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Berufsbildende Schulen


Begriff und Funktion der Berufsbildenden Schulen

Berufsbildende Schulen stellen einen zentralen Bestandteil des deutschen Bildungswesens dar und integrieren schulische sowie praktische Formen der berufsbezogenen Qualifizierung. Sie vermitteln berufliche Kompetenzen, fördern die Allgemeinbildung und bereiten auf den Eintritt in das Berufsleben oder eine weiterführende Ausbildung vor. Die rechtlichen Grundlagen für die Existenz, Organisation und Funktionsweise der berufsbildenden Schulen sind vielschichtig und erstrecken sich auf verschiedene Ebenen des deutschen Rechtssystems.

Rechtliche Grundlagen der Berufsbildenden Schulen

Verfassungsrechtliche Ausgangslage

Das Grundgesetz (GG) regelt die Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz im Bereich des Schulwesens grundsätzlich als Länderangelegenheit (Art. 30, 70 GG). Die Kultushoheit liegt somit bei den Ländern. Das bedeutet, die konkrete Ausgestaltung und Verwaltung der berufsbildenden Schulen obliegt den einzelnen Bundesländern. Gleichzeitig schafft Art. 12 GG (Berufsfreiheit) einen Rahmen für das zugrundeliegende Ziel berufsbildender Schulen, angemessene Berufsausbildung und -vorbereitung sicherzustellen.

Schulrechtliche Regelungen der Länder

Die spezifische Rechtsgrundlage für berufsbildende Schulen findet sich in den Schulgesetzen der sechzehn Bundesländer. Diese Gesetze definieren zentrale Begriffe, Organisationsformen und Ziele der berufsbildenden Schulen. Die wichtigsten Regelungen beziehen sich unter anderem auf die Schularten, den Umfang der Ausbildung, Mitwirkung von Parteien (z. B. Betriebe, Kammern) sowie Prüfungsordnungen und Abschlüsse.

Beispiele für relevante schulrechtliche Gesetze:

  • Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG)
  • Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG)
  • Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (SchulG NRW)

Typen und Organisationsformen der Berufsbildenden Schulen

Übersicht über Schularten

Berufsbildende Schulen umfassen verschiedene Schulformen, die sich nach Zielgruppen, Unterrichtsinhalten und Abschlüssen unterscheiden. Zu den bedeutsamsten Schularten zählen:

  • Berufsschule: Vermittelt die schulische Ausbildung im dualen System (§ 2 BBiG) im Wechsel mit betrieblicher Ausbildung.
  • Berufsfachschule: Vermittelt eine vollzeitschulische Berufsausbildung und bietet häufig staatlich anerkannte Berufsabschlüsse.
  • Fachschule: Fortbildungseinrichtung zur beruflichen Weiterbildung wie etwa zum/zur staatlich geprüften Techniker/in oder Erzieher/in.
  • Berufsoberschule / Fachoberschule: Ermöglichen die Erlangung von Fachhochschulreife oder allgemeiner Hochschulreife mit Berufsbezug.
  • Berufliches Gymnasium: Führt zur allgemeinen Hochschulreife (Abitur) mit berufsbezogenem Schwerpunkt.

Trägerschaft und Verwaltung

Die Trägerschaft der berufsbildenden Schulen liegt vorrangig bei den Landkreisen und kreisfreien Städten (kommunale Träger). In einzelnen Fällen existieren auch staatliche und private Träger. Die jeweiligen Schulaufsichtsbehörden der Länder übernehmen Aufsicht und Kontrolle. Die Verwaltung wird durch die Schulleitung unter Mitwirkung von Lehrkräften, Personalvertretungen und ggf. Schulkonferenzen ausgeübt.

Rechtlicher Status und Aufgaben der Berufsbildenden Schulen

Duales System und Berufsbildungsgesetz

Ein Großteil der berufsbildenden Schulen ist integraler Bestandteil des sogenannten dualen Systems. Dieses System basiert auf einer engen Verzahnung von betrieblicher Ausbildung und schulischer Begleitung. Die Schulen sind rechtlich eingebunden in das Berufsbildungsgesetz (BBiG) sowie die Handwerksordnung (HwO). Sie stehen in Kooperation mit Ausbildungsbetrieben, überbetrieblichen Ausbildungsstätten und den zuständigen Kammern.

Prüfungsrecht und Abschlüsse

Prüfungen an berufsbildenden Schulen sind gesetzlich geregelt. Die Durchführung und Organisation der Prüfungen obliegen der Schule, die Prüfungsordnung wird i. d. R. durch das jeweilige Landesrecht in Verbindung mit bundesrechtlichen Regelungen (BBiG, HwO) festgelegt. Zu den anerkannten Abschlüssen zählen beispielsweise die Fachhochschulreife, die Allgemeine Hochschulreife, Berufsabschlüsse nach Landesrecht sowie Zusatzqualifikationen.

Schülerrechte und Mitverantwortung

Die Rechte und Pflichten der Schülerinnen und Schüler in berufsbildenden Schulen regeln die Schulgesetze sowie ergänzende Verordnungen. Dazu zählen u. a. Beschulungsanspruch, Recht auf Beratung und Förderung, aber auch die Beteiligung an Mitwirkungsgremien (z. B. Klassen- und Schülerrat sowie Schulkonferenz).

Datenschutz und Schweigepflicht

Der Umgang mit personenbezogenen Daten unterliegt datenschutzrechtlichen Vorgaben, insbesondere dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sowie den Datenschutzgesetzen der jeweiligen Länder. Lehrkräfte und Verwaltungsangestellte sind zur Verschwiegenheit verpflichtet und unterliegen spezifischen Regelungen zur Aktenführung und -aufbewahrung.

Finanzierung und Ressourcen

Öffentliche Finanzierung

Die berufsbildenden Schulen werden im Wesentlichen aus Mitteln der öffentlichen Hand finanziert. Die rechtlichen Grundlagen ergeben sich aus Haushaltsgesetzen des Bundes und der Länder sowie den relevanten Schulfinanzierungsgesetzen der Länder. Für bestimmte Ausbildungsbereiche sind ergänzende Regelungen zur Finanzierung von Bund, Ländern oder Kommunen einschlägig.

Private Schulen

Für private berufsbildende Schulen gelten Sonderregelungen. Anerkannte Ersatzschulen müssen die gesetzlichen Anforderungen der Länder erfüllen, um öffentliche Gelder zu erhalten, und unterliegen regelmäßiger staatlicher Kontrolle.

Besondere Rechtsfragen beim Übergang und der Gleichstellung

Zugangsvoraussetzungen und Gleichstellungsgebote

Das Zugangsrecht zu berufsbildenden Schulen ist durch schulrechtliche Vorschriften sowie Antidiskriminierungsbestimmungen (z. B. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – AGG) geregelt. Es bestehen detaillierte Regelungen zur Aufnahme, Durchlässigkeit, Anrechnung von Vorleistungen und Anerkennung ausländischer Schulabschlüsse, u. a. nach dem Berufsanerkennungsgesetz.

Inklusion und Bildungsangebote für Menschen mit Behinderung

Berufsbildende Schulen sind gemäß dem Sozialgesetzbuch IX (Teilhabe am Arbeitsleben) und den landesrechtlichen Vorgaben verpflichtet, inklusive Bildungsangebote und barrierefreien Zugang zu fördern. Die Umsetzung erfolgt in Kooperation mit den Integrationsämtern und anderen Stellen der beruflichen Rehabilitation.

Gesetzliche Entwicklungen und Ausblick

Die rechtlichen Rahmenbedingungen der berufsbildenden Schulen unterliegen kontinuierlicher Anpassung im Zuge von Bildungsreformen, zunehmender Digitalisierung und gesellschaftlicher Diversifizierung. Neue Herausforderungen betreffen insbesondere digitale Lernformen, Flexibilisierung der Ausbildungsgänge sowie internationale Vergleichbarkeit und Anerkennung von Abschlüssen.


Quellen:

  • Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
  • Berufsbildungsgesetz (BBiG)
  • Handwerksordnung (HwO)
  • Länderspezifische Schulgesetze und Verordnungen
  • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
  • Sozialgesetzbuch IX (SGB IX)

Häufig gestellte Fragen

Wer ist schulpflichtig an berufsbildenden Schulen?

Die Schulpflicht an berufsbildenden Schulen richtet sich grundsätzlich nach landesrechtlichen Regelungen. In Deutschland beträgt die allgemeine Vollzeitschulpflicht in der Regel neun bis zehn Jahre. Im Anschluss an diese Zeit besteht die sogenannte Berufsschulpflicht für Jugendliche, die ein Ausbildungsverhältnis eingehen, aber das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Die Berufsschulpflicht bleibt bestehen, solange das Ausbildungsverhältnis andauert, aber höchstens bis zum Ablauf des Schuljahres, in dem der Schüler 21 Jahre alt wird. Für Jugendliche ohne Ausbildungsverhältnis besteht oft eine sogenannte Restschulpflicht; sie müssen in bestimmten berufsbildenden Vollzeitbildungsgängen verbleiben (beispielsweise im Berufsgrundbildungsjahr oder in einer Berufsvorbereitungsklasse), sofern sie keine voll qualifizierende Ausbildung aufgenommen haben. Die genauen Altersgrenzen und Bedingungen können je nach Bundesland variieren. Ausnahmen von der Pflicht können per Antrag und behördlicher Genehmigung beispielsweise aufgrund besonderer Lebensumstände oder individueller Förderung gewährt werden.

Welche Abschlüsse können an berufsbildenden Schulen erworben werden?

An berufsbildenden Schulen können je nach Bildungsgang verschiedene allgemeinbildende und berufliche Abschlüsse erworben werden. Neben dem Hauptschulabschluss und dem mittleren Bildungsabschluss (Realschulabschluss) besteht die Möglichkeit, die Fachhochschulreife (Fachabitur) oder sogar die Allgemeine Hochschulreife (Abitur) zu erlangen, etwa an Fachoberschulen (FOS), Berufsoberschulen (BOS) oder beruflichen Gymnasien. Die Voraussetzungen für den Erwerb dieser Abschlüsse sind im Schulrecht der Bundesländer geregelt. Die Abschlüsse sind bundesweit rechtlich anerkannt und führen zu entsprechenden Berechtigungen, beispielsweise dem Zugang zu Hochschulen oder zu bestimmten Fachrichtungen in der Berufs- und Studienwelt. Daneben werden an berufsbildenden Schulen berufliche Abschlüsse gemäß Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder der Handwerksordnung (HwO) durch das duale System vergeben; diese sind auch rechtlich geschützt und geregelt.

Wie werden Aufnahme und Zulassung zu berufsbildenden Schulen geregelt?

Die Aufnahmevoraussetzungen und Zulassungsverfahren für berufsbildende Schulen sind in den jeweiligen Landes- oder Bundesgesetzen sowie in Ausbildungs- und Prüfungsordnungen festgelegt. Für das Berufskolleg oder die Fachoberschule ist beispielsweise häufig ein bestimmter Schulabschluss (mindestens Haupt- oder Realschulabschluss), mitunter auch einschlägige Praktika oder eine abgeschlossene Berufsausbildung Voraussetzung. Im dualen System ist ein Ausbildungsvertrag mit einem Betrieb Bedingung für den Zugang zur Berufsschule. Die Schule überprüft bei der Anmeldung die Erfüllung der Kriterien und erstellt entsprechende Bescheide. Gegen Entscheidungen der Schule über Ablehnung oder Nichtaufnahme kann in der Regel innerhalb eines Monats rechtlich Widerspruch bei der zuständigen Schulbehörde eingelegt werden.

Welche Rechte und Pflichten haben Schüler an berufsbildenden Schulen?

Schüler an berufsbildenden Schulen unterliegen, wie Schüler allgemeinbildender Schulen auch, klaren rechtlichen Vorgaben. Zu ihren Rechten zählen insbesondere das Recht auf Unterricht, das Recht auf Anhörung in bestimmten Fällen und das Recht auf Beteiligung an schulischen Gremien (Schülermitverantwortung, Klassensprecher, Schülervertretung). Sie haben ferner Anspruch auf Schutz der Persönlichkeitsrechte und auf fairen Umgang bei Leistungsbewertungen. Zu ihren Pflichten gehört neben der regelmäßigen Teilnahme am Unterricht auch die Erfüllung von Leistungsnachweisen, das Einhalten der Schul- und Hausordnung und die Mitwirkung an sonstigen schulischen Veranstaltungen. Die Schulpflicht verlangt disziplinarische Pflichten, deren Verletzung zu Ordnungsmaßnahmen führen kann, die ebenfalls rechtlich geregelt und in Stufen gegliedert sind (Ermahnung, Ausschluss von Unterricht, Androhung und Durchführung von Schulausschluss). Rechtsmittel gegen Ordnungsmaßnahmen, wie Widerspruch oder Klage beim Verwaltungsgericht, sind vorgesehen.

Wer ist für die Aufsicht und Qualitätssicherung an berufsbildenden Schulen zuständig?

Die Aufsicht über berufsbildende Schulen obliegt gemäß den Schulgesetzen der Bundesländer in erster Linie den Schulaufsichtsbehörden; auf Landesebene ist dies meist das Kultus- oder Bildungsministerium, auf regionaler Ebene die Schulämter oder Bezirksregierungen. Die Schulaufsicht prüft die Einhaltung gesetzlicher und curricularer Vorgaben und überwacht unter anderem das schulische Qualitätsmanagement, die Durchführung von Prüfungen und die Umsetzung der Schulordnung. Schulinterne Evaluationen, externe Inspektionen und verpflichtende Qualitätsberichte dienen ebenfalls der Qualitätssicherung. Private Träger berufsbildender Schulen unterstehen ebenfalls der staatlichen Schulaufsicht, müssen jedoch zusätzliche Anforderungen wie die Sicherstellung der Gleichwertigkeit zu öffentlichen Schulen erfüllen.

Welche Bestimmungen regeln die Bewertung und Prüfungen?

Die Bewertung von Schülerleistungen sowie die Durchführung von Prüfungen sind detailliert in der jeweiligen Prüfungs- und Ausbildungsordnung rechtlich festgelegt. Diese Ordnungen regeln unter anderem die Form und Anzahl von Klassenarbeiten, Klausuren und mündlichen Prüfungen, die Bewertungsmaßstäbe, das Verfahren bei Krankheit, das Nachschreiben sowie die Zulassung zur Abschlussprüfung. Die Rechtsvorschriften sehen Widerspruchsmöglichkeiten gegen Prüfungsentscheidungen sowie Einsichtnahme in Prüfungsunterlagen vor. Bei Verdacht auf Täuschung oder Manipulation sind Regelungen über das weitere Vorgehen, einschließlich Sanktionen, spezifisch normiert. Prüfungen an berufsbildenden Schulen werden häufig auch von externen Prüfungsausschüssen (zum Beispiel der Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer) überwacht.

Wie ist die Zusammenarbeit von Schule und Betrieb im dualen System rechtlich geregelt?

Im dualen System der beruflichen Ausbildung sind die Zuständigkeiten von Schule und Betrieb durch das Berufsbildungsgesetz (BBiG), die Handwerksordnung (HwO) sowie die Schulgesetze der Bundesländer klar abgegrenzt und kooperativ geregelt. Der Ausbildungsvertrag zwischen Auszubildendem und Betrieb verpflichtet beide Parteien zur Freistellung und zum Besuch der Berufsschule. Der Betrieb ist für die praktische Ausbildung gemäß Ausbildungsrahmenplan verantwortlich, die Schule für die Vermittlung der theoretischen Kenntnisse laut Lehrplan. Für Schulversäumnisse aus betrieblichen Gründen sowie für die Anrechnung von Fehlzeiten gelten landesrechtliche, betriebsverfassungsrechtliche und tarifliche Vorgaben. Die Zusammenarbeit von Ausbildungsbetrieb und Schule wird außerdem durch regelmäßige Abstimmung und Dokumentation, etwa durch Berichtshefte, unterstützt. Bei Konflikten sehen die Gesetze Schlichtungs- und Beschwerdemechanismen vor (Schlichtungsstellen, Schulaufsicht, Betriebsrat, Kammerorganisation).