Begriff und Definition: Cover im rechtlichen Kontext
Der Begriff Cover bezeichnet im Rechtssinne die eigenständige, meist künstlerische Neuinterpretation eines urheberrechtlich geschützten Werkes, insbesondere in der Musik. Im weiteren Sinne kann „Cover“ auch die Übertragung eines Werkes in eine andere Ausdrucksform, beispielsweise eine grafische oder literarische Adaption, meinen. Im deutschen Recht wird der Begriff primär für Musikcover verwendet, gewinnt aber auch in anderen Kunstbereichen an Bedeutung. Die rechtlichen Grundlagen und Auswirkungen von Coverversionen sind vielschichtig und berühren unterschiedliche Rechtsgebiete.
Rechtliche Grundlagen von Coverversionen
1. Urheberrechtliche Einordnung
Coverversionen betreffen im Kern die urheberrechtliche Schutzfähigkeit des Originals und das Verhältnis zwischen Originalurheber und Interpret des Covers.
Schutzgegenstand
Nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) ist das Originalwerk ein geschütztes geistiges Eigentum. Jede Art der Verwertung des Originals, auch in abgeänderter Form, unterliegt grundsätzlich den Rechten des Urhebers (§ 15 UrhG).
Bearbeitung und freie Benutzung
Coverversionen werden im Regelfall als Bearbeitungen (§ 23 UrhG) oder als freie Benutzungen (§ 24 UrhG a.F.; ab 2021: „Pastiche“-Privileg, § 51a UrhG) eingeordnet. Entscheidend ist, ob das Cover noch als selbständige neue Schöpfung erscheint oder wesentliche Merkmale aus dem Original nutzt.
- Bearbeitung: Bedarf die Zustimmung des Originalurhebers.
- Freie Benutzung/Pastiche: Kann im Ausnahmefall erlaubnisfrei sein, sofern das Werk in freier Weise genutzt wird und ein deutlicher Abstand zum Original besteht.
Rechte des Originalurhebers
Dem oder der Inhaber:in der Urheberrechte stehen folgende Rechte im Zusammenhang mit Coverversionen zu:
- Verwertungsrechte: Der Schutz umfasst insbesondere das Recht auf Vervielfältigung, Verbreitung, öffentliche Aufführung oder Zugänglichmachung (§§ 16 ff. UrhG).
- Urheberpersönlichkeitsrecht: Zum Beispiel das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft und Schutz vor Entstellung des Werkes (§ 14 UrhG).
2. Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler:innen und Produzenten
Insbesondere im Bereich der Musik sind neben den Rechten am ursprünglichen Werk auch Leistungsschutzrechte, beispielsweise von Musikern und Tonträgerherstellern (§§ 73 ff. UrhG), zu beachten. Bei der Aufnahme eines Covers können neue Leistungsschutzrechte an der konkreten Darbietung entstehen.
3. Lizenzerteilung und Verwertungsgesellschaften
GEMA und Lizenzen
Für die Herstellung und Verbreitung eines Covers ist meistens eine Lizenz erforderlich. In Deutschland werden diese Lizenzen regelmäßig über die Verwertungsgesellschaft GEMA abgewickelt. Die GEMA erteilt im Wege der sogenannten „Mechanischen Vervielfältigungslizenz“ pauschal die Erlaubnis zur Nutzung, sofern keine gravierenden objektiven Veränderungen oder Verfälschungen eines Werkes vorgenommen werden.
Synchronrechte und weitere Lizenzen
Bei der Einbindung von Coverversionen in audiovisuelle Medien (z. B. in Filmen oder Werbespots) müssen gegebenenfalls weitere Rechte, wie Synchronisationsrechte, eingeholt werden.
Grenzen und Schranken bei Coverversionen
1. Schranken des Urheberrechts
Über bestimmte urheberrechtliche Schranken kann die Erlaubnisfreiheit einer Coverversion eröffnet werden. Hierzu zählen beispielsweise
- Zitatrecht (§ 51 UrhG): Das einfache Nachspielen eines Musikstücks fällt jedoch selten unter dieses Privileg.
- Privatgebrauch (§ 53 UrhG): Das Herstellen einer Coverversion für den rein privaten, nichtöffentlichen Gebrauch ist zulässig.
- Parodie, Karikatur, Pastiche (§ 51a UrhG): Hier kann die Coverversion im Rahmen dieser Schranken zulässig sein, wenn ein erheblicher eigenständiger, satirischer oder humoristischer Beitrag besteht.
2. Recht auf Namensnennung und Authentizität
Das Urheberpersönlichkeitsrecht umfasst das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft und auf Schutz gegen Entstellung. Bei Coverversionen muss der Name des Originalurhebers genannt werden, sofern dies üblich ist (§ 13 UrhG). Die Bearbeitung oder Umgestaltung darf zudem nicht die berechtigten geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers verletzen.
Haftungsfragen und Rechtsfolgen bei unautorisierten Covern
Unlizenzierte oder nicht genehmigte Coverversionen können verschiedene rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen:
- Unterlassungsansprüche: Der Urheber kann bei nicht genehmigter Nutzung die Unterlassung verlangen (§ 97 UrhG).
- Schadensersatzansprüche: Für die ungenehmigte Nutzung kann der Urheber Schadensersatz verlangen.
- Strafrechtliche Konsequenzen: In besonders schweren Fällen ist auch eine strafrechtliche Verfolgung möglich (§ 106 UrhG).
Internationale Regelungen und Besonderheiten
Das internationale Urheberrecht basiert auf multilateralen Abkommen, etwa der Berner Übereinkunft. Die Regelungen bezüglich Coverversionen können daher je nach Land und örtlichem Recht abweichen. Insbesondere die USA gewähren unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, Coverversionen durch sogenannte Compulsory Licenses mit festgelegten Vergütungssätzen herzustellen (Section 115 Copyright Act).
Cover im weiteren rechtlichen Kontext: Bild, Layout und Design
Neben musikalischen Werken spielt der Begriff Cover auch in Zusammenhang mit dem Schutz von Buchumschlägen, Plattencovern, Zeitschriften- und Magazintiteln eine Rolle. Hier können neben dem Urheberrecht weitere Schutzrechte, wie das Wettbewerbsrecht oder Markenrecht, Bedeutung erlangen. Eine Nachahmung oder nahezu identische Übernahme kann einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht nach § 4 Nr. 3 UWG (unlautere Nachahmung) darstellen.
Fazit und rechtliche Zusammenfassung
Coverversionen sind im deutschen und internationalen Recht umfassend reglementiert. Maßgeblich ist stets die Einordnung als Bearbeitung, freie Benutzung oder eigene neue Schöpfung. Vor jeder Veröffentlichung sollte geprüft werden, ob eine Erlaubnis des ursprünglichen Rechteinhabers eingeholt werden muss und ob weitere Rechte, wie etwa von ausübenden Künstler:innen oder Produzenten, berührt sind. Die Beachtung der Persönlichkeitsrechte und Namensnennungspflichten ist ebenso geboten wie die Vermeidung unzulässiger Verfälschungen oder Entstellungen des Originalwerks.
Ein rechtssicheres Vorgehen gewährleistet ein konfliktfreies Verhältnis zwischen Interpret und ursprünglichem Rechteinhaber sowie die legale Verbreitung der Coverversion im gewünschten Medium.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen bei der Veröffentlichung eines Covers berücksichtigt werden?
Für die Veröffentlichung eines Covers eines urheberrechtlich geschützten Musikstücks ist grundsätzlich die Zustimmung der Rechteinhaber erforderlich. Hierbei sind üblicherweise der Komponist, Texter sowie ggf. der Musikverlag und – bei veröffentlichter Aufnahme – die Rechte an der Aufnahme selbst zu berücksichtigen. In Deutschland gewährt das Urheberrechtsgesetz (§ 24 UrhG a.F., neu § 51a UrhG seit 2024) kein generelles Recht, Werke durch Coverversionen ohne Genehmigung zu nutzen. Das sogenannte „Bearbeitungsrecht“ liegt ausschließlich beim Urheber, sofern die Coverversion das Originalwerk in seiner charakteristischen Substanz verändert. Bei einer rein nachgespielten Fassung (also ohne wesentliche Änderungen von Melodie und Text) besteht nach deutschem Recht eine Lizenzierungspflicht: Die Verwertungsgesellschaft GEMA vergibt diese Lizenzen und zieht entsprechende Tantiemen ab. Besteht keine Mitgliedschaft bei der GEMA oder findet die Cover-Version im Ausland statt, muss die Erlaubnis direkt vom Rechteinhaber eingeholt werden. Bei intendierten Bearbeitungen, die über eine reine Wiedergabe hinausgehen, ist zwingend eine gesonderte Genehmigung („Bearbeitungsgenehmigung“) erforderlich. Außerdem sind bei der kommerziellen Nutzung Steuer- und Kennzeichnungspflichten (Urheberbenennung) zu beachten.
Werden für Coverversionen immer Lizenzgebühren fällig?
In aller Regel sind für die Veröffentlichung von Coverversionen Lizenzgebühren zu entrichten, sofern die Urheberrechte noch nicht abgelaufen sind. Lizenzgebühren werden in Deutschland und vielen anderen Ländern durch Verwertungsgesellschaften wie die GEMA eingezogen. Der Musikverwerter, also beispielsweise ein Streaming-Dienst oder Plattenlabel, meldet das Cover an und zahlt die vorgesehene Vergütung, womit das Musikstück rechtlich genutzt werden darf. Die Höhe der Lizenzgebühren variiert je nach Nutzungsart (beispielsweise CD-Verkauf, öffentliches Streaming, Abruf aus dem Internet, etc.) und ist im Vergütungstarif der jeweiligen Verwertungsgesellschaft festgelegt. Bei Bearbeitungen, also Änderungen an Melodie, Harmonie oder Text, kann eine zusätzliche Abgeltung für den Bearbeitungsvorgang anfallen. Wurde das Urheberrecht bereits nach 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers (in Deutschland) gemeinfrei, entfallen die GEMA-Gebühren, allerdings bleibt das Leistungsschutzrecht des ausübenden Künstlers oder Musiklabels relevant.
Kann ich ein Cover ohne Zustimmung des Urhebers im Internet verbreiten?
Das Verbreiten eines Covers im Internet (z.B. auf YouTube, Spotify, SoundCloud) ohne Zustimmung des Urhebers bzw. ohne entsprechende Lizenz über eine Verwertungsgesellschaft wie die GEMA ist in aller Regel eine Urheberrechtsverletzung. Online-Plattformen sind zwar in vielen Fällen durch Verträge mit Verwertungsgesellschaften lizenziert, dies entbindet jedoch den Cover-Künstler nicht grundsätzlich von der Melde- und Lizenzierungspflicht. Erfolgt die Abrechnung über die Plattform (automatische Lizenzierung), muss geprüft werden, ob das jeweilige Werk im Katalog enthalten ist und ggf. Nachweise erbracht werden können. Insbesondere bei internationalen Nutzungen oder Uploads ohne professionelle Labelstruktur ist größte Vorsicht geboten, da Urheberrecht international gilt und länderspezifische Regelungen zu beachten sind. Im schlimmsten Fall drohen Abmahnungen, Löschungen und Schadensersatzforderungen.
Gibt es Einschränkungen oder Verbote bestimmter Coverversionen aus urheberrechtlicher Sicht?
Bestimmte Coverversionen dürfen aus urheberrechtlichen Gründen nicht ohne weiteres veröffentlicht werden. Das betrifft insbesondere Bearbeitungen, die die Originalkomposition oder den Text wesentlich verändern (z.B. Übersetzungen, Parodien, Remixe). Solche Bearbeitungen bedürfen in Deutschland explizit der Zustimmung des Rechteinhabers (§ 23 UrhG). Weiterhin ist auch bei „harmlosem“ Nachspielen zu berücksichtigen, dass Coverversionen nicht gegen die Persönlichkeitsrechte des Urhebers oder Interpreten verstoßen dürfen. Verletzen Coverversionen z.B. den Ruf des Originalinterpreten, handelt es sich um eine unzulässige Entstellung (§ 14 UrhG). Außerdem können markenrechtliche Bestimmungen greifen, wenn z.B. Bandnamen oder Schutzelemente verwendet werden.
Muss bei der Veröffentlichung eines Covers der Originalurheber genannt werden?
Ja, das deutsche Urheberrecht (§ 13 UrhG) regelt das sogenannte „Recht auf Anerkennung der Urheberschaft“, d.h. der Originalurheber ist grundsätzlich zu nennen. Dies umfasst alle Veröffentlichungsarten, egal ob physisch oder digital. Im Veröffentlichungsprozess (z.B. Metadaten in Streamingdiensten oder auf Tonträgern) muss der Urheber (Komponist, Texter) klar aufgeführt werden. Die Nichteinhaltung dieses sogenannten Urheberbenennungsrechts kann zu Unterlassungsansprüchen, Schadensersatzforderungen und ggf. zur Rücknahme der Veröffentlichung führen.
Was gilt urheberrechtlich bei Live-Auftritten mit Coverversionen?
Bei Live-Auftritten von Coverversionen greift ebenfalls das Urheberrecht. Die öffentliche Aufführung eines geschützten Werks stellt eine Nutzung im Sinne des Urheberrechtsgesetzes dar. Veranstalter in Deutschland sind daher verpflichtet, solche Aufführungen rechtzeitig bei der GEMA anzumelden, damit die entsprechenden Tantiemen abgeführt werden können. Musiker selbst sind zwar nicht zahlungspflichtig, aber die GEMA prüft regelmäßig Veranstaltungsorte und setz mögliche Vertragsstrafen bei Nichtmeldung durch. In anderen Ländern sind ähnliche Rechtewahrnehmungsstellen zuständig, sodass auch internationale Auftritte zu lizenzieren sind. Zudem ist bei etwaiger Verbreitung von Konzertmitschnitten (z.B. Livestream, YouTube-Upload) erneut das Aufnahmerecht bzw. das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung zu beachten.
Wie lange gelten urheberrechtliche Schutzfristen für Originalwerke bei Covern?
Das Urheberrecht an musikalischen Werken erlischt in Deutschland 70 Jahre nach dem Tod des letzten überlebenden Urhebers (Komponist, Texter), gerechnet ab dem Ende des Kalenderjahres. Werke, deren Schutzfrist abgelaufen ist, sind gemeinfrei und dürfen grundsätzlich ohne Lizenzpflicht gecovert werden. Allerdings bleiben ggf. Leistungsschutzrechte anderer Beteiligter bestehen, insbesondere an Orchester- oder Bandaufnahmen (Leistungsschutzrecht der ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller: 70 Jahre nach Veröffentlichung). Auch internationale Besonderheiten (z.B. in den USA teilweise andere Fristen und Bedingungen) sind zu beachten. Daher ist stets zu prüfen, ob sowohl Urheber- als auch Leistungsschutzrechte am jeweiligen Werk abgelaufen sind.