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Bottom


Begriff und Einordnung: Bottom im rechtlichen Kontext

Der Begriff Bottom wird primär aus dem Englischen übernommen und findet insbesondere im Zusammenhang mit der Sexualität, hier schwerpunktmäßig im BDSM-Bereich, Anwendung. Rechtlich handelt es sich beim Begriff nicht um eine eigenständige Kategorie, sondern um eine Rollenbezeichnung, die verschiedene Ausgestaltungen von Einvernehmlichkeit, Verantwortungsübernahme und körperlicher Integrität in bestimmten zwischenmenschlichen Interaktionen beschreibt. Im Mittelpunkt steht dabei stets die Freiwilligkeit und die Rechtsposition der beteiligten Parteien.

Rechtlicher Rahmen im Zusammenhang mit Bottom

Die rechtliche Betrachtung von Bottom setzt an mehreren zentralen Aspekten an, welche überwiegend im Zivilrecht und Strafrecht verortet sind. Fragen zu Einwilligung, körperlicher Unversehrtheit und Grenzen der Verfügungsmacht über eigene Rechtsgüter stehen im Mittelpunkt.

Zivilrechtliche Aspekte

Einvernehmlichkeit und Vertragliches

Im Zivilrecht gilt der Grundsatz der Privatautonomie. Die Ausgestaltung von Beziehungen, die auf einem Bottom-Top-Verhältnis (Bottom: empfängt Handlungen, Top: führt Handlungen aus) beruhen, ist im Rahmen der Vertragsfreiheit möglich, soweit keine gesetzlichen Verbote oder Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) entgegenstehen. Explizite Verträge über die Bottom-Rolle-etwa sogenannte „BDSM-Verträge“-sind in der Regel rechtlich nicht einklagbar, da sie entweder gegen gute Sitten oder die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten verstoßen könnten. Maßgeblich bleibt, dass die Einwilligung freiwillig, informiert und während der gesamten Dauer widerruflich sein muss.

Allgemeines Persönlichkeitsrecht

Grundsätzlich ist das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz geschützt. Wer als Bottom auftritt, übt seine Rechte selbstbestimmt aus. Einschränkungen, wie das grundsätzliche Verbot von Selbstverletzungen zur Gefährdung besonders geschützter Rechtsgüter, sind dennoch zu beachten.

Strafrechtliche Aspekte

Körperverletzung und Einwilligung (§ 223 ff. StGB)

Die strafrechtliche Relevanz von Bottom ergibt sich insbesondere bei physischen oder psychischen Auswirkungen von Handlungen, die als Körperverletzung gewertet werden könnten. Nach deutschem Strafrecht sind Körperverletzungen grundsätzlich strafbar. Allerdings kann eine Einwilligung des Opfers (§ 228 StGB) eine Rechtfertigung darstellen, wenn die Handlung nicht gegen die guten Sitten verstößt.

Insbesondere beim Ausleben der Bottom-Rolle im BDSM-Kontext wird die Wirksamkeit der Einwilligung und die Frage, ob die Grenze zur Sittenwidrigkeit (§ 228 StGB) überschritten wird, entscheidend. Liegt keine wirksame Einwilligung mehr vor-z.B. wenn sie widerrufen wird oder aufgrund erheblicher Verletzungen-kann eine Strafbarkeit bestehen. Die Grenze zieht die Rechtsprechung bei der Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit; hier wird eine Einwilligung als unwirksam betrachtet.

Nötigung und sexuelle Selbstbestimmung

Es besteht stets das Risiko einer möglichen Strafbarkeit nach §§ 177 ff. StGB (Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung), wenn Zwang, Drohung oder fehlende Freiwilligkeit im Spiel ist. Bei der Bottom-Rolle ist hervorzuheben, dass eine sogenannte „konkludente“ Einwilligung nur dann angenommen werden darf, wenn sie ausdrücklich und eindeutig vorliegt und während jeder Handlung aufrechterhalten bleibt.

Schutzmechanismen und Prozessuale Standards

Dokumentation und Beweislast

In der Praxis empfiehlt sich eine umfassende vorherige Kommunikation und ggf. eine dokumentierte Absprache über Tabus, sogenannte „Safewords“ oder vereinbarte Grenzen. Rechtlich kann eine entsprechende Beweislage im Streitfall relevant sein, insbesondere zur Wahrung der Rechte des Bottoms, der auch nachträglich eine Handlung als rechtswidrig einstufen lassen kann, sollte die Einwilligung erkennbar gefehlt haben.

Strafverfolgung und Ermittlungsverfahren

Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist die individuelle Wahrnehmung des Bottoms zentral. Aussagen der Beteiligten und mögliche Beweise über Absprachen und gegenseitiges Einverständnis werden herangezogen, um eine realistische Einschätzung über das Vorliegen einer Straftat zu erhalten. Im Zweifel wird stets zugunsten des Schutzes der körperlichen und sexuellen Selbstbestimmung entschieden.

Internationale und vergleichende Rechtslage

In anderen Staaten, beispielsweise den USA, ist die Einwilligungsfähigkeit bei sogenannten „consensual non-consent“-Praktiken oder dem Bottoming ähnlich zu beurteilen, jedoch mit abweichenden gesetzlichen Grundlagen oder kulturellen Wertungen. Die Rechtsprechung sieht vor allem dann Grenzen der Rechtfertigung, wenn erhebliche Verletzungsrisiken bestehen oder potenziell die Menschenwürde des Einzelnen verletzt wird.

Grenzen und Missbrauchspotential

Das Auftreten als Bottom kann auch zum Nachteil der betreffenden Person missbraucht werden. Insbesondere in Beziehungen mit Machtungleichgewicht oder in Fällen fehlender oder erzwungener Einwilligung können zivilrechtliche und strafrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden. Der Schutz der körperlichen Unversehrtheit und das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung stehen immer im Vordergrund.

Fazit

Der Begriff Bottom beschreibt eine von mehreren möglichen einvernehmlichen Rollen im Rahmen bestimmter sexueller Praktiken. Die rechtliche Betrachtung fokussiert sich auf die Einwilligungsfähigkeit, die Abgrenzung zur strafbaren Handlung und den aktiven Schutz der Beteiligten. Die Einwilligung kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Rechtfertigung für Handlungen bieten, welche ansonsten strafbar oder zivilrechtlich angreifbar wären. Wesentliches Element bildet die jederzeitige Widerrufbarkeit und die Grenzen durch Sittenwidrigkeit oder erhebliche Gefährdungen. Rechtssicherheit kann erst durch umfassende Kommunikation, transparente Absprachen sowie konsequente Beachtung gesetzlicher Vorgaben erreicht werden.

Häufig gestellte Fragen

Ist die Rolle als Bottom in einer BDSM-Konstellation rechtlich zulässig?

Die Rolle des Bottoms in einer BDSM-Konstellation ist grundsätzlich rechtlich zulässig, solange sämtliche Handlungen einvernehmlich erfolgen und die Grenzen durch die beteiligten Personen aktiv gesetzt und respektiert werden. Zentral für die rechtliche Bewertung ist das Prinzip der Einwilligung nach § 228 StGB (Strafgesetzbuch), das grundsätzlich Körperverletzungen bei „einvernehmlichem Handeln“ straffrei stellen kann. Allerdings gibt es Einschränkungen: So darf die Einwilligung nicht sittenwidrig sein, d.h., die Handlung darf nicht das Maß dessen überschreiten, was nach gesellschaftlichen Wertmaßstäben noch als zulässig gilt. Eine Sittenwidrigkeit könnte insbesondere bei schweren oder lebensgefährlichen Verletzungen angenommen werden. Die dokumentierte, informierte und fortwährende Einwilligung des Bottoms ist im Streitfall ein zentrales Beweismittel. Gerade bei psychischen Einschränkungen oder Rauschzustand des Bottoms kann eine Einwilligung rechtlich nicht wirksam sein. Bestehen Zweifel an der Freiwilligkeit, Geschäftsfähigkeit oder geistigen Zurechnungsfähigkeit, kann auch bei einvernehmlichen Handlungen der Straftatbestand der Körperverletzung oder sexuelle Nötigung erfüllt sein.

Welche rechtlichen Risiken bestehen für einen Bottom bei gesundheitlichen Schäden?

Bottoms tragen – trotz Einwilligung – ein gewisses Eigenrisiko für gesundheitliche Schäden. Im Falle von Verletzungen kann zivilrechtlich ein Anspruch auf Schadenersatz entstehen, wenn die Einwilligung nicht ordnungsgemäß erfolgt oder über das vereinbarte Maß hinausgegangen wurde. Strafrechtlich ist der Einwilligungsvorbehalt nicht unbegrenzt: etwa bei schwerer Körperverletzung oder Lebensgefahr. Der Bottom kann im Nachhinein auch erklären, dass seine Einwilligung unwirksam war, etwa durch Täuschung, Drohung oder mangelnde Aufklärung über die Risiken. In solchen Fällen können sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Schritte, etwa Schmerzensgeldforderungen, eingeleitet werden. Sorgfaltspflichten und klare Kommunikation sind rechtlich essenziell.

Wie ist der Schutz der Privatsphäre eines Bottoms gesetzlich geregelt?

Die Wahrung der Privatsphäre ist insbesondere durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (Menschenwürde) geschützt. Jegliche Veröffentlichung von Fotos, Videos oder persönlichen Details über die Rolle als Bottom bedarf der expliziten Zustimmung der betroffenen Person. Eine Verletzung dieser Rechte, etwa durch Veröffentlichung ohne Einwilligung oder Weitergabe sensibler Daten an Dritte, kann gravierende zivil- und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, einschließlich Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen sowie strafrechtlichen Maßnahmen nach §§ 201a, 203 oder 185 StGB. Besonders im Kontext der DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) spielen Datenschutz und der Umgang mit persönlichen Daten eine zentrale Rolle.

Kann ein Bottom während einer Session seine Einwilligung rechtlich widerrufen?

Ja, ein Bottom kann seine (auch schriftliche, explizite) Einwilligung jederzeit und ohne Angabe von Gründen widerrufen. Der Widerruf der Einwilligung macht weitere Handlungen, wie sie in einer BDSM-Session üblich sind, ab dem erklärten Zeitpunkt gemäß § 223 StGB strafbar. Selbst wenn eine konkrete Handlung vorher vereinbart wurde, entfällt mit dem Widerruf jede Straffreiheit für den aktiveren Part (Top oder Dominanten im engeren Sinne), sobald diese Handlung fortgesetzt wird. Der Widerruf kann explizit („Stopp“, „Nein“) oder implizit durch Gestik oder emotionales Ausdrucksverhalten erfolgen. Ein Missachten des Widerrufs stellt eine (ggf. auch sexuelle) Nötigung oder Körperverletzung dar.

Welche Bedeutung haben schriftliche Vereinbarungen (z.B. „Slave Contracts“) für den Bottom aus juristischer Sicht?

Schriftliche Vereinbarungen, oft „Slave Contracts“, sind aus rechtlicher Sicht grundsätzlich unverbindlich und entfalten keine Bindungswirkung, da sie häufig sittenwidrige, gegen die persönliche Freiheit gerichtete Inhalte enthalten (§ 138 BGB – Sittenwidrigkeit). Solche Verträge können keinen Zwang zur Ausführung der vereinbarten Handlungen begründen. Sie dienen jedoch als Indiz für den im Vorfeld geführten Konsens und können im Einzelfall als Beweismittel zur Klarstellung des Einvernehmens herangezogen werden. Sie ersetzen nicht die jederzeit erforderliche Freiwilligkeit und Widerrufsmöglichkeit des Bottoms. Sollte eine Partei gegen den Willen des anderen handeln, bleibt dies trotz Vertragserläuterung strafbar.

Muss ein Bottom für Folge- oder Langzeitfolgen haften?

Im Falle von Folge- oder Langzeitfolgen, die durch konsensuelle Handlungen entstehen und im Rahmen einer wirksamen Einwilligung des Bottoms vorgenommen wurden, ist eine Haftung des Bottoms für die eigenen Schäden zivilrechtlich in der Regel ausgeschlossen, solange keine grobe Fahrlässigkeit oder Sorgfaltspflichtverletzung durch den Top vorliegt. Sollte die Einwilligung hingegen unwirksam gewesen sein (z.B. durch Täuschung, Nichtaufklärung über Risiken oder Sittenwidrigkeit), besteht unter Umständen ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Top. Die Abgrenzung ist jedoch stets einzelfallbezogen. Bei unvorhersehbaren medizinischen Komplikationen kann die rechtliche Bewertung komplex werden; hier können sowohl vertragliche als auch deliktische Haftungsansprüche eine Rolle spielen.

Gibt es besondere Schutzvorschriften für Minderjährige in der Rolle des Bottom?

Ja, besonders strenge Schutzvorschriften gelten für Minderjährige. Nach deutschem Recht (§ 176 ff. StGB), aber auch nach international üblichen Schutzgesetzen, sind sexuelle Handlungen mit Minderjährigen generell verboten und nicht durch Einwilligung legitimierbar. Auch das Einverständnis der Person unter 18 Jahren kann strafrechtlich nicht wirksam sein. Bereits das Anbahnen, Vorbereiten oder das Bestimmen eines Minderjährigen zum Bottom in BDSM-Kontexten kann strafbar sein. Gleiches gilt für die Herstellung und Verbreitung von Bildern oder Videos, die Minderjährige in sexuellen Handlungen zeigen (§§ 184b, 184c StGB). Erwähnte Verträge oder Absprachen sind in diesen Fällen nichtig und können eine Strafbarkeit begründen.