Blankowechsel – Begriff, rechtliche Grundlagen und Bedeutung im Wechselrecht
Der Blankowechsel ist eine besondere Form des Wechsels, bei welcher der Aussteller den Wechsel nicht vollständig ausgefüllt, sondern nur teilweise ausgefüllte oder gar eine leere Urkunde unterzeichnet, die zu einem späteren Zeitpunkt ergänzt werden kann. In der Praxis kommt dem Blankowechsel eine nicht zu unterschätzende Bedeutung im Handelsverkehr zu, da er Flexibilität hinsichtlich der Ausgestaltung bietet, jedoch gleichzeitig verschiedene rechtliche Risiken birgt. Der folgende Artikel behandelt die Begriffsbestimmung, die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die einzelnen Aspekte des Blankowechsels im deutschen und internationalen Wechselrecht.
Definition und rechtliche Einordnung
Der Blankowechsel ist eine urkundliche Wechselverpflichtung, bei der wesentliche Bestandteile der Urkunde, wie beispielsweise der Zahlungsbetrag, das Fälligkeitsdatum oder der Zahlungsort, zunächst offen gelassen und erst später nachträglich ergänzt werden (vgl. Art. 10 Wechselgesetz – WG). Dabei unterzeichnet der Aussteller den Wechsel in dem Bewusstsein, dass der Wechsel erst mit dem Eintrag der noch fehlenden Angaben zur vollständigen und wirksamen Wechselurkunde wird. Die Ergänzung erfolgt in der Regel auf Grundlage einer zwischen Aussteller und Inhaber des Wechsels getroffenen Vereinbarung, der sogenannten Blankettermächtigung.
Bestandteile eines Wechsels und Auswirkungen auf den Blankowechsel
Gemäß Art. 1 WG muss ein Wechsel bestimmte Mindestangaben enthalten, um gültig zu sein. Diese umfassen insbesondere die Bezeichnung als Wechsel, die unbedingte Anweisung, eine bestimmte Geldsumme zu zahlen, Name des Bezogenen, Angabe der Fälligkeit, Zahlungsort, Name des Zahlungsempfängers, Ausstellungsort sowie Ausstellungsdatum und die Unterschrift des Ausstellers. Ein Blankowechsel liegt vor, wenn ein oder mehrere dieser Angaben bei Ausstellung fehlen, aber die Unterschrift dennoch geleistet wurde.
Die spätere Ergänzung des Wechsels ist möglich, sofern eine entsprechende Blankettermächtigung vorliegt. Im Fehlen einer solchen ausdrücklichen oder konkludenten Ermächtigung kann die Auffüllung problematisch und möglicherweise rechtswidrig sein.
Blankettermächtigung
Begriff und Funktion
Die Blankettermächtigung stellt die rechtliche Grundlage für das Ergänzen eines Blankowechsels dar. Sie ist in der Regel Teil eines schuldrechtlichen Grundverhältnisses (z. B. Darlehensvertrag, Kaufvertrag oder Kreditrahmenvereinbarung) zwischen Wechselaussteller und Wechselnehmer. Aus der Blankettermächtigung ergibt sich, wer die offenen Felder wie Betrag, Fälligkeit oder Zahlungsort in welcher Weise und mit welchem Inhalt ausfüllen darf.
Umfang und Nachweis
Der Umfang der Blankettermächtigung kann individuell ausgestaltet werden und bestimmt, welche Eintragungen im Nachhinein legitim sind. Fehlt eine solche Ermächtigung oder wird sie überschritten, kann dies je nach Einzelfall zur Unwirksamkeit des ausgefüllten Wechsels gegenüber dem ursprünglichen Aussteller führen. Der Nachweis der Blankettermächtigung sowie deren Umfang obliegt im Streitfall demjenigen, der sich auf die Wirksamkeit des ausgefüllten Wechsels beruft. Im Rechtsverkehr wird eine solche Vollmacht oftmals schriftlich fixiert, kann aber auch mündlich oder konkludent (stillschweigend) erteilt werden.
Rechte und Pflichten der Beteiligten
Aussteller
Der Aussteller eines Blankowechsels trägt das Risiko, dass der Wechsel nach seinen Vorstellungen und im Rahmen der erteilten Blankettermächtigung ausgefüllt wird. Überzieht der Wechselnehmer jedoch die erteilte Ermächtigung oder füllt den Wechsel entgegen den vereinbarten Bestimmungen aus, kann der Aussteller im Innenverhältnis Einwendungen geltend machen.
Inhaber im guten Glauben
Bei Blankowechseln ist insbesondere der Schutz des gutgläubigen Erwerbers zu beachten. Ein Dritter, welcher einen vollständig ausgefüllten Wechsel erwirbt, kann grundsätzlich davon ausgehen, dass dieser formell und materiell ordnungsgemäß ausgefüllt wurde. Entsprechend regelt Art. 10 Abs. 2 WG den Schutz des redlichen Erwerbers: Der Erwerber, der nicht in bösem Glauben handelt, wird bei inhaltlicher Überschreitung der Blankettermächtigung geschützt, solange er den Wechsel rechtmäßig in Besitz nimmt.
Bezogener/Zahlungspflichtiger
Der Bezogene, der zur Zahlung des Wechsels aufgefordert wird, muss prüfen, ob die Formalien gewahrt sind. Im Zweifel trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf die behauptete Überschreitung der Blankettermächtigung.
Risiken und Missbrauchsmöglichkeiten
Mit dem Einsatz von Blankowechseln gehen relevante Risiken einher. Die häufigste Gefahrenquelle liegt im unbefugten, fehlerhaften oder missbräuchlichen Ausfüllen des Blankoformulars. Dies kann insbesondere dann problematisch werden, wenn der Wechsel in Umlauf gebracht wird und ein gutgläubiger Dritter Rechte daraus herleitet. Die Haftung kann nicht ohne Weiteres ausgeschlossen werden, insbesondere, wenn der Aussteller seine Blankosignatur leichtfertig ausgehändigt hat.
Blankowechsel im Insolvenzfall
Im Insolvenzverfahren kann dem Blankowechsel eine besondere Rolle zukommen, wenn er zum Nachweis einer Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet wird. Hierbei ist maßgeblich, in welchem Umfang die Forderung aus dem Grundverhältnis tatsächlich besteht und inwieweit der ausgefüllte Wechsel mit der Blankettermächtigung übereinstimmt.
Blankowechsel im internationalen Wechselrecht
Auch im internationalen Kontext ist der Umgang mit Blankowechseln durch die Genfer Wechselrechtskonvention und die darin umgesetzten nationalen Wechselgesetze grundsätzlich anerkannt. Die Frage der Blankettermächtigung, der Vollständigkeit und der Schutz des gutgläubigen Erwerbers werden nach ähnlichen Grundsätzen wie im deutschen Recht behandelt.
Praxisrelevanz und Tipps zum Umgang
Blankowechsel sind im internationalen Handelsverkehr, bei Kreditgeschäften und bei Lieferantenkrediten ein verbreitetes Mittel zur Flexibilisierung und Besicherung von Forderungen. Es empfiehlt sich jedoch, den Umfang der Blankettermächtigung präzise festzulegen und beweisbar zu dokumentieren, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. So sollte insbesondere darauf geachtet werden, dass alle eingeräumten Ausfüllbefugnisse detailliert und nachvollziehbar festgehalten werden.
Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Blankowechsel ein flexibles, aber risikobehaftetes Instrument des Wechselrechts darstellt. Die rechtliche Behandlung erfordert eine präzise Kenntnis der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften, besonders im Hinblick auf die Blankettermächtigung und den Schutz des gutgläubigen Erwerbers. Da Blankowechsel sowohl praktische Vorteile als auch erhebliche Missbrauchsgefahren bieten, ist größte Sorgfalt bei der Erteilung und Dokumentation der Ausfüllbefugnis geboten. Im Streitfall sind die Gerichte gehalten, die Interessen der Beteiligten unter Beachtung des Wechselgesetzes und der vertraglichen Vereinbarungen zu berücksichtigen.
Häufig gestellte Fragen
Welche Formerfordernisse sind beim Blankowechsel gesetzlich vorgeschrieben?
Für den Blankowechsel gelten gemäß Artikel 75 des Wechselgesetzes (WG) spezielle Formerfordernisse. Ein Blankowechsel ist grundsätzlich ein Wechsel, bei dem eine oder mehrere gesetzlich vorgeschriebene Angaben – insbesondere der Name des Begünstigten – im Zeitpunkt der Ausstellung noch nicht eingetragen, das Papier aber bereits unterschrieben ist. Der Aussteller unterschreibt in der Regel auf der Vorderseite des Wechsels und überlässt dem Inhaber die Vervollständigung der fehlenden Angaben. Zwingende Bestandteile, wie die unbedingte Anweisung zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme, müssen jedoch bereits enthalten sein. Fehlt ein wesentliches Element (z.B. der Zahlungstag), kann dies aber nachträglich ergänzt werden, solange der Wechsel im Umlauf ist. Die Blankoausfüllung ist rechtlich nur zulässig, wenn der Aussteller dies ausdrücklich oder stillschweigend gestattet hat. Die Missachtung von Formvorschriften, wie das Fehlen der Unterschrift des Ausstellers, kann zur Nichtigkeit des Wechsels führen. Die Ermächtigung zur Ausfüllung ist allein durch die entsprechende übereignete Position (meist Indossament) nachweisbar.
Welche rechtlichen Risiken bestehen für den Aussteller eines Blankowechels?
Der Aussteller eines Blankowechels setzt sich erheblichen rechtlichen Risiken aus. Da das Wechselgesetz dem Inhaber gestattet, die fehlenden Angaben nach eigenem Ermessen zu ergänzen (Art. 12 WG), kann der Wechsel auf einen beliebigen Namen, Betrag oder Zeitpunkt ausgestellt werden, solange keine schriftlichen Ausfüllungsanweisungen vorliegen. Im Rechtssinn gilt der ausgefüllte Wechsel als gültig (auch „volles Ausfüllungsrecht“), sobald er im Umlauf ist. Der Aussteller haftet grundsätzlich für die korrekte Zahlung des auf dem Wechsel nachträglich eingetragenen Betrags, auch wenn dieser höher als beabsichtigt oder an einen anderen Empfänger gerichtet ist. Kann der Aussteller nicht beweisen, dass die Ausfüllung gegen Weisungen oder ohne seine Zustimmung erfolgte, besteht nach § 17 WG nur begrenzter Schutz. Insbesondere gegenüber einem gutgläubigen Dritten ist der Einwand des Ausstellers, der Wechsel wurde falsch ausgefüllt, ausgeschlossen.
Wie kann sich der Aussteller gegen missbräuchliches Ausfüllen eines Blankowechsels schützen?
Der beste Schutz besteht für den Aussteller darin, die Ausfüllung des Blankowechels klar zu regeln und schriftlich festzuhalten. Die sogenannten Ausfüllungsabreden, oft in einem gesonderten Vertrag festgehalten, legen genau fest, in welcher Weise und zu welchem Zweck der Empfänger die offenen Felder ausfüllen darf. Beispielweise kann vereinbart werden, welcher Betrag einzusetzen ist oder wer als Begünstigter genannt werden soll. Im Streitfall muss der Aussteller jedoch das Vorliegen und den Inhalt dieser Ausfüllungsabrede beweisen. Gegenüber gutgläubigen Dritten (z.B. wenn der Wechsel weitergegeben wurde) reicht jedoch auch eine Ausfüllungsabrede nur eingeschränkt. Daher sollte der Kreis der berechtigten Empfänger möglichst eng begrenzt werden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Blankowechsel nicht aus der Hand zu geben oder durch spezielle Sicherungsmaßnahmen wie Wertpapierkontrollen das Risiko des Missbrauchs zu minimieren.
Unter welchen Voraussetzungen kann der Wechselinhaber den Blankowechsel ausfüllen?
Nach Artikel 12 WG ist jeder berechtigte Inhaber eines Blankowechels grundsätzlich zur Ausfüllung befugt, sofern ihm diese Möglichkeit ausdrücklich oder stillschweigend vom Aussteller eingeräumt wurde. Die gesetzlichen Vorschriften sehen vor, dass der Aussteller entweder durch Indossament, Übergabe oder eine andere Form der Übertragung dem Inhaber die Ausfüllung ermächtigt. Eine Einschränkung folgt nur, wenn für die Vervollständigung konkrete Weisungen erteilt wurden oder sich der Zweck der Ausfüllung aus den Umständen ergibt. Missachtet der Inhaber diese Weisungen, wird der Wechsel im Verhältnis zum Aussteller zwar nicht automatisch nichtig, jedoch kann der Aussteller Einreden gegen den unmittelbaren Empfänger geltend machen. Gegenüber Dritten, vor allem „gutgläubigen Erwerbern“, sind die Einwendungen jedoch weitgehend ausgeschlossen.
Welche Anspruchsmöglichkeiten hat der gutgläubige Erwerber eines Blankowechels?
Der gutgläubige Erwerber eines Blankowechels ist nach dem Wechselgesetz besonders geschützt. Handelt es sich um einen echten Blankowechsel – bei dem der Name des Begünstigten bzw. andere Angaben vom Aussteller bewusst offen gelassen wurden – kann jeder Besitzende, der den Wechsel in gutem Glauben und ohne Kenntnis eines unzulässigen Ausfüllens erwirbt, sämtliche im Wechsel zugesicherten Rechte geltend machen. Der Aussteller haftet – unabhängig von etwaigen Abreden oder der Berechtigung zur Ausfüllung – gegenüber dem Wechselinhaber wie bei einem vollständig ausgefüllten Wechsel. Einwendungen des Ausstellers bezüglich einer Überschreitung von Weisungen sind dem gutgläubigen Dritterwerber gegenüber in der Regel unwirksam. Dies fördert den Verkehrsschutz und die Umlauffähigkeit des Wechsels.
Wann verjährt der Anspruch aus einem Blankowechsel?
Die Verjährungsfristen für Ansprüche aus einem (ausgefüllten) Blankowechsel richten sich nach den allgemeinen Vorschriften des Wechselgesetzes. Zahlungsansprüche gegen den Hauptverpflichteten (Akzeptanten) verjähren nach drei Jahren ab dem Tage der Fälligkeit des Wechsels (Art. 70 WG). Ansprüche gegen Indossanten und weitere Wechselbeteiligte verjähren nach einem Jahr ab dem Tag, an dem ein ordnungsgemäßer Protest erhoben oder der Wechsel nicht eingelöst wurde. Für Rückgriffsansprüche sieht das Gesetz zudem Sonderfristen vor. Die Frist beginnt jedoch erst zu laufen, wenn der Wechsel vollständig – und verkehrsüblich – ausgefüllt ist. Ein nicht ausgefüllter Blankowechsel löst daher noch keine Frist aus.
Welche besonderen Beweislastregeln gelten beim Blankowechsel?
Beim Blankowechsel trifft die Beweislast im Streitfall im Wesentlichen den Aussteller. Er muss nachweisen, dass der Inhaber den Wechsel entgegen einer bestehenden Ausfüllungsanweisung ausgefüllt hat oder dass der Empfänger zur Ausfüllung gar nicht berechtigt war. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn der Aussteller sich gegenüber dem unmittelbaren Empfänger auf die Unwirksamkeit des Wechsels oder einen bestimmten Ausfüllungszweck berufen möchte. Kommt der Wechsel in den Besitz eines gutgläubigen Dritten, ist dieser Einwand – wie oben erwähnt – allerdings weitgehend ausgeschlossen. Der Inhaber wiederum ist berechtigt, eigene Ansprüche allein auf die formgerechte Ausfüllung und Unterschrift des Wechsels zu stützen.