Legal Lexikon

Berufsfachschulen

Begriff und Einordnung der Berufsfachschulen

Berufsfachschulen sind vollzeitschulische Bildungseinrichtungen innerhalb des deutschen Schulwesens, die auf einen staatlich geregelten Berufsabschluss oder auf eine qualifizierte berufliche Grundbildung vorbereiten. Sie verbinden fachtheoretische und praxisbezogene Lerninhalte und richten sich vor allem an Jugendliche und Erwachsene nach der Sekundarstufe I. Je nach Bildungsgang können Berufsfachschulen zu vollqualifizierenden Abschlüssen, zu Teilqualifikationen oder zu zusätzlichen allgemeinbildenden Schulabschlüssen führen.

Anders als die Berufsschule im dualen System erfolgt die Ausbildung an Berufsfachschulen überwiegend schulisch. Praktische Ausbildungsanteile werden über schulisch organisierte Praxisphasen, Praktika oder Kooperationen mit Betrieben, Einrichtungen und Trägern erbracht.

Rechtlicher Rahmen

Föderale Zuständigkeiten

Das Schulwesen ist in Deutschland Sache der Länder. Die Ausgestaltung von Berufsfachschulen, einschließlich Schularten, Stundentafeln, Prüfungsordnungen und Aufsicht, richtet sich primär nach Landesrecht. Für einzelne Berufsabschlüsse, insbesondere in Gesundheits- und sozialnahen Berufen, bestehen bundesweit einheitliche Berufsregelungen, die Abschlussbezeichnungen, Prüfungswege und staatliche Anerkennungen vorgeben. In diesen Fällen greifen landesrechtliche Schulvorschriften und bundesrechtliche Berufsregelungen ineinander.

Öffentliche und private Trägerschaft

Berufsfachschulen können in öffentlicher oder privater Trägerschaft betrieben werden. Private Schulen benötigen eine staatliche Genehmigung und unterliegen der Schulaufsicht. Schulen in privater Trägerschaft können als Ersatzschulen oder als Ergänzungsschulen organisiert sein. Ersatzschulen übernehmen inhaltlich die Aufgaben öffentlicher Schulen und können staatliche Anerkennung ihrer Abschlüsse erlangen. Ergänzungsschulen bieten darüber hinausgehende Bildungsgänge; die Anerkennung und Führbarkeit von Abschlussbezeichnungen hängt von der jeweiligen Regelung ab.

Terminologie und landesspezifische Unterschiede

Die Bezeichnung und organisatorische Zuordnung von Berufsfachschulen variiert zwischen den Ländern. In einigen Ländern sind Berufsfachschulen Teil eines „Berufskollegs“, in anderen eigenständige Schularten. Gleichartige Bildungsgänge können unterschiedliche Namen tragen, ohne dass sich die rechtliche Wertigkeit der Abschlüsse unterscheidet, sofern eine staatliche Anerkennung bzw. Gleichstellung vorgesehen ist.

Zugang und Aufnahme

Zulassungsvoraussetzungen

Der Zugang richtet sich nach den landesrechtlichen Bestimmungen und den fachspezifischen Anforderungen. Üblich sind ein bestimmter allgemeinbildender Schulabschluss und, je nach Fachrichtung, weitere Eignungsnachweise (zum Beispiel gesundheitliche Tauglichkeit in Gesundheitsberufen oder künstlerische Eignung in gestalterischen Bildungsgängen). Ein Ausbildungsvertrag mit einem Betrieb ist für die schulische Form nicht erforderlich.

Auswahlverfahren und Kapazitätsrecht

Ist die Nachfrage höher als die verfügbaren Plätze, können Auswahlverfahren angewendet werden. Dabei gelten die Grundsätze der Gleichbehandlung, Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Auswahlkriterien müssen vorab festgelegt und rechtlich zulässig sein. Entscheidungen sind der schulaufsichtlichen Kontrolle zugänglich.

Ausbildungsgänge und Abschlüsse

Vollqualifizierende Bildungsgänge

Vollqualifizierende Berufsfachschulen führen zu einem staatlich geregelten Berufsabschluss. Das betrifft insbesondere Berufe, deren Ausbildung überwiegend schulisch organisiert ist, etwa in den Bereichen Gesundheit, Pflege, Therapie, Labor, Gestaltung oder soziale Assistenz. Die Abschlussbezeichnungen sind rechtlich geschützt, die Prüfung erfolgt staatlich oder staatlich beaufsichtigt, und die Führung der Berufsbezeichnung setzt das Bestehen der entsprechenden Prüfung voraus.

Teilqualifizierende Bildungsgänge

Teilqualifizierende Berufsfachschulen vermitteln berufliche Grundbildung und fachpraktische Kompetenzen, die auf Ausbildungsberufe vorbereiten oder anrechenbar sind. Sie können den Übergang in betriebliche Ausbildung erleichtern und werden rechtlich dem Schulwesen zugeordnet. Die Anrechnung erworbener Kompetenzen auf eine spätere Ausbildung richtet sich nach den einschlägigen Regelungen der zuständigen Stellen.

Allgemeinbildende Abschlüsse und Anschlusswege

Einige Bildungsgänge ermöglichen zusätzlich den Erwerb eines allgemeinbildenden Schulabschlusses oder die Erweiterung bereits vorhandener Abschlüsse. Anschlusswege führen je nach Abschluss in weiterführende Bildungsgänge, in die Fachoberschule, in Fachschulen oder in qualifizierte Erwerbstätigkeit. Die rechtliche Gleichwertigkeit allgemeinbildender Abschlüsse aus Berufsfachschulen mit Abschlüssen anderer Schularten ist landesrechtlich geregelt.

Praktische Ausbildung und Verträge

Praktische Ausbildungsanteile sind integraler Bestandteil vieler Berufsfachschulen. Sie werden durch Schulverträge, Kooperationsvereinbarungen mit Praxisstellen oder Praktikumsverträge abgesichert. Während der Praxisphasen gelten die schulischen Vorgaben und die Schutzvorschriften des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, insbesondere für Minderjährige. Zuständigkeiten für Aufsicht, Anleitung und Beurteilung sind organisatorisch festgelegt und unterliegen der Schulaufsicht.

Aufsicht, Qualitätssicherung und Prüfungen

Schulaufsicht und Curricula

Berufsfachschulen unterstehen der staatlichen Schulaufsicht. Lehrpläne, Stundentafeln und Prüfungsordnungen werden genehmigt oder erlassen. Externe Evaluationen, Schulinspektionen und interne Qualitätssicherung dienen der Sicherung der Bildungsstandards. Bei bundesweit geregelten Berufen müssen Curricula die berufsrechtlichen Vorgaben abbilden.

Prüfungen und Zertifikate

Abschluss- und Zwischenprüfungen erfolgen auf Grundlage staatlicher Prüfungsordnungen. Prüfungen werden durch Prüfungsorgane abgenommen, die in Verantwortung der Länder oder in Abstimmung mit zuständigen Stellen stehen. Zeugnisse und Urkunden dokumentieren den erreichten Abschluss und ggf. die Berechtigung zur Führung einer geschützten Berufsbezeichnung. Form und Inhalt der Zeugnisse sind rechtlich vorgegeben.

Rechtsmittel und Verfahrensschutz

Prüfungs- und Bewertungsentscheidungen unterliegen dem Grundsatz fairer Verfahren. Transparenz, Akteneinsicht, Begründungspflichten und Möglichkeiten zur Überprüfung sind vorgesehen. Fristen, Zuständigkeiten und der Verfahrensweg richten sich nach den einschlägigen schulrechtlichen Regelungen.

Rechte und Pflichten

Schülerinnen und Schüler

Teilnahmepflichten, Hausrecht, Ordnungsmaßnahmen

Teilnahme- und Mitwirkungspflichten sind in Schulordnungen niedergelegt. Das Hausrecht der Schule regelt das Verhalten auf dem Schulgelände. Bei Verstößen kommen abgestufte erzieherische Maßnahmen und Ordnungsmaßnahmen in Betracht, die an formelle und materielle Voraussetzungen gebunden sind und überprüft werden können.

Gleichbehandlung und Inklusion

Berufsfachschulen sind an die Grundsätze der Gleichbehandlung gebunden. Der diskriminierungsfreie Zugang sowie angemessene Vorkehrungen für Lernende mit Behinderungen sind Bestandteil des schulischen Auftrags. Leistungsbewertungen können Nachteilsausgleiche berücksichtigen, ohne Ausbildungsziele abzusenken.

Datenschutz und Persönlichkeitsrechte

Die Verarbeitung personenbezogener Daten unterliegt den datenschutzrechtlichen Vorgaben. Erhebung, Nutzung und Weitergabe von Daten, etwa bei Bewerbungen, Leistungsnachweisen oder Praxisplätzen, müssen auf eine rechtliche Grundlage gestützt sein. Betroffene verfügen über Informations- und Auskunftsrechte. In Praxisphasen sind Betriebs- und Patientengeheimnisse zu wahren.

Praktikumsstellen und Kooperationspartner

Kooperationspartner übernehmen Teile der praktischen Ausbildung auf Basis vertraglicher Regelungen. Sie wirken an der Qualifizierung mit, unterliegen den Schutzvorschriften und kooperieren mit der Schule bei Beurteilung und Betreuung. Zuständigkeiten, Haftung und Versicherungsschutz (etwa im Unfallfall) werden organisatorisch und rechtlich abgesichert.

Finanzierung und Gebühren

Schulkosten und Lernmittel

Öffentliche Berufsfachschulen erheben in der Regel keine allgemeinen Unterrichtsgebühren. Kosten können für Lernmittel, Materialien oder Prüfungsleistungen entstehen, soweit dies vorgesehen ist. Private Berufsfachschulen können Schulgeld erheben, sofern die landesrechtlichen Bedingungen erfüllt sind. Unterschiede bestehen insbesondere in Bereichen mit traditionell schulischer Ausbildung, etwa im Gesundheitswesen.

Fördermöglichkeiten

Für vollzeitschulische Bildungsgänge bestehen Möglichkeiten der öffentlichen Bildungsförderung, deren Verfügbarkeit und Umfang von individuellen Voraussetzungen und vom Bildungsgang abhängen. Zuständig für Auskunft sind die jeweils benannten Stellen im Bildungs- oder Förderwesen.

Spezifische Bereiche

Gesundheits- und Pflegeberufe

In Gesundheits- und Pflegeberufen ist die schulische Ausbildung verbreitet. Berufsbezeichnungen und staatliche Prüfungen sind bundesweit geregelt; die schulische Organisation, Lehrpläne und Prüfungsdurchführung verantworten die Länder. Praxisanteile finden in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens statt. Der rechtliche Schutz von Berufsbezeichnungen setzt regelmäßig eine staatliche Prüfung und Erlaubnis zur Führung der Bezeichnung voraus.

Gestaltung, Technik, Wirtschaft und soziale Assistenzberufe

Berufsfachschulen bieten Bildungsgänge in gestalterischen, technischen, kaufmännischen und sozialen Assistenztätigkeiten an. Die Abschlüsse können vollqualifizierend oder vorbereitend sein und unterliegen landesrechtlichen Anerkennungs- und Prüfungsregeln. Die Nähe zum Arbeitsmarkt wird durch Praxisprojekte, Praktika und Kooperationen mit Betrieben rechtlich und organisatorisch verankert.

Anerkennung und Mobilität

Innerstaatliche Anerkennung

Die innerstaatliche Anerkennung richtet sich nach landesrechtlichen Vorschriften und, soweit einschlägig, nach bundeseinheitlichen Berufsregelungen. Staatliche Anerkennung der Schule oder des Bildungsgangs gewährleistet die Führbarkeit der Abschlussbezeichnung und die Vergleichbarkeit der Qualifikationen.

Internationale Einordnung

Die internationale Anerkennung schulischer Berufsabschlüsse erfolgt über festgelegte Verfahren. Innerhalb Europas bilden Transparenzinstrumente und Qualifikationsrahmen eine Orientierungshilfe. Gleichwertigkeitsprüfungen im Ausland oder Anerkennungsverfahren in Deutschland für ausländische Abschlüsse sind formalisiert und erfordern Nachweise zu Ausbildung, Umfang und Praxisanteilen.

Abgrenzung zu anderen Schularten

Berufsschule im dualen System

Die Berufsschule ist Teil der dualen Ausbildung und ergänzt die betriebliche Praxis durch berufsschulischen Unterricht. Im Gegensatz dazu vermitteln Berufsfachschulen die berufliche Qualifikation überwiegend schulisch und organisieren Praxisanteile eigenständig. Rechtlich unterscheidet sich die Einbindung in betriebliche Ausbildungsverhältnisse: In der dualen Ausbildung bestehen Ausbildungsvertrag und Kammerzuständigkeiten, in der schulischen Form stehen Schulverhältnis und staatliche Prüfungen im Vordergrund.

Fachschule, Fachoberschule und Berufskolleg

Fachschulen bauen in der Regel auf einer abgeschlossenen Berufsausbildung und Berufserfahrung auf und dienen der beruflichen Fortbildung. Fachoberschulen führen zu schulischen Abschlüssen der Sekundarstufe II. Berufskollegs sind organisatorische Einheiten, die je nach Land mehrere Bildungsgänge, darunter auch Berufsfachschulen, bündeln. Die rechtliche Einordnung orientiert sich an den jeweiligen Landesvorgaben.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist für Berufsfachschulen rechtlich zuständig?

Primär sind die Länder für Organisation, Lehrpläne, Prüfungen und Aufsicht zuständig. Für einzelne Berufe bestehen bundesweit einheitliche Regelungen zu Abschlussbezeichnungen und staatlicher Prüfung. Beide Ebenen greifen ineinander, wobei die Schulaufsicht bei den Ländern verbleibt.

Können private Berufsfachschulen staatlich anerkannt sein?

Ja. Private Berufsfachschulen benötigen eine Genehmigung und können als Ersatzschule staatlich anerkannt werden. Dadurch werden Abschlüsse und Prüfungen den öffentlichen Schulen gleichgestellt. Ergänzungsschulen können zusätzliche Angebote machen; deren Abschlussführung hängt von der jeweiligen Anerkennung ab.

Welche Abschlüsse und Berufsbezeichnungen sind geschützt?

Geschützt sind insbesondere Abschluss- und Berufsbezeichnungen, die an eine staatliche Prüfung oder Anerkennung gebunden sind. Die Führung solcher Bezeichnungen setzt das erfolgreiche Bestehen der vorgeschriebenen Prüfungen und die Ausstellung entsprechender Urkunden voraus.

Dürfen Berufsfachschulen Gebühren erheben?

Öffentliche Berufsfachschulen erheben in der Regel keine allgemeinen Unterrichtsgebühren. Private Träger können Schulgeld vorsehen, sofern die landesrechtlichen Bedingungen erfüllt sind. Abweichende Regelungen sind in einzelnen Bereichen möglich, etwa in Gesundheitsberufen.

Wie sind Prüfungen abgesichert und können Entscheidungen überprüft werden?

Prüfungen basieren auf staatlichen Prüfungsordnungen. Verfahrensgrundsätze wie Transparenz, Begründung und Akteneinsicht sind vorgesehen. Entscheidungen können nach den einschlägigen schulrechtlichen Regelungen überprüft werden, unter Beachtung der vorgesehenen Fristen und Zuständigkeiten.

Welche Datenschutzregeln gelten an Berufsfachschulen?

Die Verarbeitung personenbezogener Daten folgt den datenschutzrechtlichen Vorgaben. Das betrifft Bewerbungsdaten, Leistungsbewertungen, Zeugnisse und Praxisunterlagen. Betroffene haben Informations- und Auskunftsrechte. In Praxisphasen sind besondere Verschwiegenheitspflichten zu beachten.

Wie werden im Ausland erworbene schulische Berufsabschlüsse anerkannt?

Ausländische schulische Berufsabschlüsse werden in formalen Verfahren auf Gleichwertigkeit geprüft. Zuständig sind die benannten Anerkennungsstellen. Maßgeblich sind Inhalte, Umfang, Praxisanteile und der rechtliche Status des Abschlusses im Herkunftsland.