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Bundesrechtsanwaltsordnung


Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO)

Die Bundesrechtsanwaltsordnung (kurz: BRAO) ist das zentrale Gesetz zur Regelung der Berufsausübung sowie der Rechte und Pflichten der in Deutschland zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Die BRAO legt die Rahmenbedingungen für den Anwaltsberuf fest und regelt insbesondere die Zulassung, die Berufsausübung, die Berufspflichten und die Organisation der beruflichen Selbstverwaltung.

Entstehung und Entwicklung der BRAO

Die Bundesrechtsanwaltsordnung trat am 1. August 1959 in Kraft. Ziel des Gesetzgebers war es, ein bundesweit einheitliches Berufsrecht für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zu schaffen. Im Verlauf ihrer Geltung wurde die BRAO durch zahlreiche Reformen und Novellierungen an die rechtlichen, gesellschaftlichen und europäischen Anforderungen angepasst, unter anderem durch das Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und beruflichen Zusammenarbeit in der Wirtschaft (2017) sowie durch die Umsetzung der europäischen Berufsanerkennungsrichtlinien.

Aufbau und Gliederung der BRAO

Systematik der Bundesrechtsanwaltsordnung

Die BRAO gliedert sich in folgende Abschnitte:

  1. Allgemeine Vorschriften (§§ 1-8 BRAO)
  2. Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§§ 4-49 BRAO)
  3. Rechte und Pflichten der Rechtsanwälte (§§ 43-59k BRAO)
  4. Organisation der beruflichen Selbstverwaltung (§§ 60-114 BRAO)
  5. Berufsgerichtsbarkeit und Disziplinarverfahren (§§ 115-205 BRAO)
  6. Übergangsvorschriften und Schlussbestimmungen (§§ 206-231 BRAO)

Allgemeine Vorschriften

Die Bundesrechtsanwaltsordnung definiert den Beruf der Rechtsanwältin / des Rechtsanwalts als ein unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO). Dies impliziert die besondere Stellung der Rechtsanwaltstätigkeit im Spannungsfeld zwischen Staat, Mandantschaft und gegnerischen Parteien.

Zulassung und Widerruf der Zulassung

Voraussetzungen der Zulassung

Die BRAO regelt die Voraussetzungen für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, insbesondere:

  • Abschluss eines rechtswissenschaftlichen Studiums mit erstem und zweitem Staatsexamen
  • Persönliche Eignung und Zuverlässigkeit
  • Versicherungspflicht zur Absicherung beruflicher Risiken (Berufshaftpflichtversicherung)
  • Antragstellung und Aufnahme in das Anwaltsverzeichnis

Verfahren und Zuständigkeiten

Das Zulassungsverfahren ist detailliert geregelt; insbesondere legt die BRAO die Antragsunterlagen, die Prüfung der persönlichen und fachlichen Eignung sowie mögliche Gründe für die Versagung der Zulassung fest. Die Widerrufsgründe sind insbesondere in Fällen von Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit normiert.

Ruhen und Erlöschen der Zulassung

Die BRAO sieht darüber hinaus Regelungen zum Ruhen und Erlöschen der Zulassung vor, etwa bei Verzicht, Tod oder bestimmten strafrechtlichen Verurteilungen.

Berufsrechtliche Pflichten und Rechte

Berufsrechtliche Grundpflichten

Nach § 43 ff. BRAO sind Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zur unabhängigen, verschwiegenen und gewissenhaften Berufsausübung verpflichtet. Wesentliche Grundpflichten umfassen:

  • Verschwiegenheitspflicht (§ 43a Abs. 2 BRAO)
  • Pflicht zur Wahrung der Interessen der Mandantschaft
  • Verbot widerstreitender Interessen (§ 43a Abs. 4 BRAO)
  • Pflicht zur Fortbildung (§ 43a Abs. 6 BRAO)

Mandatsverhältnis und Gebührenfragen

Ausführlich werden Regelungen zum Mandat, zur Annahme und Beendigung des Mandats und zu Mandatsniederlegungen getroffen. Die BRAO nimmt Bezug auf das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und die Standesrichtlinien der Anwaltschaft.

Werberecht und Berufsausübungsgesellschaften

Die Vorschriften zur beruflichen Außendarstellung und zur Werbung sind in § 43b BRAO sowie durch die berufsrechtlichen Regelungen des Gesetzes konkretisiert. Des Weiteren regelt die BRAO die Gründung, Zulässigkeit und Ausgestaltung von Berufsausübungsgesellschaften verschiedener Rechtsformen, einschließlich deren Eintragungspflichten und Haftungsregeln.

Organisation der Selbstverwaltung

Organe und Aufgaben der beruflichen Selbstverwaltung

Die BRAO schreibt die Einrichtung von Selbstverwaltungsorganen der Anwaltschaft vor und definiert deren Aufgabenbereiche, wobei insbesondere die Vertretung der Anwaltschaft sowie die Überwachung der Einhaltung des Berufsrechts im Vordergrund stehen. Hierzu zählt auch die Verwaltung des Anwaltsverzeichnisses und die Organisation der Qualitätssicherung im Beruf.

Berufsgerichtsbarkeit

Disziplinarrechtliche Verfahren

Die BRAO enthält ausführliche Regelungen zur berufsgerichtlichen Ahndung von Berufspflichtverletzungen. Bei Verstößen gegen Berufspflichten kann die anwaltliche Aufsicht berufsrechtliche Maßnahmen, wie Verweise, Geldbußen oder das Verbot der Anwaltsausübung verhängen. Berufungs- und Beschwerdemöglichkeiten vor den Anwaltsgerichten und den ordentlichen Gerichten sind vorgesehen.

Weitere Regelungsbereiche und Verknüpfungen

Europarechtliche Bezüge

Mit der Umsetzung europäischer Richtlinien, insbesondere im Bereich der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung und der Niederlassung von Anwältinnen und Anwälten aus dem EU-Ausland, hat die BRAO Verbindungen zu europarechtlichen Vorschriften geschaffen. Die entsprechenden Sondervorschriften sind insbesondere in Teil 6 BRAO geregelt.

Übergangsvorschriften

Die Schluss- und Übergangsvorschriften der BRAO tragen Sorge für die einheitliche und reibungslose Anwendung bei Rechtsänderungen und bei Übergängen von Berufsregelungen alter und neuer Fassung.

Relevanz und Bedeutung der BRAO

Die Bundesrechtsanwaltsordnung bildet die rechtliche Grundlage für sämtliche Aspekte der Berufsausübung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten in Deutschland. Ihr Ziel ist es, die ordnungsgemäße Rechtspflege sowie das Vertrauen der Öffentlichkeit in die anwaltliche Tätigkeit zu sichern. Die BRAO unterliegt einer ständigen Fortentwicklung, um den Anforderungen einer modernen Rechtsordnung gerecht zu werden.

Literatur, Weblinks und weiterführende Informationen

* Gesetzestext der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO)
* Deutscher Bundestag: Gesetzgebungsverfahren zur BRAO
* Bundesministerium der Justiz: Informationen zur Novellierung der BRAO


Dieser Artikel erläutert umfassend und tiefgehend den Begriff der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) aus rechtlicher Sicht für ein Rechtslexikon.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist zur Zulassung als Rechtsanwalt nach der Bundesrechtsanwaltsordnung berechtigt?

Zur Zulassung als Rechtsanwalt nach der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) berechtigt sind Personen, die die Befähigung zum Richteramt gemäß deutschem Recht besitzen oder über eine hierfür als gleichwertig anerkannte Qualifikation verfügen. Darüber hinaus darf gegen die antragstellende Person kein Zulassungshindernis gemäß § 7 BRAO bestehen, zum Beispiel eine strafrechtliche Verurteilung oder ein grob standeswidriges Verhalten, das mit dem Ansehen des Anwaltsberufs unvereinbar wäre. Die Zulassung erfolgt auf Antrag durch die zuständige Rechtsanwaltskammer. Zu beachten ist, dass die antragstellende Person vor der Antragstellung zudem regelmäßig eine Berufshaftpflichtversicherung gemäß § 51 BRAO nachweisen und eine eidesstattliche Versicherung darüber abgeben muss, dass keine gesetzlichen Zulassungshindernisse bestehen.

Welche Pflichten und Rechte ergeben sich für Rechtsanwälte aus der Bundesrechtsanwaltsordnung?

Die BRAO verpflichtet zugelassene Rechtsanwälte zur unabhängigen, eigenverantwortlichen und gewissenhaften Berufsausübung. Sie sind insbesondere zu Verschwiegenheit, Vertretung der Interessen ihrer Mandanten, Fortbildung und der Vermeidung von Interessenkollisionen verpflichtet. Zu ihren Rechten gehört es, Mandanten vor Behörden und Gerichten zu vertreten, Akteneinsicht zu nehmen und bestimmte Zeugnisverweigerungsrechte in Anspruch zu nehmen. Ebenfalls geregelt ist das Recht auf freie Mandatsannahme, wobei Ausnahmen zum Schutz überwiegender Interessen – etwa im Fall von Interessenkonflikten – ausdrücklich geregelt sind.

Welche Vorschriften gelten gemäß BRAO für die Berufsausübungsgesellschaften?

Die BRAO erlaubt es Rechtsanwälten, ihre Tätigkeit in bestimmten Gesellschaftsformen gemeinsam auszuüben, wie etwa in Partnerschaftsgesellschaften, Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR), eingetragenen Genossenschaften oder als Rechtsanwalts-GmbH. Dabei gelten besondere Haftungs- und Versicherungsvorschriften, beispielsweise muss für die Rechtsanwalts-GmbH eine Deckungssumme von mindestens 2.500.000 Euro für jeden Versicherungsfall durch eine Berufshaftpflichtversicherung bestehen. Weiterhin verlangt die BRAO, dass der Gesellschaftszweck ausschließlich in der gemeinschaftlichen Berufsausübung bestehen darf und die Geschäftsführung mehrheitlich mit Rechtsanwälten besetzt sein muss. Zusätzlich sind bestimmte Berufs- und Mitwirkungspflichten gegenüber der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu erfüllen.

Was regelt die BRAO zu den Aufsichts- und Sanktionsmöglichkeiten der Rechtsanwaltskammern?

Die Bundesrechtsanwaltsordnung überträgt den regionalen Rechtsanwaltskammern umfangreiche Aufsichts- und Disziplinarbefugnisse gegenüber ihren Mitgliedern. Verstößt ein Rechtsanwalt gegen Berufspflichten oder gegen die Satzung, können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, etwa die Verwarnung, die Erteilung eines Verweises oder ein Ordnungsgeld. In schwerwiegenden Fällen kann ein anwaltsgerichtliches Verfahren eingeleitet werden, das bis zum Ausschluss des Rechtsanwalts aus der Anwaltschaft führen kann. Die Entscheidungen der Kammer unterliegen einer gerichtlichen Kontrolle durch die Anwaltsgerichtsbarkeit, wie sie ebenfalls in der BRAO geregelt ist.

Wie ist die BRAO an berufsrechtliche Entwicklungen und EU-Recht angepasst worden?

Die BRAO wurde in den letzten Jahren wiederholt an aktuelle Entwicklungen im Berufsrecht und an die Vorgaben des europäischen Rechts, insbesondere die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, angepasst. Dies zeigt sich beispielsweise in der Einführung von Vorschriften für die grenzüberschreitende Berufsausübung, der Anerkennung von Qualifikationen aus anderen EU-Staaten sowie in der Regelung zur Kooperation mit Angehörigen anderer beratender Berufe, wie etwa Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern. Zudem wurde das Berufsrecht im Zuge der Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) sowie der Pflicht zur Führung eines elektronischen Postfachs modernisiert und an die Digitalisierung angepasst.

Welche Bedeutung hat die BRAO für die Wahrung des Mandantenschutzes?

Die Bundesrechtsanwaltsordnung enthält zahlreiche Vorschriften zum Schutz der Mandanteninteressen, insbesondere hinsichtlich Verschwiegenheitspflichten, Unabhängigkeit und Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen (§ 43a BRAO). Darüber hinaus sieht die BRAO eine Pflicht zur Unterhaltung einer ausreichenden Berufshaftpflichtversicherung vor, um Mandanten vor Vermögensschäden zu schützen, die aus anwaltlichen Beratungs- oder Vertretungsfehlern entstehen können. Die BRAO regelt auch umfassend die Mandatsbeendigung, Herausgabepflichten von Unterlagen und die Verpflichtung zur Abrechnung und Rechenschaftslegung über erhaltene Fremdgelder.

Welche Möglichkeiten des Rechtsschutzes bestehen bei Entscheidungen nach der BRAO?

Entscheidungen der Rechtsanwaltskammern und andere Maßnahmen nach der BRAO, wie Zulassungs- oder Widerrufsentscheidungen sowie disziplinarische Maßnahmen, können grundsätzlich gerichtlich überprüft werden. Dazu sind eigenständige Anwaltsgerichte berufen, die als unabhängige Justizorgane spezifisch mit anwaltsrechtlichen Streitigkeiten befasst sind. Gegen deren Entscheidungen ist meist die Anrufung des Anwaltsgerichtshofs und in weiteren Instanzen die Revision zum Bundesgerichtshof möglich. Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften der BRAO und gewährleistet den betroffenen Anwälten effektiven Rechtsschutz sowie die Möglichkeit, sich angemessen zu verteidigen.