Legal Lexikon

Buchversitzung


Begriff und Bedeutung der Buchversitzung

Die Buchversitzung ist ein Begriff des deutschen Sachenrechts und stellt eine spezielle Form des Besitzes dar. Sie ist insbesondere im Zusammenhang mit dem Eigentumserwerb an beweglichen Sachen durch Rechtsgeschäft (§§ 929 ff. BGB) sowie im Grundbuchrecht relevant. Die Buchversitzung ermöglicht es, dass der Besitz an bestimmten Sachen nicht durch tatsächlichen Besitz (unmittelbarer Besitz), sondern durch Eintragung in ein öffentliches Register (buchmäßiger Besitz) ausgeübt wird. Der Begriff wird insbesondere im Zusammenhang mit Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, wie dem Wohnungseigentum oder Erbbaurechten, verwendet.

Abgrenzung zum unmittelbaren und mittelbaren Besitz

Im deutschen Recht wird zwischen unmittelbarem und mittelbarem Besitz unterschieden. Unmittelbarer Besitz liegt vor, wenn eine Person die tatsächliche Sachherrschaft über einen Gegenstand hat. Mittelbarer Besitz liegt vor, wenn eine Person zwar nicht selbst die tatsächliche Sachherrschaft ausübt, aber über einen Besitzmittler mit der Sache verbunden ist. Die Buchversitzung ist davon abzugrenzen, da sie auf einem Registereintrag und somit auf einem rechtlich anerkannten Besitzverhältnis beruht, das im Grundbuch oder ähnlichen öffentlichen Büchern dokumentiert wird.

Gesetzliche Grundlagen der Buchversitzung

Buchversitzung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

Im BGB wird der Begriff der Buchversitzung unter anderem in folgenden Vorschriften verwendet:

  • § 929 S. 1 BGB (Übereignung durch Einigung und Übergabe): Steht für die Übereignung beweglicher Sachen die Übergabe im Vordergrund, so kann bei bestimmten Rechten – vor allem beim Eigentum an Grundstücken – eine Übergabe durch Eintragung ins Grundbuch ersetzt werden. Die Buchversitzung kennzeichnet hier die grundlegende Besonderheit, dass der Besitz durch die Eintragung im öffentlichen Buch (z.B. Grundbuch) dokumentiert wird.
  • § 873 BGB (Erwerb des Eigentums an Grundstücken): Neben der Einigung ist die Eintragung in das Grundbuch erforderlich. Mit der Eintragung wird dem Erwerber der buchmäßige Besitz zuerkannt.

Öffentliche Bücher im Sinne der Buchversitzung

Unter „öffentlichen Büchern“ werden insbesondere das Grundbuch (für Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte) sowie das Schiffsregister und das Güterrechtsregister verstanden. Die Buchversitzung kann also beispielsweise auch beim Eigentumserwerb an Schiffen nach § 3 Schiffsregisterordnung eine Rolle spielen.

Funktion und Bedeutung der Buchversitzung im Rechtsverkehr

Die Buchversitzung hat zwei zentrale Funktionen:

  1. Besitzschutz und Besitzvermutung: Wer in einem öffentlichen Buch als Inhaber eines Rechts eingetragen ist, gilt als Besitzer dieses Rechts. Dies hat Bedeutung für den Besitzschutz, da der Eingetragene Inhaber bestimmter Schutzrechte ist.

  1. Erleichterung des Rechtsverkehrs: Weil der Besitz durch die Eintragung im Buch (z.B. Grundbuch) nachweisbar ist, erleichtert dies den Rechtsverkehr erheblich. Käufer, Verkäufer und Dritte können aus dem Registerstand klar die Besitzverhältnisse ablesen.

Besitzwille bei der Buchversitzung

Im Unterschied zum unmittelbaren Besitz, bei dem ein Besitzwille erforderlich ist, ist bei der Buchversitzung keine tatsächliche Sachherrschaft, sondern ein entsprechender Wille und die Registereintragung erforderlich. Der Besitzwille wird in der Regel durch den Eintragungsvorgang dokumentiert.

Buchversitzung und Eigentumserwerb

Grundstücksrecht

Im Grundstücksrecht ist die Buchversitzung von zentraler Bedeutung. Das deutsche Sachenrecht verlangt für die Übertragung des Eigentums an Grundstücken die Einigung und die Eintragung im Grundbuch, § 873 BGB. Die Eintragung im Grundbuch ersetzt die tatsächliche Übergabe der Sache – es wird also Besitz im Rechtssinn durch die Buchversitzung verschafft.

Grundpfandrechte

Ebenso funktioniert die Bestellung und Übertragung von Grundpfandrechten (z.B. Hypotheken, Grundschulden) durch Buchversitzung. Hier findet eine analoge Anwendung der Prinzipien der Buchversitzung statt.

Schiffs- und Luftfahrzeuge

Auch bei bestimmten beweglichen Sachen findet die Buchversitzung Anwendung, insbesondere bei Schiffen (Eintragung im Schiffsregister) und Luftfahrzeugen, sofern diese in ein entsprechendes Register eingetragen sind.

Schutzwirkungen und Rechtsschutz bei Buchversitzung

Besitzschutz

Dem „Buchbesitzer“ stehen Besitzschutzansprüche zu, insbesondere aus § 985 BGB (Herausgabeanspruch) und weiteren Besitzschutzvorschriften, soweit sie auf öffentliche Registerbesitzer anwendbar sind. Hier ist vor allem der Besitzschutz gegen widerrechtliche Eingriffe Dritter einschlägig.

Besitzvermutung

Nach § 891 BGB wird vermutet, dass die im Grundbuch eingetragenen Rechte bestehen und dem Eingetragenen zustehen. Diese gesetzliche Besitzvermutung trägt zur Rechtssicherheit bei und schützt Erwerber im guten Glauben am öffentlichen Glauben des Grundbuchs.

Bedeutung der Buchversitzung im Insolvenzrecht

Im Insolvenzrecht hat die Position des „Buchbesitzers“ ebenfalls Auswirkungen. So kann beispielsweise ein im Grundbuch eingetragenes Recht im Rahmen einer Insolvenzmasse mit besonderen Sicherungsrechten ausgestattet sein. Die Registereintragung dient dem Schutz sowohl des Insolvenzschuldners als auch der Gläubiger.

Unterschied zu Besitzmittlungsverhältnissen

Die Buchversitzung ist streng von Besitzmittlungsverhältnissen (§ 868 BGB) zu unterscheiden. Während bei letzteren der Besitzmittler allein oder mit dem Besitzberechtigten den Besitzwillen aufrechterhält, liegt bei der Buchversitzung ausschließlich ein registergestütztes Besitzverhältnis vor.

Kritik und praktische Relevanz der Buchversitzung

Die Buchversitzung ist wegen ihrer erheblichen rechtlichen Klarheit und Transparenz im deutschen Sachenrecht zentral. Kritisch wird manchmal angemerkt, dass die Eintragungslastigkeit im Grundbuch- und Registerwesen den Erwerb und die Übertragung von Rechten bürokratisch gestaltet. Zugleich dient die Buchversitzung der Rechtssicherheit und dem Verkehrsschutz.

Literaturhinweise und weiterführende Links

  • Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, aktuelle Auflagen, Stichwort „Besitz“, „Buchbesitz“
  • Münchener Kommentar zum BGB, aktuelle Auflagen, §§ 873 ff. BGB
  • BeckOK BGB, laufend aktualisiert, Kommentierung zu § 872 BGB

Hinweis: Die Buchversitzung ist ein komplexer, registerbasierter Besitzbegriff im deutschen Recht, dessen Kenntnis insbesondere für Grundstücksgeschäfte, die Bestellung und Übertragung von grundstücksgleichen Rechten sowie für den Rechtsschutz im Zusammenhang mit öffentlichen Registern unerlässlich ist.

Häufig gestellte Fragen

Wer gilt rechtlich als Besitzer eines Buches?

Im rechtlichen Sinne bezeichnet der Besitz die tatsächliche Gewalt über eine Sache, im Falle eines Buches also die Herrschaft über dieses physische Objekt. Nach § 854 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) wird der Besitz durch die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft über ein Buch erworben, unabhängig davon, ob der Besitzer auch Eigentümer ist. Die Unterscheidung zwischen Besitz und Eigentum ist dabei wesentlich: Während der Eigentümer die rechtliche Verfügung über das Buch hat, genügt beim Besitzer, dass er das Buch tatsächlich innehat. Dabei ist es unerheblich, ob dies dauerhaft oder nur vorübergehend (z.B. beim Verleih) geschieht. Auch ein Mieter, Entleiher oder Finder eines Buches wird rechtlich als (unmittelbarer) Besitzer angesehen. Im Falle der gemeinsamen Benutzung eines Buches durch mehrere Personen (z.B. WG-Mitbewohner) kann ein Mitbesitz vorliegen, der – je nach Fallgestaltung – zu einer gesamthänderischen oder anteiligen Ausübung führt.

Welche Rechte und Pflichten hat der Buchbesitzer gegenüber dem Eigentümer?

Der Buchbesitzer ist verpflichtet, das Buch ordnungsgemäß zu behandeln und darf keine unbefugten Veränderungen vornehmen oder es ohne Zustimmung des Eigentümers an Dritte weitergeben, siehe beispielsweise § 603 BGB bei der Leihe. Der Besitzer hat das Recht auf Besitzschutz (§ 859 BGB) und kann sich gegen Besitzstörungen wehren – allerdings immer im Rahmen seiner Besitzposition. Gegebenenfalls hat er eine Rückgabepflicht, wenn das Besitzverhältnis endet (z.B. nach dem Ablauf einer Leihfrist). Wird ein Buch beschädigt oder geht es abhanden, ist der Besitzer ggf. zum Schadenersatz verpflichtet, sofern ihn ein Verschulden trifft (§§ 280, 281 BGB). Bei rechtmäßigem Besitz ist der Besitzer durch bestimmte Vorschriften geschützt (z.B. durch das Recht auf Selbsthilfe gegen verbotene Eigenmacht), während dem Eigentümer weiterhin das Recht zur Herausgabe zusteht (§ 985 BGB).

Was geschieht bei Verlust oder Diebstahl des Buches aus rechtlicher Sicht?

Verliert der Besitzer ein Buch, bleibt das Eigentum beim Eigentümer, während der Besitz verloren geht. Wird das Buch gestohlen, verliert der Besitzer die tatsächliche Gewalt und der Dieb wird unmittelbarer, jedoch unrechtmäßiger Besitzer. Der rechtmäßige Besitzer hat in beiden Fällen einen Anspruch auf Herausgabe gegenüber demjenigen, der das Buch besitzt, sofern Letzterer kein „gutgläubiger Erwerber“ gemäß § 932 BGB ist – wobei Bücher als bewegliche Sachen gelten und besondere Anforderungen wie der Ausschluss eines gutgläubigen Erwerbs bei Diebstahl, Verlust oder Abhandenkommen nach § 935 BGB bestehen. Daneben kann der Besitzer, je nach Vertragsverhältnis mit dem Eigentümer, nachweisen müssen, dass er den Verlust oder Diebstahl nicht verschuldet hat, um haftungsrechtliche Nachteile zu vermeiden.

Wie kann der rechtmäßige Besitz eines Buches nachgewiesen werden?

Der Nachweis des Besitzes erfolgt grundsätzlich durch das Innehaben bzw. durch den Besitzmittlungswillen nach außen (beispielsweise, wenn das Buch im eigenen Raum aufbewahrt oder aktiv genutzt wird). In Streitfällen sind ergänzend Belege wie Kaufquittungen, Leihvertrag, Schenkungsurkunde oder ein Übergabeprotokoll hilfreich, wenngleich im rein besitzrechtlichen Sinne auch die faktische Sachherrschaft zählt. In Fällen, in denen mehrere Personen Anspruch auf den Besitz erheben, liegt die Beweislast für die Besitzberechtigung zumeist beim Anspruchsteller. Wichtig ist, dass für die eigentumsrechtlichen Ansprüche wiederum der Nachweis des Eigentums zu führen ist, der regelmäßig schwerer wiegt als der bloße Besitz.

Welche rechtlichen Folgen hat ein unerlaubtes Zurückbehalten eines Buches?

Das unerlaubte Zurückbehalten eines Buches, etwa nach Ablauf des Leihzeitraums oder nach Aufforderung zur Rückgabe durch den Eigentümer, stellt eine Besitzstörung oder gar eine unbefugte Eigenmacht (§ 858 BGB) dar. In diesen Fällen hat der Eigentümer einen Herausgabeanspruch nach § 985 BGB gegen den unrechtmäßigen Besitzer. Zudem können Schadenersatzforderungen nach §§ 987 ff. BGB geltend gemacht werden, wenn das Buch zum Beispiel während des unerlaubten Besitzes beschädigt wird. Bei vorsätzlicher und unrechtmäßiger Vorenthaltung können unter Umständen auch strafrechtliche Konsequenzen in Gestalt einer Unterschlagung (§ 246 StGB) in Betracht kommen.

Kann der Besitz an einem Buch mittels Übergabe übertragen werden, und welche Formen gibt es?

Der Besitz an einem Buch kann grundsätzlich durch Übergabe im Sinne des § 929 BGB übertragen werden. Dies erfolgt entweder durch die „körperliche Übergabe“ des Buches oder durch ein „Besitzkonstitut“ (§ 930 BGB), wenn das Buch zwar im Besitz des bisherigen Besitzers verbleibt, aber aufgrund einer Vereinbarung im Auftrag eines neuen Besitzers aufbewahrt wird (z.B. Kommissionsgeschäft). Auch eine Übergabe durch Zeichen (§ 294 BGB), zum Beispiel durch Übergabe des Schlüssels zu einem Aufbewahrungsschrank, ist als Übergabe im rechtlichen Sinne anerkannt. Zudem gibt es die Möglichkeit der „Besitzanweisung“ (§ 931 BGB), etwa wenn ein Dritter als Mittelsmann fungiert. Wichtig ist, dass mit der Übergabe der neue Besitzer zwar Besitzrecht, nicht aber zwangsläufig Eigentum erlangt.

Inwieweit haftet der Buchbesitzer bei Beschädigung oder Verlust eines Buches?

Die Haftung des Besitzers richtet sich nach dem jeweiligen Rechtsgrundverhältnis (z.B. Leihe, Miete, Verwahrung). Im Rahmen einer Leihe haftet der Besitzer gemäß § 604 BGB grundsätzlich für die pflegliche Behandlung des Buches und muss es nach Ende der Nutzung zurückgeben. Bei fahrlässiger oder vorsätzlicher Beschädigung oder Verlust besteht regelmäßig eine Schadensersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer (§ 280 BGB). Ist der Besitzer jedoch für den Untergang oder die Beschädigung des Buches nicht verantwortlich (höhere Gewalt, unverschuldeter Verlust), entfällt die Haftung in der Regel. Wichtig ist, dass die Beweislast für sein fehlendes Verschulden oft beim Besitzer liegt, es sei denn, das Gesetz sieht eine Beweislastumkehr vor (z.B. bei Miete oder Verwahrung). Jegliche anderslautenden Vereinbarungen zwischen Eigentümer und Besitzer finden nur im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen Anwendung.