Legal Lexikon

Berufsfachschulen


Berufsfachschulen im deutschen Recht

Berufsfachschulen sind eine wichtige Säule des deutschen Bildungssystems. Sie dienen der beruflichen Vorbereitung, Grundbildung oder auch der vollständigen Berufsausbildung in schulischer Form. Die rechtlichen Rahmenbedingungen, Aufgaben sowie die staatliche Kontrolle und Anerkennung sind für das Verständnis sowie die praktische Handhabung wesentlich. Im Folgenden werden die berufsrechtlichen, schulrechtlichen und bildungspolitischen Grundlagen von Berufsfachschulen im Detail erläutert.


Rechtliche Definition und Abgrenzung

Begriffsbestimmung

Berufsfachschulen sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 des jeweiligen Schulgesetzes der Länder sogenannte berufliche Vollzeitschulen. Sie vermitteln allgemeinbildende und berufliche Qualifikationen, wobei der Besuch ganz oder überwiegend in schulischer Form erfolgt. Die genaue Ausgestaltung und Bezeichnung können je nach Bundesland variieren.

Abgrenzung zu anderen Schulformen

Im Unterschied zu Berufsschulen, die Teil des dualen Systems sind, übernehmen Berufsfachschulen häufig die vollständige Ausbildung in bestimmten anerkannten Ausbildungsberufen gemäß Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder in landesrechtlich geregelten Berufen, insbesondere im Gesundheits- und Sozialwesen. Berufsaufbauschulen und Fachoberschulen sind von Berufsfachschulen abzugrenzen, da sie auf eine erweiterte oder vertiefende Qualifikation bzw. eine Hochschulzugangsberechtigung ausgerichtet sind.


Rechtsgrundlagen

Schulgesetze der Länder

Die rechtliche Grundlage für Berufsfachschulen bildet das Schulgesetz des jeweiligen Bundeslandes (z. B. § 22 SchulG NRW). Berufsfachschulen unterliegen der Schulaufsicht gemäß Art. 7 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Die konkrete Ausgestaltung obliegt aufgrund der Kulturhoheit der Länder dem jeweiligen Landesrecht.

Bundesrechtliche Vorgaben

Sofern Berufsfachschulen in bundesrechtlich geregelte Ausbildungsberufe ausbilden, finden insbesondere das Berufsbildungsgesetz (BBiG) und die dazugehörigen Ausbildungsordnungen Anwendung. Bei gesundheitsbezogenen oder sozialpädagogischen Berufen greifen zusätzliche bundesgesetzliche Regelungen, wie das Pflegeberufegesetz (PflBG), das Gesetz über den Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers (HebG) oder das Medizinisch-Technologengesetz (MTAG).

Schulträger und Trägerschaftsformen

Berufsfachschulen können in öffentlicher oder freier (privater) Trägerschaft geführt werden. Private Berufsfachschulen bedürfen gemäß Art. 7 Abs. 4 GG einer staatlichen Genehmigung und sind hinsichtlich der Lehrziele und personellen sowie sachlichen Ausstattung an die Vorgaben des jeweiligen Bundeslandes gebunden.


Aufgaben und Zielgruppen

Berufsqualifizierende Funktion

Die Hauptaufgabe von Berufsfachschulen ist die Vermittlung vollqualifizierender Ausbildungsinhalte, die in bestimmten Berufsbildern staatlich anerkannt sind. Absolventinnen und Absolventen erwerben eine Berufsbezeichnung oder Berufsabschluss, beispielsweise als Pflegefachkraft, Erzieherin oder technische Assistenzberufe.

Vermittlung von Allgemeinbildung

Neben der Berufsqualifikation fördern Berufsfachschulen die Allgemeinbildung und können schulische Abschlüsse wie den mittleren Schulabschluss (Realschulabschluss) und unter bestimmten Voraussetzungen auch die Fachhochschulreife ermöglichen.

Zugangs- und Aufnahmevoraussetzungen

Für die Aufnahme in eine Berufsfachschule ist mindestens ein Hauptschulabschluss erforderlich; einige Bildungsgänge verlangen einen mittleren Schulabschluss oder weitergehende Zugangsvoraussetzungen, beispielsweise Nachweise über Praktika oder Gesundheitszeugnisse (insbesondere bei Gesundheits- und Sozialberufen).


Organisation, Dauer und Abschlüsse

Dauer und Gliederung der Bildungsgänge

Die Ausbildungsdauer an einer Berufsfachschule variiert je nach Bundesland, Berufsrichtung und Ausbildungsziel meist zwischen einem und dreieinhalb Jahren. Die Ausbildung erfolgt in Vollzeitform, vereinzelt in Teilzeit.

Prüfungen und Abschlüsse

Am Ende der Ausbildung steht in der Regel eine staatliche Abschlussprüfung nach Maßgabe der jeweils geltenden Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen. Erfolgreiche Absolventinnen und Absolventen erhalten ein Abschlusszeugnis sowie – je nach Bildungsgang – eine staatliche Anerkennung der Berufsbezeichnung. In einigen Fällen wird zusätzlich der Erwerb der Fachhochschulreife ermöglicht.

Rechtliche Stellung der Abschlüsse

Die Abschlüsse und Berechtigungen werden durch das jeweilige Landesrecht anerkannt. Vor allem bei bundesrechtlich geregelten Berufsabschlüssen besteht ein einheitlicher Rechtsanspruch auf Führung der erworbenen Berufsbezeichnung.


Aufsicht und staatliche Anerkennung

Schulaufsicht

Alle Berufsfachschulen unterstehen der staatlichen Schulaufsicht, welche über die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben hinsichtlich Inhalte, Personal, Ausstattung und Prüfungsdurchführung wacht. Dies soll bundesweit vergleichbare Qualifikationsstandards sicherstellen.

Staatliche Anerkennung

Zur Durchführung von Abschlüssen mit bundes- oder landesrechtlicher Anerkennung bedarf die Berufsfachschule einer staatlichen Zulassung. Die Anerkennung umfasst in der Regel die Bestätigung der Einhaltung aller strengen Anforderungen hinsichtlich Lehrbetrieb, Räumlichkeiten und Personalstand.


Finanzierung und Rechtsstatus

Öffentliche und private Finanzierung

Die Finanzierung von Berufsfachschulen in öffentlicher Trägerschaft erfolgt über Haushaltsmittel des Bundeslands sowie kommunale Zuschüsse. Private Berufsfachschulen finanzieren sich vorwiegend über Schulgeld, können jedoch unter bestimmten Voraussetzungen staatliche Förderungen entsprechend Landesrecht erhalten.

Schulrechtlicher Status der Schülerinnen und Schüler

Schülerinnen und Schüler einer Berufsfachschule erwerben den Status von Vollzeitschülern. Sie unterliegen damit dem Landes-Schulrecht bezüglich Schulpflicht, Versicherungsschutz sowie gegebenenfalls dem Sozialversicherungsrecht (zum Beispiel Schüler-BAföG nach BAföG § 2 Abs. 1 Nr. 2).


Weiterführende Vorschriften, Anerkennung und Übergänge

Anerkennung im europäischen Recht

Im Rahmen der europäischen Berufsqualifikationsrichtlinie werden an Berufsfachschulen erworbene Abschlüsse anerkannt, wenn sie den entsprechenden Vorgaben zur Ausbildungsdauer und -inhalten genügen. Die Anerkennung berufsqualifizierender Abschlüsse nach dem Recht der EU-Mitgliedstaaten folgt dabei den Vorgaben der Richtlinie 2005/36/EG.

Anschlussmöglichkeiten nach dem Abschluss

Absolventinnen und Absolventen einer Berufsfachschule können unter bestimmten Voraussetzungen auf aufbauende Bildungsgänge wie Fachschulen, Fachoberschulen oder Hochschulstudiengänge übergehen. Einzelne Bildungsgänge öffnen explizit den Zugang zur Hochschulzugangsberechtigung.


Zusammenfassung

Berufsfachschulen stellen im deutschen Bildungswesen eine staatlich regulierte, schulische Ausbildungsform dar, die in zahlreichen Berufsfeldern zu vollqualifizierenden Abschlüssen führt. Die komplexen rechtlichen Regelungen ergeben sich im Wesentlichen aus dem Zusammenspiel von Landes-Schulrecht, Bundesrecht (z. B. BBiG, PflBG) sowie europarechtlichen Vorgaben. Die Einhaltung einheitlicher Qualitätsstandards erfolgt durch staatliche Aufsicht und Anerkennung, wobei Absolventinnen und Absolventen vielfältige Anschlussperspektiven offenstehen.


Häufig gestellte Fragen

Unterliegen Berufsfachschulen der staatlichen Schulaufsicht?

Berufsfachschulen unterliegen grundsätzlich der staatlichen Schulaufsicht, unabhängig davon, ob sie in privater oder öffentlicher Trägerschaft sind. Die jeweilige Landesgesetzgebung regelt die konkrete Ausgestaltung der Aufsichtspflichten. Dabei kontrollieren die zuständigen Behörden insbesondere die Einhaltung der in Schulgesetzen und Schulordnungen normierten Auflagen, wie beispielsweise Lehrpläne, Stundentafeln, Personalanforderungen sowie Prüfungsmodalitäten. Bei Verstößen gegen diese Vorschriften kann die Aufsichtsbehörde Maßnahmen bis hin zum Entzug der Betriebserlaubnis ergreifen. Private Berufsfachschulen bedürfen in der Regel einer staatlichen Genehmigung nach Maßgabe des jeweiligen Landesschulgesetzes, sofern sie als Ersatz- oder Ergänzungsschule fungieren. Ergänzend dienen Schulinspektionen sowie regelmäßige Berichte der Schulleitung der Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Schulbetriebs.

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Aufnahme an einer Berufsfachschule erfüllt sein?

Die Aufnahmebedingungen an Berufsfachschulen sind maßgeblich durch die Schulgesetze der Bundesländer sowie durch spezialgesetzliche Regelungen zu jeweiligen Ausbildungsgängen (z. B. Pflegeberufe) bestimmt. Üblicherweise ist mindestens ein Hauptschulabschluss, in einigen Ausbildungsgängen auch der mittlere Bildungsabschluss, erforderlich. Für bestimmte Fachrichtungen können zusätzliche rechtliche Anforderungen hinzukommen, etwa gesundheitliche Eignungsnachweise, Führungszeugnisse oder erfolgte Impfungen nach dem Infektionsschutzgesetz. Die Zulassungsvoraussetzungen müssen öffentlich bekannt gemacht und diskriminierungsfrei angewendet werden, wobei das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Grundgesetz und einschlägige Bestimmungen des AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) zu beachten sind.

Welche gesetzlichen Regelungen gelten für die Anerkennung von Abschlüssen an Berufsfachschulen?

Die Anerkennung von Abschlüssen aus Berufsfachschulen richtet sich nach bundes- und landesrechtlichen Vorschriften. Berufsabschlussbezeichnungen und deren rechtliche Wertigkeit ergeben sich aus spezialgesetzlichen Regelungen, beispielsweise dem Berufsbildungsgesetz (BBiG), dem Krankenpflegegesetz oder landesspezifischen Schulgesetzen. Für bundesrechtlich geregelte Ausbildungsberufe führen die Abschlüsse zu anerkannten Berufsabschlüssen mit bundesweiter Gültigkeit. Bei landesrechtlich geregelten Bildungsgängen ist die Anerkennung auf das jeweilige Bundesland beschränkt, sofern nicht durch Vereinbarungen der Kultusministerkonferenz eine gegenseitige Anerkennung erfolgt. Weitergehende Regelungen zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse richten sich nach dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG).

Welche rechtlichen Vorgaben gelten für Prüfungen an Berufsfachschulen?

Prüfungen an Berufsfachschulen unterliegen rechtlichen Vorgaben, die sich sowohl aus den jeweiligen Landesgesetzen als auch aus Prüfungsordnungen ergeben. Die Prüfungsordnung legt Umfang, Inhalt, Ablauf, Bewertung und Wiederholungsmöglichkeiten verbindlich fest. Die rechtlichen Rahmenbedingungen garantieren Transparenz, Objektivität und Chancengerechtigkeit, festgelegt in den Verwaltungsverfahrensgesetzen und dem Grundsatz des fairen Verfahrens. Eingriffe in Grundrechte, etwa bei Nichtzulassung oder Nichtbestehen, können mit Widerspruch und gerichtlicher Überprüfung (Verwaltungsgerichtsbarkeit) angefochten werden. Die Prüfungsleistungen sind zu dokumentieren und aufzubewahren, Datenschutzbestimmungen (insbesondere DSGVO) sind hierbei zu beachten.

Unter welchen rechtlichen Umständen kann eine Berufsfachschule die Ausbildung eines Schülers beenden?

Eine Beendigung des Schulverhältnisses seitens der Berufsfachschule ist rechtlich nur aus wichtigen Gründen möglich. Solche Gründe sind insbesondere nachhaltige Verstöße gegen die Schul- oder Hausordnung, erhebliche Leistungsdefizite, Täuschungsversuche bei Prüfungen oder wiederholtes unentschuldigtes Fernbleiben. Die Maßnahme muss verhältnismäßig sein und setzt in aller Regel eine Anhörung des Schülers sowie die schriftliche Mitteilung unter Angabe von Gründen voraus. Der betroffene Schüler hat das Recht auf Akteneinsicht und kann die Entscheidung mittels Widerspruchs- bzw. Klageverfahren gemäß Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) überprüfen lassen. Die gesetzlichen Regelungen hierzu finden sich in den jeweiligen Schulgesetzen der Bundesländer sowie in landesspezifischen Schulordnungen.

Welche gesetzlichen Pflichten bestehen bezüglich Datenschutz und Schweigepflicht an Berufsfachschulen?

Der Umgang mit personenbezogenen Daten an Berufsfachschulen ist durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und landesrechtliche Datenschutzbestimmungen streng reglementiert. Schüler- und Beschäftigtendaten dürfen nur für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben und verarbeitet werden. Zugriffsrechte sind auf das notwendige Maß zu beschränken und technisch-organisatorisch abzusichern. Die Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte (z.B. Ausbildungsbetriebe oder Behörden) bedarf einer gesetzlichen Grundlage oder der informierten Einwilligung der Betroffenen. Verstöße gegen die Datenschutzpflichten können zu Bußgeldern sowie zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen führen. Ergänzend gilt die berufsspezifische Schweigepflicht, insbesondere in Gesundheits- und Sozialberufen, auf gesetzlicher Grundlage (z.B. § 203 StGB).

Welche rechtlichen Möglichkeiten der Mitbestimmung bestehen für Schüler und Eltern an Berufsfachschulen?

Die Landesgesetze sehen in der Regel vor, dass Schüler- und Elternvertretungen gebildet werden, die an bestimmten Entscheidungsprozessen partizipieren können. Rechte und Pflichten dieser Organe sind im Schulgesetz und ggf. in Verordnungen zur Schüler- und Elternmitwirkung (SMV/EMV) geregelt. Die Mitbestimmung umfasst unter anderem das Anhörungsrecht zu wichtigen schulischen Angelegenheiten, das Initiativrecht für Vorschläge sowie eine beratende Stimme in der Schulkonferenz. Die Mitwirkungsrechte sind allerdings in privatrechtlich organisierten Berufsfachschulen unter Umständen eingeschränkt, sofern keine gleichwertigen gesetzlichen Vorgaben existieren oder vertraglich eingeräumt werden. Auch für Minderjährige gilt, dass die gesetzlichen Vertreter (Eltern) wesentliche Rechte und Pflichten wahrnehmen.