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Bundesamt für Verfassungsschutz


Begriff und rechtliche Grundlagen des Bundesamtes für Verfassungsschutz

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) ist die zentrale Inlandsbehörde des deutschen Bundes zur Sammlung und Auswertung von Informationen über verfassungsfeindliche Aktivitäten. Sie nimmt dadurch eine Schlüsselrolle im Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland ein. Neben der rein nachrichtendienstlichen Tätigkeit ist das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtlich, organisatorisch und strukturell durch verschiedene Gesetze und Vorschriften geregelt.


Rechtsstellung und Aufgaben

Gesetzliche Grundlage

Die Arbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz beruht primär auf dem Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz, BVerfSchG). Dieses Gesetz konkretisiert die Aufgaben des BfV und regelt gleichzeitig Organisation, Befugnisse sowie die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen. Ihre Arbeit ist zudem durch das Grundgesetz sowie das Bundesdatenschutzgesetz flankiert.

Aufgabenbereich

Gefahrenabwehr und Informationserhebung

Das BfV hat die Aufgabe, Bestrebungen und Tätigkeiten aufzuklären, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, gegen den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind. Weiterhin zählt die Beobachtung und Aufklärung von Spionage- und Sabotagehandlungen zu den Aufgaben.

Zusammenarbeit mit anderen Behörden

Gemäß § 1 BVerfSchG wirkt das BfV mit den Landesämtern für Verfassungsschutz sowie weiteren Behörden – insbesondere Polizei- und Justizbehörden – zusammen. Ein wesentliches Element ist dabei der Informationsaustausch im Rahmen der gesetzlichen Befugnisse.


Organisation und Kontrolle

Aufbau und Organisation

Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) unmittelbar nachgeordnet. Es gliedert sich in verschiedene Abteilungen, die themenspezifisch u. a. mit Rechtsextremismus, Linksextremismus, Ausländerextremismus, Islamismus und Spionageabwehr befasst sind.

Kontrolle und Aufsicht

Parlamentarische Kontrolle

Ein zentrales Element der rechtlichen Kontrolle bildet das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) des Deutschen Bundestages, das die Tätigkeit der Nachrichtendienste des Bundes überwacht (§ 53 ff. BVerfSchG). Auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) hat Kontrollbefugnisse bezüglich der Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben.

Vorschriften zur Begrenzung der Befugnisse

Das BVerfSchG legt detailliert die zulässigen Mittel und Methoden der Informationsgewinnung fest. Hierzu zählen insbesondere das Beobachten, das Sammeln, Auswerten und Weitergeben von Informationen, jedoch unter klar abgesteckten Grenzen, um unverhältnismäßige Eingriffe in Grundrechte zu vermeiden. Maßnahmen wie die verdeckte Überwachung von Kommunikationsverbindungen sind nur nach Maßgabe weiterer Gesetze (etwa G 10-Gesetz) zulässig.


Informationsgewinnung und Datenverarbeitung

Erhebung, Verarbeitung und Speicherung von Informationen

Das BfV darf gemäß § 8 ff. BVerfSchG personenbezogene Daten erheben, verarbeiten und nutzen – allerdings nur soweit dies zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist. Dabei sind sowohl das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG als auch die Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes zu beachten.

Weitergabe von Informationen

Eine Weitergabe von personenbezogenen Daten durch das BfV an andere Behörden ist nur unter strikter Beachtung der im Gesetz bestimmten Voraussetzungen zulässig, insbesondere dann, wenn dies zur Erfüllung gesetzlicher Aufgaben der empfangenden Behörde notwendig ist (§ 19 BVerfSchG).


Rechtsmittel und Rechtsschutz

Betroffenenrechte

Personen, deren Rechte durch die Tätigkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz betroffen sind, können gemäß § 15 BVerfSchG ein Auskunftsrecht geltend machen. Sie haben Anspruch auf Mitteilung darüber, ob und welche personenbezogenen Daten über sie beim BfV gespeichert sind. Einschränkungen dieses Auskunftsanspruches bestehen, wenn durch die Auskunft die Aufgabenerfüllung des BfV gefährdet würde (§ 15 Abs. 2 BVerfSchG).

Rechtsschutzmöglichkeiten

Im Falle einer Verletzung subjektiver Rechte durch Maßnahmen des BfV besteht grundsätzlich die Möglichkeit gerichtlichen Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG. Zuständig sind hierfür die Verwaltungsgerichte. Darüber hinaus kann der Bundesbeauftragte für den Datenschutz angesprochen werden, wenn Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorgaben vermutet werden.


Verhältnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu anderen Nachrichtendiensten

Das BfV ist Teil des sogenannten Bundesnachrichtendienstverbundes, zu dem auch der Bundesnachrichtendienst (BND) als Auslandsnachrichtendienst und der Militärische Abschirmdienst (MAD) gehören. Die Aufgabenabgrenzung ist gesetzlich bestimmt: Während der BND für die Auslandsaufklärung, der MAD für Belange der Bundeswehr zuständig ist, bleibt das BfV auf das Inland begrenzt.


Zusammenfassung

Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist eine zentrale Institution zum Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und Bundessicherheit. Die Organisation, Aufgaben und Befugnisse sind umfassend rechtlich geregelt, wobei insbesondere Grundrechtsschutz, Datenschutz sowie die parlamentarische und datenschutzrechtliche Kontrolle im Vordergrund stehen. Die gesetzlichen Vorschriften stellen sicher, dass Eingriffe in Rechte der Betroffenen nur im gesetzlich festgelegten Rahmen und unter strikter Kontrolle erfolgen dürfen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Tätigkeit des Bundesamts für Verfassungsschutz?

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) unterliegt in seiner Tätigkeit primär dem Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG), das die Aufgaben, Befugnisse und Grenzen der Behörde detailliert festlegt. Ergänzend finden Vorschriften aus weiteren Gesetzen Anwendung, wie dem Grundgesetz (insbesondere Art. 20, 73 und 87), dem Strafgesetzbuch (StGB), dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und bereichsspezifisch auch polizeirechtlichen Bestimmungen, soweit das Handeln des BfV Berührungspunkte zu deren Aufgabenstellungen aufweist. Die rechtliche Kontrolle und die Vorgaben zur Verarbeitung personenbezogener Daten ergeben sich zum Teil auch aus der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem Gesetz über das Bundeskriminalamt (BKAG), sofern Kooperationsbeziehungen bestehen. Ferner sind internationale Übereinkommen und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bindend, die immer wieder Grundsatzfragen zur Begrenzung und zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung behandeln. Das BfV ist verpflichtet, alle seine Maßnahmen auf eine zulässige Rechtsgrundlage zu stützen, weshalb etwa Überwachungsmaßnahmen einer sorgfältigen Prüfung nach geltendem Recht unterzogen werden. Jegliche Eingriffe in Grundrechte, etwa durch nachrichtendienstliche Mittel, bedürfen einer strengen Abwägung und gegebenenfalls einer Anordnung durch zuständige richterliche Instanzen.

Wie ist die parlamentarische und gerichtliche Kontrolle des Bundesamts für Verfassungsschutz geregelt?

Die Tätigkeit des BfV unterliegt einer komplexen mehrstufigen Kontrolle. Parlamentarisch wird das BfV hauptsächlich durch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) des Deutschen Bundestages überwacht, das umfassende Prüfungs- und Informationsrechte besitzt. Weitere Kontrolle übt der sogenannte G10-Kommission aus, die insbesondere für Maßnahmen der strategischen Telekommunikationsüberwachung zuständig ist und dabei verbindlich über die Zulässigkeit der Überwachung entscheidet. Auf Landesebene bestehen vergleichbare Kontrollorgane für die jeweiligen Verfassungsschutzbehörden. Gerichtliche Kontrolle kann auf dem Wege der Fachgerichtsbarkeit (Verwaltungsgerichte) erfolgen, beispielsweise bei Eingaben oder Klagen betroffener Personen bezüglich Grundrechtseingriffen (z. B. Akteneinsicht, Löschung von Daten). Überdies ist das Bundesverfassungsgericht zuständig, wenn Grundsatzfragen zur Vereinbarkeit des BfV-Handelns mit dem Grundgesetz entstehen, etwa im Rahmen von Verfassungsbeschwerden. Diese Kontrollinstanzen stellen sicher, dass gesetzliche Beschränkungen eingehalten und staatliche Machtmittel nicht missbräuchlich eingesetzt werden.

Inwieweit ist das Bundesamt für Verfassungsschutz zu Grundrechtseingriffen befugt und welche Einschränkungen existieren?

Das BfV darf zu Zwecken der Gefahrenabwehr und der Gewinnung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse bestimmte Grundrechte tangieren, insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das Fernmeldegeheimnis und das Postgeheimnis (jeweils Art. 10 GG). Solche Eingriffe sind allerdings streng reglementiert und unterliegen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das BVerfSchG und ergänzende Gesetze legen genau fest, wann, wie und in welchem Umfang nachrichtendienstliche Mittel (z. B. Observation, Einsatz von V-Leuten, verdeckte Ermittlungen, Abfrage von Daten bei Dritten) eingesetzt werden dürfen. Besonders sensible Maßnahmen (wie die Überwachung der Telekommunikation oder das Betreten von Wohnungen sowie der verdeckte Zugriff auf informationstechnische Systeme) bedürfen gesonderter richterlicher Anordnung nach dem G10-Gesetz beziehungsweise ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung. Auch nach Abschluss der Maßnahmen besteht eine Verpflichtung zur regelmäßigen Überprüfung, ob die Datenspeicherung noch rechtmäßig ist und ob betroffene Personen benachrichtigt werden müssen, was nur unter bestimmten Umständen aus Gründen des Quellenschutzes oder laufender Ermittlungen aufgeschoben werden darf.

Welche Rechte haben betroffene Personen gegenüber dem Bundesamt für Verfassungsschutz hinsichtlich Auskunft, Berichtigung und Löschung von Daten?

Betroffene Personen, über die das BfV personenbezogene Daten gespeichert hat, besitzen grundsätzlich Rechte auf Auskunft, Berichtigung und Löschung dieser Daten. Nach § 15 BVerfSchG kann jeder Bürger einen Antrag auf Auskunft darüber stellen, ob und welche Daten über ihn gespeichert sind. Allerdings unterliegt dieses Auskunftsrecht Einschränkungen: Die Behörde kann die Information verweigern, soweit dies aus Gründen der nationalen Sicherheit, zum Schutz von Quellen, der Durchführung laufender Ermittlungen oder dem Schutz berechtigter Interessen Dritter erforderlich ist. Berichtigungs- und Löschungsansprüche sind gemäß § 14 BVerfSchG geregelt: Das BfV hat Daten unverzüglich zu berichtigen oder zu löschen, wenn sie unrichtig sind oder ihre Speicherung unzulässig ist. Kontrolliert wird die Einhaltung dieser Vorgaben durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) sowie durch gerichtliche Instanzen im Rahmen von Klageverfahren.

In welchen Fällen darf das BfV nachrichtendienstliche Mittel anwenden und wer entscheidet darüber?

Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel ist nach dem BVerfSchG auf die Abwehr verfassungsgefährdender Bestrebungen und den Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes begrenzt. Zu den zulässigen nachrichtendienstlichen Mitteln zählen beispielsweise Observation, Einsatz von V-Leuten, Abfragen bei Behörden und Unternehmen sowie Überwachungsmaßnahmen im Rahmen des G10-Gesetzes. Der Einsatz dieser Mittel bedarf einer individuellen und sorgfältigen Prüfung, wobei insbesondere bei Grundrechtseingriffen wie Telekommunikationsüberwachung oder verdeckter Wohnungsdurchsuchung strenge gesetzliche und richterliche Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt werden müssen. Die Entscheidung trifft in der Regel der Behördenleiter, bei besonders schweren Eingriffen ist eine Genehmigung der G10-Kommission oder eine richterliche Anordnung zwingend erforderlich.

Wie erfolgt die Zusammenarbeit des BfV mit anderen in- und ausländischen Behörden und welche rechtlichen Vorgaben sind dabei zu beachten?

Die Zusammenarbeit mit anderen inländischen Sicherheitsbehörden (Bundeskriminalamt, Bundespolizei, Landesämter für Verfassungsschutz, staatliche Stellen der Länder) erfolgt auf Grundlage gesetzlicher Regelungen, die insbesondere datenschutzrechtliche Vorgaben, Vertraulichkeit und Zweckbindung sicherstellen. Datenübermittlungen sind nur zulässig, soweit sie zur Erfüllung von Aufgaben nach dem BVerfSchG oder zur Gefahrenabwehr erforderlich sind (§§ 19, 20 BVerfSchG). Der Austausch mit ausländischen Nachrichtendiensten beruht auf speziellen Vereinbarungen und muss insbesondere die Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes, das sogenannte Übermittlungsverbot aus Drittstaaten und gegebenenfalls die Zustimmung des Bundeskanzleramtes beachten. Jegliche Kooperation unterliegt der parlamentarischen Kontrolle und wird im Regelfall auch durch das Bundesministerium des Innern gesteuert und überwacht, um rechtsstaatliche Standards und internationale Verpflichtungen einzuhalten.