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Bundespräsident

Begriff und verfassungsrechtliche Stellung des Bundespräsidenten

Der Bundespräsident ist das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland. Er verkörpert den Staat nach innen und außen, wahrt die Einheit des Gemeinwesens und erfüllt überwiegend repräsentative sowie formell-rechtliche Aufgaben. Die Rolle ist auf Ausgleich und Überparteilichkeit angelegt: Der Bundespräsident steht über den Tageskonflikten der Politik und ist nicht Teil der Regierungsführung.

Die Befugnisse des Bundespräsidenten sind im Vergleich zu präsidialen Systemen bewusst begrenzt. Das politische Handeln verantwortet die Bundesregierung, die aus Bundeskanzler und Bundesministern besteht. Der Bundespräsident vermittelt Werte, mahnt zu Beachtung der Verfassung und übernimmt zentrale Formakte, etwa bei der Ernennung von Amtsträgern und der Ausfertigung von Gesetzen.

Wahl und Amtszeit

Wahlorgan und Wahlverfahren

Der Bundespräsident wird von der Bundesversammlung gewählt. Dieses Gremium besteht aus den Mitgliedern des Bundestages und einer gleichen Zahl von Vertretern der Länder, die von den Landtagen entsandt werden. Die Wahl erfolgt in geheimer Abstimmung. Erforderlich ist zunächst eine absolute Mehrheit; kommt sie nicht zustande, sind weitere Wahlgänge mit erleichterten Mehrheitsanforderungen vorgesehen.

Voraussetzungen und Unvereinbarkeiten

Wählbar ist, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, das aktive Wahlrecht zum Bundestag innehat und mindestens vierzig Jahre alt ist. Mit der Annahme des Amtes sind bestimmte Unvereinbarkeiten verbunden: Der Bundespräsident darf keinem gesetzgebenden Organ, keiner Regierung und keinem Organ der Rechtsprechung angehören und führt kein anderes besoldetes Amt. Diese Trennung dient der Unabhängigkeit und Neutralität des Staatsoberhaupts.

Amtszeit und Wiederwahl

Die Amtszeit beträgt fünf Jahre. Eine einmalige Wiederwahl ist zulässig. Insgesamt ist die Amtsdauer damit auf höchstens zwei Amtszeiten begrenzt.

Stellvertretung

Im Falle der Verhinderung oder bei Erledigung des Amtes nimmt der Präsident des Bundesrates die Aufgaben des Bundespräsidenten vorübergehend wahr. Die Bundesversammlung wählt in der Folge einen neuen Bundespräsidenten.

Aufgaben und Befugnisse

Repräsentation und Außenbeziehungen

Der Bundespräsident vertritt Deutschland völkerrechtlich. Er beglaubigt und empfängt Botschafter, unterzeichnet völkerrechtliche Verträge und nimmt Staatsbesuche vor. Verträge werden erst wirksam, wenn die innerstaatlichen Voraussetzungen erfüllt sind; die Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten bildet deren formellen Abschluss auf staatlicher Ebene.

Ernennung und Entlassung hoher Amtsträger

Der Bundespräsident ernennt den Bundeskanzler nach dessen Wahl durch den Bundestag. Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers ernannt und entlassen. Zudem ernennt der Bundespräsident Bundesbeamte, Offiziere der Bundeswehr sowie Richter an den obersten Gerichtshöfen des Bundes; bei der Richterernennung wirken weitere Gremien mit.

Mitwirkung im Gesetzgebungsverfahren

Bundesgesetze werden vom Bundespräsidenten ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet. Vor der Ausfertigung prüft er die formellen Voraussetzungen, insbesondere ordnungsgemäßes Zustandekommen und Beachtung vorgeschriebener Verfahren. In der Praxis wird darüber hinaus eine Prüfung auf offensichtliche materielle Verfassungskonflikte vorgenommen. Bei durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken kann der Bundespräsident die Ausfertigung versagen und das Gesetz an den Gesetzgeber zurückgeben.

Gegenzeichnung und politische Verantwortlichkeit

Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidenten bedürfen grundsätzlich der Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler oder den zuständigen Bundesminister. Die Gegenzeichnung stellt die politische Verantwortungsübernahme durch die Regierung sicher. Für wenige, verfassungsunmittelbar dem Bundespräsidenten zugewiesene Akte gelten Ausnahmen.

Auflösung des Bundestages und Neuwahlen

Der Bundespräsident kann den Bundestag nur in eng umschriebenen Fällen auflösen. Dies kommt in Betracht, wenn eine Kanzlerwahl scheitert oder eine Vertrauensfrage des Bundeskanzlers erfolglos bleibt und eine Auflösung beantragt wird. Die Entscheidung ist eine Ermessensentscheidung innerhalb der verfassungsrechtlich gezogenen Grenzen; sie eröffnet den Weg zu Neuwahlen.

Begnadigungsrecht

Der Bundespräsident übt das Gnadenrecht auf Bundesebene aus. Es umfasst individuelle Entscheidungen in Strafsachen des Bundes, etwa Straferlass, Strafmilderung oder Auflagenänderungen. Das Gnadenrecht der Länder bleibt unberührt.

Rolle in Krisen- und Ausnahmelagen

In verfassungsrechtlich geregelten Ausnahmelagen nimmt der Bundespräsident formelle Mitwirkungsakte wahr, etwa Ausfertigungen, Ernennungen oder Anordnungen, soweit diese vorgesehen sind. Die wesentlichen Entscheidungs- und Eingriffsbefugnisse liegen im deutschen System jedoch bei Parlament und Regierung; eine eigenständige Notverordnungsgewalt des Bundespräsidenten besteht nicht.

Verantwortlichkeit, Schutz und Amtsbeendigung

Amtseid

Zu Beginn der Amtszeit leistet der Bundespräsident vor den versammelten Mitgliedern von Bundestag und Bundesrat einen Eid, in dem er Treue zur Verfassung und gewissenhafte Pflichterfüllung zusichert. Eine religiöse Beteuerung ist optional.

Schutz des Amtes und rechtliche Verantwortung

Der Bundespräsident genießt während der Amtszeit einen besonderen Schutz vor Strafverfolgung; eine Verfolgung setzt grundsätzlich eine Zustimmung des Parlaments voraus. Für schwerwiegende Pflichtverletzungen besteht die Möglichkeit der Anklage durch Bundestag oder Bundesrat vor dem zuständigen Verfassungsgericht. Stellt das Gericht eine vorsätzliche Verletzung der Verfassung oder eines Bundesgesetzes fest, kann es die Amtsenthebung aussprechen. Bis zur Entscheidung kann das Gericht die Amtsausübung vorläufig aussetzen.

Beendigung des Amtes

Das Amt endet durch Ablauf der Amtszeit, Rücktritt, Tod oder Amtsenthebung. Bei vorzeitigem Ende sorgt die Stellvertretung durch den Präsidenten des Bundesrates für die Aufrechterhaltung der Amtsfunktionen, bis die Bundesversammlung eine Nachfolge bestimmt.

Dienstrechtliche Stellung

Die dienstrechtlichen Rahmenbedingungen regeln Amtsbezüge, Amtsausstattung, Amtswohnung, Personal sowie nachamtliche Bezüge. Sie sollen die Unabhängigkeit sichern und Interessenkonflikte vermeiden.

Zusammenwirken mit anderen Verfassungsorganen

Bundestag

Der Bundespräsident ernennt den vom Bundestag gewählten Bundeskanzler, kann in eng begrenzten Fällen den Bundestag auflösen und richtet mitunter Reden an das Parlament. Er fertigt die vom Bundestag und Bundesrat beschlossenen Gesetze aus.

Bundesregierung

Die Zusammenarbeit mit der Bundesregierung erfolgt vor allem über die Gegenzeichnungspflicht und über Ernennungen. Politische Leitentscheidungen trifft die Bundesregierung; der Bundespräsident sichert die verfassungsmäßige Form und mahnt zu verfassungskonformem Handeln.

Bundesrat

Der Bundesrat wirkt an der Gesetzgebung mit; zahlreiche Gesetze bedürfen seiner Zustimmung. Der Präsident des Bundesrates vertritt den Bundespräsidenten bei Verhinderung und Erledigung des Amtes.

Verfassungsgerichtsbarkeit

Der Bundespräsident ernennt Richter an den obersten Gerichtshöfen des Bundes und beteiligt sich an der formellen Bestellung von Mitgliedern des höchsten Gerichts nach den gesetzlich vorgesehenen Verfahren. Bei einer Anklage wegen Pflichtverletzungen entscheidet das Verfassungsgericht über die Verantwortlichkeit des Bundespräsidenten.

Abgrenzung und Einordnung

Unterschied zum Bundeskanzler

Der Bundeskanzler führt die Regierungsgeschäfte, bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt die politische Verantwortung. Der Bundespräsident ist demgegenüber Staatsoberhaupt mit Schwerpunkt auf Repräsentation, Integrationsfunktion und verfassungsbezogenen Formakten.

Parlamentarische Staatsordnung

Deutschland ist eine parlamentarische Demokratie. Der Bundespräsident wird nicht direkt vom Volk gewählt, sondern von der Bundesversammlung. Seine Befugnisse sind darauf ausgerichtet, die Gewaltenteilung zu wahren, die Funktionsfähigkeit der Verfassungsorgane zu sichern und die Kontinuität des Staates zu gewährleisten.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wer wählt den Bundespräsidenten und wie läuft die Wahl ab?

Gewählt wird der Bundespräsident von der Bundesversammlung, bestehend aus den Mitgliedern des Bundestages und einer gleichen Zahl von Ländervertretern. Die Wahl erfolgt geheim. Zunächst ist eine absolute Mehrheit erforderlich; kommt diese nicht zustande, folgen weitere Wahlgänge mit abgesenkten Mehrheitsanforderungen.

Welche Voraussetzungen muss eine Person für das Amt erfüllen?

Erforderlich sind die deutsche Staatsangehörigkeit, das aktive Wahlrecht zum Bundestag und ein Mindestalter von vierzig Jahren. Zudem sind mit dem Amt Unvereinbarkeiten verbunden, die eine gleichzeitige Zugehörigkeit zu Regierung, Parlament oder Justiz ausschließen.

Welche Rolle spielt der Bundespräsident im Gesetzgebungsverfahren?

Er fertigt Bundesgesetze aus und veranlasst ihre Verkündung. Zuvor prüft er insbesondere die formelle Ordnungsmäßigkeit des Gesetzgebungsverfahrens; bei durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken kann er die Ausfertigung verweigern.

Kann der Bundespräsident den Bundestag auflösen?

Eine Auflösung ist nur in verfassungsrechtlich eng definierten Situationen vorgesehen, insbesondere bei gescheiterter Kanzlerwahl oder nach einer erfolglosen Vertrauensfrage des Bundeskanzlers. Die Entscheidung liegt im Ermessen des Bundespräsidenten innerhalb dieser Grenzen.

Welche Kontroll- und Sanktionsmechanismen bestehen gegenüber dem Bundespräsidenten?

Bei Verdacht einer vorsätzlichen Verletzung der Verfassung oder eines Bundesgesetzes kann der Bundespräsident durch Bundestag oder Bundesrat vor das Verfassungsgericht gebracht werden. Das Gericht kann die Amtsenthebung aussprechen. Strafverfolgung während der Amtszeit setzt grundsätzlich eine parlamentarische Zustimmung voraus.

Welche Befugnisse hat der Bundespräsident in der Außenpolitik?

Er vertritt den Staat völkerrechtlich, beglaubigt und empfängt Botschafter und unterzeichnet völkerrechtliche Verträge. Die innerstaatliche Wirksamkeit solcher Verträge hängt von den verfassungsrechtlich vorgesehenen Zustimmungs- und Umsetzungsakten ab.

Wer vertritt den Bundespräsidenten bei Verhinderung?

Der Präsident des Bundesrates übernimmt die Aufgaben des Bundespräsidenten, wenn dieser verhindert ist oder das Amt vorzeitig endet, bis die Bundesversammlung eine Nachfolge wählt.

Darf der Bundespräsident politisch Partei ergreifen?

Das Amt ist auf Überparteilichkeit angelegt. Der Bundespräsident soll ausgleichend wirken und nimmt keine Regierungsaufgaben wahr. Seine öffentlichen Äußerungen sind auf die Wahrung der Verfassung und die Integrationsfunktion des Amtes ausgerichtet.