Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»M&A»Collateral

Collateral


Begriff und Bedeutung von Collateral im Recht

Der Begriff „Collateral“ ist zentral im Bereich des Schuldrechts, Kapitalmarktrechts und Sicherungsrechts. Im rechtlichen Kontext wird Collateral als ein Sicherungsinstrument bezeichnet, welches typischerweise im Rahmen von Finanzierungs- und Handelstransaktionen eingesetzt wird. Es handelt sich dabei um Vermögenswerte, die zur Absicherung von Verpflichtungen hinterlegt oder übereignet werden und dazu dienen, das Risiko eines Forderungsausfalls zu minimieren.

Collaterals können unterschiedliche Rechtsformen und Objekte betreffen und sind essenziell, um die Vertragssicherheit und das Insolvenzrisiko insbesondere im internationalen Handelsverkehr, bei besicherten Krediten und in Derivatgeschäften zu steuern.


Arten von Collateral

Sachliche Einteilung

Finanzielle Collaterals

Finanzielle Collaterals umfassen in der Regel liquide Mittel (z. B. Bargeld, Kontoguthaben), Wertpapiere, Aktien oder Schuldverschreibungen, die zur Absicherung möglicher Forderungsausfälle hinterlegt werden. Ihre rechtliche Behandlung unterliegt dabei unter anderem den Vorgaben des Gesetzes über Finanzsicherheiten (FangSiG).

Sachliche Sicherheiten

Sachcollaterals sind bewegliche oder unbewegliche Sachen, die als Sicherheit bestellt werden können. Hierzu zählen beispielsweise Fahrzeuge, Maschinen oder Grundstücke, die im Rahmen von Kreditverträgen als Sicherheit dienen.

Immaterielle Collaterals

Dazu gehören Rechte oder Forderungen, wie beispielsweise Patente, Lizenzen oder offene Buchforderungen, die zur Besicherung von Verpflichtungen abgetreten oder übertragen werden.


Funktionale Einteilung

Besitzbasierte Collaterals

Diese Form des Collaterals erfordert die tatsächliche Übertragung des Besitzes an den Sicherungsnehmer, etwa bei der Verpfändung. Hier ist eine getrennte Verwahrung durch den Gläubiger Bedingung für die Wirksamkeit der Sicherung.

Nicht-besitzbasierte Collaterals

Hier verbleibt der Besitz beim Sicherungsgeber, während eine rechtliche Sicherung, wie etwa die Sicherungsübereignung oder eine Grundschuld, eingeräumt wird. Die Verwertung der Sicherheit erfolgt im Zweifel erst nach Eintritt eines Sicherungsfalls.


Rechtliche Grundlagen und Regelungen

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Das BGB enthält verschiedene Regelungen zur Sicherheitenstellung, insbesondere zu Pfandrechten (§§ 1204 ff. BGB), zur Hypothek (§§ 1113 ff. BGB), zur Sicherungsübereignung (vor allem anerkannt durch die Rechtsprechung) sowie zum Forderungsübergang bei Abtretung (§§ 398 ff. BGB).

Gesetz über Finanzsicherheiten (FangSiG)

Für Collaterals im Finanzmarkt, insbesondere zur Absicherung von Transaktionen zwischen Kredit- oder Finanzinstituten, gelten die Bestimmungen des Gesetzes über Finanzsicherheiten (FangSiG). Dieses Gesetz normiert spezielle Anforderungen und Erleichterungen für die Bestellung, Verwaltung und Verwertung von Finanzsicherheiten, beispielsweise durch die Möglichkeit der „Selbsthilfeverwertung“ und die Insolvenzfestigkeit der Sicherheitenbestellung.

Insolvenzrechtliche Aspekte

Collaterals spielen im Insolvenzverfahren eine zentrale Rolle. Sie bieten dem Sicherungsnehmer im Insolvenzfall des Sicherungsgebers ein Absonderungsrecht oder, je nach Vereinbarung, die Möglichkeit zur Aus- oder Verwertung außerhalb der Insolvenzmasse. Die Insolvenzfestigkeit bestimmter Sicherungsrechte hängt dabei von Wirksamkeit und Zeitpunkt der Bestellung ab.

Europarechtliche Grundlagen

Auch auf europäischer Ebene existieren Normierungen zu Collaterals, insbesondere die europäische Finanzsicherheitenrichtlinie (EU-Richtlinie 2002/47/EG), welche in das deutsche Recht durch das FangSiG umgesetzt wurde. Ziel ist die Harmonisierung und Vereinfachung der Bestellung und Verwertung von Sicherheiten innerhalb der EU.


Rechtswirkungen und Bedeutung von Collateral

Risikoabsicherung

Collateral dient der Risikoabsicherung von Vertragsparteien, insbesondere gegen Zahlungsausfälle oder Leistungsstörungen. Dies gilt sowohl für klassische Kreditverträge als auch für derivatbasierte und außerbörsliche Finanzgeschäfte wie Repos oder Wertpapierdarlehen.

Verwertung im Sicherungsfall

Im Sicherungsfall, meist bei Eintritt eines Verzugs oder einer Insolvenzsituation, hat der Sicherungsnehmer ein bevorzugtes Zugriffsrecht auf das Collateral. Die Modalitäten der Verwertung richten sich nach der Art der Sicherheit (z. B. nach §§ 1228 BGB bei Pfandrechten oder den Vorgaben des FangSiG bei Finanzsicherheiten).

Übertragbarkeit und Prozesstauglichkeit

Collaterals müssen grundsätzlich übertragbar und im Streitfall einer rechtlich klaren Geltendmachung unterliegen. Die Eigentumslage bzw. Rechtsinhaberschaft am Collateral ist für die Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit entscheidend.


Abschluss und Ausblick

Bedeutung im modernen Rechtsverkehr

Die Bedeutung von Collateral hat durch die Zunahme komplexer Handels- und Finanztransaktionen kontinuierlich zugenommen. Insbesondere infolge aufsichtsrechtlicher Anforderungen (etwa nach Basel III) sind Sicherheiten wesentlicher Bestandteil im Risikomanagement von Banken und Unternehmen.

Entwicklungstendenzen

Die Weiterentwicklung des Rechtsrahmens für Collateral ist durch digitale Wertpapiere, Tokenisierung von Vermögenswerten und internationale Harmonisierung geprägt. Künftige Regelungen werden zunehmend auf die Absicherung neuartiger Vermögenswerte (etwa Kryptowährungen) eingehen.


Literaturhinweise und weiterführende Quellen

  • Gesetz über Finanzsicherheiten (FangSiG)
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • EU-Richtlinie 2002/47/EG (Finanzsicherheitenrichtlinie)
  • Kommentarliteratur zum Sicherungsrecht und Kapitalmarktrecht

Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Aspekte von Collateral, dessen rechtliche Verankerung, Formen und Bedeutung, sowie einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen und Regelungen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Wirksamkeit von Collateral-Vereinbarungen?

Für die Wirksamkeit von Collateral-Vereinbarungen – also Vereinbarungen über die Bestellung von Sicherheiten – sind verschiedene rechtliche Anforderungen zu beachten, die sich sowohl aus nationalen als auch aus internationalen Regelungen ergeben können. Zunächst ist zwingend darauf zu achten, dass der zugrundeliegende Sicherungsvertrag formwirksam abgeschlossen wird. Während für Verträge über bewegliche Sachen in der Regel keine besondere Form vorgeschrieben ist, bestehen für bestimmte Sicherheiten – insbesondere Grundpfandrechte – zwingende Formvorschriften (z. B. notarielle Beurkundung). Die Parteien müssen ferner über die erforderliche Verfügungsbefugnis verfügen und ein ernsthaftes Sicherungsinteresse muss vorliegen. Weiterhin ist auf das Transparenzgebot zu achten, wonach die Rechte und Pflichten aus der Collateral-Vereinbarung eindeutig geregelt sein müssen. In konzerninternen Strukturen oder bei grenzüberschreitenden Sicherheiten sind zusätzlich internationale Kollisionsnormen und gegebenenfalls spezifische aufsichtsrechtliche Vorgaben (z. B. Basel-III-Vorschriften oder Anforderungen der European Market Infrastructure Regulation – EMIR) zu berücksichtigen.

Welche Rolle spielen Drittwirkung und Publizität bei der Bestellung von Collateral?

Die Drittwirkung und Publizität sind zentrale Aspekte, die die rechtliche Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit von Collateral betreffen. Drittwirkung bedeutet, dass auch außenstehende Dritte, etwa Gläubiger im Insolvenzfall, die Besicherung anerkennen müssen. Hierzu ist es erforderlich, die Besicherung eindeutig nach außen sichtbar zu machen, etwa durch Besitzübergabe bei der Verpfändung beweglicher Sachen (Publizitätsprinzip). Bei Registersicherheiten, z. B. bei Hypotheken oder Grundschulden, wird die Drittwirkung durch Eintragung ins öffentliche Register erzielt. Im internationalen Kontext sind zudem die einschlägigen Kollisionsregeln des UN-Kollisionsrechts oder entsprechender europarechtlicher Vorgaben zu beachten, da die Durchsetzbarkeit von Collateral von Land zu Land erheblich variiert.

Welche insolvenzrechtlichen Risiken bestehen im Zusammenhang mit Collateral?

Collateral unterliegt im Insolvenzfall dem sogenannten Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters. Nach deutschem Insolvenzrecht (§§ 129 ff. InsO) können Sicherheiten, die in einem bestimmten Zeitraum vor Insolvenzeröffnung bestellt wurden, angefochten werden. Dies umfasst insbesondere nachträglich gewährte Sicherheiten für bereits bestehende Forderungen („kongruente Deckung“) oder sogar Sicherheiten, die dem Sicherungsnehmer eine bessere Stellung verschaffen würden, als ihm originär zusteht („inkongruente Deckung“). Im Zeitraum von drei Monaten bis zehn Jahren vor Insolvenzeröffnung ist das Anfechtungsrisiko besonders hoch, wobei auch die Kenntnis vom Gläubiger eine Rolle spielt. Für internationale Transaktionen sind gegebenenfalls fremdrechtliche Insolvenzvorschriften zu berücksichtigen, z. B. das US-amerikanische Chapter 11 oder andere nationale Insolvenzordnungen, die im Einzelfall erheblichen Einfluss auf die Werthaltigkeit der gestellten Sicherheiten haben können.

Welche Dokumentationspflichten bestehen bezüglich Collateral?

Eine ordnungsgemäße und detaillierte Dokumentation ist für die Wirksamkeit und spätere Durchsetzbarkeit von Collateral unabdingbar. Die Dokumentation muss – ggf. unter Beachtung aufsichtsrechtlicher Vorgaben (beispielsweise EMIR oder MaRisk) – sämtliche Vereinbarungen zu Art, Umfang, Bewertung, Nachbesicherungs- und Freigabemechanismen sowie Vorgehen bei Wertminderungen enthalten. Bei standardisierten Finanzmarkttransaktionen ist zudem auf die Verwendung von standardisierten Collateral Support Annexes (CSA) zu achten, wie sie z. B. von der International Swaps and Derivatives Association (ISDA) vorgegeben werden. Defizite in der Dokumentation können dazu führen, dass die Sicherheiten im Streitfall nicht durchsetzbar sind oder im Insolvenzfall anfechtbar werden.

Welche Auswirkungen haben regulatorische Anforderungen auf Collateral?

Regulatorische Anforderungen, insbesondere aus dem Bankenaufsichtsrecht und dem Kapitalmarktrecht, beeinflussen die Ausgestaltung und die Anerkennung von Collateral maßgeblich. Beispielsweise verlangen Basel III und CRR (Capital Requirements Regulation) detaillierte Nachweise über die Werthaltigkeit und Liquidität von Sicherheiten, um diese in der Eigenkapitalunterlegung berücksichtigen zu können. Im Derivatehandel schreibt EMIR vor, dass zentrale Gegenparteien und Marktteilnehmer Sicherheiten stellen und nachhalten müssen, wobei spezifische Anforderungen an die Art und Qualität der Collaterals („eligible collateral“) bestehen. Verstöße gegen regulatorische Anforderungen können zu aufsichtsrechtlichen Maßnahmen, Sanktionen oder zur Nichtanerkennung der Sicherheiten führen.

Wie werden Collateral-Vereinbarungen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten rechtlich behandelt?

Bei grenzüberschreitenden Collateral-Vereinbarungen ist zunächst zu bestimmen, welches Recht auf den Sicherungsvertrag Anwendung findet, was nach den Regeln der internationalen Privatrechtsordnung (Rom I, Rom II) erfolgt. Maßgeblich kann sowohl das Recht des Sicherungsortes (lex rei sitae) als auch das Vertragsstatut sein. Zudem sind etwaige Melde- und Registrierungspflichten im Ausland zu beachten, die Voraussetzung für die Drittwirkung und Durchsetzbarkeit der Sicherheiten sein können. Spezifische multilaterale Übereinkommen wie das Haager Übereinkommen über das auf bestimmte Rechte an Wertpapieren anzuwendende Recht oder nationale Beschränkungen (etwa Devisenverkehrsbeschränkungen oder Transferbeschränkungen) können weiteren Einfluss auf Inhalt und Durchsetzbarkeit der Collateral-Vereinbarung nehmen.