Begriff und Grundlagen der Beschäftigungslosigkeit
Beschäftigungslosigkeit ist ein zentraler Begriff im Sozial- und Arbeitsrecht, der insbesondere im Zusammenhang mit dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) eine bedeutende Rolle spielt. Beschäftigungslosigkeit beschreibt den Zustand, in dem eine Person keiner sozialversicherungspflichtigen oder nichtselbständigen Tätigkeit nachgeht, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht und bereit ist, eine zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Die Definition und die rechtlichen Konsequenzen von Beschäftigungslosigkeit sind maßgeblich für den Anspruch auf Leistungen der Arbeitsförderung, insbesondere Arbeitslosengeld.
Definition nach dem Sozialgesetzbuch (SGB)
Im SGB III ist der Begriff Beschäftigungslosigkeit im Zusammenhang mit dem Status der „Arbeitslosigkeit“ relevant. Gemäß § 138 Absatz 1 SGB III ist eine Person beschäftigtigungslos, wenn sie
- nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht,
- eine versicherungspflichtige, nette oder selbständige Tätigkeit nicht ausübt und
- verfügbar ist, d.h. sie dem Arbeitsmarkt zur Vermittlung von Beschäftigungen zur Verfügung steht.
Eine Beschäftigung kann sowohl auf abhängiger (Arbeitnehmer) als auch selbständiger Basis erfolgen. Die Aufgabe oder das Fehlen eines solchen Beschäftigungsverhältnisses ist das konstituierende Element der Beschäftigungslosigkeit.
Abgrenzung zu verwandten Begriffen
Beschäftigungslosigkeit, Arbeitslosigkeit und Erwerbslosigkeit werden im allgemeinen Sprachgebrauch häufig synonym verwendet, besitzen jedoch im arbeits- und sozialrechtlichen Kontext spezifische Bedeutungen. Während die Beschäftigungslosigkeit sich darauf bezieht, dass keine Beschäftigung ausgeübt wird, erweitert die Arbeitslosigkeit diesen Begriff um die Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt sowie darum, aktiv eine Beschäftigung zu suchen. Erwerbslosigkeit wiederum bezeichnet Personen im erwerbsfähigen Alter, die keine Erwerbsarbeit ausüben, unabhängig von arbeitsrechtlichen Definitionen.
Rechtliche Aspekte der Beschäftigungslosigkeit
Feststellung der Beschäftigungslosigkeit
Die Beschäftigungslosigkeit wird von der zuständigen Agentur für Arbeit festgestellt. Maßgeblich sind dabei die tatsächlichen Lebensverhältnisse, nicht allein die formale Beendigung eines Arbeitsvertrages. Von Bedeutung ist beispielsweise, ob eine geringfügige Beschäftigung („Minijob“) vorliegt oder eine selbständige Tätigkeit einen so geringen Umfang aufweist, dass die Person nach dem SGB III weiterhin als beschäftigungslos gilt.
Beschäftigungslose unter besonderen Umständen
Beschäftigungslosigkeit liegt auch vor, wenn die betroffene Person sich in einer arbeitsrechtlichen Freistellung befindet, etwa im Falle einer Kündigungsschutzklage oder einer einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses. Zeiträume, in denen eine Person noch Anspruch auf Entgeltfortzahlung ohne tatsächliche Tätigkeit hat, können ebenfalls zur Beschäftigungslosigkeit führen, wenn objektiv keine Beschäftigungspflicht mehr besteht.
Relevanz für Ansprüche auf Sozialleistungen
Die rechtlich festgestellte Beschäftigungslosigkeit ist eine zentrale Anspruchsvoraussetzung für folgende Leistungen:
- Arbeitslosengeld I (§§ 136 ff. SGB III): Anspruch besteht nur bei Eintritt der Beschäftigungslosigkeit, Verfügbarkeit und Meldung bei der Agentur für Arbeit.
- Übergangsgeld und Kurzarbeitergeld: Der Begriff der Beschäftigungslosigkeit ist für die Zugangsvoraussetzungen zu weiteren Leistungen relevant, insbesondere bei Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung oder Umschulung.
- Arbeitslosengeld II (umgangssprachlich Hartz IV): Im SGB II wird der Begriff „erwerbsfähig“ verwendet, jedoch ist auch hier Beschäftigungslosigkeit Voraussetzung, um Hilfebedürftigkeit zu begründen.
Pflichten beschäftigungsloser Personen
Beschäftigungslose Personen unterliegen bestimmten Mitwirkungs- und Meldepflichten. Sie müssen der Agentur für Arbeit jede Veränderung ihrer Beschäftigungssituation mitteilen und sich aktiv um neue Beschäftigung bemühen. Verstöße gegen diese Pflichten (z. B. verspätete Meldung, Arbeitsablehnung) können zu sozialrechtlichen Sanktionen führen, etwa zur Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld.
Sonderregelungen für Teilbeschäftigte
Beschäftigungslosigkeit ist auch dann möglich, wenn eine Person eine Tätigkeit mit so geringem Umfang ausübt, dass sie als „versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung“ eingestuft wird. In solchen Fällen kann eine gleichzeitige Anerkennung als beschäftigungslos vorliegen, wenn die betroffene Person im Übrigen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht.
Beschäftigungslosigkeit und arbeitsrechtliche Kontexte
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Die häufigste Ursache für Beschäftigungslosigkeit ist die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Kündigung, Ablauf eines befristeten Arbeitsvertrages oder durch Aufhebungsvertrag. Bei Beendigungen aus eigenem Antrieb (Eigenkündigung) kann eine Sperrzeit im Arbeitslosengeld eintreten, sofern kein wichtiger Grund vorliegt.
Ruhens- und Sperrzeiten
Unter bestimmten Voraussetzungen ruhen Ansprüche auf Sozialleistungen, obwohl formal Beschäftigungslosigkeit vorliegt. Dies betrifft zum Beispiel den Bezug einer Abfindung oder Übergangsgeld, bei deren Zahlung zunächst eine Karenzzeit vergehen muss, bevor die Leistungen aufgenommen werden. In diesen Zeiten besteht Beschäftigungslosigkeit rechtlich fort, die Leistungsgewährung ist jedoch ausgesetzt.
Beschäftigungslosigkeit bei Kurzarbeit und Insolvenzgeld
Während Kurzarbeit und Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers gelten besondere Regelungen. Kurzarbeiterinnen und Kurzarbeiter bleiben im Beschäftigungsverhältnis, sind nicht als beschäftigungslos definiert. Beim Bezug von Insolvenzgeld kann Beschäftigungslosigkeit hingegen vorliegen, sofern das Arbeitsverhältnis beseitigt ist.
Beendigung der Beschäftigungslosigkeit
Beschäftigungslosigkeit endet, sobald eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen wird, die im Umfang mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeführt wird. Auch Selbständigentätigkeiten oder der Wechsel in eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit begründen das Ende der Beschäftigungslosigkeit. Eine nur kurzfristige Tätigkeit (unter einer Woche) kann unter bestimmten Voraussetzungen unberücksichtigt bleiben.
Rechtsprechung zur Beschäftigungslosigkeit
Die Definition, der Umfang und die Folgen von Beschäftigungslosigkeit wurden durch vielfache Gerichtsentscheidungen konkretisiert. Insbesondere das Bundessozialgericht hat klargestellt, dass Beschäftigungslosigkeit unabhängig von der Motivation des Arbeitnehmers oder von etwaigen Mitverschuldenstatbeständen bewertet werden muss. Auch sozialrechtliche Bewertungskriterien, wie das „Ruhen“ von Arbeitsverhältnissen, wurden höchstrichterlich ausgeformt.
Literaturhinweise und weiterführende Normen
Beschäftigungslosigkeit ist ein Begriff mit hoher Relevanz für die Arbeitsförderung und deren flankierenden Regelungsbereiche. Zu weiteren Normen und Informationen siehe insbesondere Sozialgesetzbuch Drittes Buch (§§ 136 ff. SGB III), Sozialgesetzbuch Zweites Buch (§§ 7 ff. SGB II), Richtlinien der Bundesagentur für Arbeit und einschlägige Kommentierungen.
Fazit: Beschäftigungslosigkeit ist als sozial- und arbeitsschutzrechtlicher Begriff klar definiert und mit umfassenden Rechtsfolgen verbunden. Ihre Feststellung ist Voraussetzung für zahlreiche Sozialleistungen und durch eine Vielzahl von Normen und Urteilen ausgestaltet. Die genaue Kenntnis des Begriffs und seiner rechtlichen Implikationen ist daher essenziell im Kontext des Arbeitsförderungsrechts.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld I vorliegen?
Um einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I (ALG I) nach dem deutschen Recht zu haben, müssen bestimmte Voraussetzungen gemäß den Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) erfüllt werden. Erstens muss die betroffene Person arbeitslos im Sinne des § 138 SGB III sein, d. h. sie darf keiner Beschäftigung nachgehen, steht der Vermittlung durch die Agentur für Arbeit zur Verfügung und bemüht sich eigenständig um neue Beschäftigung. Zweitens ist eine Anwartschaftszeit von mindestens zwölf Monaten versicherungspflichtiger Beschäftigung innerhalb der letzten 30 Monate vor der Arbeitslosigkeit erforderlich. Versicherungspflichtig sind in Deutschland grundsätzlich Arbeitnehmer, Auszubildende und bestimmte Gruppen von Beschäftigten. Drittens ist die persönliche Arbeitslosmeldung bei der Agentur für Arbeit notwendig, und der Arbeitslose muss sich dort regelmäßig melden und den Vermittlungsbemühungen zur Verfügung stehen. Nicht zuletzt darf kein Sperrgrund vorliegen, wie beispielsweise eine selbstverschuldete Lösung des Arbeitsverhältnisses ohne wichtigen Grund, da dies zu einer Sperrzeit beim Bezug von ALG I führen kann.
Welche Mitwirkungspflichten treffen Arbeitslose gegenüber der Agentur für Arbeit?
Das Gesetz verpflichtet Arbeitslose zu umfassender Mitwirkung (§§ 309 ff. SGB III). Sie müssen nicht nur aktiv nach einer neuen Arbeitsstelle suchen, sondern auch alle Veränderungen, die der Arbeitsagentur relevant erscheinen, umgehend mitteilen (z. B. Aufnahme einer Nebenbeschäftigung, Umzug, Erkrankung, Weiterbildungsmaßnahmen). Ebenso sind sie dazu verpflichtet, sich auf Vermittlungsvorschläge zu bewerben und zumutbare Beschäftigungen anzunehmen sowie an Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit teilzunehmen. Kommt der Arbeitslose diesen Pflichten nicht oder nur unvollständig nach, können Leistungen ganz oder teilweise versagt bzw. eine Sperrzeit verhängt werden. Die Sorgfaltspflichten betreffen auch die rechtzeitige und ordnungsgemäße Abgabe von Nachweisen und Bewerbungsschreiben sowie die Teilnahme an Terminen bei der Agentur für Arbeit oder den Trägern der Arbeitsförderung.
Welche Auswirkungen hat eine Eigenkündigung auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld?
Kündigt der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis selbst, prüft die Agentur für Arbeit, ob ein sogenannter Sperrzeit-Tatbestand gemäß § 159 SGB III vorliegt. In der Regel wird bei Eigenkündigung eine Sperrzeit von bis zu 12 Wochen verhängt, sofern kein wichtiger Grund für die Aufgabe der Beschäftigung nachgewiesen werden kann. Wichtige Gründe könnten z. B. erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen oder nachweislicher Mobbing am Arbeitsplatz sein. Während der Sperrzeit ruht der Anspruch auf ALG I, das heißt, es wird weder gezahlt noch gilt die Zeit als Leistungsbezugszeit. Die Sperrzeit kann zudem dazu führen, dass sich die maximale Bezugsdauer des ALG I entsprechend verkürzt.
Welche Rechte und Pflichten bestehen bei Aufnahme einer Nebenbeschäftigung während der Beschäftigungslosigkeit?
Wer während des Bezugs von Arbeitslosengeld I eine Nebenbeschäftigung aufnehmen möchte, muss dies der Agentur für Arbeit unverzüglich melden. Dabei gilt die Grenze von 15 Wochenstunden: Beschäftigungen bis zu 15 Stunden Wochenarbeitszeit bleiben grundsätzlich zulässig, bei Überschreitung gilt man nicht mehr als arbeitslos. Aus der Nebenbeschäftigung erzielte Einkünfte werden, sofern sie den Freibetrag von 165 EUR pro Monat überschreiten, auf das Arbeitslosengeld angerechnet (§ 155 SGB III). Alle über 165 EUR hinausgehenden Einnahmen führen zur entsprechenden Kürzung des Arbeitslosengeldes. Zudem sind jegliche Änderungen bezüglich Arbeitszeit und Verdienst aus der Nebenbeschäftigung unverzüglich mitzuteilen. Wer dies unterlässt, riskiert eine Rückforderung von zu viel gezahlten Leistungen und gegebenenfalls eine Ordnungswidrigkeit.
Welche rechtlichen Folgen hat die Ablehnung eines zumutbaren Arbeitsangebotes durch die Agentur für Arbeit?
Wenn ein Arbeitsloser ein zumutbares Arbeitsangebot, das die Agentur für Arbeit unterbreitet hat, ohne wichtigen Grund ablehnt, sieht § 159 SGB III die Verhängung einer Sperrzeit vor. Die Folgen sind eine mindestens 3-wöchige Leistungssperre, in der kein Arbeitslosengeld ausgezahlt wird, sowie eine Kürzung der Gesamtbezugsdauer. Die Definition der Zumutbarkeit ist dabei in den §§ 140 ff. SGB III geregelt und berücksichtigt unter anderem die Qualifikation, die Höhe des Arbeitsentgelts und die Entfernung zum Arbeitsort. Wiederholte ablehnende Verhaltensweisen können zu längeren Sperrzeiten und schlimmstenfalls zum vollständigen Ausschluss vom Leistungsbezug führen.
Inwieweit können Sanktionen bei mangelnder Eigeninitiative zur Beendigung der Beschäftigungslosigkeit verhängt werden?
Das SGB III fordert von Arbeitslosen eine ernsthafte Eigeninitiative bei der Arbeitssuche, einschließlich der eigenständigen Bewerbung auf Arbeitsstellen und der aktiven Teilnahme an beruflichen Eingliederungsmaßnahmen. Werden diese Anforderungen wiederholt nicht eingehalten, treten Sanktionen in Form von Sperrzeiten ein. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen keine oder unzureichende Nachweise für Eigenbemühungen vorgelegt werden oder Eingliederungsvereinbarungen verletzt werden. Die Agentur prüft in jedem Einzelfall sorgfältig die Gründe für das Verhalten und gewährt dem Betroffenen das Recht, sich zu äußern, bevor eine Leistungssperre verhängt wird.
Wie ist die Beschäftigungslosigkeit rechtlich im Hinblick auf anderweitige Sozialleistungen zu berücksichtigen?
Beschäftigungslosigkeit kann Auswirkungen auf andere Sozialleistungsansprüche haben, insbesondere auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II, Grundsicherung für Arbeitsuchende, sog. „Hartz IV“). Nach Auslaufen des Anspruchs auf ALG I kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II (ALG II) bestehen, sofern Hilfebedürftigkeit nach SGB II vorliegt. Hierbei ist das gesamte Einkommen und Vermögen der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen. Beschäftigungslose sind zudem verpflichtet, jegliches berücksichtigungsfähiges Einkommen (etwa Abfindung, Unterhalt, Nebeneinkünfte) offen zu legen, da diese auf die Leistungen angerechnet werden. Darüber hinaus gelten besondere Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten gegenüber dem Jobcenter analog zu denen bei der Agentur für Arbeit.