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bona fide


Begriff und rechtliche Bedeutung von „bona fide“

Definition und Ursprung

„Bona fide“ ist ein lateinischer Begriff, der wörtlich mit „in gutem Glauben“ oder „guten Glaubens“ übersetzt werden kann. Im rechtlichen Kontext beschreibt „bona fide“ eine innere Einstellung der Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit sowie das Fehlen von Arglist oder Täuschungsabsicht. Der Ausdruck wird sowohl im Zivilrecht als auch im Straf- und Verwaltungsrecht verwendet. Sein Gegenbegriff ist „mala fide“, was „bösen Glaubens“, also mit unlauterer Absicht, bedeutet.

Anwendungsgebiete im Recht

Zivilrecht

Im Zivilrecht spielt der Grundsatz von „bona fide“ eine zentrale Rolle, insbesondere im Sachenrecht und Vertragsrecht. Eine Person handelt dann „bona fide“, wenn sie bei einer Rechtsgeschäftsvornahme weder Täuschung noch Arglist erkennt oder erkennen muss.

  • Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten (§ 932 BGB): Nach deutschem Recht ist der gutgläubige Erwerb von beweglichen Sachen möglich, wenn der Erwerber beim Kauf nicht wusste und auch nicht wissen musste, dass der Veräußerer nicht Eigentümer der Sache war. Voraussetzung für den Schutz des Erwerbers ist sein guter Glaube an das Eigentum des Veräußerers.
  • Schuldrechtlicher Vertragsschluss: Auch bei Vertragsschlüssen ist Treu und Glauben zentral (siehe § 242 BGB, though not called „bona fide“ im Gesetzeswortlaut, aber thematisch verwandt).

Sachenrecht

Im Sachenrecht wird „bona fide“ häufig verwendet, um das Vertrauen in den Rechtsschein zu schützen. Insbesondere gewährleistet der gutgläubige Erwerb von Eigentum oder beschränkt dinglichen Rechten durch einen gutgläubigen Erwerber Rechtssicherheit im Geschäftsverkehr.

  • Beispiel: Grundbuchrecht (§ 892 BGB): Im deutschen Grundbuchrecht spricht man vom „öffentlichen Glauben des Grundbuchs“. Erwerber dürfen auf die Richtigkeit des Grundbuchs vertrauen, solange kein Widerspruch eingetragen ist und sie keinen begründeten Verdacht haben, dass das Grundbuch unrichtig ist.

Handelsrecht

Im Handelsrecht kann „bona fide“ Bedeutung erlangen, wenn Geschäftsabschlüsse unter Vertrauensschutz fallen. Hier wird häufig darauf abgestellt, ob ein Vertragspartner redlich gehandelt hat und ob auf bestehende Registereintragungen vertraut werden darf.

Internationale Bedeutung

Common Law

Im anglo-amerikanischen Rechtsraum ist „bona fide“ ein fest etablierter Begriff mit bedeutender Funktion, etwa bei:

  • Good Faith Purchase: Im Common Law kann eine Person als „bona fide purchaser“ für einen Vermögenswert angesehen werden, wenn sie diesen im guten Glauben und ohne Kenntnis etwaiger Ansprüche Dritter erwirbt.
  • Vertragserfüllung: Die Pflicht zur Vertragserfüllung „in good faith“ („bona fide obligation“), insbesondere im US-amerikanischen Uniform Commercial Code (UCC), verpflichtet die Parteien zu redlicher und loyaler Vertragstreue.

Internationales Privatrecht

Im internationalen Warenhandel oder Schiedsverfahren wird „bona fide“ regelmäßig bei der Auslegung internationalen Vertragsrechts berücksichtigt. Die UNIDROIT Principles und das UN-Kaufrecht (CISG) enthalten zahlreiche Regelungen zur Einhaltung von „good faith and fair dealing“.

Grenzen und Nachweis des guten Glaubens

Voraussetzungen des guten Glaubens

Voraussetzung für bona fide ist regelmäßig, dass sich die betreffende Person im Rahmen der gebotenen Sorgfalt keine Kenntnis von Umständen verschafft, die ihre Redlichkeit infrage stellen könnten. Grobe Fahrlässigkeit oder bewusste Blindheit schließt den guten Glauben aus.

  • Objektive und subjektive Elemente: Einerseits erfordert bona fide eine subjektive Überzeugung; andererseits werden objektive Anforderungen (Sorgfalt bei der Recherche, Hinterfragen von Umständen) gestellt.
  • Beweislast: Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen guten Glaubens liegt regelmäßig bei derjenigen Person, die sich darauf beruft. Im Streitfall kann der Beweis – je nach Sach- und Rechtslage – schwierig sein.

Rechtsprechung und Praxis

In der Rechtsprechung wird „bona fide“ regelmäßig ausgelegt und konkretisiert. Die Gerichte prüfen, ob der Handelnde alle zumutbaren Prüfungen vorgenommen hat und ob Anhaltspunkte für einen bösen Glauben bestanden. Typischerweise wird im Zusammenhang mit § 932 BGB und dem Grundbuchrecht geprüft, ob ein Erwerber auf die Legitimation oder solchen Umstände vertraut hat, die gutgläubigen Erwerb rechtfertigen.

Unterschiede zu „Treu und Glauben“

Obwohl das deutsche Rechtsprinzip „Treu und Glauben“ (§ 242 BGB) und „bona fide“ inhaltlich verwandt sind, besteht ein Unterschied: Während „Treu und Glauben“ die gesamte Rechtsbeziehung zwischen Parteien bestimmt, bezieht sich „bona fide“ hauptsächlich auf das Verhalten zum Zeitpunkt einer Rechtshandlung oder -erwerbs.

Bedeutung im Strafrecht

Im Strafrecht kann „bona fide“ beispielsweise im Zusammenhang mit der subjektiven Tatseite Einfluss auf Schuldausschließungsgründe oder das Vorliegen eines Irrtums nehmen. War etwa ein Täter bei der Tatbegehung „in gutem Glauben“, kann die Schuldentlastung oder Straflosigkeit in Betracht kommen.

Zusammenfassung

„Bona fide“ ist ein facettenreicher Rechtsbegriff mit weitreichender Bedeutung in verschiedenen Rechtsgebieten. Er schützt das redliche Vertrauen und den gutgläubigen Erwerb im Rechtsverkehr und dient als vertrauensbildendes Element im Handel, bei Vertragsabschlüssen sowie im Sachenrecht. Durch die objektiven und subjektiven Voraussetzungen für den guten Glauben trägt „bona fide“ maßgeblich zur Rechtssicherheit und zum fairen Ausgleich widerstreitender Interessen im Rechtsverkehr bei.

Häufig gestellte Fragen

Wann findet der Begriff „bona fide“ im deutschen Recht Anwendung?

Im deutschen Recht wird der Begriff „bona fide“, der ursprünglich aus dem Lateinischen stammt und „in gutem Glauben“ bedeutet, insbesondere im Zusammenhang mit Rechtsgeschäften, Eigentumserwerb und der Gutgläubigkeit von Dritten verwendet. Beispielsweise spielt „bona fide“ eine zentrale Rolle beim gutgläubigen Erwerb (§ 932 BGB) beweglicher Sachen, wenn jemand eine Sache erwirbt, ohne zu wissen und ohne fahrlässig nicht zu wissen, dass der Veräußerer hierzu nicht berechtigt ist. Der Grundsatz des Handelns in gutem Glauben ist außerdem eine zentrale Säule im Vertragsrecht sowie im internationalen Privatrecht, etwa bei der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen. Im Gegensatz zum anglo-amerikanischen Recht, in dem „bona fide“ häufig weitergehende Bedeutung hat, ist die Anwendung im deutschen Recht jedoch explizit geregelt und knüpft an konkrete gesetzliche Bestimmungen an.

Wie wird der „gute Glaube“ beim Erwerb von Eigentum geprüft?

Die Prüfung des guten Glaubens („gutgläubiger Eigentumserwerb“) richtet sich primär nach § 932 BGB. Die Person handelt nur dann „bona fide“, wenn sie bei Erwerb der Sache weder Kenntnis von der fehlenden Berechtigung des Veräußerers hat, noch eine grob fahrlässige Unkenntnis vorliegt. Für die Beurteilung der Gutgläubigkeit sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt des Erwerbs. Der Erwerber muss etwaige Warnhinweise oder Verdachtsmomente sorgfältig prüfen und darf sich nicht blind auf die Angaben des Veräußerers verlassen. Kommen z.B. ungewöhnlich niedrige Kaufpreise, widersprüchliche Angaben oder fehlende Besitznachweise hinzu, kann die Gutgläubigkeit anzuzweifeln sein. Bei Immobilien findet der Begriff im Grundbuchrecht Anwendung (§ 892 BGB): Auch hier wird geprüft, ob der Erwerber bei Eintragung in das Grundbuch an die Richtigkeit der Eintragung glauben durfte.

Welche Bedeutung hat „bona fide“ im internationalen Handelsrecht?

Im internationalen Handelsrecht spielt das Prinzip der „bona fide“ eine bedeutende Rolle bei der Vertragserfüllung und den Verhandlungen zwischen Vertragsparteien. Insbesondere im UN-Kaufrecht (CISG) wird die Treuepflicht, also das Handeln in gutem Glauben, als allgemeiner Grundsatz vorausgesetzt (vgl. Art. 7 CISG). Dies bedeutet, dass Parteien in der Vorbereitung, Auslegung und Durchführung von Verträgen fair, loyal und ohne Täuschungsabsicht handeln sollen. In der Praxis wird „bona fide“ als Maßstab für redliches und vertrauenswürdiges Verhalten herangezogen, zum Beispiel beim Umgang mit Vertragsänderungen, bei der Offenlegungspflicht oder der Auslegung von Vertragsklauseln.

Welche rechtlichen Konsequenzen hat ein Verhalten „contra bona fide“?

Ein Verhalten „contra bona fide“, das heißt entgegen dem Gebot des guten Glaubens, kann schwerwiegende rechtliche Folgen nach sich ziehen. Im Zivilrecht kann dies beispielsweise zur Nichtigkeit von Rechtsgeschäften (§ 138 BGB – Sittenwidrigkeit) führen oder Ansprüche auf Schadensersatz (§ 826 BGB – sittenwidrige vorsätzliche Schädigung) oder Unterlassung begründen. Außerdem sind beispielsweise im Vertragsverhältnis besondere Treue- und Rücksichtnahmepflichten zu beachten (§ 242 BGB – Leistung nach Treu und Glauben). Verstößt eine Partei gegen diese Pflichten, drohen Rechtsnachteile wie der Verlust von Ansprüchen, die Verpflichtung zum Ersatz des entstandenen Schadens oder die Anfechtbarkeit von Verträgen. Auch im Unternehmens- und Arbeitsrecht wird ein Verstoß gegen die Grundsätze von „bona fide“ streng geahndet.

Inwiefern unterscheidet sich das Verständnis von „bona fide“ im deutschen und anglo-amerikanischen Recht?

Im deutschen Recht ist das Konzept von „bona fide“ stark normgebunden und in spezifische gesetzliche Regelungen, wie etwa §§ 932, 892 BGB und § 242 BGB, integriert. Es handelt sich zumeist um eine objektive Prüfung des Vorliegens von Gutgläubigkeit oder Treu und Glauben. Im anglo-amerikanischen Recht, vor allem im Common Law, hat „bona fide“ einen breiteren und weniger strikt definierten Anwendungsbereich. Hier kann es nicht nur an subjektives Wissen, sondern auch an das Verhalten und die ethische Einstellung der Parteien anknüpfen. Besonders im Vertragsrecht und bei der Beurteilung von Billigkeit („equity“) haben „good faith“-Erwägungen ein sehr großes Gewicht, was dazu führt, dass im englischsprachigen Raum oft weitergehende Pflichten und Verantwortlichkeiten aus dem Prinzip „bona fide“ erwachsen als im deutschen Recht.

Welche Rolle spielt „bona fide“ im Zusammenhang mit der Verjährung von Ansprüchen?

Im Rahmen von Verjährungsfragen kann „bona fide“ insoweit bedeutsam sein, als dass ein Rechtserwerb „in gutem Glauben“ auch Auswirkungen auf die Geltendmachung oder den Ausschluss von Ansprüchen haben kann. Ein typisches Beispiel ist der gutgläubige Erwerb einer beweglichen Sache: Das Eigentum kann trotz fehlender Berechtigung des Veräußerers erworben werden, solange der Erwerber gutgläubig ist. Wird nach Ablauf der Verjährung des Herausgabeanspruchs der ursprüngliche Eigentümer nicht mehr in der Lage, das Eigentum zurückzuverlangen, wird die „bona fide“-Stellung des Erwerbers durch die Rechtsordnung weiter geschützt. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Verjährung per se vom guten Glauben abhängt, sondern dieser ist meist eine Voraussetzung für den rechtmäßigen Erwerb bestimmter Rechte, insbesondere im Sachenrecht.