privatpersonen an Kreditnehmer mittels einer Crowdfunding-Plattform. Rechtlich ergeben sich im deutschen Recht insbesondere Pflichten aus dem Kreditvertragsrecht (§§ 488 ff. BGB) sowie gegebenenfalls aus dem Zahlungsdiensterecht und der gewerbsmäßigen Darlehensvergabe nach dem Kreditwesengesetz (KWG). Ab bestimmten Schwellenwerten und unter bestimmten Voraussetzungen kann die Vergabe von Krediten eine Erlaubnispflicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gemäß § 32 KWG nach sich ziehen.
4. Equity-Based Crowdfunding (Crowdinvesting)
Bei dieser Form beteiligen sich Investoren kapitalmäßig an Unternehmen, meist in Form von stillen Beteiligungen, Genussscheinen oder Nachrangdarlehen. Zentral sind hier kapitalmarktrechtliche Anforderungen sowie das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG), das Prospektpflichten (§§ 6 ff. VermAnlG) und zahlreiche Informationspflichten regelt. Je nach Ausgestaltung sind zusätzlich das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) sowie das Wertpapierprospektgesetz (WpPG) anwendbar. Die europäische Crowdfunding-Verordnung (EU) 2020/1503 schafft seit 2021 unionsweite Vorgaben, die Plattformen mit Sitz oder Geschäftstätigkeit in der EU beachten müssen.
Rechtliche Rahmenbedingungen für Plattformbetreiber
Gewerberechtliche Anforderungen
Der Betrieb einer Crowdfunding-Plattform stellt regelmäßig eine gewerbliche Tätigkeit dar und bedarf in der Regel einer Gewerbeanmeldung gemäß § 14 GewO. Bei Vermittlung von Finanzierungsprodukten kann zudem eine Erlaubnis nach § 34f oder § 34c Gewerbeordnung erforderlich sein.
Aufsichtsrechtliche Pflichten
Plattformen, die im Bereich des Crowdlending oder Crowdinvesting tätig sind, müssen je nach Ausgestaltung ihrer Geschäftstätigkeit aufsichtsrechtliche Vorgaben beachten. Hierzu zählen insbesondere die Bestimmungen des KWG sowie das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) für Zahlungsabwicklungen. Die Aufsicht obliegt in Deutschland der BaFin. Plattformbetreiber und Vermittler müssen prüfen, ob ihre Tätigkeit erlaubnispflichtig ist und gegebenenfalls eine Genehmigung beantragen. Die europäische Crowdfunding-Verordnung harmonisiert Anforderungen für Anbieter im Investmentbereich und sieht unter anderem Zulassungsverfahren und laufende Compliance-Pflichten vor.
Zivilrechtliche Vertragstypen und Haftung
Die Beziehungen zwischen Plattform, Projektinitiator und Investoren werden zivilvertraglich geregelt. Zwischen Plattform und Investoren besteht häufig ein Vermittlungsvertrag, zwischen Investoren und Initiatoren der eigentliche Finanzierungs- oder Beteiligungsvertrag. Haftungsfragen ergeben sich aus §§ 280 ff. BGB sowie aus Prospekthaftung und den spezialgesetzlichen Regelungen des VermAnlG bzw. des WpPG. Die Plattform muss insbesondere über Risiken der Finanzierung und über ihre Rolle sowie Kosten und Gebühren klar informieren.
Verbraucherschutz und Informationspflichten
Informations- und Transparenzpflichten
Im Sinne des Verbraucherschutzrechts sind Plattformen zu umfangreicher Information verpflichtet. Zentrale Vorschriften regeln die Aufklärung über das Projekt, die Risiken sowie die genauen Vertragsbedingungen (§§ 312 ff. BGB, PAngV, VermAnlG, WpPG). Auch datenschutzrechtliche Vorgaben nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sind zu beachten.
Widerrufsrecht und Rückabwicklung
Im Bereich des Reward-Based Crowdfunding besteht in der Regel ein Widerrufsrecht für Verbraucher nach § 355 BGB. Bei geldbezogenen Crowdfunding-Formen, etwa beim Crowdinvesting, richtet sich das Widerrufsrecht nach dem jeweils zutreffenden Spezialgesetz (beispielsweise § 22 VermAnlG).
Steuerrechtliche Aspekte
Eingeworbene Mittel aus Crowdfunding-Kampagnen sind unabhängig von der Crowdfunding-Form steuerlich relevant. Bei reward- und equity-basierten Modellen handelt es sich regelmäßig um steuerpflichtige Einnahmen. Projektinitiatoren müssen die steuerlichen Vorschriften, wie Umsatzsteuer- und Einkommensteuergesetz, beachten. Auch für Spenden (Donation-Based Crowdfunding) gelten steuerliche und gemeinnützigkeitsrechtliche Vorgaben.
Internationale und europarechtliche Entwicklungen
Mit der Verabschiedung der europäischen Crowdfunding-Verordnung (EU) 2020/1503 wurde ein unionsweit einheitlicher Rechtsrahmen geschaffen, dessen Ziel die Förderung der grenzüberschreitenden Tätigkeit von Crowdfunding-Dienstleistern ist. Die Verordnung definiert Zulassungs- und Aufsichtsverfahren, setzt Sorgfalts-, Offenlegungs- und Informationspflichten fest und zielt auf einen verbesserten Schutz von Anlegern und Investoren ab. Nationale Regelungen sind weiterhin zu beachten, müssen jedoch mit dem EU-Recht in Einklang stehen.
Zusammenfassung
Crowdfunding stellt eine innovative und zunehmend verbreitete Form der Kapitalbeschaffung dar, die durch unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen geprägt ist. Die wesentliche Rechtsgrundlage wird durch das bürgerliche Recht, Aufsichtsrecht, Kapitalmarktrecht, Steuerrecht sowie durch Vorgaben für Datenschutz und Verbraucherschutz bestimmt. Rechtliche Anforderungen variieren erheblich nach Crowdfunding-Modell und bedeuten für die Beteiligten umfassende Pflichten in Bezug auf Information, Transparenz, Steuern und Genehmigungen. Die Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere auf europäischer Ebene, bleibt dynamisch und erfordert eine kontinuierliche Beobachtung der Gesetzgebung und Rechtsprechung.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Rahmenbedingungen müssen bei der Durchführung einer Crowdfunding-Kampagne beachtet werden?
Bei der Durchführung einer Crowdfunding-Kampagne ist es unerlässlich, verschiedene rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten. Hierzu zählen insbesondere das Zivilrecht, Kapitalmarktrecht sowie steuerliche Vorschriften. Je nach Art des Crowdfundings (Spenden, Belohnungen, Beteiligungen oder Kredite) können unterschiedliche Gesetze wie das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG), das Kreditwesengesetz (KWG) oder das Wertpapierprospektgesetz relevant werden. Plattformbetreiber und Projektinitiatoren müssen prüfen, ob ihre Kampagne als öffentliches Angebot einzustufen ist, was Prospektpflichten nach sich ziehen könnte. Außerdem sind die Informationspflichten gegenüber den Unterstützern und der Schutz personenbezogener Daten nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu gewährleisten. Je nach Modell sind zudem Vorgaben zum Verbraucherschutz und ggf. Pflichten zur Eintragung im Handelsregister zu berücksichtigen. Unabhängig vom Modell empfiehlt sich die Prüfung durch einen spezialisierten Anwalt, um Haftungsrisiken für alle Beteiligten zu minimieren.
Welche Prospektpflichten können im Zusammenhang mit Crowdfunding bestehen?
Bei bestimmten Formen des Crowdfundings, insbesondere beim Investment-Crowdfunding (z. B. wenn eigenkapitalähnliche Rechte, Darlehen oder Anleihen angeboten werden), kann die Prospektpflicht greifen. Nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) und dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) sind detaillierte Prospekte erforderlich, wenn öffentliche Angebote für Anteile oder andere Vermögensanlagen bestimmte Schwellenwerte überschreiten (meist ab 100.000 Euro). Ziel dieser Pflicht ist der Anlegerschutz durch umfassende Informationen zur Investition. Kleine Emissionen können jedoch unter bestimmten Voraussetzungen von der Prospektpflicht befreit sein („Schwarmfinanzierungsausnahme“). Werden Prospekte notwendig, unterliegen diese einer strengen Prüfung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), und fehlerhafte oder unterlassene Prospekte können zu erheblichen Haftungsrisiken für Anbieter und Plattformen führen.
Welche Pflichten ergeben sich aus der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) für Crowdfunding-Plattformen und Projektinitiatoren?
Sowohl Plattformen als auch Initiatoren sind gemäß DSGVO verpflichtet, personenbezogene Daten der Nutzer (z. B. Name, Adresse, Bankdaten) ausschließlich rechtmäßig, zweckgebunden, transparent und sicher zu verarbeiten. Es gelten Informationspflichten hinsichtlich Art, Zweck und Umfang der Datenverarbeitung sowie der Betroffenenrechte (z. B. Auskunft, Löschung, Widerspruch). Insbesondere bei der Weitergabe von Daten an Dritte (z. B. Zahlungsdienstleister) ist die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben zwingend. Zudem muss ein angemessenes Schutzniveau der Daten (technisch-organisatorische Maßnahmen) gewährleistet sein, und eventuelle Datenschutzvorfälle müssen nach gesetzlichen Vorgaben gemeldet werden. Ein Verstoß gegen die DSGVO kann zu empfindlichen Bußgeldern führen.
Welche Haftungsrisiken bestehen für Initiatoren und Plattformbetreiber beim Crowdfunding?
Initiatoren und Plattformbetreiber tragen erhebliche Haftungsrisiken. Zivilrechtlich können sie bei falschen Angaben, Versäumnissen oder Verstößen gegen gesetzliche Vorschriften schadenersatzpflichtig werden. Insbesondere bei unvollständigen oder falschen Angaben im Zusammenhang mit der Mittelverwendung oder den Erfolgsaussichten eines Projekts droht eine Haftung gegenüber Unterstützern oder Investoren. Auch die Verletzung von Informations- und Aufklärungspflichten, Missachtung von Prospektpflichten oder Datenschutzverstößen kann zu Haftungsansprüchen führen. Strafrechtliche Risiken bestehen insbesondere bei Betrug, Untreue oder unbefugtem Betreiben erlaubnispflichtiger Finanzdienstleistungen. Daher ist eine umfassende rechtliche Prüfung und Dokumentation aller Kommunikations- sowie Vertragsinhalte essenziell.
Welche steuerlichen Verpflichtungen entstehen bei einer Crowdfunding-Kampagne?
Steuerliche Verpflichtungen variieren je nach Crowdfunding-Modell. Bei spendenbasierten Kampagnen können steuerliche Erleichterungen vorliegen, sofern eine gemeinnützige Organisation Initiator ist und eine Zuwendungsbestätigung ausgestellt wird. Im Falle von reward-basierten Kampagnen gilt die erhaltene Gegenleistung als umsatzsteuerpflichtig, und die Projektinitiatoren müssen entsprechende Umsatzsteuer abführen. Werden Gewinne oder Zinsen gezahlt (Investment- oder Lending-Crowdfunding), gelten zusätzliche steuerliche Vorschriften: Investoren müssen dies in ihrer Einkommensteuererklärung angeben, während Initiatoren ggf. Kapitalertragsteuer einbehalten und abführen müssen. Sämtliche Einnahmen müssen ordnungsgemäß dokumentiert, steuerlich deklariert und die jeweiligen Steuersätze beachtet werden.
Welche Anforderungen bestehen an die Vertragsschlüsse zwischen Unterstützern und Projektinitiatoren?
Die Vertragsbeziehungen im Rahmen einer Crowdfunding-Kampagne müssen rechtlich eindeutig ausgestaltet sein. In der Regel erfolgt der Vertragsschluss online, wobei allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sowie Widerrufsbelehrungen eine entscheidende Rolle spielen. Insbesondere beim Investment- und Lending-Crowdfunding sind zusätzliche Anforderungen wie Formvorschriften, Identitätsprüfung (Know Your Customer, KYC) und Geldwäscheprävention (gemäß Geldwäschegesetz, GwG) zu erfüllen. Die Rechte und Pflichten beider Parteien sollten explizit geregelt werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Auch Informationspflichten, insbesondere über Risiken, Rücktrittsmöglichkeiten und Haftungsbegrenzungen, müssen transparent kommuniziert werden.
Müssen Crowdfunding-Plattformen eine behördliche Erlaubnis besitzen?
Für bestimmte Crowdfunding-Dienstleistungen – insbesondere bei Investment- oder Kreditplattformen – kann eine Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz (KWG), dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) oder dem neuen Schwarmfinanzierungs-Begleitgesetz (ECSPR) erforderlich sein. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) prüft im Einzelfall, ob die jeweilige Plattform erlaubnispflichtig ist. Das Betreiben einer unerlaubten Finanzdienstleistung stellt eine Straftat dar. Plattformen, die ausschließlich Spenden oder Sachleistungen vermitteln, benötigen in der Regel keine Erlaubnis, sollten aber stets ihr Geschäftsmodell sorgfältig prüfen und gegebenenfalls eine verbindliche Auskunft bei der BaFin einholen.