Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Verwaltungsrecht»Bundeshaushalt

Bundeshaushalt


Begriff und Bedeutung des Bundeshaushalts

Der Bundeshaushalt ist das zentrale Instrument der Haushalts- und Finanzwirtschaft des Bundes in Deutschland. Er stellt die detaillierte Planung und Festlegung aller Einnahmen und Ausgaben des Bundes für ein Haushaltsjahr dar. Die Aufstellung, Bewirtschaftung und Kontrolle des Bundeshaushalts unterliegen strengen gesetzlichen Vorgaben und Verfahren, um Transparenz, Haushaltsklarheit und Kontrolle der öffentlichen Finanzen sicherzustellen. Rechtsgrundlagen, Verfahren und die verfassungsrechtliche Einordnung des Bundeshaushalts erfassen zahlreiche Vorschriften insbesondere aus dem Grundgesetz (GG) und der Bundeshaushaltsordnung (BHO).


Verfassungsrechtliche Grundlagen

Haushaltsrecht im Grundgesetz

Die rechtlichen Rahmenbedingungen des Bundeshaushalts sind im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere in den Artikeln 109 bis 115 GG, enthalten. Zentral ist Artikel 110 GG, wonach alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes für jedes Haushaltsjahr veranschlagt und im Haushaltsgesetz festgestellt werden müssen. Das Grundgesetz garantiert damit das Prinzip der Jährlichkeit sowie das parlamentarische Budgetrecht (Königsrecht des Parlaments).

Wichtige Prinzipien sind:

  • Grundsatz der Vollständigkeit: Alle Einnahmen und Ausgaben müssen im Haushaltsplan vollständig ausgewiesen werden (Artikel 110 Abs. 1 GG).
  • Prinzip der Einheit und Wahrheit: Der Haushaltsplan muss alle Finanzströme des Bundes erfassen und wahrheitsgemäß darstellen.
  • Vorbehalt des Haushaltsgesetzes: Ohne oder gegen das Haushaltsgesetz dürfen keine Haushaltsmittel des Bundes verwendet werden.

Schuldenbremse

Mit der Föderalismusreform II wurde durch Artikel 109 Abs. 3 GG die sogenannte Schuldenbremse eingeführt. Der Bund darf grundsätzlich keine neuen Kredite aufnehmen, außer zur Konjunktursteuerung oder im Falle von Naturkatastrophen o.ä. Notsituationen (Art. 115 GG). Die Schuldenbremse verpflichtet Bund und Länder zu einer regelgebundenen Haushaltsführung und begrenzt Neuverschuldung.


Gesetzliche Regelungen und Ausführungsvorschriften

Bundeshaushaltsordnung (BHO)

Die nähere Ausgestaltung erfolgt durch die Bundeshaushaltsordnung (BHO), ein Bundesgesetz, das die Aufstellung, Bewirtschaftung, Abwicklung und Kontrolle des Bundeshaushalts detailliert regelt. Die BHO legt u. a. folgende Grundsätze fest:

  • Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit: (§ 7 BHO) Die Mittel des Bundes sind wirtschaftlich und sparsam zu verwenden.
  • Vollständigkeit und Fälligkeit der Einnahmen und Ausgaben
  • Klarheit und Genauigkeit der Veranschlagung

Die BHO regelt zudem das Verfahren der Haushaltsaufstellung, die Haushaltsführung, das Kassen- und Rechnungswesen sowie die Haushaltsüberwachung.


Verfahren der Haushaltserstellung

Haushaltsaufstellung

Die Aufstellung des Bundeshaushalts erfolgt durch die Bundesregierung. Federführend ist dabei das Bundesministerium der Finanzen (BMF). Die Ministerien melden den voraussichtlichen Finanzbedarf ihrer Ressorts an das BMF. Dieses koordiniert und konsolidiert die Meldungen, prüft die Plausibilität und erstellt den Entwurf des Haushaltsplans.

Haushaltsgesetz und Haushaltsplan

Der Haushaltsentwurf wird dem Bundestag als Gesetzentwurf vorgelegt (§ 22 BHO). Er besteht aus dem Haushaltsgesetz sowie dem Haushaltsplan. Das Haushaltsgesetz enthält die haushaltsrechtlichen Ermächtigungen und Bestimmungen für das betreffende Jahr, der Haushaltsplan konkretisiert sämtliche Einnahmen und Ausgaben nach Einzelplänen.

Beratung und Verabschiedung

Der Bundestag berät über den Haushaltsentwurf in mehreren Lesungen. Die ausschussmäßige Vorberatung erfolgt maßgeblich im Haushaltsausschuss. Änderungen sind durch den Bundestag möglich, bevor das Haushaltsgesetz durch Bundestag und Bundesrat beschlossen und ausgefertigt wird (§ 27 BHO).


Ausführung und Kontrolle des Bundeshaushalts

Haushaltsbewirtschaftung

Nach Inkrafttreten des Haushaltsgesetzes obliegt die Ausführung der einzelnen Haushaltsansätze den jeweiligen Ressorts unter Beachtung der Vorgaben der BHO und der Verfügbarkeit der Haushaltsmittel. Die Kassenführung wird durch zentrale Kassen geregelt. Überplanmäßige oder außerplanmäßige Ausgaben sind nur mit besonderer Genehmigung zulässig (§ 37 BHO).

Überwachung und Kontrolle

Die Kontrolle der Haushaltsführung erfolgt durch verschiedene Institutionen:

  • Intern: Das Bundesministerium der Finanzen prüft und überwacht fortlaufend die Ausführung.
  • Extern: Der Bundesrechnungshof prüft unabhängig die Haushalts- und Wirtschaftsführung und berichtet dem Bundestag sowie dem Bundesrat (§ 88 BHO; Art. 114 GG).

Der Jahresabschluss wird in einer Haushaltsrechnung dokumentiert, die vom Bundesrechnungshof geprüft wird. Beanstandungen und Prüfbemerkungen dienen der politischen und administrativen Kontrolle und bilden die Grundlage der jährlichen Entlastung der Bundesregierung durch den Bundestag (Art. 114 GG, § 114 BHO).


Sonderregelungen und finanzverfassungsrechtliche Besonderheiten

Nachtragshaushalt

Ein Nachtragshaushalt ist erforderlich, wenn unvorhergesehene Ausgaben oder Mindereinnahmen während des laufenden Haushaltsjahres auftreten, die nicht mehr innerhalb des bestehenden Haushaltsplans gedeckt werden können. Die Verfahren sind für Nachtragshaushalte weitgehend analog zum regulären Haushaltsverfahren (§ 35 BHO).

Vorläufige Haushaltsführung

Ist der Haushalt zu Beginn des neuen Haushaltsjahres noch nicht beschlossen, greift die vorläufige Haushaltsführung (Art. 111 GG). In diesem Fall dürfen nur Ausgaben für bestimmte, zwingend notwendige Bereiche, begonnene Projekte und gesetzlich vorgeschriebene Pflichtaufgaben getätigt werden.


Bedeutung des Bundeshaushalts für die Staatsfinanzen

Der Bundeshaushalt bildet die finanzielle Grundlage der staatlichen Leistungsfähigkeit und Steuerung. Er legt die Prioritäten der Bundesregierung fest, wirkt stabilisierend auf Konjunktur und gesellschaftliche Entwicklungen und dient der Sicherstellung der Handlungsfähigkeit des Bundes. Über die Einhaltung von Haushaltsgrundsätzen und deren Kontrolle ist der Bundeshaushalt zugleich Garant der Finanz- und Verfassungstreue sowie der nachhaltigen Haushaltsführung auf Bundesebene.


Literatur und Weiterführende Links


Letzte Aktualisierung: Juni 2024. Der Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Aspekte des Bundeshaushalts in Deutschland und orientiert sich an den geltenden Vorgaben und Standards der Haushaltsgesetzgebung und Haushaltskontrolle.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist rechtlich für die Aufstellung des Bundeshaushalts verantwortlich?

Gemäß Art. 110 des Grundgesetzes (GG) ist die Bundesregierung für die Aufstellung des Bundeshaushaltsplans verantwortlich. Die Zuständigkeit liegt federführend beim Bundesministerium der Finanzen, das den Entwurf erstellt und innerhalb der Bundesregierung abstimmt. Nach Verabschiedung durch das Kabinett wird der Haushaltsentwurf dem Deutschen Bundestag zugeleitet. Der Bundestag hat das verfassungsmäßige Recht, den Haushaltsplan zu beraten, zu ändern und zu beschließen. Nach der Beratung erfolgt zudem die Zuleitung an den Bundesrat, der jedoch nur ein beratendes Mitwirkungsrecht besitzt. Das Budgetrecht ist eines der wichtigsten Rechte des Parlaments und dient der demokratischen Kontrolle der Regierungsausgaben.

Welche rechtlichen Grundlagen regeln das Verfahren der Haushaltsaufstellung und -bewilligung?

Die zentralen Rechtsgrundlagen des Haushaltsverfahrens sind das Grundgesetz, insbesondere Art. 110 bis 115 GG, und das Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG). Ergänzend gelten die Bundeshaushaltsordnung (BHO) und spezifische Verwaltungsvorschriften. Diese regeln detailliert die Planungszyklen, den Aufbau des Haushaltsplans, die sogenannte Haushaltsklarheit und -wahrheit, sowie Zuständigkeiten und Verfahren für Nachtragshaushalte und Haushaltsreste. Das Grundgesetz legt zudem fest, dass Einnahmen und Ausgaben grundsätzlich im Voraus für ein Haushaltsjahr festzustellen sind (Jährlichkeitsprinzip) und regelt Ausnahmen, wie beispielsweise die vorläufige Haushaltsführung.

Was ist das parlamentarische Budgetrecht und welche Bedeutung hat es im Bundeshaushaltsrecht?

Das parlamentarische Budgetrecht, verankert in Art. 110 GG, bezeichnet das verfassungsmäßige Recht des Bundestages, über Einnahmen und Ausgaben des Bundes zu bestimmen. Es garantiert dem Parlament die Kontrolle über die Mittelverwendung der Exekutive und ist Ausdruck des Demokratieprinzips und des Gewaltenteilungsgrundsatzes. Das Budgetrecht umfasst insbesondere das Recht, den Haushaltsplan zu verabschieden, Änderungen vorzunehmen sowie Nachtragshaushalte zu bewilligen. Der Haushaltsausschuss des Bundestages ist das zentrale Gremium für Detailberatungen. Dieses Recht ist strikt formalisiert und kann durch verfassungsrechtliche Ausnahmen, wie Notlagenregelungen (Art. 115 GG), temporär beschränkt werden.

Wie ist die rechtliche Bindungswirkung des Bundeshaushaltsplans ausgestaltet?

Der Bundestag beschließt den Bundeshaushaltsplan als Bundesgesetz, wodurch die im Haushaltsgesetz enthaltenen Ermächtigungen eine bindende Wirkung für die Verwaltung begründen. Die Ausgaben dürfen nur entsprechend den Zweck- und Betragsermächtigungen geleistet werden (sogenannte Deckungsfähigkeit, Zweckbindung und Einzelbewilligung). Darüber hinaus unterliegt die Mittelverwendung weiteren haushaltsrechtlichen Grundsätzen – Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Nachweis der ordnungsgemäßen Mittelverwendung – die durch das Haushaltsrecht (BHO, HGrG) vorgegeben sind. Verstöße können zu haushaltsrechtlichen Beanstandungen oder sogar zur haushaltsrechtlichen Unwirksamkeit der Handlung führen.

Welche rechtlichen Kontrollmechanismen sichern die ordnungsgemäße Ausführung des Bundeshaushalts?

Die Haushaltskontrolle erfolgt durch verschiedene Instanzen. Zunächst ist die Bundesregierung gesetzlich verpflichtet, regelmäßig über die Ausführung des Haushalts zu berichten. Zentral ist die externe Kontrolle durch den Bundesrechnungshof gemäß Art. 114 GG sowie dessen prüfungsrechtliche Kompetenzen, wie die Prüfung der Rechnung und der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes. Der Haushaltsausschuss des Bundestags erhält den sogenannten Prüfbericht, auf dessen Basis weitere parlamentarische Kontrolle und Haushaltsentlastung erfolgt. Letztlich können auch Verfassungsorgane (z. B. das Bundesverfassungsgericht) angerufen werden, falls Verstöße gegen Haushaltsvorgaben gerichtlich überprüft werden sollen.

Wie wird im Haushaltsrecht auf unerwartete Einnahmen- und Ausgabenentwicklungen reagiert?

Das Haushaltsrecht kennt verschiedene Instrumente für den Umgang mit unvorhergesehenen Entwicklungen. Im Falle erheblicher Änderungen während des Haushaltsjahres kann die Bundesregierung gemäß Art. 112, 113 GG und § 35 BHO einen Nachtragshaushalt vorlegen, der wiederum vom Bundestag zu beschließen ist. Für eilige, unabweisbare Mehrausgaben kann das Bundesministerium der Finanzen unter strengen Voraussetzungen überplanmäßige Ausgaben genehmigen. Weiterhin besteht im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung nach Art. 111 GG eine rechtliche Grundlage, um die Handlungsfähigkeit des Bundes auch ohne rechtskräftigen Haushalt zu sichern.

Welche rechtlichen Folgen hat ein Verstoß gegen Haushaltsrecht?

Verstöße gegen das Haushaltsrecht können unterschiedliche rechtliche Folgen nach sich ziehen. Im Verwaltungsverfahren kann die Auszahlung oder Verausgabung rechtswidrig erlangter Mittel rückgängig gemacht oder Sanktionen gegen verantwortliche Verwaltungsmitarbeiter verhängt werden. Zudem kommt eine disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Ahndung (z. B. bei Untreue oder Haushaltsuntreue) in Betracht. Politisch kann ein Verstoß zur parlamentarischen Missbilligung oder Entlassung von Regierungsmitgliedern führen. In gravierenden Fällen kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden, das im Rahmen der Organstreitverfahren oder Verfassungsbeschwerden über die Verfassungsmäßigkeit haushaltsrechtlicher Maßnahmen entscheidet.