Begriff und Definition von Call & Collect
Call & Collect (zu Deutsch etwa „Anrufen und Abholen“) bezeichnet eine Vertriebsform im stationären Einzelhandel, bei der Waren telefonisch oder online bestellt und zu einem vereinbarten Zeitpunkt vor Ort abgeholt werden können. Der Begriff erhielt insbesondere durch die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen der Ladenöffnung größere rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung. Wesentlich unterscheidet sich Call & Collect von dem verwandten Click & Collect durch die Kontaktaufnahme via Telefon, wobei häufig auch E-Mail-Bestellungen einbezogen werden. Im Folgenden werden die rechtlichen Aspekte, Voraussetzungen sowie Besonderheiten und Pflichten im Zusammenhang mit Call & Collect umfassend dargestellt.
Rechtliche Grundlagen von Call & Collect
Handelsrechtliche Einordnung
Call & Collect stellt rechtlich eine Form des Kaufvertrags dar, der zwischen Verbraucher und Händler – in der Regel als Handelsgeschäft nach § 343 HGB – geschlossen wird. Die Bestellung gilt als Angebot, welches der Händler annimmt. Die Übergabe erfolgt jedoch nicht unmittelbar, sondern im Rahmen einer räumlich und zeitlich festgelegten Übergabe im Ladengeschäft oder über eine Abholstation.
Vertragsabschluss und Fernabsatzrecht
Fernabsatzvertrag
Wird eine Bestellung über Telefon, E-Mail oder sonstige Fernkommunikationsmittel getätigt, handelt es sich meist um einen sogenannten Fernabsatzvertrag nach § 312c BGB. Dabei gelten umfangreiche Informationspflichten nach Art. 246a EGBGB und ein gesetzliches Widerrufsrecht (§ 355 BGB). Allerdings ist zu prüfen, ob die Warenübergabe stets „außerhalb von Geschäftsräumen“ erfolgt; dies ist für die Anwendung des Fernabsatzrechts oftmals entscheidend.
Ausnahmen vom Fernabsatzrecht
Das Widerrufsrecht kann gemäß § 312g Abs. 2 BGB ausgenommen sein, etwa bei Maßanfertigungen, verderblichen Waren oder entsiegelten Hygieneartikeln. Händler müssen Kunden hierüber vor Vertragsabschluss belehren, andernfalls verlängert sich die Widerrufsfrist erheblich.
Pflichten und Rechte der Vertragsparteien
Informationspflichten des Händlers
Händler, die Call & Collect anbieten, müssen Verbrauchern vor Bestellung alle wesentlichen Informationen mitteilen, darunter:
- Vertragsgegenstand und Preise
- Liefer- und Zahlungsbedingungen
- Widerrufsbelehrung samt Muster-Widerrufsformular
- Angaben zum Anbieter (Impressumspflicht gemäß § 5 TMG)
Bei Nichteinhaltung dieser Pflichten drohen zivilrechtliche Konsequenzen sowie wettbewerbsrechtliche Abmahnungen.
Datenschutzrechtliche Anforderungen
Call & Collect erfordert häufig die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten (Name, Telefonnummer, ggf. Anschrift). Für die Verarbeitung gelten die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Zulässig ist nur die Verarbeitung, die zur Vertragserfüllung erforderlich ist (Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO). Auch müssen Kunden transparent über Zweck und Dauer der Datenspeicherung informiert werden.
Hygiene- und Infektionsschutz
Insbesondere während pandemiebedingter Einschränkungen sind spezifische Vorgaben zum Infektionsschutz zu beachten. Die Übergabe darf häufig nur kontaktlos erfolgen, es gelten Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, Abstandsregeln sowie Hygienevorschriften gemäß Landesverordnungen. Verstöße können zu behördlichen Schließungen oder Bußgeldern führen.
Steuerrechtliche Aspekte
Call & Collect unterliegt grundsätzlich den allgemeinen steuerlichen Regelungen für Warenverkäufe. Die Umsatzsteuer fällt mit Übergabe der Ware (Leistungsausführung) an. Separate Quittungen oder Rechnungen sind nach § 14 UStG an den Käufer herauszugeben, auf Wunsch auch elektronisch.
Besonderheiten von Call & Collect
Haftungsfragen und Gefahrübergang
Rechtlich geht mit Übergabe der Ware am vereinbarten Abholpunkt die Gefahr an den Käufer über (§ 446 BGB). Bei Nichtabholung durch den Kunden kann der Händler nach angemessener Fristsetzung vom Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz verlangen. Detaillierte Vereinbarungen zu Stornierungsbedingungen, Aufbewahrungsfristen und Haftung bei Verlust sollten vertraglich geregelt werden.
Wettbewerbsrechtliche Vorschriften
Das Angebot von Call & Collect unterliegt dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Unlautere Werbepraktiken, irreführende Angaben zu Verfügbarkeiten oder Preisen sowie das Verschweigen von Wartezeiten können abgemahnt werden. Die Einhaltung aller werbungsbezogenen Transparenzpflichten ist zwingend erforderlich.
Abschluss und Ausblick
Call & Collect etabliert sich als flexible, wiederkehrende Vertriebsform im deutschen Einzelhandel. Die rechtliche Bedeutung reicht von Vertragsrecht über Fernabsatz, Datenschutz bis zum Infektions- und Wettbewerbsrecht. Händler und Verbraucher haben Rechte und Pflichten, deren Einhaltung im Streitfall durchsetzbar ist. Eine rechtssichere Umsetzung setzt umfassende Einhaltung aller gesetzlichen Informations-, Datenschutz- und Schutzvorschriften voraus.
Hinweis: Die Ausführungen dienen der Darstellung des Rechtsbegriffs Call & Collect und ersetzen keine individuelle Rechtsberatung.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Vorgaben müssen bei der Vertragsgestaltung für Call & Collect eingehalten werden?
Die Vertragsgestaltung bei Call & Collect fällt unter die allgemeinen Vorgaben des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bezüglich Fernabsatzverträgen, sofern die Bestellung telefonisch, per E-Mail oder online erfolgt. Händler müssen Kund:innen bereits vor Vertragsschluss umfassend über wesentliche Vertragsinhalte informieren (§ 312d BGB), darunter wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung, den Gesamtpreis, Liefer- und Zahlungsmöglichkeiten sowie das Widerrufsrecht. Auch die Einhaltung der Informationspflichten gemäß Art. 246a EGBGB ist zwingend notwendig. Werden diese Pflichten nicht vollumfänglich eingehalten, drohen Abmahnungen durch Wettbewerber oder Verbraucherschutzverbände sowie gegebenenfalls die Unwirksamkeit einzelner Vertragsklauseln. Bei ausschließlich telefonischer Bestellung muss zudem die Identität des Verkäufers klar kommuniziert werden, um den gesetzlichen Transparenzanforderungen zu genügen.
Welche Vorschriften gelten hinsichtlich des Widerrufsrechts bei Call & Collect?
Das Widerrufsrecht bei Call & Collect richtet sich nach den Regelungen zu Fernabsatzverträgen (§§ 312g, 355 BGB). Kunden steht in der Regel bei telefonisch, per E-Mail oder online abgeschlossenen Verträgen ein 14-tägiges Widerrufsrecht unabhängig vom Abholzeitpunkt zu. Händler sind verpflichtet, ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht zu belehren. Unterbleibt diese Belehrung, verlängert sich das Widerrufsrecht auf bis zu 12 Monate und 14 Tage. Die rechtliche Einordnung kann sich jedoch ändern, wenn die Bestellung direkt vor Ort im Laden erfolgt, da dann kein Fernabsatzgeschäft vorliegt und somit kein gesetzliches Widerrufsrecht besteht. Ausnahmen vom Widerrufsrecht, etwa für versiegelte oder schnell verderbliche Waren, sind bei Call & Collect ebenfalls zu beachten und müssen vorab klar kommuniziert werden.
Wie ist die Haftung geregelt, wenn bei der Abholung Schäden an der Ware festgestellt werden?
Die Haftungsregelungen bei Call & Collect unterscheiden sich je nach Zeitpunkt des Gefahrübergangs. Grundsätzlich trägt der Händler bis zur Übergabe der Ware an den Kunden die Verantwortung für Schäden, Verlust oder Verschlechterung (§ 446 BGB). Erst mit der tatsächlichen Aushändigung an den Kunden bei der Abholung – also nicht bereits mit Herausgabe an einen Dritten oder durch Abstellung an einem vereinbarten Ort – geht die Gefahr auf den Kunden über. Stellt der Kunde bei der Übergabe einen Schaden fest, haftet der Händler im Rahmen der gesetzlichen Mängelgewährleistung. Er kann zur Nacherfüllung verpflichtet werden, also zur Reparatur oder Ersatzlieferung. Stellt der Kunde den Mangel jedoch erst nach der Abholung fest, muss im Streitfall nachgewiesen werden, dass der Mangel bereits bei der Übergabe vorlag.
Welche Anforderungen bestehen hinsichtlich des Datenschutzes beim Call & Collect?
Die Erhebung, Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Kundendaten im Rahmen von Call & Collect-Angeboten muss die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) beachten. Bereits die Entgegennahme von Kundendaten wie Name, Telefonnummer, E-Mail-Adresse und Zahlungsinformationen gilt als Verarbeitung personenbezogener Daten und erfordert eine konkrete Rechtsgrundlage, meist Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO (Vertragserfüllung). Händler müssen Kund:innen vorab transparent über die Verarbeitung, den Zweck und die Speicherdauer der Daten informieren (Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO). Außerdem sind Maßnahmen zur IT- und Datensicherheit sowie interne Zugriffsbegrenzungen zu dokumentieren und regelmäßig zu überprüfen. Verstöße können empfindliche Bußgelder nach sich ziehen.
Welche Regelungen sind für die Zahlung bei Call & Collect zu beachten?
Bei Call & Collect können verschiedene Zahlungsmethoden (bar, EC-/Kreditkarte, Online-Zahlungsdienste) angeboten werden. Unabhängig von der Zahlungsart müssen Verbraucherrechte, insbesondere das Recht auf einen ordentlichen Kassenbeleg gemäß § 146a Abgabenordnung (AO), gewahrt bleiben. Bei Vorauszahlung bestehen besondere Transparenzpflichten bezüglich der Rückabwicklung im Falle eines Widerrufs oder einer Warenrückgabe. Es gelten zudem die Vorgaben zur Verhinderung von Geldwäsche ab einer gesetzlichen Schwelle (z.B. Barzahlungsverbot bei Beträgen über 10.000 Euro ohne Identitätsnachweis nach § 10 GwG). Je nach Anbieter sind zudem die Vorgaben der Payment Services Directive 2 (PSD2) zur sicheren Zahlungsabwicklung einzuhalten, insbesondere bei Online-Transaktionen.
Muss bei Call & Collect eine AGB-Einbeziehung gesondert erfolgen?
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind beim Call & Collect nur wirksam einbezogen, wenn Kund:innen vor Vertragsschluss ausdrücklich und in zumutbarer Weise auf deren Geltung hingewiesen werden (§ 305 II BGB). Dies ist z.B. durch mündlichen Hinweis bei telefonischen Bestellungen, schriftlichen Hinweis in Bestätigungsmails oder durch sichtbare Aushänge bei Abholung zu gewährleisten. Die bloße Verfügbarkeit auf einer Webseite reicht nicht aus. Die AGB müssen zudem klar und verständlich formuliert sein und dürfen keine überraschenden oder unwirksamen Klauseln enthalten, sonst droht eine gerichtliche Unwirksamkeit. Bei Streitigkeiten trägt der Händler die Beweislast für die ordnungsgemäße Einbeziehung.
Welche Vorgaben gelten für die Belegausstellung und Dokumentationspflichten beim Call & Collect?
Händler sind verpflichtet, bei jeder Call & Collect-Transaktion einen Beleg auszustellen und diesen dem Kunden in Papierform oder, sofern der Kunde einwilligt, elektronisch zur Verfügung zu stellen (§ 146a AO; KassenSichV). Zusätzlich ist jede Transaktion unter steuerlichen und kaufmännischen Gesichtspunkten zu dokumentieren. Eine ordnungsgemäße Buchführung und Aufbewahrungspflicht von mindestens 10 Jahren gemäß § 147 AO ist zu beachten. Verstöße können im Rahmen steuerlicher Betriebsprüfungen oder durch das Finanzamt geahndet werden. Die Belege müssen Transaktionsdaten, Datum, genaue Warenbezeichnung, Preis und Umsatzsteuerausweis enthalten, damit die gesetzlichen Anforderungen an Nachvollziehbarkeit und Transparenz erfüllt werden.